#654 - Wirtschaftssoziologin Andrea Maurer

  • Morgen (2. August), ab 16 Uhr, LIVE



    Zu Gast im Studio: Soziologin und Hochschullehrerin Andrea Maurer. Sie forscht zum Erklären in der Soziologie, theoretischen Grundlagen der Wirtschaftssoziologie, Perspektiven auf den modernen Kapitalismus und neuen Institutionentheorien. Ab 2002 war sie Professorin für Organisationssoziologie an der Universität der Bundeswehr München. Seit 2013 ist sie Professorin für Arbeits-, Organisations- und Unternehmenssoziologie an der Universität Trier. Seit 2020 ist sie Direktoriumsmitglied des Hans-Albert-Instituts.


    Ein Gespräch über das Verhältnis von Gesellschaft und Wirtschaft, Aha-Erlebnisse, soziale Bewegungen und Klimaaktivismus, das beharrliche Bohren dicker Bretter, das heutige Bildungssystem, Eintreiben von Drittmitteln, Bologna-Prozess und Kontrolle über wissenschaftliche Arbeit. Ausführlich geht's mit Andrea über Max Weber, seine Analyse des Kapitalismus und die Abgrenzung zu Karl Marx, Profitstreben, "rationales" Wirtschaften und die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen, Klassenkampf, Gesinnungsethik vs Verantwortungsethik, Demokratie, Politik als Streben nach Macht, die heutige politische Klasse (Politik als Beruf), Ungleichheit, Wohnen und die Zukunft der Arbeit uvm. + eure Fragen via Hans


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  • Welche heutzutage bereits existierenden Institutionen könnte man in der Art gestalten, dass sie eine Überwindung des Kapitalismus ermöglichen? Nach dem Spruch: Die Saat einer neuen Gesellschaft im Schoße der alten. Was könnte in unserer Gesellschaft die Saat sein?

  • Sieht Andrea die MinisterInnen Robert Habeck und Annalena Baerbock als Verantwortungs- oder als Gesinnungsethiker im Sinne Max Webers?


    P.S.

    Vgl. hier:

    A propos Grüne...:

    Habecks Industriepolitik hat mehr Moral als Verstand

    Deutschlands Wirtschaft schrumpft nicht mehr – jetzt stagniert sie. Um die Krise zu überwinden, bräuchte es beherzte Industriepolitik. Stattdessen folgt das grüne Wirtschaftsministerium marktliberalen Konzepten und riskiert damit eine Deindustrialisieung.

    Der Autor ist allerdings auch wirtschaftspolitischer Sprecher der LINKEN Fraktion im Bundestag - also vermutlich von Putin bezahlt.


    Außenpolitik: Dito

  • Was sind Ihre Erkenntnisse hinsichtlich wirtschaftssoziologischer Dynamiken im Kontext von paramilitärischen Organisationen oder sogenannten privaten international agierender Sicherheitsfirmen? Inwiefern verändert der Kapitalismus hier Krieg?

  • Sieht Andrea die MinisterInnen Robert Habeck und Annalena Baerbock als Verantwortungs- oder als Gesinnungsethiker im Sinne Max Webers?

    Und blenden die beiden Weber‘schen Kategorien (vgl. „Politik als Beruf“) nicht etwas ganz Wesentliches aus, nämlich weder von Verantwortung, noch von Gesinnung, sondern von Interessen geleitete Politik?

  • Ich fand's interessant. Konnte mein Wissen über Max Weber aus der 15-Minuten-Google-Akademie (siehe oben) ein bisschen vertiefen. ;)


    Die Frage ist natürlich, wie relevant ein solches Wissen tatsächlich ist. Wenn Andrea die Machtpolitikerin Angela Merkel in die "Verantwortungsethik"-Schublade steckt, dann wirkt das sehr staatstragend und ich erwarte mir von der Seite keine echten Impulse.

    Der Verantwortungsethiker hingegen wäre der Typus Politiker, (…) vielleicht Helmut Schmidt, Angela Merkel in unserer heutigen Zeit, die ihr politisches Handeln an den Folgen des Tuns ausrichten und auch Nebenfolgen im Blick haben.

