Cold War Reloaded - Der neue Ost-West Konflikt

  • Ich hätte jetzt angenommen, das ist eine Reaktion auf das Carlson-Interview:


    https://www.n-tv.de/politik/Be…tion-article24727367.html


    Zitat

    Initiative gegen Kreml-Kampagnen

    Berlin, Warschau und Paris planen Kampf gegen Desinformation


    Desinformationskampagnen vonseiten Russlands stellen für viele Länder ein großes Problem dar. Nun kündigt der französische Außenminister Séjourné an, dass Deutschland, Polen und Frankreich diese bekämpfen wollen. Dabei setzen sie vor allem auf Aufklärung


    Aber "russische Desinformationskampagnen der 'FAZ'"?


    Zitat

    "Wir werden die Instrumente dieser Desinformation transparent offenlegen. Wir werden Angriffe enthüllen, die begangen wurden", sagte Séjourné mit Blick auf russische Desinformationskampagnen der "FAZ" sowie je einer Zeitung aus Frankreich und Polen. "Wir haben übereinstimmende Hinweise darauf, dass es zudem Schläferoperationen gibt, das heißt Instrumente, die jederzeit aktiviert werden können, insbesondere während einer Wahl."

  • Alles was sie machen schreit nur noch nach Hysterie und Schwäche, die ganze Zeit.


    Ich habe vom Interview bisher keine 5 Minuten gesehen, ich meine mit einem klaren Kopf kann man sich an einer Hand abfingern was Putin sagt. Was unsere Vlksvertreter angeht die sind vollkommen irrational geworden, die übertreffen sich mit bekloppten Ideen bei denen man sich noch den Kopf festhält.

    Meine Güte, 2 Diktaturen in Deutschland haben ausländische Medien erst in ihren allerschwächsten Momenten verboten und es hat nichts genutzt, ausser für jeden sichtbar Schwäche zu zeigen.


    Die Bruchstellen sind da, die Zustimmung sinkt, bei uns und allen Allierten, gehen wir mal davon aus der Sturm kommt und danach bleibt vieles nicht mehr wie es vorher war. Nicht weil jemand in Russland ein Interview gegeben hat, die Probleme haben die heimischen Volksvertreter verursacht und dann ignoriert.

  • Zu diesem Punkt:


    [...] Dieser riesige Hype ist von der westlichen Seite erzeugt worden. Als mit dem Bericht über Carlsons Aufenthalt in Moskau die ersten Gerüchte über ein Interview rumgingen, hat das auf der pro-russischen Seite eine gewisse Spannung erzeugt, da sind ja unter den US-Amerikanern auch viele, die Carlsons Programm zugeneigt sind. Aber erst die völlig überzogene Reaktion der Ukraine-Fans, die von Verrat gesprochen haben und dass Carlson aus dem Verkehr gezogen werden muss usw. hat dann wiederum dazu geführt, dass bei den Pro-Russen vom Durchbrechen des westlichen Informationsmonopols gesprochen wurde und wie dieses Interview den Massen die Augen öffnen würde. Und ich vermute irgendwo da mitten in diesem noch anschwellendem Hype war das Interview dann auch schon längst aufgezeichnet.


    Gerade noch gesehen. Carlson nennt am Anfang des Videos tatsächlich das Datum der Aufzeichnung:


    https://twitter.com/TuckerCarlson/status/1755734526678925682


    Das ist 6. Februar, 19 Uhr. Also praktisch zur gleichen Zeit, als das hier rausgekommen ist:


    https://twitter.com/TuckerCarlson/status/1754939251257475555



    Denke mal Panik wie Hype wegen dem vermeintlichen Durchbrechen der westlichen Informationskontrolle sind gänzlich ungerechtfertigt. Aber schon witzig, dass sich Carlson und seine Leute genötigt sehen ein Interview zu rechtfertigen. Auch gleich noch Musk festgenagelt.


    Wir man auch an meiner noch amüsierten Reaktion sieht, war das längst nicht der Höhepunkt des Hypes. Der Newsweek-Artikel über die von der "EU" angedrohten Sanktionen gegen Carlson, ist zum Beispiel erst vom darauffolgenden Tag:


    Scheinen aber nur ein paar Hanseln im Parlament zu sein:


    https://www.newsweek.com/tucke…u-putin-interview-1867655

  • Ein Beispiel für "sichtbar angespannt und unsouverän".

