Cold War Reloaded - Der neue Ost-West Konflikt

  • Wie seht ihr das eigentlich mit der Erzählung der Einzeltätertheorie rund um Putin? Bei Hitler wurde uns das ja bewusst und zu recht ausgetrieben, und aktuell wird sehr, sehr bewusst darauf geachtet zu sagen, dass Putin ja nicht Russland ist.


    Aber je länger der Krieg dauert, desto weniger möchte ich das hören. Ich will mich da aus westlicher Warte aus auch nicht moralisch über die Russen stellen, aber mit der Putin-Nummer tun wir uns doch auch keinen Gefallen, vor allem, wenn wir die Bevölkerung volle Breitseite sanktionieren, aber behaupten wir würden Putin sanktionieren.

  • Wie seht ihr das eigentlich mit der Erzählung der Einzeltätertheorie rund um Putin? Bei Hitler wurde uns das ja bewusst und zu recht ausgetrieben, und aktuell wird sehr, sehr bewusst darauf geachtet zu sagen, dass Putin ja nicht Russland ist.

    Ich finde es schon immer wichtig, von außerhalb diese Differenz zu ziehen. Also zu sagen, Bush hat den Irak angegriffen, aber nicht jeder Ami ist dafür jetzt verantwortlich. Umgekehrt sollten die Amis selbst sich aber schon fragen, warum sie zugelassen haben dass jemand Präsident wird und dann in den Krieg zieht.


    So ähnlich möchte ich jetzt nicht die Russische Bevölkerung für diesen Krieg verantwortlich machen, finde es aber trotzdem wichtig und richtig zu erforschen, wie das Deutsche Volk einen Menschen wie Adolf Hitler in seine Position bringen konnte, und warum dann so viele mitgemacht haben und so wenige sich ihm in den Weg gestellt haben. Diese Frage wird sich auch die Bevölkerung Russlands stellen müssen, aber in erster Linie eben sich selbst, und mir als Außenstehenden steht mir das weniger zu bzw. ich verbiete es mir schlicht.

  • Ich hoffe, es braucht nicht mehr zu lange, dass sich die ukrainische und die russische Regierung einigen. Alles andere erzeugt mir viel zu viel Volatilität und ich hätte gerne mal wieder ein Jahr, wo man es mal nur mit Klimavolatilität zu tun hat, zum Durchatmen.

  • In Litauen gibt es jetzt anscheinend mehr oder weniger Zensur wie in Russland damit "die öffentliche Sicherheit geschützt und die Widerstandskraft des Landes gestärkt" wird.

    Verständlich, mit Zensur fühlt man sich als Bürger auch direkt viel besser geschützt, sowas stärkt die Widerstandskraft...

    Litauen hat wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine das Demonstrationsrecht eingeschränkt. Das Parlament in Vilnius beschloss am Donnerstag ein Gesetz, wonach alle öffentlichen Veranstaltungen zur Unterstützung der russischen Invasion vorläufig verboten sind. Untersagt sind in dem Baltenstaat vorerst auch sämtliche Ausstrahlungen des russischen und belarussischen Staatsfernsehens. Auch die Veröffentlichungen litauischer Nachrichtenmedien können eingeschränkt werden, wenn diese die russische Invasion gutheißen.

    Die Regierung rechtfertigte die Maßnahmen damit, dass die öffentliche Sicherheit geschützt und die Widerstandskraft des Landes gestärkt werden müsse.

    ...

    ...aber hoffentlich nur in Form von Ablehnung der Regierung die dafür verantwortlich ist.

  • Wie seht ihr das eigentlich mit der Erzählung der Einzeltätertheorie rund um Putin? Bei Hitler wurde uns das ja bewusst und zu recht ausgetrieben, und aktuell wird sehr, sehr bewusst darauf geachtet zu sagen, dass Putin ja nicht Russland ist.


