... Rammstein zu canceln, wie auch hier als suggestive Aufforderung von unserem Cartoonisten.
Ich hätte nichts dagegen. Primär war mein Satz aber gar nicht als Cancel-Wunsch gemeint, sondern ich hatte mir tatsächlich kinomäßig ausgemalt, wie post-infernalisch das aussehen würde, wenn diese hyper-gigantische Bühne in ihrem "Art Déco"-Manhattan-King-Kong-Stil, mitsamt den Feuerkanonen und dem 50 Meter hohen Turm und den eisernen Batman-Ohren oben drauf, wenn dieser Riesenbau, der schon beim Betreten des Stadions umwerfend beeindrucken soll, dann einfach in einer menschenleeren Ödnis dastünde, wie eine verlassene Ruine, wie ein Relikt aus einer Zeit, als das tonnenweise Hinausblasen von Brennstoff im Sekundentakt noch als modernes Show-Spektakel galt. -- Heutzutage gehören ja reale Waldbrände fast zur Tagesordnung. In der Ukraine knallt es unaufhörlich. Missbrauchte Frauen schweigen nicht mehr. Und Rammstein machen weiter in noch gigantischerem Ausmaß als zuvor mit ihrer Feuerei, Knallerei ... -- Und dann auf einmal Stille.
Rein musikalisch und filmtechnisch gefallen mir ja auch einige Sachen von denen, wobei ich immer davon ausging, dass gewisse Gewaltthemen entweder ironisch oder sozialkritisch, und vor allem vom fiktiven "Lyrischen Ich" vorgetragen wurden, nicht vom "Tillschen Ich". Meine Fresse. Ich glaube, da habe ich mich wieder getäuscht. Nach diesem Info-Update kann ich Rammstein nicht mehr genießen. Ich gehöre zu der Sorte von Konsumenten, die Werk und Autor nicht radikal trennen können. Wissenschaftlich schon, aber nicht beim Genießen.
In einer Doku sah ich mal Lindemann auf einem hohen Gebäude stehen; das befand sich an einem Fluss, auf dem fuhr eine kleine Fähre mit Passagieren auf dem offenen Deck. Lindemann warf aus 40 Metern Höhe spontan eine Bierdose auf das Deck, die Dose schlug auf, knapp an den Leuten vorbei. Das war Glück. Hätte auch tödlich enden können. Da dachte ich, naja, "Lyrisches Ich", sowas macht der bestimmt nicht oft; war wohl eine Ausnahme. So eine Tat an sich halte ich normalerweise für eine Arschloch-Tat. Aber dem Künstler gebe ich ausnahmsweise nochmal einen Bonus. -- Jetzt höre ich, Lindemann würde in den Aftershow-Räumen immer Gläser zerschlagen und so weiter. Ich glaube diesen Berichten. Angesichts dieser Erkenntnis brauche ich mir jetzt auch nicht mehr einreden, jener Bierdosen-Wurf sei ein ungewollter, einmaliger Reflex gewesen ...