    Bspw die 5 Min samt Vorlauf von 0:57 -1:03. Was passiert? Putin hängt wieder im WK2 ab, obwohl es hier primär um den UA-Krieg im Zuge der NATO-Osterweiterung geht und Carlson vor ihm sitzt. Nun gut, unter SS-Begleitung: Polen tot, Juden tot, Russen tot. Bandera, Schuchewytsch - alles Nationalhelden der UA etc. pp - dieser Praxis muss hier ein für alle mal der Riegel vorgeschoben werden.


    Es kommt nicht an. Carlson sitzt mit einem grossen "Ahja" im Gesicht vor ihm, Putin bemerkt das und holt aus... ala 'die UA darf selbstständig sein aber sie darf es nicht auf der Basis von Faschismus.'


    Carlson reichts, er merkt, dass ihm hier zuviel Epos Stossrichtung "grosser vaterländischer Krieg" und moraline Weltenrettung reingedrückt wird, will die Welle brechen und grätscht frech rein: "Would you be satisfied with the territory that you have now?".


    Ich hätte fast den Kaffee verschüttet. Lacher. Anschliessend Facepalm.


    Putin insistiert auf Fortführung des Nazi-Kontextes und bringt die elende Hunka-Posse im kanadischen Parlament ,um Carlson zu belehren, dass neben Hunka vor allem Hitler und seine Komplizen die Russen bekämpft hätten. Und Selensky hätte Hunka auch noch beklatscht.

    Usw. usf.


    Carlson reagiert dezent entnervt: Hitler ist seit 80 Jahren tot, Nazi-Deutschland untergegangen... und wie genau wollen sie deren Nazi-Ideologie loswerden?


    Es wird nicht besser und nach kurzen Echauffieren wiederholt Putin sinngemäss, aber Selensky habe doch geklatscht....


    WTH?

    Alle haben Benett gesehen. Alle wissen, dass Denazifizierung ein Dekoelement der Kategorie Verhandlungsmasse ist und bereitwillig immer mit als Erstes zurückgezogen wird und du willst ausgerechnet jetzt Carlson hier was vormachen. Was soll überhaupt die Geschichtsstunde. Hier gehts um Ernstes. Es ist ein OneTimeShot. Also lass den Scheiss wenigstens an der Stelle, deine eigene Version der "Wehrsportgruppe Hoffmann" hiess übrigens "Wagner" und gäbe soviel Wichtiges im aktuellen geopolitischen Kontext, was zu sagen wäre.


    So in etwa.

  • Bspw die 5 Min samt Vorlauf von 0:57 -1:03.


    Also rein von meinem Eindruck her unsouverän würde das nicht nennen. Es gibt Momente der Spannung zwischen den beiden, aber als angespannt würde ich Putin dennoch nicht bezeichnen.


    Meine Interpretation:


    Die Einstiegsfrage ist ja hier Entnazifizierung, ein Thema das übrigens Putin aufbringt. Ich denke seine Antworten und sein Insistieren zeigen eher, dass es für ihn eben kein "Dekoelement der Kategorie Verhandlungsmasse" ist. Er weiß natürlich, dass dieser Punkt im Westen wahrscheinlich am meisten lächerlich gemacht wurde. Also nimmt er sich hier tatsächlich Zeit das für ein westliches Publikum zu erklären.


    Erst die historische Erklärung, dass die ukrainischen Nationalisten mitgemeint sind, was ihre Taten sind und welche Bedeutung sie in der modernen Ukraine angenommen haben. Dann holt er natürlich das Beispiel hervor, wo der Großteil des westlichen Publikums überhaupt mal darauf gestoßen wurde, der Skandal im kanadischen Parlament.


    Ich vermute Carlson wischt ihm das mit seiner Bemerkung Hitler ist schon so lange tot usw. zu schnell vom Tisch - würde auch nicht ausschließen, dass in Putins Dossier zu Carlson was von white supremacy stand. Er antwortet ja auch nicht gleich, sondern nimmt sich die Zeit Carlson vorzuwarnen, dass er ihn beleidigen könnte. Und was der wiederum da rauszieht, sieht man dann an seiner nächsten Replik, "My question [...], it was, of course, not a defense of Nazism."


    (Die mutmaßliche Adhoc-Übersetzung "pesky" mit der die Frage beschrieben wird, ist übrigens von den Möglichkeiten noch nett. Putin sagt laut russischem Transkript "противный", via Wiktionary "disgusting, repulsive, nasty" oder "contrary, adverse", humorvoll gemeint wäre es "naughty, mischievous".)