    Aber je länger der Krieg dauert, desto weniger möchte ich das hören. Ich will mich da aus westlicher Warte aus auch nicht moralisch über die Russen stellen, aber mit der Putin-Nummer tun wir uns doch auch keinen Gefallen, vor allem, wenn wir die Bevölkerung volle Breitseite sanktionieren, aber behaupten wir würden Putin sanktionieren.

    Mal abgesehen davon, dass vermutlich jeder andere russische Präsident ähnlich reagiert hätte.

    Der Führer des feindlichen Lagers wird dämonisiert

    „Man kann eine Gruppe von Menschen nicht insgesamt hassen, nicht einmal als Feinde. Es ist daher wirkungsvoller, den Hass auf die feindliche Führungspersönlichkeit zu richten. Der Gegner bekommt so ein Gesicht und dieses Gesicht wird natürlich Gegenstand des Hasses werden.“

    „Der Sieger wird sich immer als Pazifist darstellen, der die Verständigung liebt, aber vom gegnerischen Lager zum Krieg gedrängt wird, wie etwa Bush oder Blair dies taten.“ „Das gegnerische Lager wird ganz sicher von einem Wahnsinnigen, einem Monster geleitet (Milosevic, Bin Laden, Saddam Hussein), (…), das uns herausfordert und von dem man die Menschheit befreien muss.
  • Wer ein bisschen über die Beliebigkeit gesellschaftlicher Feind- (Putin) und Heldenbilder (Selensky) erfahren möchte, und welche Schichten besonders für deren Etablierung verantwortlich sind, dem sei ein Vorwortentwurf von George Orwell empfohlen, indem er auf die Reaktionen zu seinem Roman Animal Farm eingeht. Als Gedankenexperiment kann man ja mal das Wort Sowjetrussland mit der Ukraine austauschen.

    Es ist nicht unbedingt verboten, dies oder jenes zu sagen, aber es gehört sich nicht, es zu sagen, so wie es sich in der Mitte des viktorianischen Zeitalters nicht gehörte, in Gegenwart einer Dame von Hosen zu sprechen. Jeder, der die vorherrschende Orthodoxie in Frage stellt, wird mit überraschender Effektivität zum Schweigen gebracht. Eine wirklich unzeitgemäße Meinung findet fast nie Gehör, weder in der populären Presse noch in den anspruchsvollen Zeitschriften. ...


    Was derzeit von der herrschenden Orthodoxie gefordert wird, ist eine unkritische Bewunderung für Sowjetrussland. Jeder weiß das, fast jeder handelt danach. Jede ernsthafte Kritik am sowjetischen Regime, jede Enthüllung von Tatsachen, die die sowjetische Regierung lieber verschweigen würde, ist so gut wie undruckbar. Und diese landesweite Verschwörung, um unserem Verbündeten zu schmeicheln, findet merkwürdigerweise vor dem Hintergrund echter intellektueller Toleranz statt. ...


    Es ist wichtig, zwischen der Art von Zensur, die sich die englische literarische Intelligenz freiwillig auferlegt, und der Zensur zu unterscheiden, die manchmal von Interessengruppen durchgesetzt werden kann. Es ist berüchtigt, dass bestimmte Themen aufgrund von "Besitzstandswahrung" nicht diskutiert werden können. Der bekannteste Fall ist die Patentmedizin. Auch die katholische Kirche hat erheblichen Einfluss auf die Presse und kann Kritik an ihrer Person bis zu einem gewissen Grad zum Schweigen bringen. ...

    Ein anderer hat es so formuliert.

    Zitat von Noam Chomsky

    Die intellektuelle Welt ist zutiefst konformistisch.

  • Äääh ...



  • Also in dem Video das ich auftreiben konnte, sagt er nix von unterwandert. Sondern spricht von einer Gruppe von Drogenabhängigen und Neonazis, die in Kiew die Ukraine als Geisel halten. Und das schließt Selenskyj mit ein denke ich.


    https://www.msn.com/de-at/vide…n-und-neonazis/vi-AAUjfWf


    Aus meiner Sicht ist er als Invasor in der Pflicht seine Ziele klar zu kommunizieren. Oder ich und jeder andere, wird sich eben selber seinen Reim darauf machen.


