PALASTREVOLUTION 2023 (Youtube)

  • Die Veranstaltung ist leider nicht wie erwartet, revolutionär. Die Gäste und Interviews sind toll, fast alles Gesagte ist in der Bubble (Konsumenten von Jung und naiv, Wohlstand für alle, Probono, Lanz und Precht) bekannt. Das deprimiert mich. Aber ich habe erst 50% geschaut.


    Ich hatte mal die Hoffnung, dass „die Vernunft gewinnt“. Also, dass man aus Fehlern lernt. Was hat die Privatisierung, von Pflege, von Energieversorgung der Bürger, Wohnraum für die Bürger, die Subventionierung von Fleischprodukten, die Hartz-IV Reform und das Mantra der Schuldenbremse für einen gesellschaftlichen Mehrwert gebracht? Man fragt nicht, was der gesellschaftliche Mehrwert ist, sondern wie wirkt es sich auf die Wirtschaft aus. Ständig wird uns suggeriert, dass es uns gut geht, wenn es der Wirtschaft gut geht. Blödsinn. Die Steigerung der Produktivität hat sich nicht auf den Reallohn ausgewirkt, kurz der Mehrgewinn kam nicht bei den Arbeitern an, und das obwohl die SPD gefühlt andauernd mitregiert. Aber auch das kann man vernachlässigen, aktuell kommt Populismus bei den Bürgern wieder gut an. Wir stürzen von einer Krise in die Nächste und lernen nicht aus den Fehlern. Auch in Zukunft wird es Versprechen geben, die nicht realisierbar sind. Die Bürger wollen sich nicht mit den komplexen Mechanismen beschäftigen, die unsern Wohlstand ermöglichen, sie wollen ihn nur haben. Und Versprechen, die den Status Quo garantieren oder einen Schuldigen für die Einschränkungen präsentieren kommen einfach gut an. Man ist sich seiner Fehler bewusst, aber solange man mit dem Finger auf jemand Anderen zeigen kann, hat man nicht ganz so ein schlechtes Gewissen. (Das ist alles nur meine subjektive Wahrnehmung).

    Mir fehlt so ein Bisschen die Revolution.


    Edit: Ich war zu voreilig, die Revolution beginnt. (Die Pro-Contra Positionierungen, ob wir eine Revolution brauchen, gibt dem Titel seine Daseinsberechtigung :))

  • Gut gemacht und mutig, finde ich. Gratulation.


    Mir scheint, die Pro-Gruppe hat das Pro/Contra-Thema durchweg verfehlt. Sie redeten immer nur über die Veränderungs-Ziele. Über die Ziele waren sich doch beide Gruppen sowieso einig. Das war auch nicht das Thema. Sondern die Frage war nach der Veränderungs-Taktik. Also Pro oder Contra Revolutions-Taktik. Und über Taktiken hat die Pro-Gruppe nie gesprochen. Das heißt für mich, die Pro-Gruppe redete für die "Revolution", hatte aber überhaupt keine Vorstellung von ihrer Umsetzung. Das würde ein Chaos geben. Ganz zu schweigen von der fehlenden Masse für die Umsetzung. Die Contra-Gruppe fand ich brilliant, vor allem Hans.

  • Dem Ritschie Precht möchte ich zurufen: "Nimm bitte deine Schuhsohlen aus meinem Gesicht!"


    Das macht er immer. Er legt seinen einen Fuß über das andere Knie, und zeigt dem Publikum seine staubige Sohle. Der Mann hat zig tausend Bühnenauftritte hinter sich, und hat die grundlegenden Respekts-Haltungen immer noch nicht gelernt. (Nicht, dass das meine einzige Kritik wäre, hehe.)

  • Dem Ritschie Precht möchte ich zurufen: "Nimm bitte deine Schuhsohlen aus meinem Gesicht!"


    Das macht er immer. Er legt seinen einen Fuß über das andere Knie, und zeigt dem Publikum seine staubige Sohle. Der Mann hat zig tausend Bühnenauftritte hinter sich, und hat die grundlegenden Respekts-Haltungen immer noch nicht gelernt. (Nicht, dass das meine einzige Kritik wäre, hehe.)

    Solange inhaltlich da so viel rauszuziehen ist, soll mir das recht sein.

    Da sollten wir uns eher über die Wahl des Schuhwerks unterhalten, welches uns da präsentiert wird. ^^

  • Die Frage ist doch zu erst mal weniger wo ist das revolutionäre Subjekt, sondern eher wo ist die revolutionäre Idee? Ohne ein Ziel bleib der Begriff der Revolution doch erst mal nur ohne Inhalt.


