Niemand (vernünftiges) will Dir Deine Kritik nehmen bzw. versagen, Kritik allein ist aber eben nichts wert, wenn sich daraus nichts ableiten lässt, fällt aber denen, die konkret um Veränderung (zum Besseren) bemüht sind, in den Rücken, weil sie unerfüllbare Erwartungen als das eigentliche Ziel propagiert.
Daraus lässt sich eben genau dann "nichts ableiten" wenn man sich darauf festgelegt hat, das System zu verbessern anstatt ganz klar auf seine Überwindung hin zu arbeiten. Dann ist man frustriert, weil die Kritik keinen Vorschlag für eine bessere Herrschaft liefert und sucht die Schuld dafür bei den Kritikern.
Das Problem ist schon sehr alt. Seit 100 Jahren denken Sozialdemokraten, sie könnten das kapitalistische System so weit mit ausgefuchster staatlicher Stellschraubenmechanik zurecht reformieren, bis der wirklich beste Klassenkompromiss gefunden ist und einen Wohlstand für alle möglich macht. Sie verstehen entweder nicht, dass das kapitalistische System nur funktionieren kann, so lange die kapitalistische Klasse die Arbeiterklasse zum Zweck ihrer ökonomischen Ausbeutung beherrscht und so lange der Staat, der das alles organisiert, dafür sorgt, dass das auch so bleibt, oder sie wollen es nicht verstehen, weil eine Abschaffung dieses Staates auch eine Abschaffung ihrer eigenen Macht darüber wäre.
Um das zu erreichen, was die Reformisten des bürgerlichen Staates wollen, müssten sie in letzter Konsequenz den bürgerlichen Staat - und damit sich selbst - abschaffen. Die "Diktatur des Proletariats" über den Staat, von der Marx & Engels schon 1848 schrieben, war genau dazu gedacht. Ihr Endziel sollte die Abschaffung des Staates, und damit auch ihrer eigenen Diktatur sein. Leider haben die sich fürchterlich darin getäuscht, wie sich das "historisch" aus der Entwicklung der Produktivkräfte ergeben würde.
Das nicht zu sehen, oder es zu ignorieren, weil die Aufhebung des Klassenwiderspruchs, innerhalb der herrschenden Verhältnisse nicht zu realisieren ist, bedeutet - jetzt gerade ganz aktuell - jenen recht zu geben, die sich aktiv gegen den "linksgrünen" sozialdemokratischen Reformismus, oder gar gegen die bürgerliche Demokratie als solche wenden, die das aber nicht tun, um die herrschenden Eigentumsverhältnisse aufzuheben und die Klassengesellschaft zu überwinden, sondern um sich der Herrschaft darüber zu bemächtigen.
Das könnt ihr immer weiter beweinen, und Euch dann empört auf die Straße stellen und klare Haltung "gegen Rechts" zeigen, während ihr Euch über Linke aufregt, die den Reformismus für falsch halten, aber ihr werdet damit nicht verhindern, dass sich die herrschende Klasse - das Kapital und seine ZuträgerInnen - genau die politische Herrschaft sucht, die sie braucht, um ihre Herrschaft zu erhalten, und dass sie wenn nötig dazu auch auf die Demokratie als "perfekte Form" verzichten wird, so lange ihr das dabei hilft, die herrschende Klasse zu bleiben.