Cold War Reloaded - Der neue Ost-West Konflikt

  • Das erstaunlichere an dem Beitrag im französischen TV war weniger der Inhalt, als dass er stattfand. Hierzulande sind ja im Grunde alle gefühlt All in im Kriegsmodus. Andererseits weiß der Volksmund, Ausnahmen bestätigen die Regel.


    Die Sehnsucht nach dem eigenen Bedeutungsverlust ist groß. Warum Balten und insbesondere Polen so überdrehen, kann ich mir gut erklären. Wieso Deutsche daran Interesse zu haben glauben, bleibt ein Rätsel.


    Nun, da die Russen NS2 wieder abbauen wollen, um die Rohre und Verdichter dort hinzubringen, wo sie auch einen Nutzen haben, war das Erstaunen groß.

    Die im Weißbuch der Bundeswehr beschriebenen geoplolitischen Abitionen der deutschen Oligarchie dürften jedenfalls erstmal vom Tisch sein.

  • Und von wem soll das große Staunen überliefert sein. Ich höre die ganze Zeit nur, dass alle versuchen vom russischen Gas wegzukommen, an Nordstream 2 denkt doch keiner mehr. Zumal es ja eh nie einen anderen Zweck hatte, als die osteuropäischen Staaten zu umgehen (sieht aus heutiger Sicht irgendwie wie eine Kriegsvorbereitung aus), und aus Deutscher Perspektive sowieso keinen Vorteil hatte (abgesehen davon, dass Russland mit Exklusivem Zugang zu Gasfeldern gelockt hat, aber technisch wäre das auch über die bisherigen Pipelines gegangen).

  • Es gibt da nur ein Problem: Russland hat seinerseits einseitig den Export bestimmter Waren gestoppt. (Quelle z.B. hier). Wohlwollend könnte man interpretieren: gut, Russland befindet sich in einem Krieg und möchte Lebensmittel speichern für schlechte Zeiten. Bösartig könnte man auch unterstellen, dass Putin eine Welthungerkatastrophe provozieren möchte. Durch den Ausfall der beiden größten Produzenten.


    Nunja, diese Ausfuhrbeschränkungen waren allerdings eine Antwort auf die Sanktionen. Und ich habe ich erstmal keine gute Übersicht gefunden, was sie nun wirklich genau umfassen und gegenüber wem. Im Prinzip das Äquivalent hiervon:


    https://graphics.reuters.com/U…IS/SANCTIONS/byvrjenzmve/


    Denn einen Ausfuhrstopp für bestimmte Dünger bis Anfang April haben die Russen schon Anfang Februar verhängt, wegen der schon damals (u.a. durch die hohe Gasnachfrage) entstandenen Knappheit auf dem Markt für Düngemittel:


    https://tass.com/economy/1396223


    Dann gab es Anfang März eine Empfehlung allgemein kein Düngemittel mehr zu exportieren, allerdings kein Exportverbot:


    https://www.reuters.com/articl…fertilizers-idINL2N2V71JG



    Diese Empfehlung reagiert aber darauf - oder behauptet es meinethalben - dass wegen der westlichen Sanktionen die großen Logistikunternehmen aufgehört hatten, russische Häfen anzufahren und damit nicht garantiert war, dass diese Exporte überhaupt durchgeführt werden können.


    Dann gab es Exportverbote unter anderem für landwirtschaftliche Produkte meines Erachtens aber nur gegenüber den "unfreundlichen Ländern".


    Und ein temporäres Exportverbot für Getreide und Zucker gegenüber den Ländern der Eurasischen Wirtschaftsunion (mit einzelnen Ausnahmen), was mit den Freihandelsbedingungen zu tun hat:


    https://www.reuters.com/busine…e-30-interfax-2022-03-14/


    Zitat

    Moscow last week voiced concern about the quick pace of its grain exports to neighbouring ex-Soviet countries, with which it shares free customs zones under the Eurasian Economic Union. Supplies to the union are not subject to Russia's grain export quotas and current taxes.


    The measures were adopted "to protect the domestic food market in the face of external constraints," the government statement said.


    Dass russische Exporte in dem Bereich erschwert sind, ist keine reine Entscheidung der russischen Regierung, sondern ist auch eine Folge der Sanktionen.

