Nach den Rechten sehen (Sammelthread)

  • Beim Demografie-Argument geht's aber weniger um den Konkurrenzdruck, als um den tatsächlich drohenden Arbeitskräftemangel aufgrund der Überalterung der Gesellschaft.


    Das wäre angesichts der realen Verhältnisse am Wirtschaftsstandort und im Rahmen der bestehenden ökonomischen Ordnung wenigstens ein rationales Argument für mehr Zuwanderung - was natürlich gerade solche Leute nicht umstimmen wird, die tatsächlich davon Überzeugt sind, dass Zuwanderung ein ganz fürchterliches Problem sei und die das Thema nicht einfach nur als nationale Krise aufblasen um sich politisch als Rettung in der Not zu profilieren, .

    Ja gut, da haben die Migranten und Flüchtlinge aber Glück, dass wir gerade ein demographisches Problemchen haben. Sonst hätten sie ja gar keine Lobby mehr. :rolleyes:

  • Das war jetzt auch nicht als Lob dieses Arguments gemeint, sondern nur als Feststellung, dass es halt Sinn ergibt, wenn man als linker Aktivist-Journalist (oder als edgy Pop-Soziologe mit einschlägigem publizistischem Hauptwerk) dann vom liberalen Zentrum lieber doch nicht als Revoluzzer und Extremist verschrien und aus der feinen Gesellschaft geworfen werden will...

  • Ich sag ja gar nicht, dass man die Rechten oder gar den Faschismus wegdemonstrieren kann. Die Sozialdemokratie tendiert immer zum Faschismus, was man ja auch in Geschichte seit Beginn der Moderne oder seit Beginn des modernen Staates und Kapitalismus sieht, und das hat seine Ursache in den Strukturen des Staates und dem Kapitalismus. Erst wenn diese beiden überwunden sind, verschwindet auch die Tendenz zum Faschismus. Aber das bedeutet nicht, dass man einfach nur abwarten muss. Man sollte auch mittelfristig den Faschismus bekämpfen. Ob die anderen Parteien jetzt auch rassistische Programme haben, ok. Aber mein Gott. Soll man gar nix machen? Oder soll man sagen: Ja geht nicht auf die Demo, weil bringt eh nix, wir müssen erst den Staat und den Kapitalismus überwinden. Da kann man ja schön hin und her theoriesieren und sich gegenseitig die Schuld in die Schuhe schieben, aber am Ende ist damit nichts getan. Frag doch mal den Herr "linksextremen Salonmarxist", was denn seine Lösung wäre? Aber da kommen halt immer ausflüchte und sei der einzige erleuchtete😏

  • Frag doch mal den Herr "linksextremen Salonmarxist", was denn seine Lösung wäre? Aber da kommen halt immer ausflüchte und sei der einzige erleuchtete😏

    Der Fragt Dich dann einfach zurück, was Du denn so konkretes gegen den Faschismus unternimmst, und warum Du nicht verstehst, was der Unterschied zwischen Kritik und Aktivismus ist.

  • Das ist alles nicht einfach, wenn man sich nicht sicher ist was man tun soll, dann ist nichts tun vielleicht nicht die schlechteste Wahl. Und sehr sicher zu sein das richtige zu tun ist im nachhinein manchmal die schlechteste Wahl gewesen (rückblickend auf unsere Geschichte).


    Mich drängt es aktuell nicht auf die Strasse und mich drängt es nicht die AfD zu wählen, da die Ampel und CDU auch wegfallen steht für mich nicht mal mehr viel zur Wahl.


    Am versagen der letzten Regierungen ist die AfD nicht Schuld. Es nutzt gerade vielen das mit dem Finger auf die AfD gezeigt wird, es wirkt sogar schon konstruiert, die am lautesten schreien sind aktuell politisch die größten Versager und Brandstifter.

  • Das tolle an Demonstrationen "für die Demokratie" ist, dass wirklich jeder verdammte Politiker und sonstige politische Opportunist der nicht offen rechtsradikal ist, jetzt versucht, die Proteste für seine Zwecke zu instrumentalisieren.


