Die Letzte Generation

  • Utan


    1. Zu Haldenwang: So, wie er es formuliert, geht er meiner Meinung nach über die Darstellung einer Rechtslage hinaus, er stellt sich regelrecht schützend vor die Aktivisten.


    2. Das Klima als Symptom des Kapitalismus - hat sich mittlerweile selbst zu einem ausgewachsenen Problem entwickelt.

    Also, ich gehe mit der Argumentation mit, denke aber, dass die Zeit (noch) nicht reif für eine grundlegende Abkehr vom Kapitalismus ist.

    (Ein Vergleich, der etwas hinkt: Das Gymnasium als Schulform, wie auch immer man darüber denkt, ist seit dem Kaiserreich so etabliert und unangreifbar, dass nicht einmal die Nazis sich 'da ran getraut' haben, zugunsten einflussreicher Unterstützer aus der Oberschicht. In der DDR gab es da gegenläufige Tendenzen, die aber mit der Wende zügig eingestampft wurden. Mittlerweile ist unsere Gesellschaft ein ganzes Stück egalitärer geworden, sodass die Gesamtschule als Konzept viel besser dazu passt und angenommen wird, inklusive wissenschaftlicher Begleitung.)


    Ich denke, dass wir genug damit zu tun haben, das 'Symptom' Klimawandel als eigenständiges Problem zu lösen, und zwar zu einem erheblichen Teil durch Werteverschiebung (z. B. Teuerungen auf den CO2-Ausstoß eines Produkts). Und natürlich wird sich das massiv auf das Wirtschaften und auf Wachstumserwartungen auswirken.


    Schönes Wochenende,

    Myrddin


    Wenn wir uns alle ein wenig mehr Mühe geben, wird das schon.

    Oder?

  • Die Vorwürfe, der Klimaaktivismus nenne das Problem (Kapitalismus) nicht beim Namen, führen zu nichts.

    Denn erstens: Viele der Aktivist:innen tun das. Laufend. Aber es will niemand hören und folglich wird das auch von denen, die darüber berichten, nicht wiedergegeben

    Ja wennn die das "laufend" tun, warum trauen sie sich nicht mal bei Tilo, es laut auszusprechen?


    Warum kriege ich das als Medien-Junkie nicht mit?


    Warum redet Maja Göpel überall in Talkshows und auf Podien von "Transformation" aber nie vom Kapitalismus?


    Warum sagt Luisa Neubauer nicht auf dem grünen Parteitag, dass grüner Kapitalismus nicht funktioniert?

    Was hat sie zu verlieren?


    Warum fordert Aimee van der Baalen von der Regierung, sie möge sich and die Klimaschutzziele halten, wenn sie doch angeblich längst weiß, dass der grüne Kapitalismus, den die Ampel zum Staatsziel erklärt hat, gar nicht funktionieren kann?


    Wovor haben die offenbar noch mehr Angst, als vor der Klimakatastrophe?


    Und warum sollen sich Linke, die den Zusammenhang zwischen letzterer und dem Kapitalismus offen ansprechen an Leute anpassen, die das nicht tun?

  • Vielleicht, weil sie nicht der Meinung sind ... ?

    Myrddin


    Wenn wir uns alle ein wenig mehr Mühe geben, wird das schon.

    Oder?

  • Vielleicht, weil sie nicht der Meinung sind ... ?

    Ja das war doch genau das was ich behauptet habe und was von Mitsch bestritten wurde.


    Ich sage: Sie sind eigentlich gar nicht kapitalismuskritisch.


    Sie wollen diesen Kapitalismus vielleicht nicht haben, aber einen grünen, nachhaltigen und sozial gerechten Kapitalismus fänden sie eigentlich ganz okay, und verstehen halt nicht, dass es den noch nie gab und niemals geben wird.

  • Ich denke, dass wir genug damit zu tun haben, das 'Symptom' Klimawandel als eigenständiges Problem zu lösen, und zwar zu einem erheblichen Teil durch Werteverschiebung (z. B. Teuerungen auf den CO2-Ausstoß eines Produkts). Und natürlich wird sich das massiv auf das Wirtschaften und auf Wachstumserwartungen auswirken.

