Ich halte es immer noch für möglich, dass da die vorangegangenen innenpolitischen Verwerfungen durch den Trump-Schock auch im amerikanischen Militär- und Geheimdienstapparat für eine Menge Verwirrung gesorgt haben, und dass da nach einigem Personalwechsel unter Biden eine relativ junge, unerfahrene Truppe an die entsprechenden Schaltstellen kam, die einfach nicht so wirklich weiß was sie tut.
Was mir vorallem auffällt, dass die derzeitige Besetzung offenbar nur Eskalation im Werkzeugkasten hat. Ich würde also nicht denken, dass es Unerfahrenheit ist, sondern eher das Gegenteil. Mein Eindruck ist unter Trump hat man aus Sicht dieser Leute viel Zeit verloren und deswegen sind sie in Aktionismus verfallen, um endlich dort Fortschritte zu erzielen, wo sie die empire-Politik unterbrochen sehen. Ein Element davon war wohl die Intensivierung der Unterstützung für die Ukraine. (Zumal es in dem Fall sowohl das persönliche Interesse von Leuten wie Blinken, als auch über den versuchten Wahlkampfeingriff von Trump die merkwürdige persönliche Verwicklung von Biden in die Ukraine-Politik gibt.)
Ich denke mal, das empire arbeitet in seiner Diplomatie normalerweise auch graduell und stetig. Aber wenn sowas mal abbricht, wie durch Trumps Schleifung des State Department geschehen, wenn man einen wahrgenommenen Rückstand aufholen will und wenn man sowieso schon die Mentalität hat, dass alles nach den eigenen Erwartungen zu laufen hat, erzeugt das mehr Widerstand als typisch. Ich glaube das erklärt einige der Vorgänge in den internationalen Beziehungen gerade.
Aktuelles Beispiel übrigens der NATO-Beitritt von Finnland und Schweden. Gestern hatte ich von den Äußerungen aus dem NATO-Treffen (ich glaube hier in Deutschland) den Eindruck, dass der Vorgang praktisch durch ist und auch der türkische Einwand, dem letztlich nicht entgegen steht.
Wenn ich jetzt diese ziemliche scharfe Zurückweisung von Erdogan lese:
https://www.reuters.com/world/…coming-turkey-2022-05-16/
Zitat
Turkish President Tayyip Erdogan said on Monday that Swedish and Finnish delegations should not bother coming to Ankara to convince it to approve their NATO bid.
[...]
In a news conference on Monday, Erdogan repeated that Turkey would not approve their bids to join NATO, calling Sweden a "hatchery" for terrorist organisations, and adding it had terrorists in its parliament.
"Neither of these countries have a clear, open attitude towards terrorist organisation," Erdogan said. "How can we trust them?"
The Swedish foreign office said earlier on Monday that senior representatives of Sweden and Finland plan to travel to Turkey for talks to address Ankara's objections.
"They are coming to Turkey on Monday. Are they coming to convince us? Excuse me but they should not tire themselves," Erdogan said about the planned visit.
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Scheint mir, dass sich die türkische Regierung von genau solchen Äußerungen übergangen sieht:
Zitat
NATO and the United States said they were confident Turkey would not hold up membership of Finland and Sweden.
Ich denke auch nachdem die Griechen den nordmazedonischen Beitritt jahrelang aufgehalten haben, weil ihnen der Landesname nicht zugesagt hat, ist es für die Türken Ehrensache, dass sie den Beitritt der nordischen Staaten zumindestens eine Weile herauszögern müssen. 