Klimawandel [Sammelthread]

  • Also rein praktisch ist es eine Pipeline, die von Russland nach Deutschland verläuft. Gibt vermutlich nicht allzuviele Unternehmen, die einen Gastransfer von Russland nach Deutschland oder in der Theorie umgekehrt anweisen können, denn beim Start(-/Ziel)punkt muss der russische Staat und Gazprom ja auch mitspielen.


    Interessanterweise gibt es hier offenbar einen Machtkampf zwischen Gazprom und Rosneft. Rosneft verfügt auch über eine gewisse Menge Gas und will dieses über Nord Stream 2 in die EU exportieren. Gazprom ist dagegen.


    Insgesamt habe ich den Eindruck, die Probleme auf dem Energiemarkt sind jetzt auch nicht fundamental anders begründet als die in anderen Märkten. Und sie sind ja nicht mal ein europäisches Phänomen, China soll schon mit echten Ausfällen zu kämpfen haben. Nur in unserem und diesem Fall gibt es dann auch noch Russland als Feindbild.


    Jetzt kommen auch schon die Stimmen, die behaupten Europa und China hätten die "Dekarbonisierung" der Wirtschaft zu krass vorangetrieben. Ja, vielleicht aus der Sicht von Leuten, die lieber noch ein paar Jahrzehnte damit warten wollen. Deshalb glaube ich nicht an grünes Wachstum. Ohne Rationierung geht es nicht. Aber wie ich schonmal sagte, die Ära der permanenten Kontraktion rückt näher. Die 20er sind, wenn überhaupt, vermutlich die letzte "gute" Dekade dieses Systems.

  • Die Dynamik am Energiemarkt kannte soo noch niemand. „Stand heute“ würde ich behaupten: Unsere Energiepolitik ist hiermit krachend gescheitert! Keine Redundanzen. Keine gesicherten Preise. Kein Plan B. Am Ende kämpfen wir hier völlig unnötig mit Asien um LNG-Tanker, was so dermaßen bescheuert ist. Aber keiner redet darüber. Interessant. Mal schauen wie es Weihnachten aussieht.

    Ansonsten magst Du wirklich recht haben; Dieses Jahrzehnt ist vielleicht noch das letzte „gute“. Ich glaube aber nicht mehr daran.

    Ab sofort wird alles knapp sein. Die Ressourcen sind am Ende. Angebot und Nachfrage als Prinzip sich bildender Preise führen nicht weiter zu Produktionserhöhungen sondern eher zu Spekulationen, da sich damit viel schneller Geld verdienen lässt. Diese Welt ist sowas von am Arsch.

    Aber: Energiepreise auf diesem Level aus Geopolitischen Gründen haben ein wirklich revolutionäres Potential. Wenn die EU dieses Problem nicht sehr bald, sehr pragmatisch behandelt, wird es problematisch werden. In Spanien bspw. wird dieses Thema schon ganz anders besprochen.

  • Ich verstehe immer noch nicht, warum Nordstream 2 jetzt nicht schnell in Betrieb gehen soll?

    Wenn am ende im Winter das Gas unbezahlbar wird und massenhaft Heizungen ausfallen, dann wird man wohl kaum die frierende Bevölkerung davon überzeugen können, dass man da jetzt aus Klimaschutzgründen mal die klappernden Zähne zusammenbeißen müsse.


    Oder leiden die bei der Bundesnetzagentur alle unter Putin Derangement Syndrome?


    Der böse Russe sagt jedenfalls, dass man unter Umständen sogar dazu bereit wäre, wieder mehr Gas über die Ukraine zu liefern, um die Preisspirale einzudämmen.

    [...] Putin unterstützte den Ansatz bei der im Staatsfernsehen übertragenen Sitzung zu Energiefragen. Er sprach sich auch dafür aus, eine mögliche Erhöhung des Gas-Angebots für die EU zu prüfen. Möglich wäre es demnach etwa, den Gastransit über die Ukraine in die EU zu erhöhen. Allerdings machte Putin auch deutlich, dass dies für den Gasriesen GAZPROM wegen hoher Kosten nicht attraktiv sei.