    Und ich denke, dass genau das nicht funktioneren kann, weil - wie es viele KritikerInnen und Degrowther sagen, und wie es selbst die erklärte Kapitalismusbefürworterin Ulrike Herrmann sagt - ein echter Klimaschutz, der die gesteckten Ziele erreichen soll, nicht mit dem kapitalistischen Wachstum vereinbar ist, und weil der Kapitalismus nicht mehr funktioniert, wenn es kein Wachstum mehr gibt.


    Wir können also entweder weiter versuchen, "grünen" Kapitalismus ohne Wachstum zu machen und dann dabei zugucken, wie alles chaotisch zusammen bricht, oder wir könnten uns überlegen, wie man diese menschliche Gesellschaft anders organisieren kann, so dass sie nicht mehr ihre eigene Lebensgrundalge zerstört, damit ein paar Multimilliardäre zum Spaß in den Weltraum fliegen können.


    Aber wenn selbst die Leute die sich verüprügeln und verhaften lassen, um für mehr Klimaschutz zu protestieren, diesen Zusammenhang nicht erkennen (oder nicht darüber reden) wollen, dann sehe ich ziemlich schwarz für eine friedliche Transformation aus diesem zerstörerischen System.

  • Utan  Rainbow

    Okay, wenn wir diesen kommunistischen (marxistischen? keine Ahnung) Kapitalismusbegriff haben, stimme ich zu: Ja, sie erkennen nicht das eigentliche Problem, nämlich den Wachstumsgedanken, der einem ... maßvollen Wirtschaften zuwider läuft.


    Frage (und ich weiß es wirklich nicht):

    Gibt es einen Kapitalismusbegriff, für den Wachstum nicht immanent ist?


    (Hab das U-Hermann-Interview nicht gesehen, redet sie da über Wachstum?)

    Myrddin


    Wenn wir uns alle ein wenig mehr Mühe geben, wird das schon.

    Oder?

  • Ich sehe es eher so wie Mitsch. Ich glaube einfach, die (die letzte Generation und FfF) haben keinen Bock überzeugte Antikapitalisten davon zu überzeugen, dass sie Kapitalismus ebenfalls als Problem sehen. Sie wollen aber überzeugte neoliberale Menschen (i.e. Leaders of the World) davon überzeugen, dass es Handlungsbedarf gibt, und zwar akut. Ist halt die Frage, welche Strategie aufgeht. Rein kommunikationsstrategisch wirst du die Mehrheit der Bevölkerung (und die Leitmedien als solche, wo es nicht wenige Profiteure gibt) nicht auf deine Seite gezogen bekommen, wenn du ihnen allen wenig subtil vorwirfst, sie wären aller einer Lebenslüge erlegen gewesen und waren dumm genug es ewig zu glauben.


    Leute wie Lanz werfen der Letzten Generation ja jetzt schon einen Wahrheitsanspruch vor (und kolpotieren dann die aus Nervosität falsch genannten Zahlen im eigenen Podcast erneut, um sie unseriös dastehen zu lassen), meinst du das wäre besser, wenn man jetzt noch an dieser Lüge/Wahrheit nagt?

  • meinst du das wäre besser, wenn man jetzt noch an dieser Lüge/Wahrheit nagt?

    Darum geht's doch gar nicht. Ich will denen doch nicht vorschreiben, wie sie zu protestieren haben.


    Ich bin halt bloß der Überzeugung, dass dieser Weg, PolitikerInnen und

    überzeugte neoliberale Menschen (i.e. Leaders of the World)

    dadurch dazu zu bringen, gegen ihre eigenen neoliberalen Grundsätze zu verstoßen und Klimaschutz zu machen, auch wenn es dem Kapital üerhaupt nicht gefällt und es mit massivem Arbeitsplatzabbau droht, wenn man sie nur streng genug an die pariser Klimaziele erinnert, überhaupt nicht funktioniert.


    Man muss die Mehrheit der Menschen, die nicht in solchen Macht- und Entscheiderpositionen sind davon überzeugen, dass das nötig ist und dass sie Druck von unten machen müssen. Aber das geht halt nicht, wenn man gleichzeitig genau an dem einen Ding nicht rütteln will, das diesen ganzen Schlammassel verursacht hat und weiter voran treibt, weil die ganzen neoliberalen PolitikerInnen und Leaders of the World dann immer damit kommen können, dass man es mit dem Klimaschutz lieber nicht übertreiben sollte, weil das Kapital sonst Arbeitsplätze abbaut und der Wohlstand für Alle flöten geht.


