Cold War Reloaded - Der neue Ost-West Konflikt

  • Es ist nicht unwahrscheinlich, dass wenn viele Russen in der Ukraine sterben, der Hass in Russland auf die Ukrainer wachsen wird, weil Propaganda und "Wut sucht sich den einfachsten Weg".

    Der einfachste Weg wird in Russland später sein, alles auf die Ukrainer/Nato/Westen zu schieben, weil das ja vom Staat, den Patrioten und den mit Sowjetgedanken auch noch ständig befeuert wird. Irgendwann werden die Leute die Wahrheit aufgeben und das Feindbild Ukraine/Nato/Westen akzeptieren, weil es einfacher ist.


    Es kann also wirklich so kommen, dass die Russen die Wut über die eigenen Toten nicht auf Putin projezieren werden, sondern auf die Ukraine/Nato/Westen.

    Dann gibt es auch sofort Motivation in der Armee.

    Ich sehe keinen Weg, dass die Ukraine in irgendeiner Weise gewinnen kann. Mehr Russen töten und die eigenen Leute opfern? Sicher. Aber nicht gewinnen.

    Die Ukraine wird komplett von Russland geschluckt, es ist nur eine Frage der Zeit.

  • Es kann also wirklich so kommen, dass die Russen die Wut über die eigenen Toten nicht auf Putin projezieren werden, sondern auf die Ukraine/Nato/Westen.

    Aber das ist doch von Anfang an die Linie der russischen Regierung für die heimische Propagandamaschine gewesen. Es wäre eher verwunderlich, wenn eine Mehrheit der russischen Bevölkerung außerhalb der liberale(re)n oberen Mittelschicht in den urbanen Zentren das nicht so sehen würde, nachdem sie Jahrelang mit der entsprechenden Propaganda bombardiert, und mittlerweile auch sämtliche kritischen Medien abgeschafft wurden.


    Ob die wirklich alle denken, dass man deswegen die eigenen Söhne, Brüder und Väter im Donbass an die Front schicken sollte, ist ja nochmal was anderes. Aber dass der kollektive Westen sich Russland gegenüber nicht erst seit dem 24.02.2022 immer feindlicher positioniert, und dass der Erzfeind USA ganz gezielt gemeinsame Sache mit antirussischen Nationalisten und tatsächlichen Faschisten in Osteuropa gemacht hat um die noch aus Sowjetzeiten stammenden Ressentiments gegen Moskau geopolitisch zu instrumentalisieren, ist ja durchaus keine reine Erfindung des Putin-Regimes.


    Lawrow hat auch neulich bei der UNO-Generalversammlung nochmal aufgezählt, wie die russische Regierung den historischen Verlauf des wachsenden "Antirussismus" im Westen und in der Ukraine sieht. Wie immer ließ er natürlich alles weg, was die russische Regierung selbst in nicht unerheblichem Maß dazu beigetragen hat, aber so richtig lügen musste er dabei eigentlich nicht.

  • Warum? Österreich ist ja nicht neutral, sondern EU-Mitglied.

    Das hat nicht zwingend was miteinander zu tun, aber ja es stimmt Österreich nimmt an der GASP der EU teil, minimal und seit langem nurnoch unbewaffnet. Ausserdem hat sich Österreich eine größere Friedensdividende ausbezahlt als Deutschland, aus dem Stand nicht verteidigungsbereit und das mit Absicht.

  • Gibt viele Gründe, das so weiterlaufen zu lassen, wie bisher. Für eine Handvoll $ hat uncleSam doch ein beindruckendes Schauspiel erhalten. RU gedemütigt, NATO erweitert, NATO gefestigt, Schiffe versenkt, Waffen getestet, unendlich viel Informationen gesammelt...

    Über all dem steht in militärischer Hinsicht Train&BuyAmerican.


    Naja, aber vieles davon ist dann doch nur Narrativ und ob es verfängt hängt davon ab, wie alles ausgeht. Ich habe übrigens mal geschaut, nach dem Ukraine Support Tracker steht die US-Militärhilfe bei 25 Milliarden EUR. Für 20 Jahre Afghanistan habe ich 70 Milliarden USD gefunden ("disbursements to Afghanistan from these five funds totalled $72.7 billion in current dollars ($81.6 billion in constant 2019 dollars")). Also bisher wohl ein Drittel dieser Summe.