    Gegenüber Tilo traut sie sich aber nicht, Merkel in diesem Kontext zu erwähnen... :/

  • Ich finde, man kann Max Webers Analysen zur protestantischen Arbeitsethik durchaus ganz gut dazu verwenden, zu erklären, wie sich der Kapitalismus im aufstrebenden Bürgertum der protestantischen Regionen Nordwesteuropas auch ideologisch durchsetzen konnte, aber zur Erklärung dafür, wie er überhaupt entstanden ist taugt sie eigentlich nichts.


    Zum einen hat sich das Bankwesen als Voraussetzung für die spätere Finanzierung kapitalistischer Investitionen zum Ende des Mittelalters und zum Beginn der Neuzeit zuerst in den Stadtstaaten des erzkatholischen Norditalien etabliert, wo die reichen Handelsdynastien schon einige Zeit vor der Reformation und der Verbreitung protestantischer Sekten überaus fleißig an der Akkumulation ihres Geldkapitals arbeiteten, sich dabei nicht in asketischen Entsagung übten, sondern sich in ihren Palazzi mit ordentlich Protz und Prunk behängten, und schliesslich sogar kathedralen bauen ließen und Päbste stellten. Von dort ist das Gechäft mit dem Geld dann zunächst in die ebenfalls katholischen Regionen nördlich der Alpen weiter gewandert, bis es dann zu Beginn des 17. Jahrhunderts in protestantischen Holland und kurz darauf in England zur Etablierung der ersten Aktiengesellschaften führte und den späteren Imperialismus der Ostindienkompanien finanzierte.


    Zum anderen widerspricht sich die These vom besonderen Fleiß der calvinistisch geprägten Regionen des mittleren Westeuropas auch gar nicht zwingend mit Marx' Theorien zur Formung des gesellschaftlichen Bewusstseins durch die materiellen ökonomischen Verhältnisse, weil Marx sich bei seiner Kritik der politischen Ökonomie ja explizit auf das bezieht was er als "kapitalistische Produktionsweise" bezeichnet - also auf die Industrielle Massenproduktion mittels in maschinelle Produktionsmittel investiertem kapital und Lohnarbeit.

    Wenn Weber im Gegensatz dazu "Kapitalismus" einfach als profitgetriebene Marktwirtschaft definiert, dann blendet er aus, dass die europäischen und nordamerikanischen Ökonomien erst mit den bürgerlichen Revolutionen und schliesslich mit der industriellen Revolution vollständig vom "Geist" einer Arbeitsethik erfüllt werden konnten, weil sich die große Profitmacherei zuvor noch hauptsächlich über den Fernhandel, sowie in den Städten unter städtischen Bürgern abgespielt, und die breite Landbevölkerung ihre Arbeitskraft noch zu einem großen Teil zur Selbstversorgung in der Landwirtschaft und nicht zur reinen Lohnarbeit verwendet hatte.


    Der "Geist" des Kapitalismus, mag für die Bourgeoisie und das ihr behilfliche Kleinbürger- und Beamtentum hilfreich gewesen sein, um die permanente - und eigentlich recht unchristliche - Ausbeutung des geistlosen Proletariats ideologisch zu rechtfertigen, aber für die lohnarbeitenden Massen war der Einsatz ihrer Arbeitskraft zum Lohnerwerb nach der politisch forcierten Umstellung der Subsistenzwirtschaft auf Rohstoffproduktion für die Textilindustrie schlicht eine materielle Notwendigkeit, die sie bedienen mussten, um nicht zu verhungern.

    Marx schrieb nicht umsonst von der Religion als "Opium des Volkes". Seiner Ansicht nach diente sie der Lohnarbeiterschaft nicht als Ansporn zu mehr Fleiß und Sparsamkeit, sondern als Betäubungsmittel um die Plackerei zu ertragen, und um seine eigene Machtlosigkeit gegenüber der wertebasierten Bourgeoisie als gottgegebenes Schicksal zu akzeptieren.


    Funktioniert auch heute noch ganz ähnlich mit der herrschenden bürgerlichen Ideologie - auch ohne religiöse Verklärung.