    "Lassen Sie uns also nachdenken über eine mögliche Erhöhung des Angebots auf dem Markt, aber wir müssen da präzise vorgehen", sagte Putin. Die gegenwärtigen Spekulationen führten zu nichts Gutem. Der Chef des Energiekonzerns Rosneft, Igor Setschin, sagte, dass in einem Pilotprojekt zehn Milliarden Kubikmeter Gas für den Export bereitgestellt werden sollten, um die Preise zu stabilisieren. Rosneft könnte zudem neben Gazprom künftig die Kapazitäten von Nord Stream 2 nutzen./mau/DP/he

  • Ich verstehe immer noch nicht, warum Nordstream 2 jetzt nicht schnell in Betrieb gehen soll?

    Weil sich die EU eines Tages mal die EU-Gasrichtlinie ausgedacht hat. (https://rsw.beck.de/aktuell/da…n-eu-gasrichtlinie-klagen)


    Diese Richtlinie sieht vor, dass der Lieferant und Betreiber unterschiedlich sein müssen, damit auch hier Wettbewerb zwischen verschiedenen Lieferanten in einem Netz möglich ist. Für diese Durchleitung darf der Netzbetreiber dann Netzentgelte verlangen, die die BNETZA dann allerdings auch noch auf angemessene Höhe überprüfen möchte. Weiterhin glaube ich ist es so, dass Gazprom die Leitung dann nur zur Hälfte auslasten darf um anderen Wettbewerbern die Möglichkeit nicht zu verbauen hier auch zu liefern…. Also harte Ideologie, die zudem die Pipeline mehr oder weniger der Kontrolle von Gazprom entzieht und sie der Kontrolle der BNETZA überführt. Dass die Russen darauf keinen Bock haben ist ja wohl klar. Und die BNETZA verlangt in ihrem Zertifizierungsverfahren eben jetzt, dass sich der Betreiber der Pipeline, der nicht Gasprom heißen darf, vorstellt und nachweißt, dass er Teilnehmer am deutschen Energiemarkt sein kann.(indem er alle möglichen Regeln und Regularien anerkennt…usw.)

    Interessant ist daran natürlich, dass bislang keine andere Pipeline diesen Quatsch über sich ergehen lassen musste. Die Richtlinie kam irgendwann 2019 raus, also zu einer Zeit als die Pipeline ohne Störfeuer aus Washington, Dänemark und der dt. Umwelthilfe schon längst hätte fertig gebaut sein können. Da wurden seitens der Russen also schon Milliarden investiert um dann einen völlig neuen Rechtsrahmen präsentiert zu bekommen. Es ist auch überhaupt nicht abwegig zu behaupten die Richtlinie wäre extra für Nord Stream 2 geschrieben wurden. Gazprom tut das und kann jetzt wohl doch klagen nachdem dies im ersten Schritt abgelehnt wurde.


    Man wollte dieses Projekt bis jetzt aus politischen Gründen verhindern. Hier gehen also Energieversorger und Stadtwerke nicht aus klimaschutzgründen vor die Hunde, sondern weil sich die EU irgendwann mal einen ganz beschissenen Plan ausgedacht hat wie man Gazprom maximal reizen kann und NS2 entweder verhindert oder der maximalen Kontrolle der EU überführt. Ohne Gesichtsverlust kann die EU oder die BNETZA NS2 nicht mehr in Betrieb gehen lassen.

  • Ich verstehe immer noch nicht, warum Nordstream 2 jetzt nicht schnell in Betrieb gehen soll?


    Also da sie auch über die Pipelines via Weißrussland weniger liefern als Kapazität vorhanden wäre, gehe ich nicht davon aus, dass es darauf ankommt. Es hilft natürlich der Versorgungssicherheit und die Kosten für Gazprom sind deutlich geringer, was bei der internen Kalkulation, wo das Gas hingeht, vermutlich hilft.


    Wie gesagt, meine Vermutung wäre die Russen können jetzt absehen, dass sie ihr Einspeicherziel erreichen, und ab Anfang November mehr liefern. Wenn das so ist, wird der Markt sehr bald feststellen, dass im Oktober doch nicht viel mehr kommt und dann geht der Preis in eine neue Höhe, aber ab November sollte es eine Entlastung geben.