    Bild

    https://www.welt.de/debatte/ko…ach-dem-Hamas-Terror.html



    (Machen die offen Rechtradikalen natürlich auch, aber die verlinke ich hier nicht)

  • Wir verlassen uns inzwischen lieber auf virtue signaling und deplatforming; das zeichnet gerade das demokratische Verständnis des Bürgertums aus. Widersprüche aushalten, Hauptsache vom Gefühl her auf der Seite der Guten stehen. Mal sehen, wie sehr wir damit im globalen Kontext auf die Schnauze fallen.

    Mag alles sein, wenn die Proteste dazu beitragen, eine schwarzbraune Heino-Koalition zu verhindern, dann ist es trotzdem wertvoll, auf Demos zu gehen.

    Letztlich wird die Demo natürlich auch nicht die afd auflösen (so wenig wie ein teilweise Grundrechtsentzug für Höcke), aber einfach alles hinzunehmen normalisiert den Extremismus. Die meisten afd-Wähler sind vermutlich keine überzeugten Nazis, sie wählen halt einfach welche. Das muss man so laut und deutlich sagen, dass sich jeder, der noch einen Funken Anstand hat, dafür schämt, sowas zu wählen (dann macht er es nämlich eher nicht). Den Rest erreichen wir so oder so nicht.

    Und selbst wenn die dann cdU oder was auch immer wählen, das ist zumindest ein ganz klein weniger scheiße als afd.

    Ich glaube, viele, die sich hinter systemischer Kritik verbarrikadieren, und in dieser Schiene die Proteste kritisieren, haben nicht so ganz begriffen, dass man auch ganz schnell in einer Quasi-Diktatur aufwachen kann und ein Rollback dann langwierig und anstrengend wird, siehe Polen.

  • Ich glaube, viele, die sich hinter systemischer Kritik verbarrikadieren, und in dieser Schiene die Proteste kritisieren, haben nicht so ganz begriffen, dass man auch ganz schnell in einer Quasi-Diktatur aufwachen kann und ein Rollback dann langwierig und anstrengend wird, siehe Polen.

    Mal ganz kurz: Ich glaube keiner der Demo-Miesmacher hier kritisiert die Demos für sich alleinstehend. Die systemische Kritik daran ist imho insofern wichtig, dass viele Protestler nicht begreifen, wie man auch mit Mitte-Politikern wie Söder, Lindner, Seehofer, Schäuble, Merz, Linnemann, Spahn (and so on) ganz gediegen und butterweich in den Faschismus abdriften kann. Dafür brauch ich keine Neonazis die SS-Folklore paraphrasieren. Ich brauch eiskalt kalkulierende Machtpolitiker mit einer gefährlich ausgeprägten (meinetwegen neoliberalen) Ideologie, die dafür bereit sind unsere hier aufgenommenen Flüchtlinge wieder zurück an die Front zu schieben, damit man uns doch vorm noch schlimmeren, nämlich dem Putin-Faschismus bewahren könnte. Was mich nervt ist, dass die obengenannten Politiker dieses an sich sehr schöne Zeichen (virtue signaling) hijacken und für sich beanspruchen in der Linie der Demokratie zu stehen, am besten natürlich ganz mittig.


    Keine Ahnung, also dieses "wehret den Anfängen" ist ein Appell darüber nachzudenken, was strukturell zu so etwas wie dem Krieg und den Holocaust geführt hat. Selbst wenn ich jetzt den polnischen oder ungarischen aktuellen "Faschismus" mit dem der 30er Jahre in Deutschland Vergleiche, dann fehlt da doch noch ein Schwung mehr Faschismus. "Wehret den Anfängen" bedeutet für mich eigentlich auch die Kritik an so etwas wie die sukzessive Entwicklung, wie der Spiegel beispielsweise antimuslimisch agitiert hat und hier das Springernarrativ 1 zu 1 übernommen und "intellektualisiert" hat. 20 Jahre nach dem Irakkrieg sagt mir ein etwa gleichaltriger Arbeitskollege, dass die Amis "da unten" mal wirklich schön alles plattmachen sollen, weil die Ölaugen echt nerven. Der gleiche Typ hat zwei Tage später Selfies von der Demo geschickt. Na fein.