    Diese (scheinbare) Logik muss gebrochen werden. Und wer könnte das besser unter die Leute bringen, als die Bewegung, die es immerhin geschafft hat, den Klimawandel zum allseits diskutierten Thema zu machen?


    Fickt Lanz und die Leaders of the World. Die müssen Angst vor uns haben, nicht umgekehrt.

  • Ich denke auch nicht, dass man den Menschen mit den ganzen Kapitalismustheorien ankommen muss. Viele Ressentiments der Menschen haben schon einen anti-kapitalistischen Kern in sich, obwohl die Menschen im Detail keine Ahnung davon haben, was Marx unter Kapitalismus verstanden hat. Zb die ständigen Konflikte am Arbeitsplatz (Lohnarbeit), das immer mehr und mehr, die existierende Ungleichheit, das sich das Leben nur um Konsum dreht, auch wenn Leute sagen, man müsse vom Wachstum weg kommen. Es geht, IMO darum, diese Ressentiments in eine produktive Richtung zu bringen und den Menschen Alternativen dazu darzulegen. Meiner Meinung nach sind Menschen von Natur aus Antikapitalisten. Es sind nur die äußeren politischen und ökonomischen Umstände, die zu lethargie, hoffnungslosigkeit und Resignation und damit zu einer Immobilisierung und Akzeptanz des Systems führen. Angesichts des Staates fühlt man sich machtlos und versucht in seinem eigenen Leben wenigstens einigermaßen klar zu kommen und sich die Welt auf eine Weise zu erklären, die irgendwie Sinn ergibt. Einfach nur zu sagen, der Kapitalismus sei Schuld (was zwar stimmt) hilft den Menschen nicht sich aus ihrer Situation zu befreien.

  • Myrddin Übrigens finde ich es nicht besonders überraschend, dass in den Mainstream Medien keine Aktivisten vorkommen, die direkt den Kapitalismus offen kritisieren. Es findet ja immer eine Auswahl von Gästen statt und diese Auswahl bewegt sich immer im moderaten und bürgerlich, d. h. den status-quo nicht infragestellenden Spektrum (was mit der verzahnung von wirtschaft und medien zu tun hat und das du nur erfolgreich in den medien sein kannst (wie zb lanz) , wenn du schon eine bestimmte ideologie internalisiert hast, die in unserem bildungssystem gefördert wird) . Das gilt auch für Jung und Naiv. Tilo kann ja nicht ständig "links-radikale" Gäste einladen. Er hat da schon mehr Spielraum, aber überdehnen kann er es auch nicht.

  • Nun, du weißt ja auch, dass es nicht nur die Lanzes und Goldmannsachsen etc., dieser Welt sind, die neoliberal ideologisiert sind, sondern eigentlich fast der gesamte Globus. Du gehst halt immer noch von einer Prämisse aus, von der ich nicht weiß, ob sie so stimmt. Und wenn es dir nicht um die Strategie geht, du ihnen aber entgegenhältst, sie würden keine Kapitalismuskritik äußern, da jener Kapitalismus das immanente Problem ist, dann ist das einfach nun mal so.


    Die Bewegung ist keine 5 Jahre alt. Entweder verschwindet sie, oder sie wird eben noch "radikaler" und damit auch kapitalismuskritisch offener und selbstbewusster. Und wenn uns der Kapitalismus eines beigebracht hat, dann wie man Projekte vorantreibt: Wie ist man am besten einen Elefanten? Stück für Stück.

  • komischerweise werden leute wie die Querdenker nie als auswüchse der kapitalistischen verhältnisse von utan dargestellt, da macht seine sogenannte kritik dann halt. Er kritisiert auch nur die Äußerungen oder nicht Äußerungen in den Medien, aber nie das system der medien an sich(kann in den mülleimer verschoben werden)

  • komischerweise werden leute wie die Querdenker nie als auswüchse der kapitalistischen verhältnisse von utan dargestellt

    Verdammt, Jonny - Jetzt hast Du mich schon wieder als der rechtsradikalneoliberale Apologet der kapitalistischen Verhältnisse entlarvt, der ich insgeheim eigentlich bin!