    Also besteht Putin nochmal auf der Episode in Kanada und für mich völlig klar, das ist ja zumindestens für ein westliches Publikum sein bester Beleg für die Legitimität Entnazifizierung anzustreben. Da lässt er ein Abhaken nicht einfach so durchgehen. Keine Ahnung warum dann Video von dem Vorfall im kanadischen Parlament darübergelegt wird, aber Input des Kreml wäre eine Möglichkeit, was dann nochmal eine Unterstreichung der russischen Seite wäre.


    Du hast natürlich völlig recht das Putin dabei dreimal im Prinzip die gleiche Frage unbeantwortet lässt:


    Zitat

    Tucker Carlson: Would you be satisfied with the territory that you have now?

    Zitat

    Tucker Carlson: Really, my question is: What do you do about it? I mean, Hitler has been dead for eighty years, Nazi Germany no longer exists, and it’s true. So, I think, what you are saying, you want to extinguish or at least control Ukrainian nationalism. But how do you do that?

    Zitat

    Tucker Carlson: Right. My question is almost specific, it was, of course, not a defense of Nazism. Otherwise, it was a practical question. You don't control the entire country, you don’t seem like you want to. So, how do you eliminate that culture, or an ideology, or feelings, or a view of history, in a country that you don’t control? What do you do about that?


    -> Wie weit wird Russland noch gehen?


    Erst will er noch seine vorherige Antwort weiterführen, dann besteht er auf dieser Antwort. Dann sagt er das Problem wäre ja schon beinahe gelöst gewesen, anstatt darüber zu sprechen, wie es denn tatsächlich gelöst werden soll.


    Nun muss man sagen, auf diese Frage wird Putin keine Antwort geben. Hat er soweit ich das mitbekommen habe auch noch nie. Es gibt die ausgebenen Ziele der militärischen Spezialoperation natürlich. Es gibt Warnungen von ihm, zum Beispiel schon ganz am Anfang, dass die Staatlichkeit der Ukraine irgendwann gefährdet sein könnte. Es gibt vielleicht den nächsten Schritt, aktuell ist das die Notwendigkeit einer Pufferzone zum Schutz russischer Gebiete. Aber an welchem Punkt Russland schließlich stoppen würde, das lässt er offen. Ich nehme an, um sich Optionen offen zu lassen.


    WTH?

    Alle haben Benett gesehen. Alle wissen, dass Denazifizierung ein Dekoelement der Kategorie Verhandlungsmasse ist und bereitwillig immer mit als Erstes zurückgezogen wird und du willst ausgerechnet jetzt Carlson hier was vormachen. [...]


    Also ich habe das Video gar nicht gesehen, damals nur darüber gelesen. Ich muss auch sagen, ich hatte Bennetts Erzählung jetzt auch nicht so viel Bedeutung zugemessen. Mir schien, dass der sich so ein bisschen in die Geschichte reinschreibt.


    Insofern Entnazifizierung ist dann vielleicht in der Umsetzung ein weiches Konzept, aber meines Erachtens wird das von den Russen ansonsten komplett ernstgenommen. Dass in einer russischen Stadt wie Kiew - als die sie viele sehen - ein bekannter Prospekt nach einem "Nazi" benannt ist, worunter die ukrainischen Nationalisten grob mitdrunterfallen, wird als wirklicher Affront gesehen.


    Und wie gesagt, genau das, was du hier als unsouverän und angespannt empfunden hast, unterstreicht das meines Erachtens. Putin überfährt Carlson mehrfach, um die volle Erklärung für Entnazifizierung abzuschließen und zu unterstreichen, dass das keine vorgeschobene Begründung ist, wie im Westen behauptet. Der Teil war sicherlich vorbereitet.

  • Vielleicht auch nochmal interessant eine andere Lesart der Geschichtslektion. Hier wird sie gedeutet als eine Darlegung wie groß die russische Zurückhaltung gewesen ist (und diese dann kritisiert):


    https://twitter.com/RWApodcast/status/1756381788673323123


  • https://www.nytimes.com/2024/0…tucker-carlson-peace.html


    Zitat

    U.S. Rejects Putin’s Latest Call for Ukraine Negotiations


    Skepticism remains high about the Russian leader’s intentions after he told Tucker Carlson that the war in Ukraine could be settled with a peace deal.

    Zitat

    The Biden administration dismissed on Friday a call by President Vladimir V. Putin of Russia for negotiations to end the war in Ukraine, showing no sign that flagging political support for American military aid to Kyiv had made President Biden more inclined to make concessions to Moscow.