  • Und von wem soll das große Staunen überliefert sein. Ich höre die ganze Zeit nur, dass alle versuchen vom russischen Gas wegzukommen, an Nordstream 2 denkt doch keiner mehr. Zumal es ja eh nie einen anderen Zweck hatte, als die osteuropäischen Staaten zu umgehen (sieht aus heutiger Sicht irgendwie wie eine Kriegsvorbereitung aus), und aus Deutscher Perspektive sowieso keinen Vorteil hatte (abgesehen davon, dass Russland mit Exklusivem Zugang zu Gasfeldern gelockt hat, aber technisch wäre das auch über die bisherigen Pipelines gegangen).


    Also ich glaube nicht, dass Deutschland dem russischen Gas bisher wirklich entsagt hat. Unsere Unabhängigkeit wird vermutlich eher so aussehen, dass wir die Möglichkeit schaffen theoretisch auch woanders zu kaufen und dann das billigste nehmen. Ich denke, die Übergabe von Nord Stream 2 an die Ukraine ist eine Möglichkeit, die durchaus noch kommen könnte.

  • Und von wem soll das große Staunen überliefert sein. Ich höre die ganze Zeit nur, dass alle versuchen vom russischen Gas wegzukommen, an Nordstream 2 denkt doch keiner mehr. Zumal es ja eh nie einen anderen Zweck hatte, als die osteuropäischen Staaten zu umgehen (sieht aus heutiger Sicht irgendwie wie eine Kriegsvorbereitung aus), und aus Deutscher Perspektive sowieso keinen Vorteil hatte (abgesehen davon, dass Russland mit Exklusivem Zugang zu Gasfeldern gelockt hat, aber technisch wäre das auch über die bisherigen Pipelines gegangen).

    Ich glaube bei aller gefühlten Notwendigkeit, die Ukraine moralisch zu unterstützen, solltest Du nicht vergessen, dass die Ukraine sich schon unser Gas illegal abgeleitet hatte. Mit NS2 sollte diesem gebaren ein Riegel vorgeschoben werden und natürlich auch die Handelsbeziehungen zwischen De und Ru weiter vertieft werden, was ich auch nach wie vor für den einzig richtigen Weg halte.


    (sieht aus heutiger Sicht irgendwie wie eine Kriegsvorbereitung aus)

    Das verstehe ich nicht. Umgekehrt ist es doch richtig. Wenn ich "Deinem" Narrativ folge, macht nach kompletter Besitznahme der Ukraine NS2 ja eher weniger Sinn.

  • Also den Ukrainern Kampfmittel mit einer 5-Minuten-Einweisung zu liefern, hat schon viel von "bis zum letzten Ukrainer kämpfen".

    Bei Gewehren, Granaten, Panzer- und Fliegerfäusten seh ich das ein, wenn man da mal ein Exemplar der Klassse bedient hat geht das schon.

    Bei Panzern wird das nicht ganz so leicht gehen, da muss man dann schon ein paar Handgriffe für Wartung, Feldinstandsetzung oder verschiedene Notbetriebsarten kennen (besser beherrschen). Bei Fliegern kann ich mir eine Mustereinweisung auf die Schnelle garnicht vorstellen.

  • Roy

    Macht schon Sinn, weil die bisherigen Pipelines ja noch durch andere Länder verlaufen (Polen, Belarus). Und meine These wäre, dass die Pipeline Strategisch die Möglichkeit eröffnen sollte, Kriege zu führen, ohne die Gaslieferungen nach Europa zu beeinträchtigen. Dass Putin 2005 schon wusste, dass er die Ukraine angreifen würde, glaube ich natürlich nicht. Bekanntlich hat sich ja auch die politische Situation in der Zeit mehrmals geändert zwischen UA und RUS. Aber hätte ja genauso gut passieren können, dass in Belarus die Proteste Erfolg haben oder so.


    Und dass NoSt2 die Handelsbeziehungen zwischen Russland und Deutschland verbessern sollte, ja das war der einzige Vorteil, habe ich auch lange so gesehen, wobei ich mir immer die Frage gestellt habe, ob es das Wert ist, weil es immer einen Keil zwischen Deutschland und Polen getrieben hat, und ich schon unterstelle dass das auch eines der Nebenziele Putins war. Ich glaube die EU hasst er einfach aus vollem Herzen.

  • Roy

    Macht schon Sinn, weil die bisherigen Pipelines ja noch durch andere Länder verlaufen (Polen, Belarus). Und meine These wäre, dass die Pipeline Strategisch die Möglichkeit eröffnen sollte, Kriege zu führen, ohne die Gaslieferungen nach Europa zu beeinträchtigen. Dass Putin 2005 schon wusste, dass er die Ukraine angreifen würde, glaube ich natürlich nicht. Bekanntlich hat sich ja auch die politische Situation in der Zeit mehrmals geändert zwischen UA und RUS. Aber hätte ja genauso gut passieren können, dass in Belarus die Proteste Erfolg haben oder so.