    Russland gedemütigt - wird natürlich verargumentiert. Andererseits schwankt die Erzählung immer mal wieder zwischen Putin wurde gedemütigt und Putin versteht gar nicht, was vor sich geht (also weiß nicht, dass er gedemütigt wurde). Eigentlich gibt es ja eher Episoden, die als russische Schwäche ausgelegt werden, wie zuletzt die Charkow-Offensive, und anhand derer aktualisiert man dann das, was man schon lange vorher darüber behauptet hat, wie schlecht die Lage sei oder sein würde. Dazwischen gibt es die Abwesenheit guter Nachrichten. Weiß nicht, ob im Ergebnis die westlichen Bevölkerungen wirklich dieses Gefühl haben.


    NATO erweitert - Nun bisher nicht. Interessanterweise hängt das wohl auch nicht völlig von Erdogan selbst ab, wo man vermuten könnte, dass er in seinem Lavieren zwischen den beiden Gegnern nicht übermäßig weit gehen wird. Die AKP hat keine eigene Mehrheit in der türkischen

    Nationalversammlung sondern stützt sich auf die Ultranationalisten von der MHP. Ich weiß nicht, ob

    Finnland und Schweden sie schlicht zufrieden stellen werden oder ob die AKP mit der Opposition die Zustimmung durchbringen kann usw.


    Insofern ist auch die Festigung der NATO so eine Sache, weil sich die Türkei doch als ziemlicher Wackelkandidat erweist und es hilft nicht gerade, dass es Versuche gibt die Griechen zu bevorzugen, in der Hoffnung, dass man die Türken dadurch zum Einlenken bringt, oder schlicht abstrafen will. Dann mag es zwar so sein, dass die Europäer jetzt eher bereit sind in ihr Militär zu investieren, aber die sehr reale Möglichkeit zukünftig deutlich herabgesetzter wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit kompensiert das ebenso wie, dass der Verfall des Euro US-amerikanische Waffenimporte verteuert. Und was vorallem erstmal passiert, bevor wir über Aufrüstung sprechen, ist der Austausch älterer Waffensysteme gegen deutlich teuere neue. Ob damit die Wehrhaftigkeit so viel größer wird, ist offen. In jedem Fall denke ich aber, dass das alles in die NATO-Burg Europa investiert wird (und zur Beruhigung der Frontstaaten investiert werden muss), was die Bereitschaft zur Einsätzen außerhalb denke ich eher schwächen wird.


    Die Moskwa wäre für mich so ein Beispiel, wo abgesehen von der offenen Frage, ob sie nun wirklich durch einen Angriff versenkt wurde, der militärische Schaden überschaubar ist, und der Reputationsschaden ein Sturm im Wasserglas.


    Waffentests und Informationen sammeln stimmt sicherlich geht aber in beide Richtungen. Und es gibt einen anderen Effekt: Durch die schwächeren Sicherungsmöglichkeiten der Ukrainer (also Abwehr gegen Lenkwaffen oder Luftschläge) können die Russen denke ich in einem vorteilhaften Verhältnis Waffen aus ihrem Arsenal eben nicht nur gegen die der Ukrainer sondern auch gegen die westlicher Staaten inklusive der USA tauschen. Man weiß natürlich nicht, was wirklich hinter solchen Artikeln steckt, die es immer mal wieder gibt: https://www.wsj.com/articles/u…tagon-concern-11661792188 Aber es besteht zumindestens die Möglichkeit, dass man sich ähnlich wie bei der strategischen Erdölreserve recht gut bedient und dem Abbau des Arsenals der Russen (inklusive der Abwrackung von Sowjetbeständen) durchaus ein signifikanter Abbau nicht nur bei den Verbündeten, sondern auch bei den USA selbst stattfindet.


    Es scheint sich also immer noch zu lohnen.


    Wenn westlicherseits wieder in Diplo investiert wird, dann hat uncleSam die Kosten-Nutzen-Rechnung geändert, dann besteht die Chance auf Änderung. Bis dahin läuft es weiter.


    Die Kosten-Nutzen-Rechnung ist ja immer sehr kurzfristig und ist auf diese Strecke erstmal noch durch die Lobby der Rüstungsindustrie vorbestimmt, würde ich sagen. Hauptsächlich weil die USA ihre wirtschaftliche Lage etwa durch die Freigabe von Reserveerdöl über den Sommer erstmal stabilisieren konnten, sind andere Lobbys aktuell nicht so sehr in Opposition. Und im außenpolitischen Establishment gibt es für Konfrontation sowieso immer Unterstützung.

