Technik & Ges(t)ellschaft

  • Aber die Eisenzeit gibt's ja nun schon.

    Ja das stimmt, aber die vorindustriellen Herstellung von Eisen basierte noch auf primitiven Holzofen Methoden mit der Schwerter oder Rüstungen hergestellt wurden. Holz wurde aber immer knapper und teurer, in England wurden massenweise Wälder abgeholzt, was zum Problem wurde, Holz ist auch ineffizient bei der Verbrennung.

    Erst mit dem Abbau und neuen chemischen Erkenntnissen zur Steinkohle und Koks Ende des 18. Jahrhunderts konnte man Eisen im großen Stil produzieren und der Preis wurde auch billiger. Damit wurden dann Dampfmaschinen (z. B. mechanischer Webstuhl), Schiffe und die Eisenbahn angetrieben. Ohne Eisenbahn keine industrielle Revolution. Der Einsatz, Herstellung und Gewinnung von Eisen zu der Zeit hatte schon nen ganz anderen Charakter.

  • Ach mach Dir nichts draus.


    So mancher Soziologe baut seine ganze akademische Karriere darauf auf, Zusammenhänge zu konstruieren wo keine sind und unverständliches (weil eigentlich zusammenhangsloses) Zeug so kompliziert zu beschrieben, dass jeder der es nicht versteht am Ende denkt, er sei einfach nur zu blöd dazu.

  • Ich schreib mal lose drauf los.


    Also Tatsache ist, dass die erste messbare anthropogene Beeinflussung des Klimas lange vor Industrialisierung oder dem Aufkommen des Kapitalismus startete, so in etwa mit der neolithische Revolution. Einfluss auf das Ökosystem gab es vermutlich früher, wenn man nur an die legendären Mammutklippen denkt.

    Durch einen Ideologiewandel haben wir die Geschwindigkeit, mit der wir Schäden anrichten nun perfektioniert, weil wir das Ökosystem zur Ware degradiert und uns davon komplett entfremdet haben, auch wenn romantische Anflüge uns an dessen Bedeutung erinnern.


    Allerdings haben vor den Engländern genug andere Kulturen ihre Lebensgrundlage zerstört. Exzessive Waldrodungen gab es bei den Römern und in Südamerika. Durch den Rückgriff auf fossile Energie haben wir die Selbstregulierungsfähigkeit des Ökosystems außer Kraft gesetzt und die größten sichtbaren Folgen aus unserem Blickfeld verlagert. Stellt sich raus, das reicht nicht.


    Dass alles ist ohne technische Evolution genauso wenig denkbar, wie diese nicht ohne den ideologischen Unterbau. Da war dann tatsächlich mit der ideologischen Hinwendung zur empirischen Wissenschaft und dem Ablegen von alten Denkverboten der Beginn des kapitalistischen Zeitalters erst möglich.

    Allerdings war das vielleicht auch nur eine Frage der Zeit, bis die wachsende Population auf solche verrückten Ideen kommt, die einer neuen Beherrscher-Klasse den Aufstieg ermöglichte und die darum auch alles tut, diese Ideologie für den Bestand ihrer Machtposition zu nutzen.

    Es ist sicher kein Zufall, dass die militärische Industrie ein Schlüssel der gegenwärtigen Weltordnung spielt und von dort auch der größte Teil des technologischen Fortschritts kommt.


    Aber auch der technologische Fortschritt zur Ausbeutung des Planeten scheint mir beachtenswert. Wenn ganze Bergketten weggesprengt werden, weil man es kann und darf, muss man sich fragen, ob ein erbmonarchischer Herrscher darauf verzichtet hätte, wenn es ihm den Machterhalt gesichert hätte.


    Die offene Frage bleibt, sind wir in der Lage unseren Drang zur Unterwerfung der Welt in Einklang zu bringen mit der Notwendigkeit der Sicherung unseres Lebensraums. Die Überwindung der kapitalistischen Ideologie scheint dafür jedenfalls größte Priorität zu haben. Mit Teslas im Orbit, wird es jedenfalls nicht gelingen. Die vollständige Abkehr von Technik ist für den modernen Menschen unrealistisch, weil er auf ein Leben damit angepasst ist. Naturvölker aller Wälder vereinigt euch.