    Es gibt auch im Westen Propaganda, aber die macht nicht der Staatschef. Zumindest kann ich mich nicht erinnern, dass Merkel oder Scholz solche Verbalinjurien verwendet hätten. Und wo siehst du in dem Artikel über Urusula von der Leyen Beleidigungen der russischen Regierung?


    Schäuble ist nicht mal mehr im Amt, wenn ich das richtig sehe. Also darf er die Annexion der Krim mit der Annexion des Sudetenlandes vergleichen, wenn das seine Privatmeinung ist. Was keineswegs einen Gleichsetzung von Hitler mit Putin ist.


    Also ich glaube eine ganze Menge Linke würden bestreiten, dass Putin faschistoide Tendenzen hat. Müsste man Sarah Wagenknecht mal fragen.

  • Wie die von Ressourcenknappheit geplagte Exportnation demnächst gegen die größte Freihandelszone der Welt konkurrieren will, bleibt ein Geheimnis.

    Welche Freihandelszone? Wenn Russland und China eine Freihandelszone machen, dann ist Russlands Industrie in ein paar Jahren platt. Kann mir nicht vorstellen, dass Putin das macht.


    Daher... bin ich hier raus. Wer tatsächlich glaubt, dass Putin ein komplettes Land überfällt und dort eine 100.000-Mann Armee auflaufen lässt, um eigentlich nur zwei kleinere Regionen einzunehmen... der hätte auch Bush geglaubt, dass Saddam Hussein Massenvernichtungswaffen gehabt hätte. Wie soll Putin mal gesagt haben? 'Wenn ich der amerikanische Präsident gewesen wäre, ich HÄTTE Massenvernichtungswaffen im Irak gefunden'.

    Aufwand, Risiko und wirtschaftlich-politischer Schaden, die er für die Aktion in Kauf nimmt, legen nahe, dass er zumindest mit einem großen Gewinn geliebäugelt hat. Was es in meinen Augen verdächtig macht, dass er mit den konkreten Zielen seines Angriffs jetzt nach und nach herauskommt, wo es mit der militärischen Aktion nicht so gut voran geht.


    Schade, dass du Aussteigen willst. Ich finde die Diskussion hier im Forum seht gut. Kenne nix Vergleichbares.

  • Welche Freihandelszone? Wenn Russland und China eine Freihandelszone machen, dann ist Russlands Industrie in ein paar Jahren platt. Kann mir nicht vorstellen, dass Putin das macht.

    Im Gegensatz zu Deutschland wird China dann jedoch mit günstigen russischen Rohstoffen versorgt. So sehr ich auch wirklich dazu bereit bin das Leid dieses Krieges anzuerkennen und mitzufühlen (ich glaube dieser Krieg kündigte sich über Jahre an und hätte diplomatisch verhindert werden müssen), sosehr verstehe ich auch aus beruflichen Gründen, dass diese Russlandpolitik unser Land wirtschaftlich komplett ruinieren wird. Man braucht sich da keinen Illusionen hinzugeben. Wir profitierten Jahrzehntelang von sehr niedrigen Energiepreisen im Industriebereich (was normale Verbraucher zahlten war freilich etwas anderes). Das war deutlich besser als das, was z.B. Japan zu zahlen hatte oder Südkorea.