  • Ob die wirklich alle denken, dass man deswegen die eigenen Söhne, Brüder und Väter im Donbass an die Front schicken sollte, ist ja nochmal was anderes

    Ganz weggehen wird der Gedanke nie, dass die eigenen Söhne sterben könnten. Aber irgendwann wird der Mix aus Propaganda und Wut in Russland so groß sein, dass man nur noch ein kleines Tränchen beim Abschied vergießt und eher mit Stolz für seinen Sohn wieder nach Hause (ohne Sohn) fährt.

    In extremen Zeiten können extreme psychologische Wendungen entstehen.

    Außerdem sind die Putin-Abweichler in großem Maße bereits aus dem Land geflohen, sodass Putin zumindest autoritär gesehen, gestärkt ist.

    Der Rest von den Abweichlern sind arme Leute, was Geld und Intelligenz angeht, da sie keine Möglichkeit ins Ausland zu fliehen, gefunden haben. Mit denen wird Putin fertig.


    Nach einer gewissen Zeitspanne wird man den Kriegsdienst als eine notwendige, mit Stolz erfüllende Aufgabe in Russland sehen. Fast überall im Land.

    Ob das nach 1-2 Jahren oder 5-10 Jahren so sein wird, kann ich jedoch nicht vorhersehen.

  • Das ist die Art von spalterischer Propaganda, die wir jetzt brauchen:



    Produziert sich quasi von selbst:


    https://www.reuters.com/articl…-usa-yellen-idUSW1N2V702V


    Zitat

    Europe was facing a tough winter with tight energy supplies as it decoupled from Russian energy, Yellen said. She said that could have some spillover effects on the United States, but she "wouldn't exaggerate" the potential impact on U.S. growth.

  • Diese Referenden, die ab heute abgehalten werden, finden übrigens über das gesamte Föderationsgebiet verteilt statt, weil auch Flüchtlinge teilnehmen können. Hat also schon heute Nacht auf Kamtschatka angefangen:


    https://tass.com/world/1512003


    Zitat

    Polling stations opened in Russia’s Far Eastern region of Kamchatka, allowing displaced residents of the people’s republics of Donetsk and Lugansk and the Kherson and Zaporozhye regions to cast their ballot in the referendum on accession to Russia.


    "Four polling stations have opened on the territory of temporary shelters for displaced persons. They will work until September 27," the election commission of Kamchatka said.

  • Ausserdem hat sich Österreich eine größere Friedensdividende ausbezahlt als Deutschland, aus dem Stand nicht verteidigungsbereit und das mit Absicht.

    Warum sollte der kleine Ösi denn auch irrsinnig viel Geld für Waffen und stramm rechtes patriotisches Bedienpersonal zum Fenster raus werfen, wenn er - bis auf den noch kleineren Schweizer in seiner Alpenfestung - von lauter deutlich größeren EU-Freunden umgeben ist, die alle auch noch NATO-Wertepartner sind?


    Wenn der Russ' erst mal durch den Balkan gewalzt ist und in Laibach steht ist sowieso alles wurscht in Wien.

  • Der Rest von den Abweichlern sind arme Leute, was Geld und Intelligenz angeht, da sie keine Möglichkeit ins Ausland zu fliehen, gefunden haben. Mit denen wird Putin fertig.

    Man sollte allerdings nicht gänzlich vernachlässigen, dass auch die letzten beiden "Revolutionen" in der Ukraine hauptsächlich in Kiew stattfanden, und nicht im weiten Land außerhalb der Ballungszentren. Und in Moskau und Sankt Petersburg Leningrad sitzen halt die Kinder der Eliten und der oberen Mittelschicht, lassen sich von NATO-Propaganda und CIA-Tinder verwestlichen und gegen ihre Boomer-Eltern aufhetzen...

