Cold War Reloaded - Der neue Ost-West Konflikt

  • Na, um Verhandlungen über eine Nachfolge für diese ganze spätestens seit Trump zusammengebrochene Sicherheitsarchitektur aus dem Kalten Krieg. Rüstungsbegrenzung, Abrüstungsabkommen, gegenseitige Transparenz über Waffen- und Abwehrsysteme sowas.

    Ja sicher geht es darum!


    Aber glaubst Du, - zusammen mit Markus Lanz, Annalena Baerbock, Dr. Blechmann, und ungefähr der gesamten westlichen Wertejournalistenzunft von Berlin bis Los Angeles - Russlands Angriff auf die Ukraine habe damit eigentlich gar nichts zu tun, und sei vom Russenhitler Putin aus reiner Expansionslust alleine zur Gewinnung neuen Lebensraums an der Westfront seines Reiches befohlen worden?


    Denn wenn Putin mit den USA gar nicht über einen Frieden mit der Ukraine verhandeln wollte, dann würde doch daraus folgen, dass seine Kritik am Einfluss der USA auf das Nachbarland als Angriffsgrund nur vorgeschoben wurde, um Sicherheitsinteressen zu simulieren, wo der eigentliche Zweck nichts als der blinde Hass des Diktators auf die westliche Wertegemeinschaft und die "liberale" Demokratie sei.

  • Na, weil beide, USA und Russland versuchen, die Ukraine in ihren Machtbereich hinein zu ziehen. Und weil die Ukraine für Russland ein Bruderstaat ist. Also was für die USA eine andere liberale Demokratie ist, wäre für Russland dann die Ukraine, die Russland in allem sehr ähnlich ist. Mein Argument war ja, dass die Amerikanische Art der Machtprojektion, der russischen vorzuziehen ist.

    Die USA haben die Ukraine schon längst in ihren Machtbereich gezogen. In diesem Fall haben sie das natürlich relativ unblutig hinbekommen - schliesslich besteht die betroffene Bevölkerung überwiegend aus weißen ChristInnen. Wenn man mal von den wenigen Toten bei den Maidan-Protesten und den paarundvierzig Opfern absieht, die in Odessa von Neonazis lebendig verbrannt wurden, dann war der Putsch in Kiew 2014 sicher eine der friedlichsten regime-change operationen, die man im US State Department in den letzen 50 Jahren organisiert hat.

    Das lag aber auch daran, dass man - nicht zuletzt dank eifriger Unterstützung aus Westeuropa und den EU-Ländern an der Ukrainischen Westgrenze - schon Jahre zuvor damit angefangen hatte, politische Kräfte im Land zu unterstützen, die einen anti-russischen Kurs befürworteten und den Leuten einredeten, mit dem möglichen Beitriit zur NATO und zur EU werde dem Land eine goldene Zukunft nach westlichem Vorbild eröffnet.


    Die "Soft Power" des Westens bestand dann 2014 darin, den regierenden Oligarchen Präsidenten Yanukowitsch vor die Wahl zu stellen, sich zwischen einem Kurs in Richtung EU-Beitritt - den er selbst kurz zuvor noch befürwortet hatte - und einer Fortsetzung der engen wirtschaftlichen Beziehungen mit Russland zu entscheiden. Eine neutrale Position der Ukraine zwischen den beiden Machtblöcken war für den Westen nicht akzeptabel. Aus Russland gab es - zumindest damals noch - diesbezüglich keine so exklusiven Ansprüche.


    Die "Methode Nuland" bestand nachweislich darin, die Ukraine - also eigentlich vor allem die eher liberalen, urbanen Eliten in Kiew und deren protestierenden Nachwuchs - mit vollmundigen Unterstützungsbekundungen amerikanischer Spitzenpolitiker, mit mehreren Milliarden Dollar an Propagandabudgets für westlich orientierte Politiker, und durch allerlei Deals mit Oligarchen und Anführern rechtsnationaler Parteien und Bewegungen davon zu überzeugen, dass eine Abkehr von Russland das Land quasi automatisch in Richtung "liberaler" westlicher Verhältnisse bringen werde.