    Die Aussage von Hans dass wir einfach nur die Revolution wählen können ist halt einfach nur lächerlich. Was soll demokratisch sein, wenn ich alle vier Jahre ein Kreuz auf einem Zettel mache und dann machen die gewählten, was sie wollen. Dazu kommt noch, dass die Unternehmerklasse alles in ihrer Macht stehende tut, um einen grundlegenden Wandel zu verhindern. Die Geschichte des Kapitalismus dreht sich fast nur darum, wie die Unternehmerklasse versucht ihrer Macht zu erhalten. Wer das ignoriert ist einfach nur naiv. Die ganze Diskussion geht fast nie über die Kategorien der liberalen Orthodoxie hinaus. Bis auf einige Ausführungen von Wolfgang und der einen Frau. 👍(deren name ich gerade nicht kenne 😅) Fand ich gut.

  • Ohne ein Ziel bleib der Begriff der Revolution doch erst mal nur ohne Inhalt.

    Ziele haben sie jede Menge genannt, soweit ich mich erinnere. In den Zielen waren sich auch alle sechs einig. Nicht genannt haben sie die Revolutionsmethode. Einmal wurde sie angedeutet mit Hinweis auf die Methoden von "Fridays For Future" und die Unterstützung von Gewerkschaften. Aber diese Methoden sind ja Reform-Methoden und keine Revolution.

  • Ziele haben sie jede Menge genannt, soweit ich mich erinnere. In den Zielen waren sich auch alle sechs einig. Nicht genannt haben sie die Revolutionsmethode. Einmal wurde sie angedeutet mit Hinweis auf die Methoden von "Fridays For Future" und die Unterstützung von Gewerkschaften. Aber diese Methoden sind ja Reform-Methoden und keine Revolution.

    Es ist was anderes zu fordern, dass der Kapitalismus reformiert wird und das er überwunden wird.

  • Also mir hat sich das ganze so dargestellt, wie auch hier bei genug aus dem Ruder gelaufenen Diskussionen, dass man sich zu aller erst mal nicht einig darüber ist, was unter den Begriffen verstanden wird. Hans war der einzige, der da ne Definition in den Raum gestellt hat, für eines der verwendeten Worte. Darauf wurde dann, außer weiterhin von Hans, nicht eingegangen. Die Pro Seite scheint primär von einer Abkehr des bestehenden Wirtschaftssystems zu reden, kombiniert eventuell noch mit einer Anpassung der politischen Organisation. Also quasi Revolution gegen den bzw zur Abschaffung des Kapitalismus, womit wohl auch erstmal gedacht ist, dass radikal und am bestehenden politischen System vorbei und dann doch eher eine Reformation des politischen Systems, zumindest insofern, als dass es weiterhin "demokratisch" genannt werden soll. Was der nächste Begriff wäre über welchen erstmal Einigkeit geschaffen werden müsste, bevor man diese ganze Debatte sinnvoll führen könnte.

    Ich hatte dann die ganze Debatte über auch weiterhin das Gefühl, dass man eigentlich im Grunde fast alles sehr gleich sieht, aber die Dinge halt eben anders nennt. Bzw die Contra Seite scheint schon eine viel konkretere Vorstellung davon zu haben, was sie dann so alles unter Revolution versteht, also all das was neben dem Wunsch der Veränderung, so ganz Real dann mit dran hängt.


    Naja also fast 4 Stunden Gespräche über "Revolution", wobei jeder was anderes darunter zu verstehen scheint. Anstatt mal vorher, und auch wenn das selbst mehrere Stunden brauchen würde, eine Klarheit und Einigkeit darüber herzustellen, was darunter zu verstehen sein soll um dann gemeinsam an und über das Selbe reden, diskutieren und debattieren zu können.

  • Ich bedanke mich ganz herzlich für das Format, als Medienpädagogin freut es mich außerordentlich, so etwas zu sehen.

    Aber die Revolution, die wir benötigen, ist auch eine Revolution der Sprache, mit der wir über das Pro und Contra sprechen. Silja Graupe sagt gleich zu Beginn etwas ungemein Wichtiges, nämlich "dass wir ein System haben, wo Menschen gar nicht ausdrücken können, was ihr eigentliches Problem ist. Dass diejenigen, die marginalisiert sind (...) gar nicht mitreden können, sich gar nicht ausdrücken können."