    Es bleibt aus meiner Sicht daher nur, die Technologie einzuhegen. Ob das gelingt, hängt auch von der Gesellschaftsordnung ab. Die Build Back Better Initiative lässt die größten Verbraucher und Verursacher des Weltsterbens jedoch unberührt und erschafft ihnen eher noch eine neofeudale Weltordnung, ohne dass damit der Raub an der Natur gestoppt würde.

  • Die offene Frage bleibt, sind wir in der Lage unseren Drang zur Unterwerfung der Welt in Einklang zu bringen mit der Notwendigkeit der Sicherung unseres Lebensraums.

    Ich würde da nicht generell von "Unterwerfung" sprechen. Es ist zwar unbestreitbar, dass Menschen auch schon vor der Industrialisierung ihre unmittelbaren Lebensräume durchaus langfristig verändert haben, aber das geschah eben nie in einem globalen Maßstab, der auch noch am anderen Ende der Welt massive Auswirkungen hatte.

    Alle Lebewesen auf dem Planeten Erde verändern in der einen oder anderen Form ihre direkten natürlichen Lebensräume. Dass der Mensch es als einzige Spezies geschafft hat, diese Veränderung global und (zumindest aus seiner Perspektive und in menschlichen Zeitrechnungen gedacht) irreversibel umzusetzen, ist natürlich nur durch den Einsatz von Technologie möglich. Aus der Perspektive von Bakterien oder Viren war aber z.B. auch der medizinische Fortschritt ein mass extinction event und aus diesem Kleinzeug sind komplexere Lebensformen wie Säugetiere immerhin erst entstanden.


    Die große Frage solte sich nicht darum drehen, ob man es irgendwie verhindern kann, dass der Mensch seine natürliche Umgebung nachhaltig verändert, sondern darum, wie er das tut.


    Und genau beim "wie" ist das "warum" meiner Ansicht nach entscheidend. Und da hilft es nichts, wenn man "der Technik" eine Eigenlogik unterstellt, die dann von ihren menschlichen AnwenderInnen einfach blind nachvollzogen wird. Damit lenkt man die Suche nach der Ursache für die (eigentlich schon seit Beginn der Aufklärung im Ansatz begonnene) Technisierung und Technokratisierung menschlicher Gesellschaften auf eine abstrakte, von den materiellen Verhältnissen - und von den Menschen die sich in ihnen zueinander und zu ihrer natürlichen Umwelt verhalten - losgelöste Ebene, und beschäftigt sich mit Systemen und Systemtheorien, die nur noch aus reinen Denkfiguren bestehen und dabei dem Selbstzweck dienen, sich selbst als solche zu erhalten.


    Der Kapitalismus ist zwar auch ein sich selbst verstärkendes sozio-ökonomisches System, das eine Eigenlogik hat und in Form von virtualisierten FInanzmärkten auch durchaus auf einer abstrakten, entmaterialisierten Ebene funktioniert, aber seine unabdingbare Grundlage - und gleichzeitig der Grund für die Zerstörung einer lebensfähigen Umwelt auf dem Planeten - ist nach wie vor die Produktion von materiellen Gütern und Dienstleistungen.

    Der Zweck der Vermehrung von Geld, den die EigentümerInnen der Produktionsmittel letztendlich verfolgen, wenn sie Technologie anwenden, um aus eingesetzten Investitionen noch mehr Profite zu generieren, ist die Brücke zur Ideologie, die den Grad der Freiheit des investierenden Individuums an seiner Möglichkeit zur Verwertung von Eigentum bemisst, aber für die gesamte kapitalistische Gesellschaft und die Mehrheit der in ihr abhängig Beschäftigten zählt dabei unmittelbar nur die Verwertung der eigenen Arbeitskraft in Tauschwert, um sich damit die jeweils benötigten materiellen Bedürfnisse zu befriedigen.


