#691 - Soziologe Michael Hartmann über Elitenforschung

  • Donnerstag, 15. Februar, ab 15:30 Uhr, LIVE



    Zu Gast im Studio: Soziologe Michael Hartmann. Er war bis 2014 Professor für Soziologie mit den Schwerpunkten Elitesoziologie, Industrie- und Betriebssoziologie sowie Organisationssoziologie an der Technischen Universität Darmstadt. Er ist seinem Selbstverständnis nach Sozialist und Kritiker der deutschen Gegenwartsgesellschaft


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  • Machtmißbrauch an deutschen Universitäten.
    Kann Herr Hartmann etwas über die Machtmißbräuche an deutschen Universtitäten erzählen? Wer ist wie und warum betroffen? Wer sind die Menschen, die ihre Macht mißbrauchen? Welchen schaden richten sie an? Und welchen Bezug hat dieser Mechanismus auf den "kleinen" Bürger? (Wissen wir jetzt falsche Dinge?)


    In Bezug auf diesen Artikel: https://www1.wdr.de/nachrichte…offene-erzaehlen-100.html

    1. Georg Schramm hat mal von der deutschen "Schönwetterelite" gesprochen, an die er als neuer Bundespräsident eine zornige Kritik adressieren wolle, ob sie sich nicht schämten, eben nur eine Schönwetterelite zu sein, die sich zurückziehe, sobald es mal schwierig würde.

      Wie aber sollte man dieses Phänomen in einer globalisierten Welt, in der eben diese Elite ihr Geld auf den Kaymans parkt, Wohnungen in diversen Ländern hat und um die Welt reist, als gäbe es kein Morgen, überhaupt angehen? Letztlich leben wir ja immernoch in einer Welt der Nationalstaaten und 90 % der Bevölkerung haben die gerade beschriebenen Möglichkeiten der Elite ja faktisch auch gar nicht. Aber soll man der Elite nun ausgerechnet mit einem vermeintlichen Anachronismus wie Nationalstolz oder sowas begegnen?
    2. Deutschland ist ja immernoch eines der Länder mit der geringsten Schichtdurchlässigkeit im Sinne eines gesellschaftlichen Auf- oder Abstiegs. Eine lächerliche Erbschaftssteuer und eine ausgesetzte Vermögenssteuer haben daran gewaltigen Anteil. Wie kann man Mehrheiten für eine Politik gewinnen, die eben nicht diese Eliteninteressen stützt? Kann das in einer Parteiendemokratie der Berufspolitiker überhaupt gelingen? (Hintergrund der Frage: Es finden sich inhaltlich ja immer wieder Mehrheiten für gerechtere Politik, nur werden diese durch Parteien seit Jahrzehnten konsequent ignoriert.)
    3. Kann man einen Elitenbegriff wieder positiv framen (z. B. im Sinne einer echten Leistungselite)? Und ist das überhaupt wünschenswert?
  • In Verschwörungstheorien wird oft behauptet, es gäbe eine globale Elite, die die Welt steuert. Trifft das zu oder nicht? Bitte erkläre deine Begründung.


    Ist Deutschland eine Elitendemokratie?


    Wie stehen die Eliten zur Demokratie? Wollen sie mehr davon, oder weniger?


    Gibt es Situationen, in den die Eliten bzw. die Reichen erkennbar Klassenkampf gegen eine andere Klasse betreiben?


    Wir leben in einer Leistungsgesellschaft. Bekommt nicht jeder einfach das, was er oder sie verdient?


    Warum gibt es in Deutschland keine Vermögenssteuer?


    Sind die Eliten loyal zueinander?


    Wer ist im Zweifelsfall stärker, Politik oder Wirtschaft?


    Warum existieren Eliten überhaupt?


    Wie werden wir die Eliten los?


    Werden die Menschen von den Umständen in der Gesellschaft geprägt oder von ihren genetischen Anlagen?

  • Bisschen esoterische Frage:


    Welche Rolle spielt die Ministerialbürokratie im Wirtschaftslobbyismus?


    Wie hat sich denn die Zusammensetzung der Eliten nach dem Ende der NS Diktatur in der BRD geändert?


    Wundert mich, dass hier aus dem Forum nicht eine Millionen Fragen zu den Grünen, Transatlantikkram usw. kommen.

  • Ich haette einfach gerne eine einordnung der sozialen Daten zu Pisa a La adam Tooze.

    Vor allem in Bezug auf die Zehntel im folgenden Bild.
    Es ist beeindruckend, wie einflussreich Geld auf Bildungsabsichten sind.


    Irgendwann hat man erkannt, dass es nicht genug Adlige gibt, um Offiziere zu sein für den Krieg. Wann erkennt man, dass wir nicht genug reiche haben, um den Fachkräftemangel zu lösen?

    Edit: Immer die wichtige Frage, inwiefern Wohlstand in Kombination mit sozial ungerechter Verteilung (durch Leistungsgesellschaft und Meritokratie) unsere Demokratie gefaerdet, und ob diese überhaupt vereinbar sind.

    Kennt der Gast Michael Sandel? Und sein Buch ''Tyranny of Merit".