    Zitat

    “Both we and President Zelensky have said numerous times that we believe this war will end through negotiations,” a National Security Council spokesman said in a statement. “Despite Mr. Putin’s words, we have seen no actions to indicate he is interested in ending this war. If he was, he would pull back his forces and stop his ceaseless attacks on Ukraine.”


    Hm, vielleicht kommt der Selenskyj-Friedensplan eigentlich von den US-Amerikanern, denn das scheint mir hier die selbe Idee zu sein, über den Krieg erst nach seiner Einstellung seitens Russland verhandeln zu wollen.


    Wie ich sagte Verhandlungslösung wird es unter den gegenwärtigen Bedingungen nicht geben.

  • Das hängt doch sehr vom Operationsgebiet ab. Die NATO reduziert sich außerhalb Europas fast sofort auf die USA. Das United Kingdom kann gerade so noch ein paar Schiffe rausschicken. [...]

    Zitat

    Mechanical issue prevents HMS Queen Elizabeth from sailing on NATO exercise


    Ist ja ziemlich peinlich, das Ersatzboot:


    https://www.dailymail.co.uk/ne…ales-NATO-portsmouth.html


    Zitat

    'I hope it hasn't broken down AGAIN': Royal Navy chiefs cancel departure of £3bn warship HMS Prince of Wales at the last minute - after it was meant to take Big Lizzie's place at NATO drills

    Zitat

    Crowds of hundreds gathering to watch the grand departure of £3billion warship HMS Prince of Wales, ahead of the biggest NATO exercise since the Cold War, have been left bitterly disappointed after it failed to make it out of the harbour.


    The 65,000-tonne Royal Navy aircraft carrier was primed and ready today to make the journey from Portsmouth Naval Base to Norway to take part in Exercise Steadfast Defender which is set to involve more than 40 ships.


    This comes exactly a week on from the failed departure of the vessel's sister ship HMS Queen Elizabeth last weekend when an 'issue' was found with its starboard propellor coupling at the last minute.

  • Ja. Ich frage mich auch schon die ganze Zeit warum unsere Politiker den Begriff „rules based order” so offensiv nutzen, auch bei Ansprachen an die Bevölkerungen anderen Länder. Ich denke der Begriff ist zu uns aus dem amerikanischen geschwappt und wird genutzt, weil man sich damit so gut weltmännisch und international anhört. Ich kann mir gut vorstellen, dass sie denken „rules based order” sei synonym mit „international law”.

    In Amerika genutzt, um der eigenen Bevölkerung vorzutäuschen, dass es einem bei seinem Handeln um die Einhaltung des Völkerrechts geht, scheint die Täuschung auch bei deutschen Politikern gewirkt zu haben.


    Aber frag mal nen Inder, Südafrikaner oder Jordanier. Die lachen sich kaputt. Im Gegensatz zu deutschen Politikern verstehen die auch was damit gemeint ist: „Wenn ihr Völkerreicht meint, sagt doch Völkerrecht. Wieso sollte euch jemand bei eurer „rules based order” und „western values” folgen, wenn das nur heißt, dass ihr eure eigenen Intressen mit allen Mitteln ohne Rücksicht auf das Völkerrecht durchsetzen dürft?“


    Rules based Order: We make the rules, you follow the orders.

    Ich mache mir die im Forum zu diesem Thema mehrheitlich geäußerte Meinung nicht zu eigen und wiederspreche ihr hiermit ausdrücklich!

  • Also ich habe das Video gar nicht gesehen, damals nur darüber gelesen. Ich muss auch sagen, ich hatte Bennetts Erzählung jetzt auch nicht so viel Bedeutung zugemessen. Mir schien, dass der sich so ein bisschen in die Geschichte reinschreibt.

    Schau es dir an. Es lohnt sich. Den recht ungefilterten Ablauf echter Ereignisse blanker Machtpolitik aus erster Hand bekommst du nicht alle Tage. Wer ist wann wie drauf, wie schätzt Benett die jeweiligen Protgagonisten ein, was steht wann zur Disposition etc.pp . Sind auch schöne Anekdoten dabei, wie die, als Selensky im Bunker hockt und von Benett den erlösenden Anruf bekommt, Putin versichere, Z stehe nicht auf der killList, dann erleichtert in sein Büro flitzt und, die Kamera einschaltet und - ganz Schauspieler - dem Westen vormacht, was ukrainische Tapferkeit bedeutet. Schöner Slapstick und ich meine das mal nicht wertend, jeder tut in dem Moment, was er kann.