    Es ist an der Zeit, die Einberufungsbüros anzuzünden

    In seinem Antikriegs-Newsletter schreibt das oppositionelle Studierendenmagazin DOXA am 22. September 2022: »Jeden Tag schreibt eine*r von uns, was passiert ist und teilt seine Gedanken. Im neuen Newsletter teilt DOXA-Redakteur Armen Aramyan seine Meinung über die Protestziele und darüber, was brennende Einberufungsbüros und Polizeistationen, befreite Gefangene und von Studierenden besetzte Universitäten bedeuten.«


    [...] Am 24. Februar erklärte Putin allen Ukrainer*innen den offenen Krieg. Und selbst zu diesem Zeitpunkt haben wir nicht beschlossen, dass dies Grund genug ist, Putin selbst und all denen, die für sein Regime arbeiten, den Krieg zu erklären, sondern wir folgten weiterhin dem üblichen Konzept der radikalen Gewaltlosigkeit. Wir füllten Plätze mit unseren Körpern und dann die Gefangenentransporter, Arrestzellen, Isolationszellen, Gerichte und Gefängnisse.

    Am 21. September erklärte Putin jedem einzelnen Russen den Krieg. Ich glaube, die einzige Antwort, die wir darauf geben können, ist zu kämpfen, bis das Putin-Regime vollständig zerstört ist.

    Jedes brennende Einberufungsbüro ist mindestens schön anzuschauen, im besten Fall bedeutet es aber Tausende oder gar Zehntausende von Menschen, die nicht in den Krieg einberufen werden, weil ihre Akten in Schutt und Asche gelegt werden. Jede brennende Polizeistation ist eine Polizeistation, in der in nächster Zeit niemand gefoltert werden wird. Jede*r befreite Gefangene ist ein*e Anhänger*in des Protests mehr in Freiheit. Jede von Studierenden besetzte Universität ist ein Raum der Freiheit.

    Das sind natürlich nur ein paar erzlinke, die in dem Artikel zu Wort kommen und sicherlich nicht repräsentativ für die Mehrheit der Bevölkerung stehen und Ich fürchte ja auch, dass das nicht den Sturz Putins verursachen und das Ende des Krieges herbei führen wird. Eher wird er von seinen eigenen Leuten durch irgendeinen anderen, noch schlimmeren Typen ersetzt, wenn das mit den Sanktionen dann doch irgendwann mal auch an deren Geld-Substanz geht.


    Aber so ganz sollte man die Hoffnung vielleicht nicht aufgeben, dass sich da doch noch irgendwann mal heftigerer Widerstand auftut.

  • Hatte man zuvor noch immer wieder betont, dass der mögliche Einsatz von Atomwaffen als weitere Eskalationsstufe ein haltloses Narrativ aus dem "Russian Playbook" und ein hilfloser Bluff des geschwächten Poker-Amateurs Putin sei, von dem "wir" uns keine Angst machen lassen sollten, scheint man jetzt dazu über zu gehen, dem Schachgroßmeister im Kreml zu unterstellen, er drohe, nach der mittels Scheinreferenden erfolgten politischen Annexion der besetzten Gebiete, die ukrainischen Truppen mit taktischen Nuklearwaffen von deren somit als russisches Staatsgebiet proklamierten Territorien zu vertreiben - was er natürlich nicht machen wird, weil er damit auch seinen wichtigsten Verbündeten China gegen sich aufbringen würde - was wiederum genau das wäre, was der russischen Kriegwirtschaft final das Rückgrat brechen, und dem Wertewesten zum Endsieg verhelfen würde.

    Die USA haben schließlich klar gemacht, dass sie russisches Territorium nicht angreifen, und auch keine Waffen liefern, mit denen die Ukraine russisches Territorium angreifen wird. Also wenn die eroberten Gebiete jetzt zu russischem Territorium werden, dann kann die Ukraine sie nicht mehr angreifen, weil dann die USA ihnen keine Waffen mehr dafür liefern werden. Ein genialer Schachzug von Putin.

  • Die USA haben schließlich klar gemacht, dass sie russisches Territorium nicht angreifen, und auch keine Waffen liefern, mit denen die Ukraine russisches Territorium angreifen wird. Also wenn die eroberten Gebiete jetzt zu russischem Territorium werden, dann kann die Ukraine sie nicht mehr angreifen, weil dann die USA ihnen keine Waffen mehr dafür liefern werden. Ein genialer Schachzug von Putin.

    Die USA und ihre Verbündeten haben neulich bei der UNO allerdings auch einfach klar gemacht, dass sie diese "Referenden", und somit auch jegliche Gebietsansprüche, die der Kreml auf deren Grundlage auf ukrainisches Staatsgebiet zu erheben gedenke, niemals anerkennen würden. Also von dieser Seite aus weiterhin "Feuer Frei!" an der Ostfront.

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