    8 Jahre später haben die vom Westen unterstützten und in ihrer anti-russischen Haltung ermutigten Oligarchen-Regime Regierungen die nach dem Maidan-Putsch das Land regierten, einen Bürgerkrieg in der Ostukraine mit (laut OSZE) über 14.000 Toten, und die Integration (laut Seiner Exzellenz, dem Botshafter der Freiheit) ultranationalistischer bis völkisch-faschistischer Bewegungen in den Ukrainischen Sicherheitsapprat zu verantworten, und das Land hat sich wirtschaftlich und politisch kein Stück näher an die Verhältnisse westlicher Demokratien angenähert.

    Die ukrainische Wirtschaft lag kurz vor dem russischen Angriff vom 24. Februar in etwa auf dem selben Produktivitätsniveau wie nach dem Ende der Sowjetunion und wurde vor allem durch massive Hilfskredite aus dem Westen (und russsiches Gas) am laufen gehalten, eigentlich bereits vorhandene Gesetze für den Schutz (nicht nur russischer) Minderheiten wurden abgebaut oder unterlaufen, und auch der Hoffungsträger Zelenskyj, der im Wahlkampf noch mit einem Ende der grassierenden Korruption und mit einer friedlichen Lösung des Konfliktes mit Russland geworben hatte, wurde nicht lang nach seinem Amtsantritt von den Oligarchen, die ihn an die Macht gebracht hatten eines besseren belehrt, ohne dass sich dagegen bei den westlichen Freunden nennenswerter Protest erhoben hätte.


    Es ist offensichtlich, dass es den USA bei ihrem Engagement in der Ukraine nie primär darum ging, das Land auf den Weg in eine liberale Demokratie nach westlichem Vorbild zu führen, sondern zuallererst darum, es gegen Russland in Stellung zu bringen. Und als im Zuge der massiven antirussischen und antikommunistschen Propaganda der ukrainische Nationalismus aus dem zweiten Weltkrieg wiederbelebt wurde, bis hin zur Überhöhung von Nazi-Kollaborateuren als nationalen Volkshelden der Freiheit, hat man das im Westen ohne große Entrüstung hingenommen, so lange es der Verhinderung besserer Beziehungen der Ukraine mit Russland dienlich war.


    Dass der russische Autokrat Putin sich das nicht ewig gefallen lassen würde, hat er in den letzten Jahren mehrfach ziemlich deutlich gemacht, aber diese Warnungen hat man in Washington bis wenige Wochen vor dem tatsächlichen Überfall der russischen Armee in den Wind geschlagen, die Ukrainische Regierung weiter darin bestärkt, einen harten Kurs gegen Russland zu halten und dabei ganz pragmatisch und realpolitisch in Kauf genommen, dass genau das passieren könnte, was jetzt passiert: Dass die Ukraine als Stellvertreter der USA in einen langen, grausamen Krieg mit dem wieder auferstandenen Empire of Evil verheizt wird.


    Jetzt kann man zu recht anprangern, dass es letztendlich Putin war, der die Entscheidung zum Krieg getroffen hat und nicht der Westen oder die ihm hörige Regierung Zelenskyj. Doch selbst wenn es stimmen würde, dass der Russenhitler die Eroberung der ehemaligen Westgebiete schon lange geplant habe, müsste man schon entweder ziemlich doof, sehr schlecht informiert, oder sehr ideologisch verblendet sein (oder alles zusammen - also im Grunde Markus Lanz), um nicht zu erkennen, dass "die Methode Nuland" ihm überhaupt erst den Anlass dazu geliefert hat.


    A propos schlecht informiert und trotzdem überzeugt:

    Ich war immer überzeugt DeGaulle wäre aus der NATO ausgetreten.

    Warum auch mühsam irgendwas zusammengoogeln (Dauer: ca. 2 min), wenn man auch einfach das Bauchgefühl als Quelle der Inspiration sprudeln lassen kann...?

    [...] In the context of the Cold War, De Gaulle pursued a policy of "national independence" towards the Western and Eastern blocs. To this end, he withdrew from NATO's military integrated command (while remaining in the NATO alliance itself), launched a nuclear development programme and made France the fourth nuclear power. He restored cordial Franco-German relations to create a European counterweight between the American and Soviet spheres of influence. However, he opposed any development of a supranational Europe, favouring a Europe of sovereign nations. In the wake of the series of worldwide protests of 1968, the revolt of May 1968 had an enormous social impact. In France, it was the watershed moment when a conservative moral ideal (religion, patriotism, respect for authority) shifted towards a more liberal moral ideal (secularism, individualism, sexual revolution). Although the revolt was a political failure (as the Gaullist party emerged even stronger than before) it announced a split between the French people and de Gaulle who resigned shortly after.[85]