    Mit jetzt schon fast sicheren 2-3mal so hohen Energiepreisen wird es diesen Industriestandort einfach nicht mehr geben. Glasproduzenten kannst Du schon mal abschreiben. Metallverarbeitung wird auch schwierig. Stahlproduktion wird bei den Strompreisen völlig unmöglich. Man wird wahrscheinlich sehen, dass diese Politik Millionen Arbeitsplätze kostet. (https://www.tagesspiegel.de/wi…r-volldampf/28151696.html)


    …. und dazu hören wir bislang gar nichts! Was wir hören ist plumpe westliche Propaganda, die einfach meinen Verstand beleidigt! Alle sind sich einig, „dass dieser Krieg auf den Wahn eines Mannes zurückgeht, den wir nicht weiter mit Gaskäufen unterstützen sollten und deshalb sollten wir jetzt einfach mal die Heizung abdrehen“

    Wie bescheuert ist das bitte!?! Und welch Euphemismus steckt hinter „einfach mal die Heizung abdrehen“?! Gehts nicht noch ein bisschen bescheuerter, dümmer, blöder und oberflächlicher? Junge… ich dachte jeder Zweite macht hier mittlerweile Abitur. Mir sollte das langsam egal sein. Wenn sich diese Bevölkerung derart verschaukeln lässt, dann ist sie einfach unfähig Ihre Wirtschaftskraft in komplexen Zusammenhängen zu bewerten und zu behaupten. Das führt am Ende zum Verlust derselben. Aktuell wäre ich für Neuwahlen. Die Scheiße, die hier gerade angerichtet wird soll sich unsere Regierung vorher nochmal absegnen lassen.

  • Welche Freihandelszone? Wenn Russland und China eine Freihandelszone machen, dann ist Russlands Industrie in ein paar Jahren platt. Kann mir nicht vorstellen, dass Putin das macht.

    Soso.

    Keiner spricht von Russland. RCEP.


    China allerdings hat langfristige Lieferverträge mit Russland. So wirklich viele Länder haben sich den Sanktionen nicht angeschlossen. Der übliche Club der US-Hörigen halt.

  • Also in dem Video das ich auftreiben konnte, sagt er nix von unterwandert. Sondern spricht von einer Gruppe von Drogenabhängigen und Neonazis, die in Kiew die Ukraine als Geisel halten. Und das schließt Selenskyj mit ein denke ich.


    https://www.msn.com/de-at/video/living/putin-bezeichnet-ukrainische-regierung-als-bande-von-drogenabh%c3%a4ngigen-und-neonazis/vi-AAUjfWf


    Aus meiner Sicht ist er als Invasor in der Pflicht seine Ziele klar zu kommunizieren. Oder ich und jeder andere, wird sich eben selber seinen Reim darauf machen.

    in der deutschen Übersetzung(!) dieser Ansprache heißt es wörtlich:


    "[...] Es scheint, als wäre es leichter für uns [Russen] mit Euch [reguläre Ukrainische Armee] zu einer Übereinstimmung zu kommen, als mit dieser Gruppe von Drogenabhängigen und Neonazis, die sich in Kiew niedergelassen haben und die Ukraine als Geisel halten"


    Offensichtlich hat dieser Versuch, das ukrainische Militär zu einem Putsch. oder zumindest zur kollektiven Befehlsverweigerung zu bewegen nicht funktioniert. Das gesagte kann man sicher sehr unterschiedlich intepretieren, aber Tatsache ist, dass Putin Selenskyj nicht namentlich erwähnt.

    Warum tut er das nicht, wenn er - nach allgemein als zweifelsfrei erachteter Auffassung im Westen - doch angeblich ihn persönlich für einen drogensüchtigen Nazi hält? Ist Putin zu höflich, um den ukrainischen Staatschef, den er ja offensichtlich am liebsten vom eigenen Militär gestürzt sähe, zu beleidigen, obwohl er doch sonst mit unverschämten...

    ...Verbalinjurien...

    ...nicht sparsam ist, dieser unkultivierte Rüpel?


    Selbst im Westen gab es vor dem russischen Angriff noch kritische Stimmen zum Einfluss der rechtsradikalen Parteien und Milizen in der ukrainischen Verwaltung. Die wurden nur leider in der veröffentlichten Meinung weitgehend nicht gehört. Schon 2018 schrieb (die weltweit rennomierte britische Presseagentur) Reuters:

    [...] To be clear, the Kremlin’s claims that Ukraine is a hornets’ nest of fascists are false: far-right parties performed poorly in Ukraine’s last parliamentary elections, and Ukrainians reacted with alarm to the National Militia’s demonstration in Kiev. But connections between law enforcement agencies and extremists give Ukraine’s Western allies ample reason for concern. C14 and Kiev's city government recently signed an agreement allowing C14 to establish a "municipal guard" to patrol the streets; three such militia-run guard forces are already registered in Kiev, and at least 21 operate in other cities.

