#639 - Meron Mendel über Israel & Antisemitismus

  • Donnerstag, 27. April, ab 16 Uhr, LIVE



    Zu Gast im Studio: Meron Mendel, israelisch-deutscher Pädagoge, Professor für Soziale Arbeit und Direktor der Bildungsstätte Anne Frank. Im März 2023 erschien beim Verlag Kiepenheuer & Witsch sein Buch "Über Israel reden. Eine deutsche Debatte"


    Her mit euren Fragen zu Israel, deutscher Staatsräson und Antisemitismus.


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  • Aber nicht nur realpolitisch, sondern auch moralisch spricht einiges gegen diese Gedankenspiele. Das Rückkehrrecht der Palästinenser, die in vierter und fünfter Generation außerhalb Israels leben, wird als gegeben vorausgesetzt: ein Geflüchtetenstatus, den es für keine Gruppe sonst gibt. Nach einer solchen Definition hätte ich Anspruch auf Häuser in der Slowakei und Rumänien, weil meine Großeltern von dort vertrieben wurden. Meine Frau dürfte nach Indien zurück, wo ihre Großeltern lebten, bevor sie nach Pakistan vertrieben wurden.

    Gegeben seiner Argumentation in der Zeit, das die in der Nakba Vertriebenen Palästinenser kein moralisches Recht hätten würde mich interessieren, wie er das zur Birthright Kampange abgrenzt (und warum kein moralischer Anspruch auf ein Recht auf Rückkehr von Vertriebenen besteht)

    10-- 1-01 10=- 1-00 1--2 10=0 1-2= 1-01 10=0 1-01 1-20 10=1 10=2 10=1 1-10 10=0 10=1 1-00 1-21 1-21 1-02

  • Habs noch nicht ganz fertig geschafft. Sehr interessant bisher und bevor ich es vergesse, möchte ich aber folgende Frage stellen:


    Wenn Meron kategorisch ablehnt, dass es in der deutschen Gesellschaft ein Tabu gibt, sich kritisch zu Israel zu äußern und dann etwas später selbst kritisiert, dass es eine deutsche Staatsräson gibt, die es offensichtlich unmöglich macht, eine rechtsfaschistische Netanyahu Regierung offiziell anzuzählen und als das zu bezeichnet, was sie ist, ist das dann ein Widerspruch?

  • Habs noch nicht ganz fertig geschafft. Sehr interessant bisher und bevor ich es vergesse, möchte ich aber folgende Frage stellen:


    Wenn Meron kategorisch ablehnt, dass es in der deutschen Gesellschaft ein Tabu gibt, sich kritisch zu Israel zu äußern und dann etwas später selbst kritisiert, dass es eine deutsche Staatsräson gibt, die es offensichtlich unmöglich macht, eine rechtsfaschistische Netanyahu Regierung offiziell anzuzählen und als das zu bezeichnet, was sie ist, ist das dann ein Widerspruch?

    Habs noch garnich gehört, also ka was da für ein Gesellschaftsbegriff gegeben ist bzw was in dem Kontext da unter deutscher Gesellschaft verstanden bzw gemeint wird. Aber mal recht generell: Bist du Teil der deutschen Gesellschaft? Sind wir hier Teil davon? Sind die in Deutschland Lebenden, welche sich zu Israel kritisch äußern, Teil davon?

  • Was? ^^


    Edit: Seine Idee, dass die Feststellung diverser Organisationen, Israel sei Apartheidstaat, reines Clickbait und rhetorische Eskalation sei, finde ich auch sehr problematisch.

  • Kurze Anmerkung zu dem im Gespräch erwähnten Grass-Gedicht. Hier erstmal der Wortlaut:


    Das Gedicht entstand im Jahr 2012 im Kontext deutscher Lieferungen von atomwaffenfähigen U-Booten an Israel. Es kritisiert unter anderem das zweierlei Maß, demzufolge Iran zur Kontrolle seiner atomaren Entwicklungen durch auswärtige Instanzen genötigt wurde, Israel aber nicht.