    In the post-Gaullist era, France remained one of the most developed economies in the world, but faced several economic crises that resulted in high unemployment rates and increasing public debt. In the late 20th and early 21st centuries France has been at the forefront of the development of a supranational European Union, notably by signing the Maastricht Treaty (which created the European Union) in 1992, establishing the Eurozone in 1999 and signing the Lisbon Treaty in 2007.[86] France has also gradually but fully reintegrated into NATO and has since participated in most NATO sponsored wars.[87][...]

  • Ich schrieb "vorzuziehen" und nicht, dass sie moralischer ist. Da ist vom moralischen Standpunkt her wohl kein Unterschied.

    Ich würde behaupten Meinungsfreiheit, (besserer) Rechtsstaat bzw. eben relative Gewaltenteilung und teilweise sogar brauchbare Sozialsysteme (Skandinavien, aber auch noch abgeschwächt hier) machen "den westlichen Kapitalismus" eben doch moralischer als Autokratien.


    Gerade hier in Forum wird ja teilweise absurdester Quatsch abgelassen. Und das ist erlaubt. Niemand muss Angst haben, deshalb weggesperrt zu werden. In den USA noch weniger, da dort nichtmal Nazi-Symbole verboten sind. Selbst die intensive Kritik am System ist erlaubt.


    Das gibt es in Russland immer weniger und gerade der aktuelle Krieg hat noch zu einer Intensivierung geführt.


    Dass dies hier nichtmal erwähnt wird, zeigt wie surreal dieser Thread seit langem geworden ist. Wer einen auf dicke Meinungshose macht und behauptet, der böse "Wertewesten" wäre genauso scheisse wie z.B. Russland sollte jetzt Mal nach Moskau fahren und auf die Straße mit dem Schild "Ende dem Krieg" gehen. Wenn er dann einen Tag später aus dem Gefängnis hier weiter schreibt, dass das genauso gut ist, wie der "Wertewesten"... der hat immerhin eine Meinung, die nicht heuchlerisch wäre.


    Und da dies hier das Forum von Tilo ist - Journalisten wie ihn gibt es hier ja durchaus nicht wenige. In allen möglichen politischen Bereichen. In Russland haben seine Kollegen es deutlich schwerer und müssen aktuell fast wie in alten UdSSR-Zeiten Gefängnis fürchten.

  • Ne. Südkorea braucht die USA mehr als umgekehrt. Natürlich könnten die versuchen sich China anzudienern, aber ich glaube nicht, dass das eine sehr attraktive Option ist. Außerdem wären sie dann von Nord-Korea erpressbar mit deren Nuklearwaffen. Die USA braucht Süd-Korea und Japan jetzt nicht wirklich, dass sind wichtige imperiale Außenposten, aber eine Existenzfrage ist das nicht.


    Südkorea könnte die militärische Unterstützung der USA gut gebrauchen, wenn es zum Krieg mit Nordkorea kommt. Aber eigentlich ist das Kind dann längst in den Brunnen gefallen, denn bevor die einen Finger rühren können, wird Seoul schon mit Artillerie zusammengeschossen. Und warum hat Nordkorea überhaupt Kernwaffen? Nicht wegen Südkorea.


    Die USA brauchen Japan und Südkorea, um gegen China vorgehen zu können. Und das mag - ähnlich wie bei der Ukraine - momentan auch die Präferenz dieser Länder sein, aber wenn die USA davon absehen, dann würden sie sich eben einfach anders gegenüber China verhalten.


    Tja, aber wozu braucht der normale Straßenpassant in Kiew den Donbaz? Vielleicht sind die ganz froh, wenn Russland die Spackos an der Backe hat. Und die Leute im Donbaz sind vielleicht ganz froh, wenn sie dank Nuland zu Russland gekommen sind.


    Das hat sich acht Jahre lang aber anders dargestellt und ohne "Putin" wären sie im Donbass sehr wahrscheinlich schon deutlich vorher plattgemacht worden, da hätten sie von "Nuland" nicht viel gehabt.

