Hm, okay die Verkürzung der Dauer des Genesene-Status ist wohl ein Problem für die Betroffenen, weil sie recht plötzlich kam, entnehme ich diesem Artikel:
https://www.heise.de/tp/featur…nen-Schutzes-6333239.html
Ansonsten einige von den Zitaten, hui. Das hier ist von Kekulé, habe auch nochmal ins verlinkte Transkript geschaut. Da steht es auch so drin:
ZitatEs ist ganz schön vermessen, dass die Menschen, die sich irgendetwas ausgedacht haben, um die Natur zu kopieren - nichts Anderes ist ja ein Impfstoff. Dass die glauben, dass sie besser wären mit ihrem Impfstoff, den sie jetzt gerade mal ein halbes Jahr in Betrieb haben, als das seit Millionen von Jahren, genauer gesagt seit Milliarden von Jahren entwickelte Immunsystem des Menschen. Unser Immunsystem ist, sage ich jetzt einfach mal, mit hoher Wahrscheinlichkeit besser als alles, was wir so nachbasteln können.
Ganz schön verrannt, der Impfstoff selbst funktioniert nur durch das Immunsystem. Da wird nichts nachgebastelt. Und natürlich kann die Immunreaktion auf einen Impfstoff besser sein, als die auf eine Infektion.
Dann wird einer Aussage des RKI ein Zitat von Kekulé gegenübergestellt, der zu einer anderen Einschätzung kommen soll. Tatsächlich wird die Aussage missverstanden, wenn man das, was Kekulé sagt für entgegenstehend hält. Sie bezieht sich nicht auf den Schutz, den man nach einer Omikron-Infektion hat, sondern den Schutz gegen Omikron, den man aus Infektionen mit anderen Variante hat. Aber das nur nebenbei. Kekulé sagt:
ZitatEine Omikron-Infektion, die man durchgemacht hat, schützt interessanterweise mit einer guten Wahrscheinlichkeit auch vor einer Delta-Infektion. Das heißt: Omikron immunisiert besser als die Impfungen gegen Delta. Und was heißt das?
Das heißt, wir verstehen jetzt das, was sowieso offensichtlich ist, dass Omikron nämlich in der Lage ist, Delta zu verdrängen. (…) Dass Delta so komplett verschwindet in der Omikron-Welle – überall, wo wir es gesehen haben, in Deutschland ist es ja noch im Prozess – das liegt eben daran, dass die Omikron-Infektion zumindest kurzzeitig vor einer Delta-Infektion schützt.
Ob das mit dem Schutz stimmt, da müsste man mal in das preprint, auf das er sich bezieht, schauen. Ansonsten komplett falsche Einschätzung meines Erachtens. Es ist zwar möglich, dass Varianten direkt miteinander konkurrieren, aber dann müssen schon sehr große Teile der Bevölkerung infiziert sein. Was bei bisherigen schnellen Übergängen zwischen Varianten passiert ist: Es gab Faktoren, die die vorherigen Varianten stärker als die neue in der Verbreitung gebremst haben. Beim Übergang zu Alpha war es das Maßnahmenniveau, zu Delta war es denke ich hauptsächlich der einsetzende saisonale Effekt. Und zuletzt zu Omikron waren es sowohl die Maßnahmen als auch die schnell ansteigende Zahl von Menschen mit Auffrischimpfungen durch die Delta gebremst wurde. Aber vorallem Omikron hat eben den Vorteil einer deutlichen Immunumgehung, durch die es eine viel breitere Population erreichen kann.
Es gibt auch nochmal ein Zitat von Streeck, der witzigerweise auf die aus seiner Sicht gut begründete Verlängerung des Genesenenstatus in der Schweiz auf zwölf Monate verweist und offenbar nicht wusste, dass sie dort schon wieder kassiert und der Status auf neun Monate verkürzt wurde - lediglich zu Vereinheitlichung, wie wir wissen, zur Gleichstellung mit Geimpften, kann man spekulieren. Er sagt für die drei Monate gäbe es keine wissenschaftlich fundierte Erklärung, aber bei ihm scheint mir ähnlich wie im Artikel das Missverständnis zu herrschen, dass die Verkürzung auf Genesene nach einer Omikron-Infektion abzielt. Ich denke, es ist ziemlich offensichtlich, dass hier erstmal die Genesenen im Blick sind, die bisher keinen Omikron-Kontakt hatten und da ist der fehlende Schutz doch deutlich.
Was die Ermöglichung der gesellschaftlichen Teilhabe durch den Genesenenstatus als Steuerungsinstrument angeht, würde ich sagen, offensichtlich, wenn man das Ziel einer möglichst hohen Impfquote hat, sollte man keinen allzu langen Zeitraum zulassen. Denn der wird ja nur von den nichtgeimpften Genesenen voll ausgenutzt, die sich nicht impfen lassen wollen, was mittlerweile recht kurz nach einer Infektion möglich ist. Und wenn die sich jetzt mit Omikron infizieren, hätten sie erstmal wieder ein halbes Jahr Ruhe.
Was ich allerdings nicht weiß, ob das rechtlich möglich ist. Kann der Genesenenstatus so instrumentalisiert werden, weil man ja die Möglichkeit hat, sich impfen zu lassen und damit keine wirkliche Hürde wieder in die gesellschaftliche Teilhabe zu kommen? Oder muss sich der Status an der wirklichen Risikoabschätzung für die Gruppe orientieren?
Wenn letzteres zutrifft, würde ich sagen, die Verkürzung ist im Moment durchaus angezeigt, aber man müsste im Anschluss bei Infektionen ab einem bestimmten Stichtag diese wieder verlängern (wenn sich bei Omikron erwartungsgemäß keine große Abweichung in der Durabilität der Immunantwort zeigt).