Cold War Reloaded - Der neue Ost-West Konflikt

  • Irak. Jugoslawien. Korea vor Chinas Eingreifen.


    Man könnte das auf viele Arten auseinandernehmen, aber ich nehme mal die billigste Asymmetrie:


    Zweiter Golfkrieg:


    https://de.wikipedia.org/wiki/Zweiter_Golfkrieg


    Konfliktparteien: Irak gegen

    • Kuwait
    • Vereinigte Staaten
    • Saudi-Arabien
    • Vereinigtes Köngreich
    • weitere Alliierte

    Dritter Golfkrieg:


    https://de.wikipedia.org/wiki/Dritter_Golfkrieg


    Konfliktparteien: Irak gegen

    • Vereinigte Staaten
    • Vereinigtes Köngreich
    • "Koalition der Willigen" (~ 40 Mitglieder)

    Kosovokrieg:


    https://de.wikipedia.org/wiki/Kosovokrieg


    Konflikparteien: Bundesrepublik Jugoslawien gegen

    • UÇK
    • NATO (16 Staaten)

    Koreakrieg:


    https://de.wikipedia.org/wiki/Korea-Krieg


    Konflikparteien: Nordkorea, Sowjetunion; (minus China)

    • Südkorea
    • Vereinte Nationen:
      • Australien, Belgien, Luxemburg, Kanada, Kolumbien, Äthiopien, Frankreich, Griechenland, Niederlande, Neuseeland, Philippinen, Südafrikanische Union, Thailand, Türkei, Vereinigtes Königreich, Vereinigte Staaten
  • https://www.pravda.com.ua/eng/news/2023/08/11/7415164/


    Zitat

    Residents of the Kupiansk district of Kharkiv Oblast refuse to evacuate; most often, they are pensioners, but it happens that young families with children do not want to go either, said Andrii Besedin, Head of the Kupiansk City Military Administration.


    Source: Radio Liberty


    Quote from Besedin: "Unfortunately, for the most part, as we expected, people refuse to evacuate. But we constantly have bus routes that connect the city of Kupiansk with the city of Kharkiv. The train runs regularly. People contact us; there is a hotline. We respond immediately, form lists, and volunteers are taking [residents] to Kharkiv."


    Vermutlich die Leute, denen egal ist, zu wem das Land gehört, auf dem sie leben, oder die den Russen eine zweite Chance geben wollen, falls sie zurückkommen.

  • https://www.washingtonpost.com…terview-ukraine-excerpts/


    Zitat

    Are we prepared, in the international democratic community, [...]

    Zitat

    [...] we the entire democratic world. [...]

    Zitat

    But the whole democratic world also knows [...]


    Duda scheint sich auch bewusst zu sein, dass "die Welt", die bisher immer gegen Russland und hinter der Ukraine stand, eine Qualifizierung benötigt. Diese hier, "democratic", hatte ich noch nicht gehört. Freilich passt das auch nicht so ganz. Brasilien und Indien sind schließlich genauso wenig eine Demokratie wie Polen.


    Zitat

    But the whole democratic world also knows that any aggressor who violates the borders of a democratic state in the 21st century in Europe must be stopped.


    Auch das ist eine sinnvolle Einschränkung. Man will sich ja keine Optionen versagen.


    Die letzte Antwort im Interview ist die historische Variante von dem, wie auch aktuell das Narrativ konstruiert wird, Zuschreibung ob passend oder nicht einer bestimmten Rolle für den Gegner in der eigenen Heldengeschichte und Fixierung auf eine Antagonistenfigur:


    Zitat

    We lost more than 200,000 lives. … The city of Warsaw was razed to the ground. But … many commentators have pointed out that had it not been for the heroism the Polish people showed, how they were able to fight courageously until the very end, Stalin would have incorporated Poland into the Soviet Union, as he did with other countries. But he never dared. Never — not in 1956, or in 1970 or in 1981, when the Polish people rose up against the yoke of communism — were [the Soviets] tempted to send their tanks into Poland against the Polish people.


    Historians say that [the Soviets] must have realized that once the Poles began to fight, they would fight until the very end — that they are simply unpredictable. As a result, in 1989 Poland regained its complete freedom, sovereignty and independence, shaking off Russian domination. From that perspective, one could go as far as to say that … the Warsaw insurgents really won and prevailed.