    Alle auf der Bühne und vermutlich die allermeisten im Publikum waren in der Lage, diese Debatte erstens zu führen und zweitens ihr zu folgen. Dabei flogen besonders zum Ende hin Fremdwörter, Definitionsfragen, Gesellschaftsmodelle und akademische Begrifflichkeiten durch den Raum. Das hohe Niveau der Debatte ist gleichzeitig auch ihr größtes Problem, wohingegen in der Vereinfachung und Verkürzung die Gefahr des Populismus liegt - das ist ein Dilemma, dem man sich aber stellen muss.

    Daher der Vorschlag: Noch mehr daran arbeiten, die Debatte als Format von der Akademisierung zu befreien. Diejenigen einzuladen, die vielleicht nicht die eloquenteste Sprache haben, aber den Kern der Probleme am eigenen Leib erfahren. Diejenigen über die Revolution diskutieren lassen, denen das Sprachrohr ansonsten fehlt. Auch deswegen finde ich es sehr schade, wenn Menschen, die aus dem Publikum ans Mikrofon treten und sehr aufgeregt sind, unterbrochen werden, wenn sie nicht direkt die Sprache finden, eine Frage zu formulieren. Die Voraussetzung an der Debatte teilzunehmen, kann nicht sein, dass ich bereits Profi im Debattieren und Fragestellen bin. Da wir viel zu lange, auch wie Silja Graupe sagt, im Bildungssystem verhindert haben, uns den Debatten überhaupt anzunehmen, muss das Debattieren wieder aktiv erlernt werden. Dazu trägt das Format der Palastrevolution als Vorbild bei, aber inklusiv ist sie - bei allem Lob, das ich für sie habe - nur sehr bedingt (aber das war ggf. auch nicht ihr Anspruch).

  • Stimme Dir zu, Liruma, auch bezüglich der Zuschauerfragen, aber in diesem Fall waren das, glaube ich, Zuschauer, die schon öfters vor vielen Leuten redeten, und vielleicht auch ein bisschen zuviel über sich selbst sprachen. Deshalb würde ich das Unterbechen hier nicht so streng bewerten.

  • Naja also fast 4 Stunden Gespräche über "Revolution", wobei jeder was anderes darunter zu verstehen scheint. Anstatt mal vorher, und auch wenn das selbst mehrere Stunden brauchen würde, eine Klarheit und Einigkeit darüber herzustellen, was darunter zu verstehen sein soll um dann gemeinsam an und über das Selbe reden, diskutieren und debattieren zu können.

    Das Gefühl hatte ich allerdings auch.
    Zumindest beim Schauen des Videos hatte ich ab und an das Gefühl, da wäre irgendwie die Exposition herausgeschnitten worden.

    Wenn man sich ganz prinzipiell über Für und Wider von Revolution/Reform hätte unterhalten wollen, hätte man das tun sollen, ohne ständig konkrete Verwerfungen in einem bestimmten Gesellschaftskontext zu thematisieren, wenn man sich über konkrete Verwerfungen in bestimmten Gesellschaftskontexten hätte unterhalten wollen, hätte man diese fokussieren sollen, ohne ständig den Revolutions-/Reformkontrast zu diskutieren.


    So war es (und ich rede jetzt erstmal nur von diesem Oxford-Debatten-Format) weder Fisch noch Fleisch und eher konfus. Die Contra-Fraktion unterstellte implizit die ganze Zeit, die anderen wollen die Demokratie abschaffen, während die Pro-Fraktion wenig bis nicht beschrieb, was das eigentliche Ziel der Revolution sein soll (kann man ja auch machen, aber dann muss das auch so kommuniziert werden und wenn da nicht das Lichtenbergzitat fällt, hat man rhetorisch einfach alles falsch gemacht).


    Ähnlich konfus fand ich den Auftritt von Silja Graupe, bei der ich lange Zeit keine Ahnung hatte, wovon sie eigentlich redet. Auch da hatte ich das Gefühl, die Einleitung verpasst zu haben, die es aber gar nicht gab, wie ich vermute?


    Auch Küppersbusch hat, trotz einiger interessanter Aspekte, irgendwie entweder Tilos Frage (warum die politischen Eliten an ihrem eigenen Untergang arbeiten, indem sie es der afd medial so leicht wie möglich machen) gar nicht verstanden oder hatte keine Lust darauf zu antworten, keine Ahnung. Vielleicht fiel ihm auch einfach nichts dazu ein.