    Vielleicht handeln die Russen noch heraus, die Mehrkosten für zusätzlichen Transit über die Ukraine oder andere Länder von Gazprom durch die EU-Länder bezahlen zu lassen. - Putin hatte, wenn ich mich recht entsinne, Andeutungen über eine "kommerzielle" Lösung des Problems gemacht.


    Ich denke aber nicht, dass die Russen auf eine unbedingte Inbetriebnahme von Nord Stream 2 in diesem Jahr bestehen. Weil ich letztlich nicht glaube, dass sie fürchten, eine neue deutsche Regierung würde die Pipeline in Frage stellen. Ansonsten scheinen sie mehr damit beschäftigt zu sein, den Spotmarkt zu geißeln.


    Interessant ist daran natürlich, dass bislang keine andere Pipeline diesen Quatsch über sich ergehen lassen musste.


    Nun doch alle anderen Pipelines innerhalb der EU. Die 2019er Änderung der Gasmarkt-Direktive bedeutet letztlich nur, dass (neue) Pipelines mit Ausgangpunkt in einem Nicht-EU-Land (weiß nicht wie der EWR einbezogen ist) jetzt den gleichen Anforderungen unterliegen wie die Pipelines innerhalb der EU. Und ich vermute mal nicht, dass der Regulierer sich komplett neue Regeln für Gazprom ausdenkt.


    Das ist auf jeden Fall ein Lex Gazprom, würde theoretisch aber genauso andere neue Pipelines anderer Betreiber treffen. Ich wüsste nur nicht, dass da andere im Bau wären. Durch die Beschränkung der Gültigkeit auf Neubauten/Neuinbetriebnahme ab einem bestimmten Datum ist das Gesetz sicherlich angreifbarer. Vielleicht führt das am Ende dazu, dass auch alle anderen externen Pipelines dem Regime unterworfen werden müssen.

  • Zitat

    Der Chef des Energiekonzerns Rosneft, Igor Setschin, sagte, dass in einem Pilotprojekt zehn Milliarden Kubikmeter Gas für den Export bereitgestellt werden sollten, um die Preise zu stabilisieren. Rosneft könnte zudem neben Gazprom künftig die Kapazitäten von Nord Stream 2 nutzen.


    Gazprom don't like that.

  • Man wollte dieses Projekt bis jetzt aus politischen Gründen verhindern. Hier gehen also Energieversorger und Stadtwerke nicht aus klimaschutzgründen vor die Hunde, sondern weil sich die EU irgendwann mal einen ganz beschissenen Plan ausgedacht hat wie man Gazprom maximal reizen kann und NS2 entweder verhindert oder der maximalen Kontrolle der EU überführt. Ohne Gesichtsverlust kann die EU oder die BNETZA NS2 nicht mehr in Betrieb gehen lassen.

    Dass es politische Bestrebungen gab, NS2 zu verhindern ist ja klar. Aber letztendlich haben die Amerikaner doch eingelenkt und den Widerstand zumindest offiziell aufgegeben.


    Aber da die Änderung der Gasrichtlinie ja nun auch schon zweieinhalb Jahre alt ist, kann man doch nicht zuerst die Fertigstellung der Pipeline genehmigen, und dann im Nachhinein feststellen wollen, dass sie aus wettbewerbsrechtlichen Gründen so gar nicht betrieben werden könne.


    Das ergibt doch keinen Sinn.

  • Dass es politische Bestrebungen gab, NS2 zu verhindern ist ja klar. Aber letztendlich haben die Amerikaner doch eingelenkt und den Widerstand zumindest offiziell aufgegeben.


    Aber da die Änderung der Gasrichtlinie ja nun auch schon zweieinhalb Jahre alt ist, kann man doch nicht zuerst die Fertigstellung der Pipeline genehmigen, und dann im Nachhinein feststellen wollen, dass sie aus wettbewerbsrechtlichen Gründen so gar nicht betrieben werden könne.


    Das ergibt doch keinen Sinn.

    Ich denke dazu müsste man sich jetzt mal diese Richtlinie genauer anschauen… Sie dient definitiv dazu Gazproms Rolle als Eigentümer zu beschneiden. So richtig Zeit mich damit auseinanderzusetzen hatte ich vor lauter Panik aber bislang nicht. Wemir magst Du uns was darüber erzählen, warum diese Richtlinie eigentlich so wichtig ist und warum wir das jetzt unbedingt „brauchen“? Oder ist es nur Schikane?