    Also Du meinst NS2, damit Ru nach Einverleibung der Ukraine als Aufmarschgebiet nach (NATO-) Polen weiter Gas an uns verkaufen kann? Mhm, I don't know, dude.


    Und dass NoSt2 die Handelsbeziehungen zwischen Russland und Deutschland verbessern sollte, ja das war der einzige Vorteil, habe ich auch lange so gesehen, wobei ich mir immer die Frage gestellt habe, ob es das Wert ist, weil es immer einen Keil zwischen Deutschland und Polen getrieben hat, und ich schon unterstelle dass das auch eines der Nebenziele Putins war. Ich glaube die EU hasst er einfach aus vollem Herzen.

    Das Polen mit dem rechtsextremen Antisemiten (laut Macron) an der Spitze? Das Polen, das seit Jahren versucht die EU zu destabilisieren und die Rechtsstaatlichkeit aushebelt? Mhm, dunno here either, dude.

  • Das Polen mit dem rechtsextremen Antisemiten (laut Macron) an der Spitze? Das Polen, das seit Jahren versucht die EU zu destabilisieren und die Rechtsstaatlichkeit aushebelt? Mhm, dunno here either, dude.

    Absolut d’accord, widerspricht jetzt aber inwiefern genau meinem Argument, dass Putin einen Keil in die EU tragen wollte? Dass die Beziehungen D-PL eh schon schlecht waren ändert daran ja nichts?

  • Es erscheint allerdings leicht wiedersinnig, wenn Putin sich als Treiber des Keils zwischen die EU-Länder ausgerechnet jenes unter ihnen ausgesucht hätte, welches am allerlautesten über die russische Bedrohung klagt, und - auflösung des Rechtsstaates hin oder her- beste Beziehungen zum westlichen Hegemon auf der anderen Seite des Atlantiks unterhält.

  • Nein, genau das habe ich nicht gesagt.

    Das ist gut. Klang so.


    Absolut d’accord, widerspricht jetzt aber inwiefern genau meinem Argument, dass Putin einen Keil in die EU tragen wollte? Dass die Beziehungen D-PL eh schon schlecht waren ändert daran ja nichts?

    Widersprechen tut das nicht. Ich wollte hier nur die Perspektive etwas erweitern. Mir ist nicht ganz klar, mit welchem Maßstab Du diesen "Keil" identifizierst und welche argumentative Konsequenz Du daraus ableitest. Einen solchen "Keil" treiben ja auch zB die USA (zB auch mit Hilfe Polens) seit eh und je in die EU. Ru dagegen wirbt seit Jahren für eine gemeinsame Handelszone von Lissabon bis Wladiwostok.

  • Das ist gut. Klang so.

    Um es noch einmal in anderen Worten zu wiederholen: Nordstream I und II haben strategisch die Möglichkeit eröffnet, Kriege in Osteuropa zu führen (sei es richtige Kriege oder Wirtschaftskriege, abklemmen vom Gas), ohne den Rest von Europa insbesondere Deutschland bezüglich Gasimport zu beeinträchtigen. Und damit Deutschland zu überlassen, wie es mit der Situation umgeht, genau so wie es aktuell ja auch tatsächlich ist.


    Ich habe nicht gesagt, dass das Ziel war die "Russische Ukraine" zu umgehen. Weil 2005 politisch weder Putin gewusst haben kann, dass er die Ukraine angreifen wird, noch on welcher Form er sie eventuell Annektieren wird usw. Mein Argument zielte auf mögliche Kriege, nicht auf mögliche Nachkriegsordnungen. Ich hoffe es ist jetzt verständlich.

  • Mir ist nicht ganz klar, mit welchem Maßstab Du diesen "Keil" identifizierst

    Dass praktisch ganz Osteuropa gegen die Pipeline war, weil mal mindestens Russischer Druck der Form "wir stellen euch das Gas ab" im Raum stand, wenn nicht mehr. Und wir haben aktuell mehr. Das muss man mal akzeptieren: die Ängste der Osteuropäer waren mindestens zum Teil berechtigt, denn wir erleben gerade etwas, was wir uns hier im Westen nicht vorstellen konnten, für die Balten und Polen usw. aber schon länger ziemlich real war.

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