    Ich hab kein Patentrezept gegen die Entwicklungen, wie sie stattfinden. Die Demos nehmen mir meine Ängste jedenfalls nicht im Geringsten.

  • Mal ganz kurz: Ich glaube keiner der Demo-Miesmacher hier kritisiert die Demos für sich alleinstehend. Die systemische Kritik daran ist imho insofern wichtig, dass viele Protestler nicht begreifen, wie man auch mit Mitte-Politikern wie Söder, Lindner, Seehofer, Schäuble, Merz, Linnemann, Spahn (and so on) ganz gediegen und butterweich in den Faschismus abdriften kann. Dafür brauch ich keine Neonazis die SS-Folklore paraphrasieren. Ich brauch eiskalt kalkulierende Machtpolitiker mit einer gefährlich ausgeprägten (meinetwegen neoliberalen) Ideologie, die dafür bereit sind unsere hier aufgenommenen Flüchtlinge wieder zurück an die Front zu schieben, damit man uns doch vorm noch schlimmeren, nämlich dem Putin-Faschismus bewahren könnte. Was mich nervt ist, dass die obengenannten Politiker dieses an sich sehr schöne Zeichen (virtue signaling) hijacken und für sich beanspruchen in der Linie der Demokratie zu stehen, am besten natürlich ganz mittig.


    Keine Ahnung, also dieses "wehret den Anfängen" ist ein Appell darüber nachzudenken, was strukturell zu so etwas wie dem Krieg und den Holocaust geführt hat. Selbst wenn ich jetzt den polnischen oder ungarischen aktuellen "Faschismus" mit dem der 30er Jahre in Deutschland Vergleiche, dann fehlt da doch noch ein Schwung mehr Faschismus. "Wehret den Anfängen" bedeutet für mich eigentlich auch die Kritik an so etwas wie die sukzessive Entwicklung, wie der Spiegel beispielsweise antimuslimisch agitiert hat und hier das Springernarrativ 1 zu 1 übernommen und "intellektualisiert" hat. 20 Jahre nach dem Irakkrieg sagt mir ein etwa gleichaltriger Arbeitskollege, dass die Amis "da unten" mal wirklich schön alles plattmachen sollen, weil die Ölaugen echt nerven. Der gleiche Typ hat zwei Tage später Selfies von der Demo geschickt. Na fein.


    Ich hab kein Patentrezept gegen die Entwicklungen, wie sie stattfinden. Die Demos nehmen mir meine Ängste jedenfalls nicht im Geringsten.

    Wie gesagt, mag alles sein.

    Fehlender massiver Widerspruch normalisiert aber die Entgleisungen der afd und zeigt den "Mitte"-Politikern (keinen der von Dir aufgezählten halte ich für irgendwie mitte btw.) dass es scheinbar ok ist bzw. solche Extremforderungen vom Wahlpöbel goutiert würden. So verschiebt sich das Meinungsspektrum ganz langsam in eine ungute Richtung.

    Nein, ich sehe in den Demos ja auch keine Lösung, ich bin mir der systemischen Probleme auch bewusst, trotzdem bin ich heilfroh, dass es die aktuellen Proteste gibt, denn verglichen mit Polen, Ungarn und anderen Ländern sind wir hierzulande halt trotzdem noch besser aufgestellt. Besser heißt nicht gut, aber eben nicht so scheiße wie dort.


    Und der dem Sinnspruch "Wehret den Anfängen" inhärente Kern ist doch eben, dass es nicht direkt mit Lagern oder sonstwas losgeht, das aber das Ende der Entwicklung ist. Deshalb ist es ja so wichtig, jetzt etwas zu tun, bevor eine Entwicklung weiter an Fahrt aufnimmt.

    Wie gesagt, wir sehen doch aktuell in Polen, wie tief die Einschnitte dort sind, um das Schiff wieder halbwegs aus der Diktaturzone hinauszumaneuvrieren.