    Aber weil ich gleichzeitig auch ein völlig ahnungsloser Ignorant bin, der keinen Plan von Machstrukturen™ und von den sinistren Plänen der Eliten™ hat, denen er hier subversiv zu Diensten ist, und der daher wahllos vor sich hin psychologisiert, glaube ich einfach weiterhin daran, dass ich gar nicht dreist gelogen habe als ich (beispielsweise) folgendes schrieb:


    Die Leute haben da nicht gegen die herrschenden kapitalistischen Verhältnisse protestiert, sondern für die Wiederherstellung des neoliberalen status quo ante Corona.


    Die wollen nicht das System ändern, sondern sie wollen, dass das System wie gewohnt weiter läuft und ihnen endlich wieder uneingeschränkt den langjährig eingeübten Kuhandel - Konsumfreiheit gegen Lohnarbeit - ermöglicht.


    Die "Freiheit", für die die neoliberalisierten Marktsubjekte da demonstriert haben, ist die Freiheit des Unternehmertums, sich an der Lohnarbeit der abhängig Beschäftigten zu bereichern und ihre Produkte zu vermarkten - und die Freiheit der LohnarbeiterInnen, sich ausbeuten zu lassen, damit sie sich mit dem Lohn ihrer Ausbeutung endlich wieder frei in der Warenwelt bewegen können.

    ...oder das hier:

    Ja gut Syd. So geht's natürlich auch.


    Einfach den Spieß umdrehen und die Linken dafür verantwortlich machen, dass bisher völlig unpolitische Menschen sich plötzlich dazu berufen fühlen, gegen den Staat zu protestieren, und die Rückkehr zur einer "Normalität" zu fordern in der sie sich bisher nicht die Bohne für linke Kritik an der Regierung und dem System das sie verteidigt interessiert haben, so lange sie sich noch einreden konnten, es gereiche ihnen zum Vorteil, abhängig von ihren Arbeitsplätzen und AuftraggeberInnen zu leben, so lange sie nur ihrer Konsumfreiheit freien Lauf lassen konnten.

    ...oder solchen Unfug hier:

    [...] Dass sich die heutige "Arbeiterklasse" [...] mit dem bürgerlichen Staat identifiziert, und von ihm einfordert, ihr ihre bürgerlichen Rechte zu garantieren, und dass der jetzt auf der Straße stattfindende Kampf sich leider mehrheitlich nicht primär gegen die ausbeuterischen Verhältnisse im von diesem bürgerlichen Staat organisierten Kapitalismus richtet, sondern gegen ein schlechtes Staatsmanagement, das den bisher geltenden Konsens der "Solidargemeinschaft" auch nach dem Wechsel zur sozialdemokratischen Herrschaft nicht mehr erfolgreich erzwingen kann.

    ...oder :

    Das Autoritäre (und meiner Ansicht nach auch das absolut widersprüchliche) am "libertären Autoritarismus" der QuerdenkerInnen ist die Forderung an den Staat, diesen Freiheitsanspruch durchzsetzen und die bürgerliche kapitalistische Ordnung zu erhalten, bzw. sie in gewohnter Form wieder herzustellen, ohne dabei die indidviduellen Freiheitsrechte der StaatsbürgerInnen einzuschränken.

    ...oder dieses dreiste Plagiat:

    Während die Kritische Theorie, wie wir noch zeigen werden, vor allem das Leiden als Sozialpathologie kapitalistischer Individualisierung in den Blick genommen hat, möchten wir den Fokus auf eine andere Folge richten, die aus unserer Sicht einen Schlüssel zur Erklärung des libertären Autoritarismus darstellt: die aktive Affirmation kapitalistischer Freiheitsnormen. Zwar identifizierte sich auch der »eindimensionale Mensch« des organisierten Kapitalismus unmittelbar mit »seiner Gesellschaft und dadurch der Gesellschaft als einem Ganzen«.132 Allerdings fand diese Identifikation auf dem Boden fortgeschrittener Industriegesellschaften statt, wo laut Marcuse das Streben nach Selbstverwirklichung systematisch unterdrückt wurde.133 Heute hat sich die Konstellation grundlegend verändert: Weitgehend befreite Individuen identifizieren sich mit der Gesellschaft, die ihnen umfassende individuelle Selbstentfaltung verspricht und auch bisweilen gewährt. Der Kapitalismus wird von vielen Menschen nicht als Maschine einseitiger Rationalisierung wahrgenommen, die jedes Streben nach Authentizität verhindert, sondern im Gegenteil als ein System, das individuelle Selbstverwirklichung gerade ermöglicht.