  • Also wenn ich es - jedenfalls nach der russischen Darstellung - richtig verstehe, war der Durchbruch bei den gestrigen Verhandlungen in Istanbul, dass sie zwar im letzten Monat über alles mögliche verhandelt haben, aber die Ukrainer erst jetzt Gegenpositionen fixiert haben. Insofern ein Fortschritt.

  • Ja sicher geht es darum!


    Aber glaubst Du, - zusammen mit Markus Lanz, Annalena Baerbock, Dr. Blechmann, und ungefähr der gesamten westlichen Wertejournalistenzunft von Berlin bis Los Angeles - Russlands Angriff auf die Ukraine habe damit eigentlich gar nichts zu tun, und sei vom Russenhitler Putin aus reiner Expansionslust alleine zur Gewinnung neuen Lebensraums an der Westfront seines Reiches befohlen worden?


    Denn wenn Putin mit den USA gar nicht über einen Frieden mit der Ukraine verhandeln wollte, dann würde doch daraus folgen, dass seine Kritik am Einfluss der USA auf das Nachbarland als Angriffsgrund nur vorgeschoben wurde, um Sicherheitsinteressen zu simulieren, wo der eigentliche Zweck nichts als der blinde Hass des Diktators auf die westliche Wertegemeinschaft und die "liberale" Demokratie sei.


    Wir drehen uns da im Kreis.


    Ja, die Russen sagen, die Ukraine ist vom Westen zu einer anti-russischen Waffe umfunktioniert worden. Aber deshalb gibt es die Entnazifizierung und Entmilitarisierung. Hinterher ist sie halt wieder ein freundliches, neutrales Land. Von dem, was ich an russischer Propaganda bisher gesehen habe, wird es so simplistisch verkauft.


    Aber da wir uns wohl einig sind, dass die USA eher bis zum letzten Ukrainer kämpfen werden, als Zugeständnisse an Russland zu machen - und zumindestens im Moment eigentlich auch keinerlei Druck haben anders zu handeln - ist es doch vorstellbar, dass auch die Russen zu der Einschätzung kommen und deshalb nur auf Verhandlungen mit der Ukraine setzen. Das heißt ja nicht, dass der US-Einfluss hinter den Kulissen kein Problem für sie darstellt.

  • @Deprisoph Erklärung,


    Es gibt mehrere Ebenen der Diskussion. die von dir hier durchmischt werden.


    1. Innenpolitik und Geopolitik.


    Innenpolitisch gibt es gravierende Unterschiede in Minderheitenrechten, Meinungsfreiheit und Demokratie zwischen Russland und "dem Westen". Niemand bestreitet das, niemand hier findet Putin "Gut". Niemand sagt in Rusland sei es irgendwie "besser" als im westen.


    Geopolitik: In den EInflusssphären der West-Interessen wurden Regime unterstützt die zu den schlimmsten gehörten die es je auf diesem Planeten gab und Menschenrechtsverbrechen noch und nöcher begangen. Geschätzte 20 Millionen Menschen sind dabei seit 1949 ums leben gekommen. Chile, Indonesien, Kongo, Iran, Irak, Honduras, Brasilien, Griechenland fallen mir da spontan ein. Es ist schwer vorzustellen, das Putin das toppen kann, er kann aber sicher gleichziehen. Da sind Westen und Osten beide schlimm. Da von "Werten" zu sprechen ist heuchelei.


    2. Emotionale und Rationale Ebene


    Emotional sind alle betroffen von der Situation in der Ukraine und wollen intuitiv Helfen. Das Leid das der Krieg verursacht ist unerträglich. Man wünscht sich man könnte etwas tun. Man wünscht sich es gäbe eine Möglichkeit dass ein Eingriff von aussen den Krieg beendet.


    Rational ist das nicht möglich. Rational gibt es eine Weltordnung die imperialistisch ist. Es zählt das recht des Stärkeren und die einzige schwache Waffe gegen Krieg ist die Diplomatie. Emotionale betroffenheit kann nicht den Frieden herbeiführen aber es besteht die Gefahr, dass sie den Krieg eskalieren und einen Atomkrieg auslösen kann. Auch wenn man Putin nicht mag muss es Diplomatie geben, gerade weil Menschen unter dem Krieg leiden.


    Der Vorwurf man würde hier heuchlerisch über Putins innenpolitische Autokratie hinwegsehen ist haltlos.