  • diese demos können ein wichtiger schritt sein, die können aber genauso gut die wirkung haben wie wenn alle ihre instagram timeline schwarz machen als support für black lives matter oder wenn nancy pelosi im wakanda kostüm im weißen haus posiert. ohne dass man mehr menschen für eine systemische analyse begeistert wird das alles nicht viel bringen.

  • Den Vergleich finde ich tatsächlich unpassend.

    Was irgendwer in irgendeinem antisocial media-Dingens macht, kommt in der Lebensrealität der Mehrheit der Bevölkerung genau null an. Ne Demo mit ein paar zehntausend Menschen sehr wohl. Und zwar nicht nur durch die direkte Auswirkung im Sinne von Verkehrsbeeinträchtigung, sondern auch indem offline darüber geredet wird, da kommt man kaum dran vorbei, sich irgendwie positionieren zu müssen.

    Nee, das hat eine ganz andere Qualität.

  • Den Vergleich finde ich tatsächlich unpassend.

    Was irgendwer in irgendeinem antisocial media-Dingens macht, kommt in der Lebensrealität der Mehrheit der Bevölkerung genau null an. Ne Demo mit ein paar zehntausend Menschen sehr wohl. Und zwar nicht nur durch die direkte Auswirkung im Sinne von Verkehrsbeeinträchtigung, sondern auch indem offline darüber geredet wird, da kommt man kaum dran vorbei, sich irgendwie positionieren zu müssen.

    Nee, das hat eine ganz andere Qualität.

    hab auch nicht gesagt, dass das gleich viel wert ist. aber das kann genauso gut verpuffen und keinerlei mittelfristige positive entwicklung über die auf der demo erreichte hinaus erreichen.

  • Ich glaube, viele, die sich hinter systemischer Kritik verbarrikadieren, und in dieser Schiene die Proteste kritisieren, haben nicht so ganz begriffen, dass man auch ganz schnell in einer Quasi-Diktatur aufwachen kann und ein Rollback dann langwierig und anstrengend wird, siehe Polen.

    Die allermeisten, die hier oder sonstwo öffentlich linke Systemkritik üben, warnen seit Jahren davor, dass die laufende Entwicklung genau zu dem Rechtsruck führt, den wir jetzt überall in der freien demokratischen Welt beobachten können, weil es bei den großen demokratischen Meinungsmachern - nicht nur bei den liberalen sondern auch bei den meisten "linken" - überhaupt kein Bewusstsein dafür gibt, worin die eigentliche Ursache für grassierenden Vertrauensverlust der Bevölkerung in die liberale Demokratie begründet liegt, und weil man sich statt dessen auf eine moralische Kritik á la A. Kemper: "AfD (oder FPÖ, Fidez, PiS, Lega, Schwedendemokraten, Wahre Finnen, Rassemblement National, etc.) wählen tut man einfach nicht" - kapriziert, die in den Augen der Kritisierten nichts weiter ist, als eine Selbstüberhöhung der Kritiker zu ihrem Nachteil, die überhaupt nicht dazu führt, dass die sich zu "den Anständigen" gesellen, sondern dazu, dass sie sich von denen als die Unanständigen, als die "deplorables" (H. Clinton, US-Wahlkampf 2016) gebrandmarkt fühlen und dann erst recht in Opposiotion dazu gehen.


    Ich schrieb zum Beispiel schon vor über 3 1/2 Jahren dem werten Genossen Fuchs, der mich jetzt hier dafür verantwortlich erklären will, dass "Das Forum" sich immer weiter nach rechts entwickelt habe:

    [...] Ich behaupte: Die ganze schöne anarchistische, marxistische, oder sonstig herrschafts- und kapitalismuskritische Theorie ist komplett für die Tonne, wenn sie nicht in die öffentliche Debatte und damit in die Köpfe der Menschen getragen wird. Das kapitalistische System hat sich - insbesondere im Exportüberschussparadies UnserLand - in den letzten 150 Jahren Kapitalismus und den letzten 30-40 Jahren Neoliberalismus genauso gegen kleine, autonome Projekte zu seiner Unterwanderung abgeschirmt, wie es sich gegen alle Versuche immunisiert hat, noch signifikant durch politische Stellschrauben kontrolliert zu werden.