    In einer Kapitalistischen Industriegesellschaft ist genau diese Verwertung für die absolute Mehrheit der Menschen aber dauerhaft nur möglich, wenn damit wachsende Profite erzielt werden können. Schrumpft der Gewinn, dann bricht das System zusammen. Die technischen Produktionsmittel - das Kapital - sind Mittel zur Verwertung von Arbeitskraft in Geld. Wenn die materielle Produktion wachsen muss, damit Geldwerter Profit wachsen kann und somit das System stabil bleibt, aber menschliche Arbeitskraft in ihrem Wachstum begrenzt ist, dann folgt daraus logisch ein materielles Wachstum der technischen Produktionsmittel - mit allen bekannten Folgen für die natürliche Umwelt. Alles andere ist entweder ein Systemwechsel, der den Wachstumszwang beendet, oder ein Zusammenbruch des laufenden Systems.


    Ich verstehe ganz ehrlich nicht, was es da noch zu diskutieren gibt.

  • Nun gefragt werden kann jeder, aber jene, die fragen müssen auch Macht haben und die richtigen Antworten zulassen wollen. Da nur durch gesamtgesellschaftliches Bewusstsein zum mindest im Ansatz die Machtverhältnisse so verändert werden können, das andere Stimmen gehört werden, als jene, die uns im kybernetischen Glauben, Heilung durch technologischen Fortschritt versprechen.


    Aber ist es nicht gerade der wissenschaftliche Aspekt der vorherrschenden Ideenwelt, der und als einziger ermöglicht genau dieses blinde Vertrauen infrage zu stellen und der uns auch Argumente dagegen liefert?


    Ich denke, es ist wichtig, dass nur weil die herrschende Elite eine selbst wissenschaftlich fragwürdige Hypothese als Rechtfertigung benutzt, nicht, die Wissenschaft als solche infrage zustellen. Letztlich sind wir über den Point of no Return ohnehin hinaus, wenn man Sapiozid mal als Lösungsansatz vernachlässigt.


    Also die Frage, wie hegen wir unsere technischen Anwendungen so ein, dass wir die Kurve kriegen. Individuelle Freiheiten müssen beschnitten werden, aber wenn das Handeln der Autoritäten und Regeln nicht maßgeblich verändert werden, nützt das auch nichts.


    Was würdet ihr als Erstes tun?

  • für mich ist der erste schritt gedanklich wirtschaft und technik zu trennen: technik liegt quer zur gesellschaft und könnte organisatorisch in ein geschlossenens system überführt werden welches demokratisch legitimiert und vergesellschaftet ist (darin stimmen wir vermutlich überein).

    Mein Argument, Lieber @SeBU , ist nicht, dass wir "einfach" nur damit aufhören müssten, Technik zur Gewinnmaximierung anzuwenden und schon wäre sie all ihres Schadenspotenzials entledigt. Mein Argument ist, dass es nicht die Technik ist, die "quer zur Gesellschaft" liegt, sondern die (kapitalistische!) Wirtschaft, die daraus ein Geschäft macht.

    Wir können Technik nicht gedanklich - und schon gar nicht praktisch - von jener Wirtschaft und von, in ihrer derzeitigen Verfassung fest verankerten, privaten Profitinteressen trennen, so lange wir deren Primat über die gesellschaftlichen Verhältnisse weiter als alternativlos akzeptieren. Denn wie Du ja völlig richtig bemerkt hast...


    eigentlich versuchen alle parteien technik über wirtschaft zu steuern

    Dabei besteht "Die Wirtschaft" allerdings nicht - so wie es uns diverse @Industrielle, ideologieproduzierende "Initaitiven", oder messianische Lichtgestalten mit extraterrestrischen Ambitionen aus dem Big Tech-Universum gerne weiszumachen versuchen - nur aus fleissigen, kreativen EntrepreneurInnen, die sich mit ihrer Risikobereitschaft und ihrem unbändigen Tatendrang für die Steigerung von WohlstandFürAlle™ durch Fortschritt einsetzen, und dafür einen angemessenen Unternehmerlohn einstreichen, sondern sie besteht aus allen Mitgliedern der kapitalistischen Gesellschaft - egal ob sie ihr Kapital oder ihre eigene Arbeitskraft für sich arbeiten lassen.