    WhatsOever.


    Es gibt Momente, die sind selten und die könnte man nutzen, um reinen Wein einzuschenken. Der Zeitpunkt ist ernst genug und Putin kann das.

    Jeder benutzt irgendwelche Extremisten, weil die sich aufgrund ihrer Eindimensionalität so wunderbar dazu eignen, einfache Aufgaben zu verfolgen und deren Verbrauch idR schön folgenlos bleibt. Die eignen sich nur dazu - aber das besonders gut, wenn es darum geht, vorgebliche Werte ad absurdum zu führen, dann aber egal wo. Das es sich in dem Fall um Nazis handelt, macht die Sache zwar delikat, aber imo nicht ursächlich.


    Die Krim ist nicht wegen Faschismus eingegliedert worden. Der Donbass wurde mit dem Ziel der technischen Verunmöglichung eines NATO-Beitritts anvisiert. Unterschwellig atomare Drohgebärden, hörbar seitens Medwedew oder sichtbar im Zuge der Modernisierung von gammeliger Freifallbomben in Büchel haben weniger mit dem Geisteszustand von Randgruppen als mit dem von regierender Machtgruppen zu tun. Das allmähliche Aufschaukeln des sorgsam gehegten Konflikts bis hin zu einem möglicherweise fälligen Kristallisationspunkt für den Abgang des unrefomierbaren unilateralen Hegemonialkonzepts samt seiner durchschaubaren RBIO betrifft die ganze Welt. Usw. usf.


    Soweit, so Geopolitik. Für alle nachvollziehbar, alle sind involviert.


    Darum hätte es gehen können. Und zwar 5h lang. Ausschliesslich. Angesichts dessen wieder bequem und über Gebühr in die historische Opferrolle zu schlüpfen und halbwahre, halbgare Befindlichkeiten als mitursächlich umzudeuten ist, ist mir geade zuviel sattsam bekanntes Schauspiel und wird der Situation aber nicht gerecht. Anstelle dessen hätte auch die russische Naivität im Umgang mit der Osterweiterung mal ernsthaft andiskutiert werden können, anstatt "wir haben aber gedacht, dass..." vorzuschieben dann weiter in Richtung "wie oft fällt man vorgeblich vertrauensselig auf dieselbe Nummer rein" - schon dafür reichen keine 2h.


    Naja <seufz>. Nun denn...

  • leie.


    Hattest Du denn ernsthaft gehofft, dass ein führender Politiker - ganz egal ob das ein autokratischer Mafiapate oder ein lupenreiner Demokrat ist - in einem Fernsehinterview tatsächlich irgendwelche objektiven Sachverhalte darstellen würde?


    Das war doch jetzt nicht wirklich anders zu erwarten.

  • Schau es dir an. Es lohnt sich. Den recht ungefilterten Ablauf echter Ereignisse blanker Machtpolitik aus erster Hand bekommst du nicht alle Tage. Wer ist wann wie drauf, wie schätzt Benett die jeweiligen Protgagonisten ein, was steht wann zur Disposition etc.pp . [...]


    Na gut, wobei ich aber genau das zum Beispiel meine:


    [...] Sind auch schöne Anekdoten dabei, wie die, als Selensky im Bunker hockt und von Benett den erlösenden Anruf bekommt, Putin versichere, Z stehe nicht auf der killList, dann erleichtert in sein Büro flitzt und, die Kamera einschaltet und - ganz Schauspieler - dem Westen vormacht, was ukrainische Tapferkeit bedeutet. Schöner Slapstick und ich meine das mal nicht wertend, jeder tut in dem Moment, was er kann.


    Ist natürlich eine nette Geschichte, aber hat sich Selenskyj tatsächlich auschließlich auf Bennetts Versicherung verlassen? Da habe ich doch meine Zweifel.


    Die Krim ist nicht wegen Faschismus eingegliedert worden. [...]


    Nun, sicherlich nicht primär. Aber es ist Teil der Rechtfertigung zu handeln, genauso wie Entnazifizierung das heute ist. Und ich denke nicht nur im Sinne der Propaganda nach außen, sondern tatsächlich auch nach innen:


    http://en.kremlin.ru/catalog/regions/CR/events/20603


    Zitat

    Address by President of the Russian Federation


    Vladimir Putin addressed State Duma deputies, Federation Council members, heads of Russian regions and civil society representatives in the Kremlin.