  • Aber da wir uns wohl einig sind, dass die USA eher bis zum letzten Ukrainer kämpfen werden, als Zugeständnisse an Russland zu machen - und zumindestens im Moment eigentlich auch keinerlei Druck haben anders zu handeln - ist es doch vorstellbar, dass auch die Russen zu der Einschätzung kommen und deshalb nur auf Verhandlungen mit der Ukraine setzen. Das heißt ja nicht, dass der US-Einfluss hinter den Kulissen kein Problem für sie darstellt.

    Ich sehe ehrlich nicht, wie sich das ganze zu einem vor-Kriegs-Zustand zurückverhandeln lässt. Die Sanktionen haben ja eine neue Realität geschaffen - und zwar global. Den normalen Handel mit Russland scheint niemand hier mehr zu wollen. Der Petro-Dollar ist so umstritten und schwach wie noch nie, was ein echtes Problem für die USA ist und mehr Druck auf sie aufbaut, als jede Kampfhandlung es in der Ukraine könnte. Swift ist geschwächt. Also alles in allem ist die Soft_Power Sicherheitsarchitektur des Westens bzw der USA viel weniger Wert als noch vor 4 Wochen. Und wir reden hier von Druck auf das Land, das als einziges jemals Nukes und eine MOAB gegen Menschen eingesetzt hat. Da ist ein Geist aus der Flasche und wie soll der wieder da rein?

  • @Deprisoph


    Vielleicht kannst Du - speziell auf die von Dir angesprochene Meinungsfreiheit bezogen - ja mal kurz mit ein paar Zitaten belegen, wer hier im Forum...

    [...] einen auf dicke Meinungshose macht und behauptet, der böse "Wertewesten" wäre genauso scheisse wie z.B. Russland [...]

    ..., denn sonst könnte der Eindruck entstehen, dass Du Diese Meinung alleine auf dem Umstand aufbaust, dass hier versucht wird, eine differenzierte Sichtweise auf diesen Krieg zu finden, die sich dem fabrizierten Konsens-Kanon des wertewestlichen Medienmainstreams nicht fügt.


    Nicht dass noch einer auf die Idee kommt, Du hieltest es in einer "liberalen" Demokratie - angesichts einer weltpolitischen Spannungslage, wie sie zuletzt während der Kubakrise zu beobachten war, nebst einer massiven Wirtschaftskrise - für angebracht, lieber linke Kritiker der eigenen Seite der Kollaboration, oder zumindest des nützlichen Idiotentums für den Feind zu bezichtigen, als sich einer Haltung der moralischen Deutungshoheit zu widersetzen, welche unsere politische Führung uns als die einzig richtige dekretiert hat.



  • Auch wenn sich einiges gleichen mag, ist es nicht das Selbe. Die heutigen russischen Streitkräfte sind z.B. nicht frisch enthauptet (aka stalinistisch gesäubert, Kartoffel Erdapfel) und es ist momentan auch (noch) nicht Weltkrieg.

    Sollten die Finnen allerdings weiter laut drüber nachdenken in die NATO zu wollen könnten die Russen auch hier zum Entnazifizierungsschlag ausholen, schließlich gab es auch Finnen in der Waffen-SS und der höchste finnische Orden, das Freiheitskreuz, enthält heute noch in allen Stufen das Hakenkreuz.

  • Erinnerung an Willy Brandt 1968:


    Wie reagierte der Bundesaußenminister und SPD-Vorsitzende auf den Bruch des Völkerrechts durch die Sowjetunion? „Mit starken Worten und gefühlvollen Appellen ist jetzt niemandem geholfen (…). Es gilt nüchtern zu prüfen, (…) was unsere Interessen gebieten und was sich für die europäische Politik ergibt“, erklärte Willy Brandt am 22. August 1968. Die Besetzung der Tschechoslowakei bedeute nicht, dass der Kurs auf Abbau der Spannungen und mehr Zusammenarbeit gescheitert sei. Diese Ziele „bleiben auch dann richtig, wenn andere sich ihnen zu entziehen suchen. Sie haben (…) aus Furcht vor den Folgen einer freieren Entwicklung und besserer zwischenstaatlicher Beziehungen“ gehandelt. Überprüfen müsse man aber „die Wege, auf denen wir dieses Ziel erreichen können“, ergänzte er im „Spiegel“.