  • Er kritisiert auch nur die Äußerungen oder nicht Äußerungen in den Medien, aber nie das system der medien an sich

    Was ist denn das "System der Medien"? Woraus besteht das? Was wird da von wem für wen medial verbreitet und welchem Zweck dient das?


    Was verschweigt man uns?=O


    Muss ich jedesmal wenn ich hier gegen die mediale "Berichterstattung" oder das davon gespeiste Papageietum auf twitter polemisiere (was ich ungefähr fünf mal am Tag mache) noch dazu schreiben, dass "die Medien" in der global vernetzten kapitalistischen Marktwirtschaft des 21. Jahrhunderts hauptsächlich die Funktion erfüllen, Klickzahlen zu generieren, und ihren EigentümerInnen einen schönen Return on investment aus Werbeeinnahmen und Datenhandel zu bescheren - oder als staatstragende öffentlich-rechtliche Anstalten ihren eigenen gebührenfinanzierten Unterhalt damit zu legitimieren, dass "die Zuschauer" das laut Quotenerhebung schliesslich sehen wollen - , und dass staatliche wie private EigentümerInnen der geistigen Produktionsmittel dabei natürlich überhaupt kein Interesse daran haben, die kapitalistische Marktwirtschaft, in der dieses Geschäftsmodell stattfindet und vom Staat geschützt wird, grundsätzlich in Frage zu stellen, und dass sie daher Leute die genau das tun entweder weitgehend ignorieren und marginalisieren, oder sie als gefährliche ExtremistInnen darstellen?


    Oder muss ich da schon ganz konkrete Machtstrukturen™ ausmachen, mittels derer die Eliten™ den Menschen, die eigentlich ganz anders denken, die Gedanken der Herrschenden einfach gegen deren Willen aufzwingen?


  • Utan  JonnyMadFox

    Könnt ihr nicht mal aufhören, euch zu kabbeln?

    Es wirkt ein wenig so, als würdet ihr in schöner Regelmäßigkeit versuchen, euch gegenseitig zu diffamieren / entlarven / provozieren.

    Das nervt. Mich zumindest.


    Begründung, warum das relevant ist: L'État, c'est moi! ;) (Nicht wirklich)

    Myrddin


    Wenn wir uns alle ein wenig mehr Mühe geben, wird das schon.

    Oder?

  • Nun, du weißt ja auch, dass es nicht nur die Lanzes und Goldmannsachsen etc., dieser Welt sind, die neoliberal ideologisiert sind, sondern eigentlich fast der gesamte Globus.

    Ja eben!


    Aber ich sage halt auch, dass es nicht nur die "Eliten" sind, die sich vom neoliberalen Geist inspirieren lassen und ihn aufrecht halten, sondern dass der Kapitalismus und seine bürgerliche Gesellschaft nur deswegen nicht längst abgeschafft ist, weil er eben nicht bloß den Lanzes und Goldmannsachsen etc .dieser Welt als alternativloses Ende der Geschichte gilt, sondern auch den ganzen Oma Ernas und Otto Normals in unserem Wohlstandsparadies Deutschland, und dass das daran liegt, dass er materielle Verhältnisse geschaffen hat, die eine Ideologie bedingen, welche das allgemeine Bewusstsein dergestalt prägt, dass nicht nur der gemeine Bürger sondern auch die meisten "Linken" im neoliberalen Spätkapitalismus gar nicht mehr daran glauben, dass es dazu überhaupt noch eine Alternative geben könne (auch wenn Jonny natürlich das Gegenteil behauptet).