    Das einzige, womit es vielleicht noch überwunden werden kann, ist die radikale, fundamentale und fundierte Kritik an seinen inneren Widersprüchen in die breite Masse zu tragen. Da hilft kein gutes Beispiel und kein Leuchtturmprojekt mehr, das im social media-Sumpf in windeseile unter ferner liefen versandet, sondern nur noch radikale Kritik. Und das meine ich damit, wenn ich von "politischer Arbeit" schreibe. Nicht Parteiarbeit, nicht individuelle Selbstbeherrschung und Optimierug zum besseren Menschsein und auch nicht Partikularwiderstand in politischen oder rechts- wie linksidentitären Gruppenzusammenhängen, sondern penetrante, öffentliche Diskussion und Debatte um die tatsächlichen materiellen Verhältnisse hinter den ideologischen Luftschlössern.


    Erst wenn sich ein solches Bewusstsein - nicht allgemeine Zustimmung! - überhaupt wieder gebildet hat, kann man als Linker vielleicht mit sowas wie Gramscis Hegemonietheorie ankommen. Bis dahin ist das eine vollkommen realitätsferne akademische Diskussion, die den Kampf um die kulturelle Hegemonie von einer sie erkämpfenden Bewegung abhängig macht, die es hierzulande auf der ökonomisch(!) Linken Seite des politischen Spektrums überhaupt nicht mehr gibt.

    [...]

    Ich weiß auch nicht wie oft ich im anderen Forum schon geschrieben habe, dass mir völlig klar ist, dass die meisten Menschen mit diesem System unglücklich sind, dass viele von ihnen die politische Klasse insgesamt verachten, und dass sie dennoch ihre Probleme damit nicht artikulieren können. Ich versuche allerdings den Grund dafür zu beschreiben, weil ich - wie jeder Linke der sich mit normalen Menschen ersthaft unterhält und sich dann anhört, wie weit entfernt von deren Alltagserfahrung sämtliche öffentlich geführten politischen Debatten stattfinden - auch sehe, dass der ganze Unmut und Frust, der sich dabei aufstaut, von links nicht mehr in genau den linksradikalen Aktivismus kanalisiert wird, den wir beide uns ja offenbar wünschen würden, sondern dass er von rechts aufgegriffen und in einen Zustand permanenter Angst vor dem Verlust von Besitzsständen durch konstruierte Bedrohungen verwandelt wird, die mit dem eigentlichen Problem überhaupt nichts, oder bestenfalls als [deren] dessen Symptome zu tun haben.


    Denn wenn man nicht klar macht, dass eines der Hauptprobleme unserer Zeit nicht darin besteht, den Leuten zu erklären, dass sie in ungerechten Verhältnissen leben, sondern darin, dass ihnen diese Verhältnisse als alternativlos vorkommen, und dass jahrzehntelange Indoktrination durch die permanente Ideologieproduktion jener Verhältnisse ihnen alles was darauf hinaus liefe, sie radikal zu verändern als noch schlimmer erscheinen und ihnen die nackte Verlustangst ins Gebein fahren lässt, dann wird man aus der latenten, diffusen Systemgegnerschaft keine linksrevolutionäre Bewegung destillieren können, sondern - wenn überhaupt - nur eine rechtsreaktionäre.

    .

    Warum, denkst Du, schreibe ich hier ständig irgendwas von einem "Gesellschaftlichen Bewusstsein", dass sich ändern müsse und reite immer wieder auf Marx' deutscher Ideologie herum? Glaubst Du, ich würde mir ernsthaft einbilden, ich könnte damit FabrikarbeiterInnen, KrankenpflegerInnen, oder PaketbotInnen zu radikaler Kapitalismuskritik bekehren? Lesen die das Aufwachen- oder das Jung&Naiv-Forum? Wer ist hier die Zielgruppe?

    Nicht nur ich habe das zuvor und seitdem immer wieder als reale Bedrohung angesprochen. Und diese rechtsreaktionäre Bewegung kommt jetzt nach dem Rundlauf durch unsere peripheren europäischen Nachbarländer auch im Zentrum, in der europäischen "Führungsmacht" Deutschland mit voller Wucht an.