  • Die Ausdehnung auf Nord Stream 2 würde ich für Schikane halten als politisches Zugeständnis an die Gegner des Projekts innerhalb der EU

    Ja gut. das kann ja durchaus sein.


    Aber wenn die Gaspreise überall in Europa explodieren und kleinere Versorger in den Ruin treiben, dann fehlt mir da irgendwie das klare Kosten/Nutzen-Verhältnis.


    Letztendlich geht's bei der ganzen Anti-Russland-Geschichte doch auch nur ums Geschäft.

  • So halb, in einigen der osteuropäischen Länder gibt es einfach eine tiefe Abneigung gegen Russland. Und insbesondere die Polen haben die deutsch-russische Kooperation bei Nord Stream 2 direkt mit einer Neuauflage des deutsch-sowjetischen Nichtangriffsvertrags in Zusammenhang gebracht.


    https://biznesalert.pl/nord-st…pierw-moskwe-potem-kijow/


    (Eine der neueren Erwähnungen.)

  • Ja gut. das kann ja durchaus sein.


    Aber wenn die Gaspreise überall in Europa explodieren und kleinere Versorger in den Ruin treiben, dann fehlt mir da irgendwie das klare Kosten/Nutzen-Verhältnis.


    Letztendlich geht's bei der ganzen Anti-Russland-Geschichte doch auch nur ums Geschäft.

    Also Theorie habe ich schon dazu; wenn es der Plan von Trump damals war die Preise für LNG für die Schieferölproduzenten möglichst hoch zu treiben, dann ist dieser Plan schonmal vollends aufgegangen. Man schickte ja völlig bewusst Europa ins Wettbieten mit Asien um LNG-Mengen. (Während der Corona-Pandemie gab es sicherlich erstmal viel zu viel Angebot, aber danach eben nicht mehr…)

    Die Polen verdienen wie die Ukrainer an der Gasdurchleitung und waren in dieser Hinsicht amerikanische Verbündete im Verhindern von NS2.


    Edit: …und natürlich konnten auch die Amerikaner keine Interesse daran haben, dass Pipelinegas in Westeuropa durch weniger Durchleitungsgebühren nochmal deutlich billiger wird. Da ist LNG nämlich irgendwann wirklich raus…


    Also geschäftliche Gründe das zu verhindern gab es viele


    Tilo Fand Dein Nachfragen bei der BPK rund um NS2 extrem gut! Vielleicht wusstest Du es nicht, aber man merkte der guten Dame vom Wirtschaftsministerium, die etwas blass und zittrig wirkte, schon an, dass ihr bewusst war, dass jedes Wort aus ihrem Mund rund um die Welt Milliardenbeträge bewegen kann. Mich würde mal interessieren inwieweit das Wirtschaftsministerium/Bundesnetzagentur die wirtschaftliche Lage der Stadtwerke und Versorger noch im Blick hat. Die sollen schließlich später mal all die regionalen Klimaschutzprojekte finanzieren und stemmen. Diese Energiepolitik und der jetzige Energiemarkt, der völlig unberechenbar geworden ist und für viele Versorger auch hohe finanzielle Schäden bedeutet, macht derartige Investitionen allerdings geradezu unmöglich. Mancherorts geht es nur noch ums nackte Überleben.

  • Klar, die Transitländer der alten Routen sind hier wirtschaftlich die Verlierer.


    Wobei ich mich frage, ob bei der polnischen Erklärung keinen neuen Liefervertrag mehr mit Gazprom einzugehen, vielleicht auch die sich rapide verschlechternden Beziehungen zu Weißrussland eine Rolle spielen. Denn die profitieren ihrerseits als Transitland von Gasexporten nach Polen. Da kaufen sie dann am Ende doch lieber Gas auf dem EU-Markt, selbst wenn es über Nord Stream 2 reingekommen ist.


    Grundsätzlich wollen die Polen aber auch die Gefahr, dass Gaslieferungen als Druckmittel gegen sie eingesetzt werden, reduzieren. Solange sie als Transitland gebraucht wurden, war die Überlegung, dass Russland sich das nicht leisten kann. Da sind wir wieder bei der Abneigung bzw. dem davon abgeleiteten Misstrauen, dass die Russen dank Nord Stream 2 nun frei sind zu diesem Druckmittel zu greifen.