    Ich versuche es mal mit einem Beispiel:


    Der Kanzler hatte kurz nach seiner Kür zum Oberverwalter der deutschen Volkswirtschaft mal auf irgendeinem gewichtigen Podium eine Rede gehalten, bei der er darauf hinwies, dass das mit der Energiewende leider alles nicht so einfach sei, wie die hungerstreikenden ProtestantInnen von der letzten Generation sich das so vorstellten. So habe ihm zum Beispiel gerade erst die chemische Industrie vorgerechnet, wieviel elektrische Energie sie bis 2050 zur Verfügung haben müsste, um ohne fossile Energieträger weiter in gewohnter Form ihrem Geschäft nachzugehen. Da kam irgendeine Zahl raus, die größer war als die gesamte Menge an Strom. die derzeit in Deutschland erzeugt wird.


    Ich habe dass dann sinnloserweise aus lauter Frust auf twitter kommentiert und so was ähnliches geschrieben wie: "Das ist ja toll, dass die Industrielobby sich beim Kanzler wünschen darf, wie die Energiewende in ihrem Sinne zu gestalten sei" - was natürlich keine Sau interessiert hat -


    - außer absurderweise irgendeine Person die beim Verband der Chemischen Industrie e.V. gerade ChefIn vom Dienst in der social media Radaktion war, und mir tatsächlich eine höfliche Antwort darunter kommentierte, in der darauf verwiesen wurde, dass der VCI natürlich eine wissenschaftliche Studie dazu in Auftrag gegeben habe, und dass das daher ganz seriöse Zahlen seien.


    Woraufhin ich dann zurück kommetierte. dass das ja schön und gut, und die Zahlen sicher nicht falsch seien, dass man mir aber doch wohl nicht weiß machen wolle, dass in diesen Energieverbrauch bis 2050 kein angemessener Return on Investment für die Eigentümerinnen der Chemisch-Industriellen Produktionsmittel eingepreist wurde.


    Auch das wurde erstaunlicherweise ganz höflich, offen und ehrlich beantwortet, und zurück kommentiert, dass man das selbstverständlich genau so gemacht habe, denn das ganze Geschäft mit der Chemie müsse sich ja schliesslich lohnen. Zwinkersmiley.


    Was ich damit sagen will ist, dass alle Zahlen zum künftigen Energieverbrauch, mit denen irgendwelche die Bundesregierung beratenden KlimaexpertInnen an die Öffentlichkeit gehen, auch nur auf den Zahlen basieren, die sie von der Industrie bekommen, und dass in sämtliche Pläne, die die Bundesregierung diesbezüglich hat, natürlich genau dieser Return on investment für heutige und zukünftige Investoren gemäß dessen eingepreist ist, was denen selbst als angemessene Kapitalrendite erscheint, um auch weiterhin in den deutschen Wirtschaftsstandort zu investieren.


    Wenn Robert Habeck und die Euro-Uschi jetzt also z.B. für teures Geld den Weltmarkt für kilmaschädliches Flüssiggas leer kaufen, damit Putin nicht gewinnt, dann werden die nötigen Mengen nicht so berechnet, dass man irgendwie die Produktion auf einem zur Befriedigung von Bedürfnissen nötigen Niveau halten kann, sondern so, dass die privaten EigentümerInnen der Industriebetriebe weiter ausreichend Waren produzieren, und sie konkurrenzfähig am Markt absetzen lassen können, um ihre Renditeerwartungen zu befriedigen, weil die ihr schönes Geld sonst in die amerikanische Fracking-Industrie oder in Indische Öltanker investieren und in Deutschland ganz viele Arbeitsplätze verloren gehen. Ohne Wachstum geht das nicht.


    Und wenn sie dann in der Zeitung läsen, "Habeck lässt BASF pleite gehen. 10.000 Arbeitsplätze gefährdet! Droht der Deutschen Wirtschaft die Deindustrialisierung?" dann würden sich Oma Erna und Otto Normal ganz besorgt fragen, ob sie denn dann wohl die nächten wären, die ihre Arbeit verlieren, oder denen man die Rente kürzen muss, um die ganzen Arbeitslosen durchzufüttern.


    Und dann käme Herr Merz von der cdU und würde vielleicht sagen "wir können es uns in dieser schwierigen Lage nicht leisten, aus ideologischen Gründen weiter unsere Energiesicherheit zu gefährden. Wir müssen jetzt alle Kohlekraftwerke wieder anwerfen und die Atomkraft ausbauen. Deutschland muss fit für die Zukunft bleiben!". Und dann denken sich Oma Erna und Otto Normal, dass der Merz da schon irgendwie recht hat, auch wenn sie den vielleicht gar nicht leiden können.