    Also man korrigiere mich, aber es ist ziemlich klar, dass die Sowjets aus verschiedenen praktischen Erwägungen einen polnischen Staat erhalten wollten. Schon der Grenzverlauf der Gebietsaufteilung zwischen Deutschem Reich und Sowjetunion ähnelte der Curzon-Linie, also die bei der Pariser Friedenskonferenz seitens der Westalliierten vorgeschlagene polnische Ostgrenze. Insofern war es naheliegend sich bei der Neuordnung nach dem Zweiten Weltkrieg mit mehr oder weniger den selben Allierten darauf zu einigen.


    Die Polen hatten die Gebiete jenseits der Linie selbst erst kurz nach dem Ersten Weltkrieg von Sowjetrussland erobert. Vor dem Krieg waren sie, überwiegend, seit über hundert Jahren Teil des Russischen Kaiserreichs, genauso wie Galizien über diese Zeit Teil des Habsburger Reiches war. Polen-Litauen, von dem die Polen den Anspruch auf die Gebiete ableiten, war ein Vielvölkerstaat, insofern wurden sie sowieso mit ruthenischen Bevölkerungen geteilt oder von ihnen dominiert.


    Genauso wie das Russische Kaiserreich also diese Teile Altrusslands zusammengetragen hatte, sah sich die Sowjetunion in ihrem Kernland als Union der drei großen ostslawischen Völker und deshalb hatte man auch keine Skrupel bei der Konstruktion als angemessen verstandener ethnischer Republiken, genauso im Fall von Litauen, einen Bevölkerungsaustausch mit Polen auch gegen etwaigen Widerstand der lokalen polnischen Bevölkerung durchzusetzen.


    Dass Stalin beeindruckt von polnischen Widerstandsgeist seine Hände von Polen gelassen hat - also aus dem Land lediglich einen Satelliten statt einer Teilrepublik machte - erinnert mich insofern sehr an Putin, der angesichts des ukrainischen Willens zur Freiheit zittert.


    Zitat

    [...] Never — not in 1956, or in 1970 or in 1981, when the Polish people rose up against the yoke of communism — were [the Soviets] tempted to send their tanks into Poland against the Polish people.


    Die Protestwellen Anfang der 1970er bzw. 80er waren eher der Unzufriedenheit mit der wirtschaftlichen Lage geschuldet und hatten zu dem Zeitpunkt keinen starken politischen Fokus. Die kleine Revolution in Polen 1956 führte aber tatsächlich zu deutlichen Zugeständnissen seitens der sowjetischen Führung, allerdings war sie auch Teil der Entstalinisierung und damit spielte interne Politik der sowjetischen kommunistischen Partei mit hinein. Bis zum Ende der Sowjetunion war in Polen die Nordgruppe der sowjetischen Armee stationiert. Ich nehme mal an die hatte auch Panzer. Spezifisch 1956 war Konstantin Rokossowski polnischer Verteidigungsminister. Falls nicht geläufig ein gebürtiger Pole aber Marschall der Sowjetunion. In Polen hatte also einer der Befehlshaber zum Beispiel der Schlacht bei Kursk (Unternehmen Zitadelle) die Kontrolle über die Streitkräfte während der Krise im Oktober. Einen Aufstand im Juni in Posen hatte mit Stanisław Popławski ein weiterer sowjetischer Offizier niedergeschlagen.


    Wenn man mal nachliest, waren die Sowjets außerdem drauf und dran in Polen militärisch zu intervenieren. Das hätte leicht wie in Budapest enden können und diese parallele Entwicklung in Ungarn war eventuell mit ein Grund, warum es stattdessen zu einer Einigung kam, auch von polnischer Seite, die etwa die Bündnistreue zusicherte.

  • Entwarnung es droht kein Patt nur langsamer Sieg:


    https://www.thetimes.co.uk/art…er-by-christmas-tcd9zv5c3


    Zitat

    Ukraine is winning the war with Russia, but it won’t be over by Christmas


    Western weapons mean the Russians are outgunned and Putin is dithering but Zelensky’s counteroffensive remains grindingly slow


    Mit dieser Ansage:


    Zitat

    Those optimists who confidently predicted a quick and easy victory when Ukraine launched its long-awaited counteroffensive did Kyiv no favours by raising expectations to unrealistic levels.