  • Für Max Weber war Kurt Eisner, erster Ministerpräsidenten des Freistaats Bayern, der Prototyp des "Gesinnungsethikers".


    https://de.wikipedia.org/wiki/Kurt_Eisner


    Zitat

    Nachdem Eisner allerdings den Verlauf und die Hintergründe des Kriegsausbruchs kritisch zu hinterfragen begonnen hatte, wandelte er sich ab 1915 zum radikalen Pazifisten, „in letzter Konsequenz sogar zum unbarmherzigen Systemkritiker, ja zum Revolutionär“.[7]:S. 306 Eisner wurde ein erklärter Gegner der deutschen Kriegspolitik während des weiteren Kriegsverlaufs. Während er 1914 noch der nationalen Propaganda einer angeblichen Kriegsschuld Russlands glaubte – eine Propaganda, die der traditionell Zarismus-feindlichen Sozialdemokratie entgegenkam –, war er ab Frühjahr 1915 überzeugt davon, dass es Deutschland gewesen war, das den Weltkrieg vom Zaun gebrochen hatte. Damit stellte er sich gegen die Haltung der Mehrheit der SPD-Fraktion im Reichstag und im bayerischen Landtag. Gemeinsam mit anderen Kriegsgegnern – von Clara Zetkin über Albert Einstein bis zu Ludwig Quidde – wurde er Mitglied im Bund Neues Vaterland, in dem sich Pazifisten mit unterschiedlichen politischen Weltanschauungen sammelten. 1917 spaltete sich im Zuge des zunehmenden Widerstands gegen die Burgfriedenspolitik – auch von sozialdemokratischen Mandatsträgern – der Antikriegs-Flügel als Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USPD) von der SPD ab. Eisner gehörte zu den führenden USPD-Begründern in Bayern, reiste auch zur Gründungsversammlung zu Ostern 1917 nach Gotha.[18] Seit 1917 war er die Leitfigur der von ihm aufgebauten Münchner USPD.[7]:S. 320

    Ein Spiegel-Kolumnist mit Möchtegern-Punkfrisur würde einen wie Eisner heute als "Friedensschwurbler" beschimpfen.

  • Doch klar. Ich habs ja dann eingebracht. Merkel, Scholz, praktisch die gesamte politische Klasse...

    Ja! 😃

    Andrea wenig später: „Ich würde dir folgen. Würd‘ sagen, die letzten Jahre, die ich so beobachtet habe, war eine Zunahme an Verantwortungsethik, es gibt verdammt wenig Gesinnungsethiker in der Politik.“

    Nachzuhören ab ca. 1:55:00


    In Zeiten der Zeitenwende, in der uns die anti-russische Gesinnung der regierenden NAFO- Fellas und -Fellarinas Kriegstreiberei, Energiekrise, Inflation und wirtschaftlichen Abstieg beschert haben, hast du Andrea mit deiner Vorlage ein echt starkes Zeugnis ihrer regierungstreuen Gesinnung entlockt. 🤡


    Übrigens wurde auch meine gelöschte vermeintliche „blödsinn“-Frage („Warum geht Andrea zu Jung & naiv?“) beantwortet: Sie will der Soziologie mehr Aufmerksamkeit verschaffen. Die Frage, die sich mir jetzt stellt: Welches Interesse hat das J&N-Team an solchen durch und durch staatstragenden Figuren aus dem akademischen Elfenbeinturm?

  • IMO wird im Kapitalismus die Arbeit nicht Rational organisiert. Es zählt eine bestimmte Form von Profitmaximierungslogik, ob man das Rational nennt oder nicht, spielt am Ende für das Unternehmen keine Rolle. Man kann sich leicht Situationen vorstellen, in denen das Rationalste nicht das Profitabelste ist. Und natürlich wird im Kapitalismus einfach auf gut Glück drauf los produziert. Deswegen sagt man auch das Chaos der kapitalistischen Produktion. Es ist eine extrem eingeschränkte Sichtweise nach der Produziert wird. Das gilt auch für die Entwicklung von Technologie. Was der Kapitalismus beispielsweise nicht entwickeln würde, wäre wenn die Produktivität sinkt, aber dafür die Arbeit für die Menschen leichter wird.