    Gleichzeitig sind alle im Bundestag, oder in irgendeinem anderen Parlament des freiheitlich-demokratischen Wertewestens vertretenen Parteien - auch DIE LINKE und selbst "Die Partei" - unter den gegenwärtigen gesellschaftlichen Verhältnissen dazu gezwungen, ihre politischen Entscheidungen gegen das Erpressungspotenzial eines privaten Investitionsmonopols abzuwägen, von dessen Bereitschaft private Investitionskredite aufzunehmen, oder seine Gewinne produktiv zu reinvestieren um damit den technischen Fortschritt - Sprich: das Produktivitätsniveau - zu steigern das Wohl von Millionen abhängig beschäftigter ArbeitnehmerInnen und WählerInnen genau so abhängt, wie die Möglichkeit von Staatsregierungen, den Erhalt notwendiger Infrastrukturen und Verwaltungsapparate mit Einnahmen aus dem Steueraufkommen, oder aus (an privaten Finanzmärkten gehandelten) Staatsanleihen zu finanzieren.


    Jenes Wohlwollen der privaten Investoren, sowie der ewige Wettbewerb der nationalen Regierungen um deren Gunst, bestimmen in der kapitalistischen Marktgesellschaft nicht nur das Denken und Handeln von PolitikerInnen, sondern auch das Bewusstsein der gesamten Gesellschaft. Denn ohne private Investitionen entstehen (und halten sich) in einer kapitalistischen Wirtschaft keine Arbeitsplätze, keine Aufträge für FreiberuflerInnen, keine neuen super-innovativen Öko-Start-ups, und somit auch keine Möglichkeiten für die Nicht-EigentümerInnen von technischen Produktionsmitteln, ihre Arbeitskraft - also das einzige, und aufgrund biologischer Grenzen nur sehr begrenzt zu steigernde "Kapital" über welches sie verfügen - in Geldwert umzuwandeln, um damit ihre Bedürfnisse befriedigen zu können.


    Die Technik ist dabei weder grundsätzlich nützlich noch grundsätzlich schädlich. Sie ändert ihren Charakter je nach Marktlage fliessend zwischen diesen beiden Zuständen. Wenn private Investoren nach eingehender Kosten-Nutzen Analyse zu dem Schluss kommen, dass Investitionen in die Errichtung von Windkraft- und Solarstromanlagen mehr Profit abwerfen, als der Betrieb von Kohlekraftwerken, dann investieren sie in erneuerbare Energien. Und wenn der Ausbau erneuerbarer Energien sich als weniger profitabel erweist, als der Aufbau neuer Atomkraftwerke, dann steigen eben die Aktienkurse und die Nachfrage nach Unternehmensanleihen von Kernkraft-Konzernen.


    Aus diesem Dilemma kann die politische Klasse sich bestenfalls zeitweise aber niemals nachhaltig befreien, so lange sie an einer quasi naturgegebenen Rechtmäßigkeit des privaten Eigentums an den Produktionsmitteln festhält - auch wenn sich wackere grüne und rote AnhängerInnen der Sozialdemokratie aller Länder, selbst nach vierzig Jahren Neoliberalismus, immer noch felsenfest in der Illusion vereint sehen, mit dem richtigen politischen Willen und mit den richtigen gesetzgeberischen Anreizen liessen sich die Kapitalmärkte doch noch rechtzeitig vor dem Klimakollaps zur Privatfinanzierung einer nachhaltigeren Wirtschaftsweise zurecht nudgen, ohne dabei das gesetzlich verbriefte Recht der KapitaleigentümerInnen in Frage zu stellen, aus ihrem privaten Eigentum mehr Eigentum und aus Geld mehr Geld zu machen.


    Der parlamentarische Gesetzgebungsprozess selbst unterliegt schon von vorne herein dem selben Zwang zur Konformität an die Bedürfnisse der mächtigsten Marktakteure, wie die spätere Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben durch die Exekutiven. In allen Parlamenten und Ministerien der kapitalistischen Welt manifestieren sich Gesetzesvorlagen nicht aus dem bloßen politischen Willen gewählter VolksvertreterInnen heraus, sondern sie werden in unzähligen "Dialogen" und Ausschussanhörungen mit LobbyistInnen der jeweiligen privatwirtschaftlichen Interessengruppen - inklusive ihrer bezahlten Wirtschafts- und Technologie-ExpertInnen - ausgehandelt, welche dabei gegenüber der marktkonformen Demokratie ungleich viel mehr Erpressungspotenzial entfalten, und sich viel mehr teuer bezahlte JuristInnen leisten können, die bei der Formulierung von Gesetzestexten gerne behilflich sind, oder gleich zeitweise als MitarbeiterInnen von Ministerien verliehen werden, als z.B. unabhängige Sachverständige, Gewerkschaften, Sozial- und Umweltverbände oder sonstige non-profit Organisationen.