    March 18, 2014 15:50 The Kremlin, Moscow

    Zitat

    I would like to reiterate that I understand those who came out on Maidan with peaceful slogans against corruption, inefficient state management and poverty. The right to peaceful protest, democratic procedures and elections exist for the sole purpose of replacing the authorities that do not satisfy the people. However, those who stood behind the latest events in Ukraine had a different agenda: they were preparing yet another government takeover; they wanted to seize power and would stop short of nothing. They resorted to terror, murder and riots. Nationalists, neo-Nazis, Russophobes and anti-Semites executed this coup. They continue to set the tone in Ukraine to this day.


    Man darf nicht vergessen ohne die rechtsradikalen Kämpfer haben wir vermutlich sogar eine Maidan-Revolution im Sinne des ausgehandelten Deals mit Janukowitsch, aber keinen Maidan-Putsch.

    Ivan Katchanovski, dieser kanadische Forscher, der auch die Hunka-Affäre mit ins Rollen gebracht hat, hat lange an der Aufarbeitung des Maidans gearbeitet und seine Schlussfolgerung deckt sich mit der Spekulation, was hinter den Scharfschützenangriffen stand:


    https://www.academia.edu/10828…_on_the_Maidan_in_Ukraine


    Zitat

    [...] The article shows that the false-flag massacre was rationally organized and carried out with the involvement of oligarchic and far-right elements of the Maidan opposition to overthrow the incumbent government in Ukraine.


    Aber sagen wir ruhig das war damals wirklich nur Propaganda. War der russischen Regierung komplett egal und die haben sich im Gegenteil gefreut, dass das die Bedingungen für die Annexion der Krim schafft. Seitdem hat das auch Putin zehn Jahre lang erzählt. Und da an der Rolle der Rechtsradikalen etwas dran ist, sogar unabhängig von dem mutmaßlichen false flag-Angriff, sowohl beim Maidan als dann auch im Bürgerkrieg und wenn man das so oft wiederholt, dann verinnerlicht man das auch als Handlungsmotiv. Ich glaube, das wird im Westen zu sehr mit aber schön Wagner-Nazis einsetzen (was auch einstellend vereinfacht ist) als muss man nicht erstnehmen abgetan.


    Soweit, so Geopolitik. Für alle nachvollziehbar, alle sind involviert.


    Darum hätte es gehen können. Und zwar 5h lang. Ausschliesslich. Angesichts dessen wieder bequem und über Gebühr in die historische Opferrolle zu schlüpfen und halbwahre, halbgare Befindlichkeiten als mitursächlich umzudeuten ist, ist mir geade zuviel sattsam bekanntes Schauspiel und wird der Situation aber nicht gerecht. [...]


    Deshalb sagte ich mein Eindruck ist, die Sicht des Westens ist ihm spätestens jetzt egal. Klar, er setzt sich hin und erklärt es nochmal jemandem aus dem Westen, der bereit ist ihn reden zu lassen. Das macht er allerdings so wie ihm das gefällt.


    Nehmen wir nochmal diese Überschrift:


    Zitat

    New York Times: U.S. Rejects Putin’s Latest Call for Ukraine Negotiations


    Das ist natürlich Spin, ich habe mir die Stellen mal angesehen. Das ist bloß, wir waren immer bereit zu verhandeln. Vorallem sagt er die anderen haben einen Fehler gemacht, wenn sie das jetzt erkennen, dann sollen sie ihn korrigieren, warum sollen wir ihre Fehler ausbügeln.


    Warum kann Putin das so sagen, weil er eine Lösung für sein Problem hat: Abnutzung der ukrainischen Streitkräfte bis die zu keinem Widerstand mehr fähig sind. Solange die Russen an das Kalkül glauben, ist das eine Lösung mit einem ganz entscheidenden Vorteil: Sie erfordert kein westliches Wohlverhalten. Tatsächlich arbeitet sie mit der Realität von westlicher Feindlichkeit.


    Was die Opferrolle angeht, es gibt ein kurzes Video von Carlson nach dem Interview zuerst in einem Raum des Kreml und dann im Hotelzimmer, wo er eine erste Einschätzung abgibt. Da sagt er man würde merken, dass Putin verletzt ist von der Art und Weise wie der Westen ihn und Russland behandelt hat. Da wird schon was dran sein, aber nachdem ich noch ein paar mehr Stellen gesehen habe, vielleicht nicht so viel wie Carlson denkt. Oder jedenfalls spielt es vielleicht nicht so eine Rolle. Spezifisch scheint mir doch recht klar herauszukommen, dass Putin professionell zwischen fehlender Kooperationsbereitschaft und roten Linien unterscheidet, egal was er fühlt, er akzeptiert letztlich das eine aber reagiert schließlich auf das andere.