    In an ideal world, President Petro Poroshenko would purge the police and the interior ministry of far-right sympathizers, including Interior Minister Arsen Avakov, who has close ties to Azov leader Andriy Biletsky, as well as Sergei Korotkykh, an Azov veteran who is now a high-ranking police official. But Poroshenko would risk major repercussions if he did so; Avakov is his chief political rival, and the ministry he runs controls the police, the National Guard and several former militias.

    As one Ukrainian analyst noted in December, control of these forces make Avakov extremely powerful and Poroshenko’s presidency might not be strong enough to withstand the kind of direct confrontation with Avakov that an attempt to oust him or to strike at his power base could well produce. Poroshenko has endured frequent verbal threats, including calls for revolution, from ultranationalist groups, so he may believe that he needs Avakov to keep them in check.[...]

    Und der irgendwelcher Nähe zum Kreml nun wirklich vollkommen unverdächtige US-Thinktank Atlantic Council kam im selben Jahr zu folgender Analyse:


    [...] Since the beginning of 2018, C14 and other far-right groups such as the Azov-affiliated National Militia, Right Sector, Karpatska Sich, and others have attacked Roma groups several times, as well as anti-fascist demonstrations, city council meetings, an event hosted by Amnesty International, art exhibitions, LGBT events, and environmental activists. On March 8, violent groups launched attacks against International Women’s Day marchers in cities across Ukraine. In only a few of these cases did police do anything to prevent the attacks, and in some they even arrested peaceful demonstrators rather than the actual perpetrators.

    International human rights groups have sounded the alarm. After the March 8 attacks, Amnesty International warned that “Ukraine is sinking into a chaos of uncontrolled violence posed by radical groups and their total impunity. Practically no one in the country can feel safe under these conditions.” Amnesty International, Human Rights Watch, Freedom House, and Front Line Defenders warned in a letter that radical groups acting under “a veneer of patriotism” and “traditional values” were allowed to operate under an “atmosphere of near total impunity that cannot but embolden these groups to commit more attacks.”

    To be clear, far-right parties like Svoboda perform poorly in Ukraine’s polls and elections, and Ukrainians evince no desire to be ruled by them. But this argument is a bit of “red herring.” It’s not extremists’ electoral prospects that should concern Ukraine’s friends, but rather the state’s unwillingness or inability to confront violent groups and end their impunity. Whether this is due to a continuing sense of indebtedness to some of these groups for fighting the Russians or fear they might turn on the state itself, it’s a real problem and we do no service to Ukraine by sweeping it under the rug.[...]


    Natürlich wissen die russischen Geheimdienste und der autokratische Präsident, dem sie Bericht erstatten, wie solche Verflechtungen zwischen Regierungen und rechtsnationalen Netzwerken funktionieren, auch wenn keine rechtsradikale Partei direkt an der Regierung beteiligt ist. Ein Charakteristikum faschistischer Bewegungen ist schließlich ihre absolute Verachtung der Demokratie, weil sie nach deren Auffassung verhindert, dass sich der dem Volk eingeborene Wille zur nationalen Einheit manifestiert und stattdessen den Staat mit geschwätzigen Diskursen verweichlicht. In Russland funktioniert das ja ganz ähnlich.


    Bei uns im von den großen Krisen bei allem Wehklagen über Benzinpreise oder Impfpflichten bisher noch relativ verschont gebliebenen Paradies der deutschen Exportüberschussweltmeister mögen sich die gehobene bürgerliche Mitte und das große Kapital vom durchgeknallten, immer weiter vernetzten Faschistenpöbel in Justiz, Polizei und Bundeswehr noch allenfalls naserümpfend angewidert fühlen.

