Kind mit dem Bade ausgeschüttet, würde ich sagen. Offensichtlich ist die geopolitische Dimension einer großer Teil des Konfliktes, aber er ist schon auch das Ergebnis davon, dass ukrainische politische Strömungen unter dem Einfluss der Nationalisten im nordamerikanischen Exil einen biethnischen Staat mit einer westukrainischen Identität homogenisieren wollten.
Ja kann schon sein. Ich habe das so verstanden, dass die ethnischen Differenzen bereits da waren, dass sie aber nach 2014 auch dadurch erst so richtig zum Problem wurden, dass die westlichen Verhadlungspartner die Minsker Abkommen als Berfriedung eines rein ethnischen Konfliktes betrachteten und diesem somit selbst oberste Priorität einräumten, während sie die eigentlichen geostrategischen Motive der russischen Regierung einfach ignorierten (die letztere allerdings auch selbst gar nicht zum Gegenstand der Verhandlungen machen wollte).
Der Führer der freien Welt hatte schlieslich verkündet, Russland sei eine "Regionalmacht", und daran hat die westliche Wertegemeinschaft - inklusive der Minsk-Mitunterzeichner Deutschland und Frankreich dann auch ihren diplomatischen Kurs ausgerichtet.
Mir drängt sich immer wieder der jugoslawische Bürgerkrieg als Vergleich auf. Damals war es auch nicht zuletzt das diplomatische Geschick des legedären deutschen Außenministers Genscher, welches mit der unilateralen Anerkennung der slowenischen Unabhägigkeit - vor allem aus serbischer Sicht - ordentlich brennendes Benzin in einen schwelenden ethnischen Konflikt schüttete, der zuvor fünfzig Jahre lang überhaupt keine Rolle gespielt hatte.
Dass man westlicherseits schon zu Sowjetzeiten den völkischen Nationalismus in der Ukrainne aus der transatlantischen Diaspora gefördert hatte, um den Widerstand gegen die gottlosen russischen Kommunisten zu organisieren, dürfte zumindest in Moskau ziemlich klar gewesen sein. Vermutlich hat man das aber auch im Kreml immer als äußere Einmischung und westliche Manipulation gesehen und erst so richtig als eigenständige ukrainische Bewegung ernst genommen, als die Ukrainer nach dem Maidan-Putsch der Revolution der Würde damit anfingen, russisch als Amtssprache abzuschaffen und überall Bandera-Schreine zu errichten.
Die russische Hybris und Überzeugung der eigenen Großmächtigkeit war immerhin selbst zu Beginn der Invasion noch so weit vorhanden, als sich Putin und seine Kamarilla offenbar ernsthaft eibildeten, man werde ihre Truppen in der Ostukraine relativ widerstandslos empfangen und sie als Befreier vom Joch der vom Westen gesponserten "Nazis" beim Durchmarsch auf Kiew unterstützen.