  • Was? ^^

    Na wenn wir hier Teil der deutschen Gesellschaft sind und wir hier recht offen uns kritisch über Israel äußern können, dann gibt es wohl zumindest schon mal kein generelles Tabu. Mir fällt noch auf, dass ich dann natürlich auch noch nich weiß, was du dabei konkret mit "kategorisch ablehnt" meinst. Also wenn er jetzt natürlich sagt, dass es garkein Tabu, irgendwo in der Gesellschaft gibt, also in einer Untermenge der Gesamtheit der deutschen Gesellschaft, dann wäre das in der Tat mehr als fragwürdig.

    Das in Extremen einordnen bzw. auf Mengen mit dem Allquantor Aussagen treffen ist irgendwie immer recht schwer, finde ich, gerade bei gesellschaftlichen Dingen/Aussagen.

  • Man darf schon (fast) alles sagen, oder? Schlimmstenfalls kassiert man halt ein Framing als „Antisemit“ und muss vor Gericht ziehen, um beispielsweise Auftritte absolvieren zu können. Aber ein Tabu im Wortsinn ist das natürlich nicht, nee, nee.

  • Habs noch nicht ganz fertig geschafft. Sehr interessant bisher und bevor ich es vergesse, möchte ich aber folgende Frage stellen:


    Wenn Meron kategorisch ablehnt, dass es in der deutschen Gesellschaft ein Tabu gibt, sich kritisch zu Israel zu äußern und dann etwas später selbst kritisiert, dass es eine deutsche Staatsräson gibt, die es offensichtlich unmöglich macht, eine rechtsfaschistische Netanyahu Regierung offiziell anzuzählen und als das zu bezeichnet, was sie ist, ist das dann ein Widerspruch?

    Es ist kein Tabu. Sie machen es einfach nicht.

    Unsere "soziale Marktwirtschaft" in Frage zu stellen, ist auch kein Tabu. Es sind sich aber einfach alle einig, dass daran nicht gerüttelt wird.

  • Kurze Anmerkung zu dem im Gespräch erwähnten Grass-Gedicht. Hier erstmal der Wortlaut:


    Das Gedicht entstand im Jahr 2012 im Kontext deutscher Lieferungen von atomwaffenfähigen U-Booten an Israel. Es kritisiert unter anderem das zweierlei Maß, demzufolge Iran zur Kontrolle seiner atomaren Entwicklungen durch auswärtige Instanzen genötigt wurde, Israel aber nicht.

    Deutschland ist schon speziell, Roger Waters bekommt Lack weil er BDS pusht. Dann wird es natürlich mit dem Gedicht eines Waffen-SS Veteranen schwierig...

  • Israel. Deutschland.


    9 Millionen Haribos. 84 Millionen Haribos.


    Verallgemeinerung. Verallgemeinerung.


    Tüte. Tüte.


    Ich meine, Pauschal-Kritik blockiert sich selbst, denn die Verallgemeinerung bunter Tüten ist an sich eine widersprüchliche Methode. Das Tütenschlagen blockiert das Lösen einzelner Probleme, weil sie Empörung und Gegenwehr in denjenigen triggert, welche die eigentlich Kritik gar nicht meint. Man muss präzisieren. Die Einzelpersonen nennen, anstatt die Tüte. Zum Beispiel "Netanjahu", "Grass", "Waters", oder wer auch immer. Oder besser noch, soweit es lohnt: Die Aussage nennen, die zu kritisieren ist.


    Am Anfang von Folge 639 ging es um den Begriff "Vorurteil". Meine Ansicht dazu: Jedes durch Erfahrung entstandene Urteil ist ein Vorurteil, denn so ein Urteil verallgemeinert die bisherige, begrenzte Erfahrung zu einem vermeintlich unbegrenzten Allwissen. Kennst du tausend Schneeflocken, meinst du alle Schneeflocken zu kennen. Kann aber nicht sein. Die nächste, die du siehst, wird abermals anders sein als all die verschiedenen bisherigen. Und dann musst du dein Urteil, also dein Vorurteil, erneut präzisieren. So geht der Lernprozess voran. Du wirst die absolute Erfahrung nie erreichen, aber du kannst dich ihr nähern. -- Die richtige Frage lautet deshalb nicht, ob wir Vorurteile haben (ja, haben wir), sondern ob wir bereit sind, unsere Vorurteile ständig nachzujustieren.