    Aber in einem so armen Land wie der Ukraine, in dem die Scheere zwischen Arm und Reich noch viel extremer auseinanderklafft, und in dem in den letzten zwanzig Jahren immerhin gleich zweimal eine "Revolution" - die erste friedlich, die zweite schon blutiger - durch Massenproteste in der Hauptstadt stattgefunden hat, nimmt die führende reiche Oberschicht natürlich jedes Angebot von rechtsaußen dankbar an, von dem sie sich verspricht, ihre Machtpositionen und Profitinteressen am besten gegen äußere wie innere Feinde geschützt zu sehen.


    Putin und sein wesentlich stabilerer Machtapparat wissen selbstverständlich auch, dass Wolodymyr Selenskyi kein Nazi ist, und dass ein großer Teil der UkrainerInnen ihn wahrscheinlich gerade deshalb gewählt hat, weil er in der öffentlichen Wahrnehmung nicht als Teil der weit verzweigten Netzwerke zwischen ukrainischen Oligarchen und Neonazi-Gruppierungen galt, und eigentlich mit dem Versprechen angetreten war, die grassierende Korruption zu bekämpfen und den Konflikt mit Russland zu entspannen.


    Dass Selenskyj damit allerdings krachend gescheitert, und längst zu einem weiteren Repräsentanten einer korrupten Oligarchie geworden ist, attestierten ihm auch im Westen noch vor einem Jahr wichtige, wertebasierte Leitmedien, wie zum Beispiel die Süddeutsche Zeitung:

    Ukraine: Korrupt wie eh und je

    [...] Gewiss, schnelle Enttäuschung mit ihren Politikern ist ein Kennzeichen ukrainischer Politik. Viele Ukrainer wollten 2019 dem Versprechen des vormaligen Komikers Selenskij glauben, er könne den Krieg mit Russland in der Ostukraine schnell beenden. Erwartungsgemäß ist Ernüchterung eingekehrt, da Russlands Präsident Wladimir Putin keinerlei Interesse daran hat, durch ein Eindämmen des Konflikts die nach Westen strebende Ukraine zu stärken. Der Hauptgrund für Selenskijs Absturz aber ist sein Unwille zu echten Reformen. Selenskij führt das postsowjetische Herrschaftssystem fort und akzeptiert Korruption und Rechtlosigkeit im Austausch dafür, dass er und sein Apparat weitgehend die Kontrolle behalten. Selenskij hat mit der Ausnahme seines Vorgehens gegen den kremlnahen Politiker und Medienmogul Wiktor Medwedtschuk nichts getan, um die Macht der Oligarchen über weite Teile der Politik, der Medien und der Wirtschaft aufzubrechen. Joe Biden wird sich allein mit Versprechen nicht abspeisen lassen Ein funktionierender Staat braucht unabhängige Institutionen - die gibt es unter Selenskij weiterhin nicht. Im Gegenteil, 2020 unterstellte er sich faktisch die zuvor halbwegs unabhängige Zentralbank und die Generalstaatsanwaltschaft; so gut wie alle angesehenen Reformer wurden gefeuert. Der Geheimdienst SBU, die atemberaubend korrupten Gerichte, die Gremien zur Richterauswahl und -entlassung: Sie alle bleiben unangetastet.[...]

    Natürlich bekämpft Putin mit seiner "Entnazifizierung" ironischerweise in der Ukraine eigentlich das gleiche System aus Korruption und Gewalt, das ihn zu Hause an der Macht hält. Aber auch das ist ihm sicherlich bewusst. Genauso wie ihm bewusst ist, dass es seinem eigentlichen Gegner auf der Weltbühne, den Vereinigten Staaten von Amerika, bei ihrer militanten Solidarität mit dem nun zum Volkshelden transformierten Wolodymyr Selenskyj nicht um Frieden, Freiheit und Demokratie geht, sondern darum, dieses korrupte System auch weiterhin zum Erhalt der eigenen Machtposition in Osteuropa zu instrumentalisieren.