  • Klar, die Transitländer der alten Routen sind hier wirtschaftlich die Verlierer.


    Wobei ich mich frage, ob bei der polnischen Erklärung keinen neuen Liefervertrag mehr mit Gazprom einzugehen, vielleicht auch die sich rapide verschlechternden Beziehungen zu Weißrussland eine Rolle spielen. Denn die profitieren ihrerseits als Transitland von Gasexporten nach Polen. Da kaufen sie dann am Ende doch lieber Gas auf dem EU-Markt, selbst wenn es über Nord Stream 2 reingekommen ist.


    Grundsätzlich wollen die Polen aber auch die Gefahr, dass Gaslieferungen als Druckmittel gegen sie eingesetzt werden, reduzieren. Solange sie als Transitland gebraucht wurden, war die Überlegung, dass Russland sich das nicht leisten kann. Da sind wir wieder bei der Abneigung bzw. dem davon abgeleiteten Misstrauen, dass die Russen dank Nord Stream 2 nun frei sind zu diesem Druckmittel zu greifen.

    Und die Polen bauen eben auch eifrig LNG Hubs und könnten langfristig als Erdgasimporteur auf diesem Weg profitieren… und solange kein russisches Pipeline-Gas in rohen Mengen durch NS2 fließt ziemlich gewaltig.


    https://www.gtai.de/gtai-de/tr…eitert-lng-terminal-21746

  • Ich habe den Eindruck die Einschätzung, dass Gazprom an der Grenze seiner Produktionsmöglichkeiten operiert, setzt sich durch. Hier ist eine weitere von Adeline Van Houtte eine Analystin bei der Economist Intelligence Unit:


    Zitat

    Comments from Mr Putin appear to have provided some comfort to the market. However, whether these additional gas supplies depend on a quick approval of Nord Stream 2 or not may not be the main issue.


    Currently, the Russian domestic gas market remains tight, with its inventories running low, output already near its peak and winter looming in Russia as well, limiting gas export capacity.


    There is also little sign that Gazprom — the Russian gas export pipeline monopoly, which supplies 35% of European gas needs — is attempting to pump more gas to Europe's spot buyers via existing routes, and overall given its small room for manoeuvre, it is unlikely that Gazprom could deliver more than around 190bcm (billion cubic meters) to Europe this year. European prices are unlikely to cool substantially in 2021.


    Das wird aber niemanden abhalten das als russische Vorenthaltung von Gas zu interpretieren. Zumal die Russen ihrerseits Limitierungen nicht offenlegen werden. Gerade die britische Regierung mit ihrer abschmierenden Versorgungslage kann einen Sündenbock für wenigstens einen Teil davon gut gebrauchen.

  • So halb, in einigen der osteuropäischen Länder gibt es einfach eine tiefe Abneigung gegen Russland. Und insbesondere die Polen haben die deutsch-russische Kooperation bei Nord Stream 2 direkt mit einer Neuauflage des deutsch-sowjetischen Nichtangriffsvertrags in Zusammenhang gebracht.

    Nee. Das kaufe ich so nicht.


    Die Osteuropäer werden von den mächtigeren Wirtschaftsnationen - insbesondere Deutschland - zwar gerne vorgeschoben, um die Angst vor Russland, vor Flüchtlingen, oder vor Schuldenschnitten für Südeuropa zu schüren, aber hier geht's ja offensichtlich um eine Situation, die schlimmstenfalls zu einer Energiekrise in ganz Europa führen könnte. Und da gehören natürlich auch Polen und die baltischen Staaten dazu.


    Außerdem erscheint es mir eher unwahrscheinlich, dass Grüne Russlandfeinde, die Putin für seine zweifelhafte Haltung zu Menschenrechten, freiheitlich-demokratischer Grundorndung, Rechtsstaat und sonstigem Werte™-Blabla anprangern, dabei die nationalistische Angst-Propaganda einer rechtslastigen polnischen Regierung besonders am Herzen liegt, die selbst autokratische Züge aufweist.