    Habe ich natürlich mal auf die Einschätzung des Autors vor dem Beginn der Offensive geschaut und immerhin:


    http://thetimes.co.uk/article/…next-in-ukraine-vdcm97np5


    Zitat

    [Saturday June 03 2023]


    The Ukrainian counter-offensive is expected to be imminent but what happens once it begins is one more giant uncertainty in what is proving to be a particularly unpredictable war.

    Zitat

    [...] Some western wargaming of possible outcomes has seen the simulated Russian lines put up bloody and determined resistance to the Ukrainians, denying them major advances in a way likely to disappoint their allies and raise questions about how to avoid the war becoming a stalemate. Others, though, see the lines collapse, suddenly opening up huge swatches of occupied territory to liberation. Morale is the main Russian imponderable.


    Insofern wundert mich, dass der neue Artikel zu dem positivsten zählt, was man aktuell findet:


    Zitat

    Cautious pessimism


    The Ukrainians acknowledge that the counteroffensive has not gone to plan, and they have not made the progress they hoped or expected. It does not mean that the counteroffensive has failed, as territory has been liberated and Russian forces seriously degraded. A month or two remains in which Ukraine could yet achieve a breakthrough (November is when the winter rains in the southern Zaporizhia region really start to make conditions difficult).


    Nonetheless, while by no means impossible, the prospects for a major breakthrough on the southern front that would cut the Russian forces in two and isolate Crimea are diminishing.

    Zitat

    That said, the Ukrainians still hold the initiative. They are, by any meaningful measure, winning. They have, for example, kept the Russians spread across a wide front and used their new, long-range firepower and their capacity to move more quickly from finding to hitting targets to degrade their enemies’ all-important supply dumps and artillery


    Wenig überraschend findet sich hier keine Erwähnung von Charkow oder Kupiansk. Vermutlich hat die britische Presse die relativierenden Nachrichten von dort erfolgreich vom Autor ferngehalten.

  • Stellt sich raus, so eine richtige Blockade ist die Blockade (jedenfalls von Ismail) nicht:


    https://ok.ru/mil/topic/155121221309218



    Via Google Translate:


  • Auch das ist eine sinnvolle Einschränkung. Man will sich ja keine Optionen versagen.

    Ouh - telling, glatt übersehen. Drollig, wie der ganze Krieg seitens RU gegen UA so inbrünstig wertetechnisch verdammt letztlich immer nur auf den kleinsten Nenner "territoriale Integrität" runtergebrochen werden kann, da als Rechtfertigung gegenüber einem selbstbewussten und aufgeweckten GlobalSouth ansonsten kein Verbrechen bleibt, dessen man sich nicht selbst bezichtigen müsste und dessen Ächtung einen nicht sofort mit auf die Anklagebank beförderte. Den letzten verbliebenen Nenner auch noch einzuschränken - top.


    Apropos Grenzen missachten - das hier ist ein Bild aus Litauen als RoleModel für alle angrenzenden EU-Staaten. Diese eigenen Unpatrioten schrecken angesichts der wirtschaftlichen Lage in der EU immer weniger davor zurück, permanent nach Belarus zu reisen: zum Tanken und zum Shoppen mit Inflationsausgleich etc. pp...


    aux-1691612031-111.jpg


    Bis dato war sowas eigentlich immer aufseiten verängstigter nichtdemokratischer Staaten vonnöten aber man lernt nie aus.

  • Ein "asymetrischer Krieg" ist der Fachbegriff für einen Guerilla-Krieg.


    https://de.wikipedia.org/wiki/…trische_Kriegf%C3%BChrung


    Ah, das wolltest du sagen.


    Will sagen ich hätte "die zweite Armee in der Ukraine" zu diesem Zeitpunkt nicht hervorgeholt. Aber haben die Ukrainer mal daran gedacht, dass die US-Streitkräfte, die sie ja wohl für die "erste Armee" in der Welt halten müssen, in der Tendenz ihre Kriege verlieren?

    Aber nur die asymmetrischen Kriege.