    Auf Forderungen der USA, die Bundesrepublik müsse nun noch mehr für die NATO leisten, antwortete Brandt mit dem Hinweis, er verstehe dies als Aufforderung, sich noch stärker für den Frieden einzusetzen. Mehr Geld für das Militär bedeute nicht automatisch mehr Sicherheit, Vorrang habe weiterhin die Reduzierung der Spannungen zwischen den Blöcken, die NATO zu stärken sei kein Ersatz für eine aktive Ostpolitik. Man müsse eine Strategie erarbeiten, welche die Sowjetunion nicht als Drohung empfinde, aber auch nicht als Ausdruck westlicher Feigheit, und auf keinen Fall sollte es zu einem neuen Rüstungswettlauf kommen.

  • Aber da wir uns wohl einig sind, dass die USA eher bis zum letzten Ukrainer kämpfen werden, als Zugeständnisse an Russland zu machen - und zumindestens im Moment eigentlich auch keinerlei Druck haben anders zu handeln - ist es doch vorstellbar, dass auch die Russen zu der Einschätzung kommen und deshalb nur auf Verhandlungen mit der Ukraine setzen. Das heißt ja nicht, dass der US-Einfluss hinter den Kulissen kein Problem für sie darstellt.

    Ja genau. Das ist das Problem.


    Aber es lesen hier ja offensichtlich Leute mit und echauffieren sich auch gelegentlich aktiv, denen es entweder überhaupt nicht klar oder vollkommen wumpe ist, dass die Ukrainische Bevölkerung dabei nicht nur von Putin, sondern auch von den USA als Verhandlungsmasse, als menschliche Schutzschilde und als Kanonenfutter missbraucht wird, und die offenbar immer noch glauben, den Menschen dort sei besser geholfen, wenn der Westen mit dem Russenhitler nicht verhandelt.


    Also ich finde das blau/strohgelb ist prominenter.

    Ha!. Völlige Fehlinterpretation. In Wahrheit hat der Künstler das freie Ukrainische Stroh hier mit voller Absicht in das enge Korsett der bolschewistisch-revolutionären russischen Trikolore gezwängt und das ganze mit dem dümmlichen Grinsen eines naiven Bauern versehen, der sich davon auch noch befreit fühlt.

  • Ich sehe ehrlich nicht, wie sich das ganze zu einem vor-Kriegs-Zustand zurückverhandeln lässt. Die Sanktionen haben ja eine neue Realität geschaffen - und zwar global. Den normalen Handel mit Russland scheint niemand hier mehr zu wollen.


    Wie gesagt, ich denke schon, dass ein Teil der Sanktionen schließlich zurückgenommen wird, da wo entsprechende Eigeninteressen bestehen. Ich kann mir zum Beispiel kaum vorstellen, dass der russischen Zentralbank dauerhaft die Währungsreserven entzogen werden. Da wäre man als sicherer Kapitalhafen nicht mehr angeschlagen, sondern erledigt.


    Und ich denke die Sanktionen haben vorallem einen schon bestehenden Trend beschleunigt. Aber ansonsten klar, Russlands Wirtschaft wird sich ziemlich umorientieren müssen und damit wird auch ein Teil der Weltwirtschaft neu ausgerichtet.


    Der Petro-Dollar ist so umstritten und schwach wie noch nie, was ein echtes Problem für die USA ist und mehr Druck auf sie aufbaut, als jede Kampfhandlung es in der Ukraine könnte. Swift ist geschwächt. Also alles in allem ist die Soft_Power Sicherheitsarchitektur des Westens bzw der USA viel weniger Wert als noch vor 4 Wochen.


    Mein Eindruck ist die Leute sind davon abgerückt Putin für völlig irrational zu halten, aber zumindestens die Frage ist meines Erachtens offen, ob er mit dem Kopf durch die Wand will. Und ähnlich muss man sich glaube ich bei den USA fragen, wie sie - wenn überhaupt - die systemischen Folgen ihrer Intervention in den Ukraine-Krieg bewerten. Ich könnte mir vorstellen gerade Biden glaubt hier an eine große moralische Erneuerung der USA und hinterher kommen alle Zweifler zum Leuchtfeuer der Freiheit zurück. Seine Außenpolitikführung Blinken, natürlich auch Nuland, scheinen persönlich viel mehr an Osteuropa interessiert zu sein als zum Beispiel an der Auseinandersetzung mit China. Was vielleicht auch ein Grund ist, warum es so eskaliert ist.

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