Lüders baut Scheiße und Tilo soll Schuld sein. Unfair!
Das, was Lüders da als "zugespitzt" ablehnt, war für mich eher eine Suche nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner. Auf dem hätte man aufbauen können. Es wäre ja schließlich bei einem, der durchaus bereit ist, AfD-Slang zu sprechen, interessant, ob man überhaupt noch eine gemeinsame Basis hat. Tilo stellt also ein Klötzchen hin und statt eines dazu zu stellen, nimmt er ihn und schmeißt ihn weg. Mehrmals wird er aufgefordert, doch einfach erstmal die einfachen Fragen einfach zu beantworten. Nein! Kritische Nachfragen (zu seinem Buch)? Unverschämtheit! Das wird mir zu blöd! Wortklauberei!
Ach ja? Bezüglich der Anschläge auf die Nord-Stram-Pipelines auf eine Vermutung, die auf einer nicht nachvollziehbaren Quelle beruht, zu bauen, und das Ergebnis mehrerer renommierter Rechercheteams als eine Art Gesinnungsjournalismus abzulehnen? Das ist schon ein bisschen schwurbelig, oder?
Genau so, wie die fixe Idee, die Grünen seien DIE tonangebende Partei in der Regierung(, die einzig und alleine für sämtliche Missstände verantwortlich zu machen sind). Er sorgt sich um die Wirtschaft - und nennt Habeck, also DEN Habeck, der eine Strompreisbremse für energieintensive Unternehmen fordert, als alleinschuldigen Hasardeur, der die Deindustralisierung vorantreibt, während Lindner nicht nur die Strompreisbremse ablehnt, sondern bei der EZB auch noch um höhere Zinsen bettelt, höhere Steuern (bei denen, die es sich leisten könnten,) kategorisch ausschließt und ansonsten auch alles dafür tut, den Sozialstaat zu deckeln und die Binnennachfrage abzuwürgen.
Ja, es stimmt, viel Substanz gab es nicht in dem Interview. Aber schlecht finde ich es dadurch nicht. Es ist schon ziemlich aufschlussreich, wenn jemand mit blumigen Worten den Zustand der Republik oder gar der Welt bedauert, aber auch keine besseren Ideen zu bieten hat. Ganz besonders dünn wird's dann, wenn's ums Klima geht. "Da sollte man sich auch mal darum kümmern!" - Während man behauptet, dass "die Wirtschaft" Deutschlands ohne Gas (aus Russland) deindustrialisiert wird. Es ist 2023, wenige Jahre vor erreichen der Klimakipppunkte, die uns alle in ein Hothouse-Earth-Szenario katapultieren werden - und Herr Lüders findet, dass man sich so nebenher auch mal ums Klima kümmern müsste, während alles andere schön so fossil bleiben sollte, wie es - seit er auf der Erde ist - schon immer war. Alles andere ist ja Deindustrialisierung!
Ich bin erstaunt bis entsetzt von dem (linken) Forenpublikum, das sich nicht zu schade ist, einem derart uninspirierten Festhalten an althergebrachten Gewissheiten über die Aufgaben einer Nation (sic!) und der Sicherung "des Wohlstands" die Stange zu halten, wo es doch nichts wichtigeres gäbe, als diesen mörderischen Selbstbetrug zu dekonstruieren. Vielleicht solltet ihr euch mal an die eher philosphischeren Folgen von J&N wagen, statt hier den Eklat zu wittern…