  • Ach wirklich? Mir ergibt sich der Plan der Russen nicht wirklich.

    TJa wo soll man da anfangen. Vielleicht bei Brzeziński, dem Budapester Memorandum oder der Kuba-Krise.

    Es reicht allerdings den zahlreichen Warnungen amerikanischer Geostrategen der letzten Jahre zuzuhören.


    Selbst Leute, wie Kissinger haben gewarnt. Einfacher, als sich der Zusammenhänge klarzuwerden, ist natürlich, Putin als Wahnsinnigen zu verstehen. Dann allerdings besteht wenig Aussicht auf Verständigung.

  • Interessant, dass man die Seite der Armen wählt, indem man seine Hauptenergie darauf verschwendet "Whataboutism" und Begriffsstreitigkeiten zugunsten des Oligarchenpacks zu betreiben, das seine (armen) Bürger in einen Krieg mit den (armen) Bürger der anderen Nation geschickt hat.

    Interessant ist vor allem, dass man auch auf "linker" Seite im Wertewesten das Oligarchenpack mittlerweile (s.o.) nur noch auf der einen Seite des Konfliktes verortet, während auf der anderen Seite nur Lupenreine Demokrat*innen und Tapfere Held*innen des Kampfes zur Befreiung der Arbeiter*innenklasse am Werk sind.


    Die außerparlamentarische, antikapitalistsche Linke in Russland, die derzeit nach der massiven Polizeigewalt gegen die Anti-Kriegsproteste nur noch im Untergrund agieren kann, erliegt solchen naiven Illusionen jedenfalls nicht mehr:

    Antikriegs­bewegung in Russland: Wie weiter?

    Diskussions­beiträge aus der russischen Linken nach dem landesweiten Protesttag am 6. März 2022


    [...] Die Führung der Oppositionsbewegung in Russland liegt seit 2014 unangefochten bei den Liberalen. Die liberalen Protesttaktiken haben immer wieder gegen die Taktiken der herrschenden Neoliberalen verloren. Es sollte klar sein, dass die rechte Opposition – Nemzow (früher), Chodorkowski, Nawalny, usw. – keine prinzipiellen Gegner Putins sind, sie sind seine Konkurrenten. Sie kamen aus dem Umfeld von Jelzin, Nemzow und Chodorkowski unterstützten Putins Machtübernahme. Die Taktik des »friedlichen Protests« der Liberalen wurde hier erläutert und kritisiert.

    Die wirtschaftlichen und politischen »Expert*innen« der Liberalen sind immer wieder gescheitert. Milov, Shulman und andere mussten ihr Versagen bei jeder Wendung der russischen Geschichte rechtfertigen. Sie glaubten nicht an die Intervention von OVKS-Truppen in Kasachstan, sie glaubten nicht an den Krieg. Ihre Theorien sind darauf ausgerichtet, den Neoliberalismus als System zu rechtfertigen, sie bieten keine glaubhaften Perspektiven an. Imperialistische Widersprüche existieren für sie nicht, sondern sie erklären die Ereignisse mit den persönlichen Eigenschaften bestimmter Personen. Mit einer solchen Führung werden wir niemals gegen das Regime gewinnen. Wir werden immer verlieren.[...]

    Sich auf Sanktionen und die Handlungen ausländischer Regierungen zu verlassen, wie es die Liberalen tun, ist kriminell. Die herrschenden Klassen des Westens und der Ukraine handeln in ihrem eigenen Interesse. Wir wissen nicht, worüber die Räuber dieser Welt verhandeln werden. Denkt an die Bedeutung der hohen Gas- und Ölpreise. Glaubt nicht an den Humanismus der westlichen und ukrainischen Eliten, vertraut weder der Propaganda der ukrainischen Nationalisten noch der Propagandisten Putins. Der Faschismus wird jetzt auf beiden Seiten der Front gestärkt.