    Gleichzeitig hat die neoliberale Wende dazu geführt, dass sämtliche staatlichen Bürokratieapparate, die mit der Umsetzung der marktkonformierten Gesetzgebung betraut sind, ihr Verständnis von "Effizienz" an den selben Maßstäben ausrichten, die auch an die Verwaltung privater Unternehmen angelegt werden.


    Die scheinbar grenzenlose Macht der Finanzmärkte, die selbst nur deshalb heute so entfesselt und Weltumspannend ist, weil ihre Transaktionen mit modernster Technik rund um die Uhr in Echtzeit durch ein globales Netzwerk vollzogen werden, ist dabei nur ein Schleier, der den Blick auf das Wesentliche und Ursächliche entschärft: Die Produktion von Waren und deren Mehrwertrealisation durch Verkauf an KonsumentInnen, die das Geld zu ihrem Erwerb größtenteils damit verdienen, ihre Arbeitskraft an die Warenproduzenten und -Distributeure zu vermieten.


    Genauso verschleiert die scheinbare Verlagerung "der Wirtschaft" auf den Handel mit Informationen den Blick auf die treibende Kraft hinter der Entwicklung zur viel gepriesenen Informationsgesellschaft™.

    Die großen Internetgiganten betreiben ihre gewaltigen Datenspeicher und den ganzen hochtechnisierten Überwachungskapitalismus nicht primär um das gemeine Volk zu knechten, sondern um für ihre Geschäftskunden die Vermarktung von Waren an genau jenes Volk zu optimieren und damit möglichst viel von dessen geldwerten Arbeitserträgen in Umsätze für die Warenanbieter zu verwandeln. Jeff Bezos' erklärtes Hauptziel war es nie, das Internet zu seiner privaten Domäne zu machen, sondern den Einzelhandel für Waren aller Art zu monopolisieren und alle Wettbewerber aus diesem Markt zu verdrängen.


    Das scheinbar blinde Vertrauen der meisten AnwenderInnen in die Technik, die sie in Warenform käuflich erwerben und von der sie sich zunehmend abhängig machen, ist letztendlich nichts weiter als ein Symptom dieses allumfassenden Marketings.

    Das Versprechen einer super-smarten, innovativen, und möglichst individuellen "Lösung" durch eine mit Geld oder mit geldwerten Kundeninformationen bezahlte technische Anwendung erscheint ihnen nur deshalb so heilsversprechend, weil sie sich zuvor andere super-smarte, innovative, und scheinbar individuell auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene "Lösungen" gegen Geld haben andrehen lassen, die jetzt Probleme verursachen, welche durch neue Anschaffungen "gelöst" werden sollen.


    Die Technik ist dabei nur Mittel zum Zweck. Es steht außer Frage, dass wir durch die Anwendung von Technologie in nahezu allen Lebensbereichen heute sehr abhängig von technischen Anwendungen geworden sind. Und ganz sicher ist es sinnvoll, zu untersuchen und auch scharf zu kritisieren, welche Auswirkungen diese jeweiligen Abhängigkeitsverhältnissse in konkreten Fällen auf das soziale Miteinander oder auf die ökologische Lebensgrundlage der Menschheit haben. Aber wenn das Ziel der soziologischen Betrachtung Wege dazu aufzeigen soll, wie technologisch bedingte - bzw. verstärkte - gesellschaftliche Missstände behoben werden können, anstatt sich nur in immer neuen Versuchen einer hoch-akademischen, techniksoziologischen Selbstbeschreibung zu ergehen, die sich dem Verständnis normalsterblicher Nicht-SoziologInnen schon aufgrund der verwendeten Sprache und der unzähligen Versuche, neue Begriffe zu definieren komplett entzieht, dann kann sie - aus meiner Sicht - nicht darauf bestehen, eine Soziologie der Technik von genau den gesellschaftlichen Verhältnissen getrennt zu betrachten, die überhaupt erst dazu führen, dass Menschen den technologischen Fortschritt eben nicht mehr als Mittel begreifen können, sondern dass er ihnen als Zweck erscheint.