    Und bei Lanz sitzt dann vielleicht mal wieder der Vorstandsvorsitzende von Volkswagen neben Maja Göpel, und Frau Göpel sagt, dass wir endlich aufhören müssen in alten Schablonen zu denken und neue innovative Lösungen finden müssen. "Ja, ja, ja, ja und ja, genau!" sagt dann Herr Diess von VW. "Nur unsere innovative deutsche Industrie kann die nötige Innovationsleistung erbringen, um die Herausforderungen der Zukunft zu meistern, Aber dabei darf uns die Politik natürlich keinen Knüppel zwischen die Beine werfen. Noch mehr Steuern, Abgaben und Auflagen können wir uns in dieser Situation einfach nicht leisten!"


    Und Oma Erna und Otto Normal sagen, "Ja irgendwo hat er schon recht, der Diess. Der kennt sich schliesslich aus mit innovativer Technologie, und der weiß wie man eine Industrie organisiert."


    Und so geht das immer so weiter, bis dann irgendwann alles zusammenbricht.


    Diesen Teufelskreis könnte man nur beenden, wenn man damit aufhören würde, für den Profit zu produzieren. Und das ginge nur, wenn man entweder eine Ökodiktatur errichtete, oder wenn man das Privateigentum an den Produktionsmitteln abschaffte, und somit auch den Druck, sie zu rentablen Kapitalanlagen zu machen.


    Aber so lange Oma Erna und Otto Normal das nicht kapieren, weil niemand der es eigentlich kapiert haben müsste es ihnen erklärt, weil er Angst hat, öffentlich für einen linken Extremisten gehalten zu werden, wenn er den Kapitalismus bei Markus Lanz beim Namen nennt, und dem bräsigen Schwätzer einfach seine schmierige neoliberale Butter vom Brot nimmt, werden Erna und Otto auch weiterhin Zeitung lesen und Lanz gucken und denken, dass man auf die ExpertInnen hören muss, damit nicht alles noch viel schlimmer wird, als es sowieso schon ist.

  • Und so geht das immer so weiter, bis dann irgendwann alles zusammenbricht.


    Diesen Teufelskreis könnte man nur beenden, wenn man damit aufhören würde, für den Profit zu produzieren. Und das ginge nur, wenn man entweder eine Ökodiktatur errichtete, oder wenn man das Privateigentum an den Produktionsmitteln abschaffte, und somit auch den Druck, sie zu rentablen Kapitalanlagen zu machen.


    Aber so lange Oma Erna und Otto Normal das nicht kapieren, weil niemand der es eigentlich kapiert haben müsste es ihnen erklärt, weil er Angst hat, öffentlich für einen linken Extremisten gehalten zu werden, wenn er den Kapitalismus bei Markus Lanz beim Namen nennt, und dem bräsigen Schwätzer einfach seine schmierige neoliberale Butter vom Brot nimmt, werden Erna und Otto auch weiterhin Zeitung lesen und Lanz gucken und denken, dass man auf die ExpertInnen hören muss, damit nicht alles noch viel schlimmer wird, als es sowieso schon ist.

    Ich denke mit dem Kapieren des Problems gibt es eher weniger Schwierigkeiten.

    Aber solange es nicht mal einen Grob skizzierten einigermaßen gerechten Plan gibt wie man aus dem System Kapitalismus aussteigen will werden die Massen nicht aussteigen. Ist wie bei der Verkehrswende, ich war 2005 so doof und dachte kein Auto mehr zu brauchen es kommt ja der Ausbau der öffentlichen, 13 Jahre wurde das Angebot immer schlechter und unzuverlässiger also habe ich heute wieder ein Auto.


    Man muss es auch mal aus der Situation von Oma Erna und Otto Normal betrachten!

    Solange die da oben noch über die Ziele verhandeln ohne den Weg zum Ziel zu beschreiben kann das Projekt nicht starten!

    Eines Tages ist es halt dann zu spät dann nimmt uns das Klima das Heft des Handelns aus der Hand dann gibt es nichts mehr zu Planen!

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