    Marx wäre mit Sicherheit ein entschiedener Gegner von Weber gewesen. Ihre Theorien widersprechen sich grundsätzlich. Marx sagt, Kapitalismus führt zum Protestantismus, Weber sagt, Protestantismus führt zu Kapitalismus. Das Problem ist halt, wo man die Grenze zieht. Also in wie weit beeinflusst die ökonomische Basis den Überbau und in wie weit beeinflusst der Überbau die ökonomische Basis. Aber trotzdem hätte Marx Weber wahrscheinlich als Anhänger des Idealismus kritisiert und ein ganzes Buch zur Kritik von Weber geschrieben 😅


    Die schlimmste Aussage: Weber hielt nichts von dem Rätesystem, er wollte demokratische Demokratie 😅

    Ein Rätesystem wäre um einiges demokratischer als die parlamentarisch-repräsentative Demokratie.


    Hier ein guter Artikel zum Rätesystem:


    https://www.bpb.de/kurz-knapp/…exikon/18096/raetesystem/



    Rätesystem

    R. ist eine Form gesellschaftlicher Organisation und politischer Herrschaft, die von anarchistischen und sozialistischen Strömungen als Variante direkter Demokratie entwickelt wurde. Grundgedanke des R. ist, dass die Gesamtgesellschaft aus vielen Gesellschaftsteilen besteht, die jeweils über einen hohen inneren Zusammenhalt verfügen und einheitliche Meinungen hervorbringen. Die Vertreter der gesellschaftlichen Gruppen formen im R. einen Gesamtwillen (Volkswille bzw. homogener Mehrheitswille), wobei sie durch ein imperatives Mandat strikt an den Willen ihrer Basis gebunden sind. Der Gesamtwille wird von den politischen Institutionen umgesetzt. Durch die Direktwahl aller Amtsinhaber und die Möglichkeit, sie jederzeit abzuwählen sowie durch Ämterrotation wird dabei die Gefahr der Verselbstständigung der Staatsmacht bekämpft.

    Die Trennung von Politik und Gesellschaft

    ist aufgehoben, die Notwendigkeit der Gewaltentrennung entfällt. Das R. ist ein Gegenmodell zur parlamentarischen Demokratie. Historische Versuche, das R. zu etablieren, z. B. die bayerische Räterepublik (1919), hatten keinen Bestand. Probleme des Rs. liegen u. a. in dem fehlenden Schutz von Minderheiten vor dem Mehrheitswillen und vor der Exekutive
    sowie in der Schwierigkeit, die authentische Beteiligung aller mit einer effizienten und effektiven Regierungsarbeit zu verbinden.


    (ich lass die kritik natürlich aus transparenzgründen drin)


    Also ich finde, Weber hat interessantere Sachen geschrieben als seine Theorie über den Kapitalismus. Das mit dem Protestantismus ist eher so eine low-hangig fruit. Weil was wäre irgendwie naheliegender als eine Religion, die den Kapitalismus fördert.


    Was interessanter ist, sind seine Theorien über Rationalisierung und Bürokratisierung oder worüber er auch geschrieben hat, dass die herrschenden Klassen immer eine eigene Mythologie ihrer Legitimation entwickeln. Was sehr gut bestätigt ist durch den in der Psychologie bekannten Effekt der Selbstbestätigung. Jason Stanley bezeichnet das (im Kontext der herrschen Klassen) auch als "flawed ideologies". Ideologien die sich entwickeln, ohne dass sie tatsächlich der Realität entsprechen müssen.


  • Die schlimmste Aussage: Weber hielt nichts von dem Rätesystem, er wollte demokratische Demokratie 😅

    Ein Rätesystem wäre um einiges demokratischer als die parlamentarisch-repräsentative Demokratie.


    Also so Vertretersysteme, wo eine Ebene Vertreter in die Ebene darüber schickt haben wir doch oft, halt nicht in den staatlichen Institutionen. Aber in den Vereinen, Partein, Sportverbänden.