    Zitat von Elites Looking Down - Tyranny of Merit - Michael Sandel

    Second, the reason for this lack of embarrassment relates to the meritocratic emphasis on individual responsibility. Elites dislike those with lesser educations more than they dislike poor people or members of the working class, because they consider poverty and class status to be, at least in part, due to factors beyond one’s control. By contrast, they consider low educational achievement to represent a failure of individual effort, and therefore the fault of those who do not make it to college. “Compared to the working class, the less-educated were perceived to be more responsible and more blameworthy, they elicited more anger, and they were liked less.”42


    Third, this adverse judgment of the less-educated is not unique to elites; it is shared by the less-educated respondents themselves. This shows how deeply the meritocratic view of achievement has penetrated social life and how demoralizing it can be for those who do not go to college. “There are no indications that less educated people resist the negative attributions made about them.” To the contrary, they “even seem to internalize” these adverse judgments. The “less educated are seen as responsible and blameworthy for their situation, even by the less-educated themselves.”43

    Das geringe Selbstwertgefühl spielt eventuell eine große Rolle. Meine eigene Vermutung ist dementsprechend, die Personen in Armut, die wissen, dass sie fleißig etc sind einen Buhmann suchen, um ihre Stellung zu rechtfertigen (Feministen und equal pay, Konkurrenz durch Schwarzarbeit, Störungen wie Adipositas, Suchtverhalten, Adhs etc)


    Die Quellen sind aus der Folgenden Veroeffentlichung.

    Toon Kuppens, Russell Spears, Antony S. R. Manstead, Bram Spruyt, and Matthew J. Easterbrook, “Educationism and the Irony of Meritocracy: Negative Attitudes of Higher Educated People Towards the Less Educated,” Journal of Experimental Social Psychology 76 (May 2018), pp. 429–47.

  • Sehr tolles Interview. Man fragt sich oft, für welches Publikum eigentlich Dürr und Lindner ihre Strebersöhnchen-Komödien spielen: jetzt wissen wir's.

  • Das gute an Hartmann ist, dass der das mit der Freiheit der Wissenschaft wirklich ernst genommen und schon vor zehn Jahren das selbe erzählt hat, und dass er sich seitdem von niemand dazu hat verbiegen lassen, etwas anderes zu behaupten.


    Auch wenn er sich mit seiner Aussage, die WagenPutinknechtpartei sei derzeit die einzige Hoffnung, um die ProtestwählerInnen von einem Kreuz für die AfD abzubringen womöglich bei der Redaktion unbeliebt gemacht hat, habt ihr immerhin endlich mal einen eingeladen, der (ab 03:45:03) klar sagt, dass das "Privateigentum am Produktionsmittel" die grundsätzliche Ursache dafür ist, dass "Die Da Oben" die da oben sind, dass die nicht gegen den Willen der politischen Klasse die Welt beherrschen, und dass es für die Legitimation und den Erhalt dieser Herrschaftsverhältnisse leider auch die Zustimmung einer Mehrheit der Beherrschten braucht.


    Für das Junge & Naive Publikum vielleicht informativer als noch zehn bürgerliche ÖkonomInnen, denen dieser Marx zu langweilig ist, und die gutes Geld damit verdienen, den Leuten zu erklären wie man den Kapitalismus besser organisieren und die Kapitalisten zu mehr Verantwortung für das Gemeinwohl anreizen sollte.

  • Herrschaftsverhältnisse leider auch die Zustimmung einer Mehrheit der Beherrschten braucht.

    Wo hat er das gesagt? Er hat doch öfters eher das Gegenteil suggeriert. Z. B. das die Politiker nicht einfach das machen, was sie vor der Wahl versprochen haben, oder auch, dass es auf die Umstände ankommt, in denen die Leute leben (können die Leute "hässlich" machen). Guter alter Sozialist halt, im Gegenteil zu den Leuten, die ständig behaupten Sozialist zu sein.

  • Stelle?


    (ab 03:45:03)


  • LOL. Und was sagt er direkt danach bei ca. 3:47:33 min? 😂😂


    Ich mach mir jetzt nicht die Mühe und schreibe Satz für Satz hin, daher grob: "was aber nix heißen muss..... unter den Studierenden gab es eine Untersuchung und dabei ist rausgekommen, dass es keine linken unter den Studierenden gab, ein paar Jahre später war das eine Hochburg der Studentenbewegung".



    (ka warum das jetzt nicht genau an der zeit anfängt, kann aber jeder selbst hinspulen)


    Und wo sagt er denn genau, dass das alles die Zustimmung der Leute hat? Wo genau sagt er das?

  • Wäre vllt Akzeptanz oder sogar eher Hinnahme bis hin zu Ergeben eventuell passender und zutreffender als Zustimmung?

    Jo das würde ich eher sagen. Hoffnungslosigkeit, Apathie, sich ohnmächtig fühlen gegenüber Staat und Kapital, und vor allem: Alleine und isoliert sein, wenig Austausch mit anderen Leuten über die Probleme. Und da die linke selbst zum Steigbügelhalter des Staates und Kapitals geworden sind, gibt es keine linke Alternative bzw. Linke weigern sich sogar offen dagegen eine Alternative anzubieten und deswegen wählen sie halt die afd oder machen gar nix.

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