  • verwaltung im inland - produktion im ausland

    Öhm - es werden seit Jahren auch Verwaltungsbereiche ins Ausland verschobenb (bei einigen Konzernen ist z.B. ein großer Teil von HR outgesourced - große Teile des Controlling, welches oft SAP-geasützt läuft, kann ebenfalls outgesourced werden).


    Es geht längst nicht mehr für Konzerne um "In/Ausland", sondern darum, ob auch ortsbezogene Umstrukturierungen zu mehr Rendite führen. Oder manchmal auch einfach darum irgendeinen Bullshit eines einzelnen Managers umzusetzen, weil der das halt so will, aber natürlich fast immer mit rendite-Argumenten begründet.


    Unserer heutigen Industrienationen entweder auf das enorme Level von Technik zu reduzieren oder auf Kapitalismus bringt nichts. Beide Elemente sind da und sehr wichtig. Und einige - wie ich - gehen davon aus, dass Kapitalismus ohne ständige Fortsetzung der Technisierung zum Zwecke der Renditesteigerung nicht möglich wäre. Umgekehrt aber eine technisierte Welt ohne Wachstumszwang durchaus möglich erscheint. Was wiederum Kapitalisten ablehnen. Kapitalisten behaupten dass Technik nur mit Kapitalismus möglich ist, weil deren Menschenbild an der Gier ausgerichtet ist.

  • Hast das von Mumford mittlerweile gelesen ? ;)

  • Kann dir einiges an Literatur empfehlen, halt am meisten zur Sozialgeschichte, mit der ich mich jetzt auch für meine Masterarbeit beschäftige. Mal sehen, wenn ich mich aufraffen kann, schreib ich mal morgen was dazu. Interessant sind auch die Arbeitshäuser und die Sozialpolitik zur Armen"fürsorge".


    @S3BU

  • Interessierst du dich nicht auch für Kybernetik? @S3BU Hab letztens das Buch An Introduction to Cybernetics, W. Ross Ashby entdeckt. Ziemlich technisch bis mathematisch, aber Grundschulmathematik reicht aus. Die Kapitel sind am Anfang sehr simple und werden immer etwas schwieriger. Aufgaben sogar mit Lösungen am Ende sind dabei. Das Buch ist über bekannte Kanäle verfügbar.


  • https://de.wikipedia.org/wiki/Maschinenwinter

    https://www.suhrkamp.de/bueche…r-dietmar_dath_26008.html

  • Interessierst du dich nicht auch für Kybernetik? @S3BU Hab letztens das Buch An Introduction to Cybernetics, W. Ross Ashby entdeckt. Ziemlich technisch bis mathematisch, aber Grundschulmathematik reicht aus. Die Kapitel sind am Anfang sehr simple und werden immer etwas schwieriger. Aufgaben sogar mit Lösungen am Ende sind dabei. Das Buch ist über bekannte Kanäle verfügbar.

    @S3BU Das Buch ist so genial, werde es mir auf alle Fälle auch kaufen. Die Aufgaben machen auch Bock. Schon die ersten Konzepte von Operator und Operand lassen sich auf so viele Sachen im Alltag anwenden. Viel davon erinnert mich an die Gruppentheorie.Ob man die Funktionsweise einer Maschine als abelsche Gruppe definieren könnte? Vielleicht lassen sich so daraus Symmetrien finden 🤔

    Und mal gucken, ob ich die Konzepte aus dem Buch auf die Arbeitswerttheorie von Marx anwenden kann. Sehr spannend. Ich find das immer geil, wenn man abstrakte Konzepte direkt auf den Alltag anwenden und darüber nachdenken kann. Kybernetik soll sich auch auf die Soziologie anwenden lassen? Inwiefern?

  • Ein Hörspiel zum neo-modernen Krieg.

    Künstliche Intelligenz und die Kriege der ZukunftKampf-Maschinen

    „Hyperwar“: Kriege mit Hilfe von Drohnen, Kriegsrobotern und Internetsabotage. Unbemannte, selbstlernende Kampfmaschinen sollen künftig über Sieg oder Niederlage entscheiden. Das globale Wettrüsten um den effizientesten Einsatz von algorithmengesteuerten Waffen hat längst begonnen.