    Es mag ja sein, dass da tatsächlich auch irgendwelche festgefahrenen Ressentiments mit rein spielen, aber man muss sowas ja wenigstens vor der Bevölkerung mit irgendewas zurecht rationalisieren.

    Wenn hier tatsächlich im Januar die Heizungen ausfallen, kann sich doch keine Regierung hinstellen und sagen, man habe das russische Gas leider nicht einspeisen können, weil die Polen sich einbilden, noch ein Hühnchen mit Russland rupfen zu müssen.


    Mir fehlt da im Moment einfach das rationale Narrativ.

  • Also ich denke nicht, dass es einen Widerstand gegen Nord Stream 2 gibt, der die Erwartung hat, den Betrieb noch aufzuhalten. Aber alles, was jetzt noch an Wartezeit anfällt ist ein stückweit die Trägheit all der früheren Versuche Widerstand aufzubauen. Insofern die Bundesnetzagentur selbst daran interessiert ist, Nord Stream 2 so schnell wie möglich zu eröffnen - muss sie die Zulassung gegen die übrigen Beteiligten absichern.


    Die mussten zum Beispiel PGNIG, ein großer polnischer Gaskonzern im Staatsbesitz, als Verfahrensbegleiter aufnehmen. Und deren Presseerklärung:


    https://pgnig.pl/aktualnosci/-…tream-2/newsGroupId/10184


    hier in englischer Übersetzung:


    https://gasnews.eu/all-news/pg…ertification-proceedings/


    klingt nicht so, als wären die auf eine schnelle Inbetriebnahme aus:


    Zitat

    “In the certification proceedings, we will also seek to ensure that the owner of Nord Stream 2 cannot avoid the application of ownership unbundling requirements, third party access and transparent tariffs which take into account the costs of the entire pipeline. We will prove consistently that Nord Stream 2 AG does not meet the formal and substantive requirements for the operator of the pipeline, in particular those relating to security of supply and the corporate structure of the company,” said Paweł Majewski.


    Letztlich wird deren Meinung nicht ausschlaggebend sein, aber anhören und einbeziehen muss man sie wohl.


    Die Polen machen auch andere Späße wie für Gazprom eine Strafzahlung von über sechs Milliarden Euro für die Verletzung polnischer Monopolvorschriften durch den Bau von Nord Stream 2 anzuweisen:


    https://www.reuters.com/articl…and-gazprom-idUKKBN26S163


    Also sieht nicht wirklich danach aus, dass die polnische Regierung gerade glaubt eine europäische Gaskrise abwenden zu müssen. Ich weiß ja nicht, vielleicht sehen die sich selbst einer guten Versorgungslage und der Rest ist ihnen eben egal.

  • Ein großer Gewinner dieser Gaskrise sind auch Kohlekraftwerksbetreiber. Die Polen können derzeit mit sehr viel Profit Strom exportieren

  • Ein großer Gewinner dieser Gaskrise sind auch Kohlekraftwerksbetreiber.

    Naja, aber nicht allen Kohlekraftwerksbetreibern geht das so, vor ein paar Tagen konnte man z.B. das hier lesen:

    Keine Kohle: Energiekrise erreicht STEAG-Kraftwerk Bergkamen-A

    Betreiber musste Steinkohle-Kraftwerk diese Woche abschalten. Energiekrise sorgt weiter für hohe Preise.

    Die globale Energiekrise mit Rekordpreisen für Erdgas und Kohle hat mittlerweile spürbare Auswirkungen bis nach Deutschland. Während chinesischen Fabriken teilweise der Strom abgedreht wird, musste diese Woche der Kraftwerksbetreiber Steag das deutsche Steinkohlekraftwerk Bergkamen-A stilllegen. Der Grund, wie STEAG gegenüber Bloomberg bestätigte: Nicht genügend Steinkohle, die per Binnenschiff verfügbar wäre. Was bedeutet das für den Winter in Europa?

    ...

    Edit:

    Die Polen können derzeit mit sehr viel Profit Strom exportieren

    Das tun sie aber nicht wenn ich das richtig sehe, zumindest nicht nach Deutschland, im Gegenteil exportieren wir aus Deutschland noch immer so 1-1,5GW Strom nach Polen(nicht nur diese Woche, die Wochen davor sehen ähnlich aus)

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