  • Die Contra-Fraktion unterstellte implizit die ganze Zeit, die anderen wollen die Demokratie abschaffen ...

    Naja, nicht abschaffen, sondern pausieren während die Revolution läuft. Die Revoluzzer besetzen demokratisch legitimierte Stellen. Sonst wären sie keine Revoluzzer.


    Ich denke, das Problem ist, dass nicht der Unterschied aufgeklärt wurde zwischen Revolution und Reform.


    Man konnte zuerst meinen, Pro sei für Revolution und für Reform --

    und Contra sei gegen Revolution und gegen Reform.


    Aber die Sache war doch die:


    Pro war für Revolution und gegen Reform.

    Contra war gegen Revolution und für Reform.

  • Daher der Vorschlag: Noch mehr daran arbeiten, die Debatte als Format von der Akademisierung zu befreien. Diejenigen einzuladen, die vielleicht nicht die eloquenteste Sprache haben, aber den Kern der Probleme am eigenen Leib erfahren. Diejenigen über die Revolution diskutieren lassen, denen das Sprachrohr ansonsten fehlt.

    Ich verstehe den Wunsch, die, die es konkret betrifft, zu Wort kommen zu lassen. Aber wenn dann die intellektuelle Tiefe fehlt, das Thema wirklich systemisch zu dekonstruieren, dann landen wir bei Formaten wie Leroy wills wissen. Nein danke, von dem Schund gibt es schon viel zu viel und das ist null progressiv.

    Gut gemeint ist einfach nicht gut gemacht.

    Auch deswegen finde ich es sehr schade, wenn Menschen, die aus dem Publikum ans Mikrofon treten und sehr aufgeregt sind, unterbrochen werden, wenn sie nicht direkt die Sprache finden, eine Frage zu formulieren. Die Voraussetzung an der Debatte teilzunehmen, kann nicht sein, dass ich bereits Profi im Debattieren und Fragestellen bin.

    Das Problem daran ist, dass das für das restliche Publikum (offline wie online) sehr hohes Abschaltpotential hat, wenn jemand am Zuschauermikro herumeiert, einen Vortrag hält oder einfach nicht öffentlich reden kann. Schau Dir irgendwelche Formate an, bei denen nicht sofort interveniert wird, die Fragenden rauben einfach unglaublich viel Zeit, die dann für die Antwort fehlt bzw. zieht es sich dann stundenlang hin und die Aufmerksamkeit schwindet.

    Aus reiner Partizipationslogik heraus ist das ganz toll, wenn jeder alles sagen darf und das in seiner Sprache und in seinem Stil und Tempo, Aufmerksamkeitstechnisch ist das eine Katastrophe, erreichen will man mit solchen Formaten ja aber nicht nur den Fragesteller, sondern die breite Masse.

    In dem Punkt hat Graupe ganz sicher recht, aber sie hat eben auch in dem Punkt recht, dass man das als allgemeine Kompetenz lernen muss (z. B. in der Schule), eine Diskussion wie diese ist da nicht der richtige Ort.

  • Und genau an der Stelle wäre eben eine konkrete Diskussion über diese Legitimierung notwendig.
    Ist irgendein ernannter Staatssekretär auf Parteiticket "demokratisch legitimiert"? Na ja...

    Für Parteipolitiker ist immer alles was sie tun und lassen demokratisch legitimiert und wer sich daran stört, auf antidemokratischen Pfaden verirrt. Dass diese unsere Form der Demokratie nicht die einzige denkbare oder gar existente ist, wird da oftmals völlig ausgeblendet, um den Mitdiskutanten rhetorisch zu desavouieren.

    Beispielsweise auf Basisdemokratie/Mandat nach Losverfahren umzustellen, wäre aber mal sowas von eine Revolution (und zwar auch komplett ohne gewaltsamen Umsturz - und sogar durch Reform umsetzbar, da hatte Hans eine mMn sehr eigene Definition von Revolution).


    Was mir auch völlig gefehlt hat, war die Klarstellung (das ist sicher der Pro-Seite anzulasten), dass natürlich auch die (Massen-)Medien in "Systemhand" sind, was es ein bisschen wohlfeil macht, wenn die Contra-Seite immer anprangert, dass man doch nur politische Mehrheiten organisieren müsse für seine Ideen. Als ob das im luftleeren bzw. genauer im machtfreien Raum stattfände.

    Ob sie das machen, um die Diskussion zu gewinnen oder weil sie das nicht durchdacht haben... Ich befürchte letzteres.

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