Jörn Leonhard, über Kriege und wie sie enden
I) Krieg und Frieden: Die Natur des Krieges bestimmt sein Ende.
(Religionskrieg, Bürgerkrieg, Staatenkrieg um Land, Stellvertreterkrieg, Krieg um Vorherrschaft, Asymetrischer Krieg. Die Geschichte der Europäsichen Kriege habe durch Regeln dazu geführt, dass Kriege Kriege zwischen Staaten wurden, die von ihnen auch wieder beendet werden konnten. Seit dem zweiten Weltkrieg habe die Zahl der nichtstaatlichen Kriege zugenommen.)
II) Kontingente Dynamik: Echte Entscheidungsschlachten sind selten, je länger ein Krieg dauert, desto schwieriger wird seine Kontrolle.
(Also auch, je länger ein Krieg dauert, desto wahrscheinlicher wird eine sich verselbstständigende Eskalation. Siehe den Russland-Feldzug 1942, den 1. Weltkrieg, Vietnam, oder den Afgahnistan-Krieg der Sowjetunion.)
III) Die Suche nach dem richtigen Ausgang: Ein „fauler Frieden” kann den Krieg verlängern.
(Beispiel: Appesament Politik kann scheitern, siehe Karthago gegen Rom, oder das Sudetenland — ohne dass das hieße, dass Appesament immer falsch sei.)
IV) Das lange Ende: Wer noch Chancen auf dem Schlachtfeld sieht, wird den Kampf vortsetzten, so lange es geht.
(Unter anderem dienen die Toten als Rechtfertigung für eine Weiterführung („Sollen sie etwa umsonst gestorben sein”). So wie oft schlechtem Geld Gutes hinterhergeschmissen wird, werden toten Soldaten Lebende hinterhergeschmissen.)
V) Planung und Prognose: Verfügbare Ressourcen bestimmen den Kippmoment von Kriegen, aber nicht unbedingt die Einsicht der Akteure.
(Im Rückblick sei oft klar, wer im Abnützungskrieg am Ende überlegen ist, im Augenblick des Kriegs sei dies den Aktreuern wegen unvollständiger Information aber nicht klar, eben „der Nebel des Krieges”. Not mache erfinderisch, die Wirtschaft sei ein flexibler Organismus, vor 110 Jahren waren es Giftgas, Magarine und das Haber-Bosch-Verfahren, die den Krieg durchaus soweit verlängerten, als das ein Aufgeben der Seite mit der im Rückblick definitiv längerem Atem zum damaligen Zeitpunkt nicht ganz Ausgeschlossen sein musste.)
VI) Verlängerte Waffenstillstände: Nicht jeder Krieg endet mit einem formalen Frieden.
VII) Die Ambivalenz der Zeichen: Es gibt keinen Frieden ohne Kommunikation und wer die Besiegten demütigt, macht aus dem Frieden einen Waffenstillstand.
(„Im Felde unbesiegt”. Siehe den Versailler Vertrag, die sich ergebende Dolchstoßlegende in Deutschland, sowie den damit verbundende Revanchismus.)
VIII) Fallhöhe und Desilusionierung: Die Erwartungen zu überfordern, kann den Schatten des Krieges verlängern.
(Als Beispiel wird die Politik der Briten im Bezug auf Westasien nach dem ersten Weltkrieg genannt, die sowohl den Arabern, als auch den Franzosen, als auch den Juden Land versprach was zusammen nicht erfüllbar war. Oder das Überführen britischer Kolonien in China in japanisches Protektorat nach dem ersten Weltkrieg, die einen gewissen Mao Zedong sich der Sowjetunion zuwenden ließ. Oder die Schlechterstellung der Indonesischen Veteranen gegenüber den französischen durch Frankreich, die Ho Chi Min sich dem Kommunismus zuwenden ließ.)
IX) „Doing Peace“: Wenn der Vertrag unterschrieben ist, beginnt die Arbeit am Frieden.
(Siehe Jugoslawien.)
X) Nicht jeder Sieg ist ein Gewinn und manche Niederlage wird zur Chance.
(Beispielsweise sei im Gegensatz zu IV die bedingungslose Kapitulation, statt Friede, in Deutschland und Japan nach dem zweiten Weltkrieg das im Rückblick richtige Ende gewesen.)
Ich überlasse es euch selbst, dass auf den Russland-Ukraine Krieg anzuwenden. Oder ihr guckt das Video. Ich finde es werden einige Punkte der Waffenlieferungsbefürworter aufgegriffen, die durchaus valide sein können. Allerdings auch Punkte, denen die meisten Waffenlieferungsbefürworter vehement wiedersprechen würden.