    Die Logik des Wettbewerbs führt die Welt zu Monopolen und Kriegen. Die wirtschaftliche Rechtlosigkeit führt zur politischen Rechtlosigkeit.[...]

  • Alles aus dem Tagessammler von Augengeradeaus:




    Another example is the German-funded project No. 68727 EN on the study of Congo-Crimean haemorrhagic fever pathogens and hantaviruses. As part of this project, one thousand blood serum samples of citizens from different regions of Ukraine belonging exclusively to the Slavic ethnic group were donated to the Bernhard Nocht Institute for Tropical Medicine (Hamburg).


    It is highly likely that one of the objectives of the US and its allies is to create bioagents capable of selectively targeting different ethnic populations.



    Schau an, die Deutschen sind wieder da Biokampfstoffe zur ethnischen Säuberung...

    Wenn das der Führer noch erlebt hätte.

    Für Hamburg sieht es demnach wohl eher finster (nach hellem Blitz) aus beim Erstschlag.

  • Also jetzt bin ich ein bisschen verwirrt, Analena.

    Heizung aus. Heizung wieder an... Du machst einen ja ganz wuschig im Kopf.

    Baerbock warnt vor Gas-Importstopp

    Mit sehr deutlichen Worten warnt Außenministerin Baerbock vor einem sofortigen Importstopp von Gas und Öl aus Russland. Die Auswirkungen für Europa wären drastisch und würden Putin in die Hände spielen.


    Es sind eindringliche Worte, die Annalena Baerbock wählt, um die Folgen eines sofortigen Verzichts auf russisches Öl und Gas zu beschreiben: Dann nämlich hätte man in Deutschland und Europa "in ein paar Wochen keinen Strom und keine Wärme mehr", befand die Außenministerin."Wie viele Tage würden wir aufrechterhalten können, dass Leute nicht mehr zur Arbeit fahren können, dass wir in Kindergärten keinen Strom mehr haben, wir Krankenhäuser nicht mehr am Laufen halten können?" fragte sie und fügte noch an: "Das ist genau die Destabilisierung, die sich der russische Präsident nur wünschen würde." [...]

    Ich nehme an, sie hat jetzt auch mal mit dem BDI telefoniert.

  • „Man“ bestellt schon mal das Feld:


    "US-Geheimdienst nimmt Ansätze zu Sinneswandel bei Putin wahr [...]"


    Es kann übrigens auch genau umgekehrt laufen: Sagen wir Putin hatte den Plan, die Ukraine schnell zu Zugeständnissen zu zwingen. Wenn sich der Krieg stattdessen zieht und die Opfer auch auf russischer Seite sehr hoch sind, könnte es sein, dass man glaubt den Rückzug nicht mehr nach innen verkaufen zu können und hält nun doch Gebiete besetzt oder schließt sie sogar an.

  • Es kann übrigens auch genau umgekehrt laufen: Sagen wir Putin hatte den Plan, die Ukraine schnell zu Zugeständnissen zu zwingen. Wenn sich der Krieg stattdessen zieht und die Opfer auch auf russischer Seite sehr hoch sind, könnte es sein, dass man glaubt den Rückzug nicht mehr nach innen verkaufen zu können und hält nun doch Gebiete besetzt oder schließt sie sogar an.

    Sicher, ich könnte mir vorstellen, dass die Russen verschiedene Szenarien kalkuliert haben. Je nach Verlauf könnte dann eine russische Besetzung in Verhandlungen durch die Besetzung durch multinationale Überwachungskräfte (ähnlich wie in Deutschland damals) verhandelt werden. Solange die Ukraine entmilitarisiert und neutral gehalten wird. Inwieweit das dann jede Seite als Sieg propagieren kann, ist mir Latte. Es wäre dann aber natürlich ein Zustand, den man auch ohne Krieg hätte erreichen können, wären wir nur zu Verhandlungen bereit gewesen.

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