    Ich will nicht, dass Deutschland wie die FIFA organisiert ist.


    Rätesystem heute hieße, die Ministerpräsidenten (mehr oder weniger Bundesrat) wählen den Bundeskanzler und das EU-Parlament wird abgeschaft, stattdessen kungeln die Regierungen Europas alles unter sich aus.

    Ich mache mir die im Forum zu diesem Thema mehrheitlich geäußerte Meinung nicht zu eigen und wiederspreche ihr hiermit ausdrücklich!

  • das EU-Parlament wird abgeschaft, stattdessen kungeln die Regierungen Europas alles unter sich aus.

    Das machen die jetzt auch schon so.


    Anders als in den nationalen Parlamenten haben die Fraktionen des EU-Parlaments gar kein Recht, Gesetzesentwürfe einzubringen. Die bekommen sie zum Abnicken von der EU-Kommission vorgesetzt, deren Zusammensetzung wiederum nicht auf demokratischen Wahlen, sondern auf reiner Kungelei zwischen den Regierungen der EU-Mitgliedsländer basiert. Das EU-Parlament hat zwar das Recht, Änderungen an den von der Kommission formulierten Gesetzestexten vorzuschlagen, aber bevor so ein Gesetzesentwurf überhaupt zur Abstimmung kommt, wird er zwischen Der Kommission, dem Parlament und dem EU-Ministerrat - der auch nicht von der europäischen Gesamtbevölkerung gewählt wird, sondern sich aus Mitgliedern der einzelnen Staatsregierungen zusammensetzt - hinter verschlossenen Türen ausgekungelt.


    Gleichzeitig werden EU-Kommission und EU-Parlament am brüsseler Amtssitz permanent von einer Armee aus ca. 25.000 registrierten LobbyistInnen mit privilegiertem Zugang zu Kommissionsmitgliedern und Abgeordneten belagert, von denen ca. 70% für private Unternehmen arbeiten.


    Während der sogenannten Euro-Krise hat die europäische Kungelkommission dann zusammen mit den ebenfalls nicht demokratisch gewählten Führungspersonen der Europäischen Zentralbank und des Internationalen Währungsfonds mit der sogenannten "Troika" ein durch kein europäisches Vertragswerk legitimiertes Gremium gebildet, und darüber die demokratisch gewählte linke Regierung des EU-Mitglieds Griechenland dazu gezwungen, gegen den per demokratischem Volksentscheid explizit ausgesprochenen Mehrheitswillen ihrer eigenen Bevölkerung ein ultra-neoliberales Austeritäts- und Privatisierungprogramm durchzuziehen, um die griechischen Staatsschulden zu reduzieren.


    Das Resultat war, dass seitdem ganz viel öffentliche griechische Infrastruktur in die Hände privater Investoren (oder chinesischer Konzerne) gewandert ist, dass der griechische Sozialstaat bei hoher Arbeitslosigkeit radikal rasiert wurde, dass linke Parteien in Griechenland marginalisiert wurden. während rechtskonservative bis rechtsradikale Parteien deutlich an Zustimmung gewonnen haben, dass dabei aber die Staatsverschuldung des Landes, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, bis 2020 trotzdem weiter anstieg, und auch heute, nach einer kleinen Reduktion in den letzten zwei Jahren, immer noch fast dreimal so hoch ist, wie es die Maastrichter Verträge vorsehen, und damit weiterhin den Spitzenplatz unter den Schuldnerländern in der EU bekleidet.

    Man hat also aus rein ideologischen Gründen die Demokratie in einem EU-Mitgliedsland ausgesetzt, um damit etwas zu erreichen, das überhaupt nicht funktioniert hat.


    Man könnte auch fragen, mit welcher demokratischen Legitimation sich die EU-Kommission und ihre deutsche Präsidentin derzeit den USA bei ihren Kriegsvorbreitungen gegen China im von Europa tausende von Kilometer entfernten Westpazifik an den Hals werfen, oder sich zum Verlängerten Arm der NATO in der nicht zur EU gehörenden Ukraine aufspielen, aber das würde natürlich den erklärten Feinden der liberalen Demokratie in die Hände spielen.

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