    "Verbarrikadiert" haben sich vor dieser Erkenntnis vor allem jene Leute, die nicht nur hier sondern auch in der sonstigen öffentlichen Debatte den radikalen Systemkritikern immer schon vorgehalten haben, dass ihre Kritik zu abgehoben, zu realitätsfern und kein konstruktiver Beitrag zur laufenden Debatte sei, und dass ihre Argumente für die Abschaffung der herrschenden Verhältnisse gar nichts zu deren Verbesserung beitrügen.

  • Ne Demo mit ein paar zehntausend Menschen sehr wohl. Und zwar nicht nur durch die direkte Auswirkung im Sinne von Verkehrsbeeinträchtigung, sondern auch indem offline darüber geredet wird, da kommt man kaum dran vorbei, sich irgendwie positionieren zu müssen.

    :thumbup: Das ist im übrigen auch ein Grund, warum die Systemkritik so wichtig ist. Ich hatte bisher den Eindruck, Du würdest das nicht verstehen aber Du tust es eigentlich doch. Vielleicht erleben wir es auch noch, dass zehntausende Menschen auf die Straße gehen, weil ihnen zB in on- und offline Diskussionen und Debatten die Widersprüchlichkeiten klar geworden sind und es unumgänglich wird, sich abseits der schallverstärkten Mitte/Rechts-Narrative zu positionieren.

  • Mir macht Sorgen wie schnell Medien Meinungen machen wenn sie nur 5 Tage pausenlos dasselbe Bild malen, egal wo man hinguckt und hinschaltet (konservative/linke Politmagazine wie auch Satiriker, Mainstreamkünstler und Kabarettisten sind mit im Boot). Immer dieselben Kommentare bis es sitzt und 60% über das hingehaltene Stöckchen springen: Impfung, Ukraine, Klimaterroristen, Wannseekonferenzler, Sozialstaatsleugner - man muß ganz tief in Spartenmedien eintauchen um relativierende Stimmen zu hören und die werden dann nicht nur von unseren Freunden Tilo und Stefan bespielt, da sind auch abgedrehte Rattenfänger unterwegs (nicht unerfolgreich).


    Wir sind auf einem unguten Weg in dem Spaltung das Mittel der Wahl ist, bis die besten Freunde denken der andere ist untragbar weil er anders über Peanuts denkt. Man bekommt nur noch populäre Gemeinsamkeiten wenn sie medial massiv propagiert werden, das merken auch Regierungen und die können irgendwann ganz ungute Typen beeinhalten, die dann andere Stöckchen hinhalten.


    In Sachen Freiheit war es schon mal besser um dieses Land bestellt...

  • Immer dieselben Kommentare bis es sitzt und 60% über das hingehaltene Stöckchen springen

    Es ist mMn eh ein Missverständnis, dass bei der Dauerbeschallung von Berichterstattung gesprochen wird, wo entsprechende Akteure im besten (wenn auch falschem) Wissen handeln. Die Art wie Ost und Nah-Ost Konflikte widersprüchlich bespielt (gute Faschos / schlechte Faschos) werden, sind relativ klar aktive Meinungs- und Narrativkontrolle, wo bestimmte Zugeständnisse nach einem Eskalationsschema abgearbeitet werden.


    Während man im tagesaktuellen kommunikativen Chaos kaum die Übersicht behalten kann, stehen die nächsten Haltestellen der Empörungsbooster oder tension release bereits auf dem Fahrplan. Gerade mit Blick auf Israels Genozid und der zahnlosen „Regierungskritik” ist das sehr deutlich.


    Das heisst natürlich nicht, dass da jemand mit Augenklappe und einer weissen Katze auf dem Schoß an einem Schaltpult sitzt, Knöpfe drückt und dann ein bestimmter Artikel oder Kommentar erscheint. Aber das die aktivistischen Journos sich berufen fühlen, durch ihre Arbeit und für ein höheres Gut, das der Pöbel einfach nicht verstehen kann, eben diesen in Schach zu halten, ist mittlerweile wohl keine Verschwörungstheorie mehr.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!