  • Ja, na dann höre es dir doch erstmal an. Dann können wir ja drüber quatschen. :)

    Ok also es ist dann wohl tatsächlich so wie ich vermutete, also primär ne Frage der Menge auf die sich die Aussage bezieht, sowie der Quantor der Aussage selbst.

    Ganz konkret trifft er aber, entgegen deiner Darstellung, keine Aussage über die gesamte deutsche Gesellschaft. Ka wie du darauf kommst?


    Zitat

    eigentlich wird immer gesagt ja ja aber
    1:42:45

    man traut sich hier nicht über Israel zu reden. Das sei ein Tabu und so. Und meine
    1:42:50

    Erfahrungen, [...] keine empirischen Studien, sondern rein basiert auf den eigenen
    1:42:58

    Begegnungen. Aber das ist überhaupt nicht Tabu, also ganz im Gegenteil. Also jeder hat was zu sagen.

    Zitat

    1:43:23

    dann viel mir auf, dass es eher so eine innere Bedürfnis ist zu sagen: ja ich bin
    1:43:29

    auf der Seite der Juden, weil ich habe es aus der Geschichte gelernt. Oder
    1:43:34

    ich bin auf der Seite der Palästinenser, weil gerade weil ich aus der Geschichte
    1:43:40

    gelernt habe lasse ich das nicht zu


    Er sagt ganz konkret, dass er selbst nicht erlebt hätte, dass es da ein Tabu gibt. Und er sagt sogar dazu, dass es ganz konkret seine eigene gemachte Erfahrung ist. Und etwas vor dem ersten Zitat, also so ab 1:41:15, da geht das ganze ja erstmal damit los, dass ihm gegenüber da jeder mit dem er redet schon eine feste Meinung zu hat. Und die manifestiert sich eigentlich immer in einem der beiden Extremen.


    Naja also ich erkenne da auf alle Fälle erstmal keine kategorische Ablehnung von irgendwas, aber auch eben keine "alle aus Menge X" Aussage ganz allgemein.



    Und an Syd, der mit so Verallgemeinerungen und Wortmisshandlungen ja noch viel weniger ein Problem hat, das ist genauso wenig ein Tabu, wie es vor kurzem Berufsverbote waren. Finden die Konzerte statt? Gehen da richtig viele Leute hin? Kann und wird er da all sein Zeug zum besten geben?

  • Mendel ist mit Sicherheit einer der angenehmeren Gesprächspartner zu dieser Thematik, da er durchaus zu differenzieren weiß, aber auch er arbeitet viel mit Strohmännern, Halbwahrheiten und Whatabboutisms, wo ich mir gewünscht hätte dass Tilo stärker nachhakt.


    Irgendwo im Interview gabs mal wieder den Verweis auf angebliche Doppelstandards da China wegen den Uighuren auch nicht sanktioniert wird, was einfach nicht stimmt,da sowohl die EU als auch die USA Sanktionen gegen Verantwortliche und Unternehmen in der Xinjiang Region verhängt haben (Natürlich nicht genug, aber es nicht nichts wie bei Israel).


    Zudem hätte er mal erklären sollen warum immer nur Mitgliedern israelischer Protestbewegungen unterstellt wird sie wären antisemitisch, weil sie sich nur auf Israel fokussieren und Menschenrechtsverletzungen in anderen Ländern ignorieren.


    Ein weltweit einzigartiger Doppelstandard, da es tausende Protestbewegungen gibt die sich nur auf eine spezielle Sache konzentrieren.


    Niemand fordert von Menschen die Qatar,Iran,China whatever boykottieren wollen, dass sie gefälligst auch die Palästinenser zu unterstützen haben.


    PS:


    Da Tilo bald wieder eine Israel Reise plant, vielleicht kannst du ja Kontakt mit Danny Seidemann von Terrerstrial Jerusalem aufnehmen und eine Jerusalem Tour planen.


    So eine Insider Tour durch Sheikh Jarrah, Silwan aber auch die momentane Situation der christlichen Gemeinde, wäre für den deutschen Zuschauer mit Sicherheit interessant.

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