    Aber ich hänge da auch der These an, dass die unglaubliche Fixierung auf den Westen ein Anschein ist, der dadurch entsteht, dass wir Putin praktisch nie in seiner Innenpolitik rezipieren und bis das durch den Krieg ein wichtiges Thema wurde auch sehr wenig in seiner Außenpolitik gegenüber dem Nichtwesten.


    Insofern:


    [...] Anstelle dessen hätte auch die russische Naivität im Umgang mit der Osterweiterung mal ernsthaft andiskutiert werden können, anstatt "wir haben aber gedacht, dass..." vorzuschieben dann weiter in Richtung "wie oft fällt man vorgeblich vertrauensselig auf dieselbe Nummer rein" - schon dafür reichen keine 2h.


    Ich glaube da nicht an Naivität. Das war vorallem eine Mischung aus fehlenden Handlungsoptionen und fehlender Handlungsmotivation.


    Hätte das Neunziger Jahre-Russland Polen von Kaliningrad aus angreifen sollen, um einen NATO-Beitritt zu verhindern? Es kann natürlich sein, dass eine verwehrte Zustimmung der Russen damals ein Veto etwa von Deutschland bedeutet hätte. Deswegen war Clinton darauf bedacht eine grundsätzliche Zustimmung mit der Grundakte zu bekommen und deshalb hat er ja auch mit Wahlkampfhilfe eingegriffen damit Jelzin an der Macht bleibt, weil man den halt überzeugen konnte. Aber dass man dauerhaft von einer Erweiterung abgesehen hätte, scheint mir unwahrscheinlich. Die Auswahl hätte vermutlich aus Erweiterung plus nichts oder Erweiterung plus ein paar Zugeständnisse für formale Zustimmung bestanden.


    Viele beigetretene Länder konnte Russland auch gar nicht erreichen und ich weiß nicht, ob es realistische diplomatische Möglichkeiten gegeben hat, um sie vom Wunsch nach Beitritt bzw. einige NATO-Länder von ihrer Zustimmung abzubringen. Und die Erreichbaren, etwa die baltischen Länder bis 2004, nun da war Putin selbst ja noch auf mehr Kooperation mit dem Westen aus. Die Orange Revolution war auch erst Ende des Jahres, Beitritt in dieser Welle schon am Anfang. Und letztlich gilt das auch für Finnland. Ich denke die Russen hätten sowieso nicht interveniert, um das zu verhindern. (Man kann hier einen Restzweifel haben, denn unter den Bedingungen des Ukraine-Krieges wäre das natürlich eine enorme Komplikation gewesen.) Bringt ein paar Nachteile, erfordert zusätzliche Ressourcen, aber Finnland war auch ein großes neutrales räumliches Hindernis jetzt kann man zumindestens durchschießen und seine Russland-NATO-Kriegspläne entsprechend anpassen. Und ist halt auch aus russischer Sicht ein neuer Druckpunkt, nicht nur umgekehrt. Ich denke das ist letztlich keine rote Linie.


    Und damit sind wir wieder bei fehlender Kooperationsbereitschaft versus rote Linien. Vertrauensselig betrifft ersteres, allerdings das waren halt Angebote - anstatt dieses Verhaltens, das wir als gegen uns gerichtet auffassen, warum nicht zusammenarbeiten - und wenn die ausgeschlagen wurden gab es zum Teil Warnungen, was das langfristig für Auswirkungen haben könnte. Was dagegen eine rote Linie bedeutet, haben wir ab 2008 gesehen, als wirklich mal eine formuliert wurde. Georgien-Krieg, Annexion der Krim, Unterstützung des Donbass im ukrainischen Bürgerkrieg und jetzt der Ukraine-Krieg selbst. Also vielleicht wäre für 2008-Putin der Beitritt des Baltikums auch eine rote Linie gewesen, aber 2004 halt nicht.