    Nun, das ist die Folge davon, sich schwächere Gegner herauszusuchen. Allerdings gibt es da fließende Übergänge. Wir hatten schon mal den Vietnam-Krieg. Das war ein konventioneller Konflikt zwischen Nord und Süd, aber es gab eine gewichtige Partisanenkomponente. Das konventionelle Potential der Taliban konnte die NATO schnell abräumen, um dann bis zu ihrem Rückzug aus Afghanistan mit Partisanenmethoden bekämpft zu werden, aber letztlich war das die gleiche schwache staatliche Struktur nur im Untergrund. Das kann auch mit Blick auf das Ziel die Frage sein, wenn man das Ziel des Dritten Golfkriegs in der Beseitung von Hussein sieht, war es ein schneller Erfolg, sieht man es dagegen in der Etablierung von dem, was der Westen Demokratie nennt, ist der Krieg vielleicht letztlich verloren.


  • Was ist denn das für ein Unsinn? Die Sorge, dass (von uns anerkanntes) russisches Gebiet angegriffen werden könnte, wird entschärft, weil vermutlich nur ein prestigeträchtiges russisches Bauwerk angegriffen würde, eines, dass selbst falls noch Soldaten oder Gerät darüber transportiert werden, hauptsächlich von Zivilisten verwendet wird.


    Freilich ist die Frage, ob diese Sorge wirklich existiert und worin genau sie besteht. Manchmal habe ich das Gefühl, es ist dümmliches narratives Management, wo man verhindern will, dass die Russen sich als Opfer inszenieren und sagen können die NATO würde sie angreifen.

  • Nächste Woche ist der ukrainische Unabhängigkeitstag. Ich bin nicht ganz sicher, aber die ukrainischen Angriffe in Russland haben glaube ich abgenommen. Könnte konsistent damit sein, dass sie sich auf eine große Angriffswelle für diesen Termin vorbereiten.


  • Ihr sollt doch den stillen Teil nicht laut sagen!

    „Absolut inakzeptabel“: Kiew nach Aussage von Nato-Stabschef empört

    Der Nato-Stabschef Stian Jenssen hatte in einer Podiumsdiskussion vorgeschlagen, dass die Ukraine Gebiete an Russland abtritt – im Gegenzug für den Nato-Beitritt.


    Oleg Nikolenko, Sprecher des ukrainischen Außenministeriums, hat sich nach der Aussage eines Mitarbeiters von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg zum ukrainischen Nato-Beitritt empört gezeigt. Es kam zum Eklat, nachdem Nato-Stabschef Stian Jenssen erklärt hatte, das Land in die Nato aufzunehmen zu können, wenn die Ukraine im Gegenzug Territorien an Russland abgibt. Die Zeitung Verdens Gang berichtete zuerst über den umstrittenen Vorschlag, der am Dienstag bei einer Podiumsdiskussion im norwegischen Arendal abgegeben wurde.

    Nikolenko bezeichnete die Aussage derweil als „absolut unakzeptabel.“ Man sei immer davon ausgegangen, dass die Nato, genau wie die Ukraine, nicht über territoriale Grenzen verhandle. „Wenn Nato-Vertreter bewusst dabei helfen, ein Narrativ darüber zu spinnen [...], dass die Ukraine umstrittene Territorien aufgibt, spielt das Russland in die Hände.“

    Wobei das natürlich auch völlig hirnverbrannt ist. Eher versenken die Russen die Krim selbst im schwarzen Meer, als sie als Trostpflaster für einen NATO-Beitritt der Ukraine zu akzeptieren.

  • Naja, wenn das ukrainische Restgebiet klein genug wäre und alles andere tatsächlich abgetreten würde, könnte ich mir vorstellen, dass sie nicht völlig abgeneigt sind. Aber dieser Jenssen denkt vermutlich eher an sowas wie nur die Krim, denn er verbreitete gleichzeitig das neue Narrativ vom Patt (was auch immer er selbst glaubt):


    https://www.vg.no/nyheter/uten…bytte-mot-nato-medlemskap


    Zitat

    – Russland sliter enormt militært, og det virker urealistisk at de kan ta nye territorier. Nå er det snarere spørsmål om hva Ukraina klarer å ta tilbake, la han til.


    Via Google Translate:


    Zitat

    - Russland kämpft enorm militärisch und es erscheint unrealistisch, dass es neue Gebiete erobern kann. Es gehe vielmehr darum, was die Ukraine zurückerobern könne, fügte er hinzu.


    Während ich annehme, dass die Russen die Ukraine zum Beispiel nicht mit einem Stück Schwarzmeerküste ziehen lassen würden.

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