  • Neuer Mini-Boss:


    https://twitter.com/MiRo_SPD/status/1757007647876812812


  • Neustes Mysterium: Die Russen sollen angeblich einen 30-Kilometer langen Zug in Donetsk stehen haben.


    https://understandingwar.org/b…sessment-february-11-2024


    Zitat

    Russian forces appear to have constructed a 30-kilometer-long barrier dubbed the “tsar train” in occupied Donetsk Oblast, possibly to serve as a defensive line against future Ukrainian assaults. Satellite imagery dated May 10, 2023, and February 6 and 10, 2024 shows that Russian forces constructed a long line of train cars stretching from occupied Olenivka (south of Donetsk City) to Volnovakha (southeast of Vuhledar and north of Mariupol) over the past nine months. A Ukrainian source reported on February 11 that Russian forces have assembled more than 2,100 freight cars into a 30-kilometer-long train. The source reported that Russian forces began assembling the train in July 2023 and suggested that Russian forces intend to use the train as a defensive line against future Ukrainian assaults. The railway line between Olenivka and Volnovakha is roughly six kilometers from ISW’s current assessed frontline southeast of Novomykhailivka at its closest point and is in an area of the front that was relatively inactive when Russian forces reportedly began construction. Russian forces have recently made marginal territorial gains in this area. The Russians could have assembled the train for other purposes as well.


    wnyvqg.jpg

  • Finnland hat jetzt seinen neuen Präsidenten, Stichwahl war am Sonntag.


    https://www.nytimes.com/2024/0…president-trump-nato.html


    Zitat

    Educated in the United States and deeply pro-American, Finland’s president-elect, Alexander Stubb, looked perfectly poised to lead his nation into a stronger trans-Atlantic partnership and redefine its role in the global order as a newly minted NATO member.


    Nicht ganz sicher, warum sie direkt den Finger in eine mögliche zukünftige Wunde legen:


    Zitat

    Instead, he will enter office next month at a time when U.S. politics has once again thrown the durability of that relationship — and the wisdom of European nations counting on it — into question.


    Erst dachte ich hört, hört, aber vermutlich ist keine NATO-Fundamentalkritik, sondern eine Kritik an dem Umstand, dass die Europäer sich nicht ordentlich selbst verteidigen können. Obwohl sich dann natürlich die Frage stellt, wozu man die NATO bräuchte, wenn das der Fall ist.


    Zitat

    For weeks, the two candidates in Finland’s runoff presidential elections, which Mr. Stubb won on Sunday, had played up their pro-NATO credentials and tough views on Russia. Then the former U.S. president Donald J. Trump threatened that, if re-elected, he would let Russia “do whatever the hell they want” against NATO allies that do not contribute sufficiently to collective defense.


    That is hardly what this tiny Nordic nation of 5.6 million, after decades maintaining a policy of nonalignment, wants to hear, now that it holds NATO’s longest border with Russia — and as European leaders warn that the continent’s confrontation with Moscow may drag on for decades.


    Was soll Stubb schon machen:



    Womit wir wieder bei der Frage sind, wozu die NATO.


    Weil der NATO-Beitritt Finnlands sich sonst als dumme Idee erweisen würde, braucht es dann wohl doch eine passende Strategie, um die Usis drin zu halten:


    Zitat

    As for how he would deal with the possibility of Mr. Trump as U.S. president again, Mr. Stubb has already told voters on the campaign trail that he has a plan: He would take Mr. Trump to the golf course, and let him win.

  • Womit wir wieder bei der Frage sind, wozu die NATO.

    Das ist einfach eine einzige selbsterfüllende Prophezeiung. Erst wird eine riesen Bedrohung durch einen drohenden russsischen Angriff aufgebaut, um Finnland möglichst schnell aus der (formalen) Neutralität heraus und (offiziell) in die NATO hinein zu bekommen, und jetzt wo sie drin sind haben die Finnen erst recht Angst davor, dass Putin den NATO-Beitritt als Provokation empfinden könnte, so dass man jetzt um so mehr darauf pochen kann, dass der NATO-Beitritt absolut notwendig und alternativlos war.


    :S

  • Ich glaube da nicht an Naivität. Das war vorallem eine Mischung aus fehlenden Handlungsoptionen und fehlender Handlungsmotivation.

    Die Naivität, die ich meine, liegt innerhalb des Abstandes der Worte "Verpflichtung" und "mündlich", wobei die Verzweiflung darüber in der Phrase "aber sehr feste" zum Ausdruck kommt:

    Sergej Lawrow sagte noch in diesem Jahr, dass am Ende des Kalten Krieges eine "politische Verpflichtung" eingegangen worden sei, die Nato nicht zu erweitern. Leider habe es sich nur um mündliche Zusagen gehandelt, "aber sehr feste mündliche Zusagen".

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