    Auch deutsche Militärs, Forschung und Rüstungsindustrie wollen dabei nicht zurückstehen. Künstliche Intelligenz bringe eine Revolution der Kriegsführung mit sich, höchstens vergleichbar mit der Erfindung des Schießpulvers oder der Atombombe, so der verteidigungspolitische Sprecher der CDU-Bundestagsfraktion. Die Kriege sollen künftig weniger blutig sein und vor allem die Zivilbevölkerung soll geschont werden. Luftschlachten mit unbemannten Drohnen ohne zivile Opfer? Autonome Kampfroboter im Häuserkampf, die ohne Kollateralschäden zuschlagen können? Sieht so der Krieg der Zukunft aus? Diesen Fragen gehen die Autoren in diesem Feature nach.

  • Weg von der Computerlogik (deutschlandfunkkultur)

    "Rebekka Reinhard hat ein Problem in der Gesellschaft erkannt: Es werde nur noch binär gedacht, für den Raum dazwischen sei kein Platz mehr. Deshalb plädiert die Philosophin in ihrem neuen Buch „Wach denken“ für einen zeitgemäßen Vernunftgebrauch."


    sie plädiert für eine PROGRESSIVE UNIVERSALEPOESIE... das Interview ist genausowas wie bei Wolfgangs Politikanalyse angesprochen wurde: Bullshit. es geht um alles und nichts. Kein ja, kein nein, sondern mehr jeins....

    Sie spricht aber so komisch betont und eindringlich. Hat sie jetzt wirklich etwas von belangen gesagt oder ist das so ein 'ich bin meist in der Mitte, weil das radikale ist meist falsch'?

  • Ich finde da ist was wahres dran, immer müssen wir uns quasi in Echtzeit Meinungen/Standpunkte/Teams aussuchen zu Themen die man nie vorher gehört hat. Da kann man von Bauchgefühl zwar einen Eindruck haben, aber man kann auch mal sagen ich weiß nicht, habe ich mich bisher nicht mit beschäftigt, ob so oder so...

  • Ich finde da ist was wahres dran, immer müssen wir uns quasi in Echtzeit Meinungen/Standpunkte/Teams aussuchen zu Themen die man nie vorher gehört hat. Da kann man von Bauchgefühl zwar einen Eindruck haben, aber man kann auch mal sagen ich weiß nicht, habe ich mich bisher nicht mit beschäftigt, ob so oder so...

    Der schönste Teil der Meinungsfreiheit ist doch der, dass man auch frei jeder Meinung bleiben kann; entweder weil man sich (noch) nicht mit einer Thematik befasst hat, sich nicht für ausreichend informiert hält oder einem ein Thema einfach 💩-egal ist.

  • Hat einer von euch Prechts "Künstliche Intelligenz und der Sinn des Lebens" gelesen? Precht mag ja nicht jedermanns Bier sein, aber den Essay fand ich echt sehr gelungen. Ist prinzipiell 'ne Abrechnung mit kapitalistisch-darwinistisch geprägter Silicon Valley-Ideologie, in welcher er Post- und Transhumanismus sehr schön lächerlich macht - vor allem deren prominente Vertreter. Precht kommt ohnehin ziemlich antikapitalistisch in diesem Streifen daher, me gusta mucho.


    Und ja, wenn Precht etwas gegen Elon Musk sagt, dann nehme ich das gerne auf und feier das - den Mann kann man meines Erachtens nicht ausreichend genug beleidigen. Hier mal ein x-beliebiger Auszug, ich kann's echt empfehlen:


    Zitat von Precht


    Vermutlich kann das, was eine Superintelligenz wollen würde, von Menschen gar nicht sinnvoll gedacht werden, weil es ihnen zu fremd und damit unvorstellbar ist. Und selbst wenn die Superintelligenz entfernt menschliche Züge aufwiese, warum sollte sie sich dann ausgerechnet Macht als Ziel suchen? Für Menschen jedenfalls ist Macht nur ein Ziel unter vielen und wir beileibe nicht von jedem angestrebt. Die meisten Menschen liegen lieber an einem südlichen Strand untätig in der Sonne, als fortwährend an die Mehrung ihrer Macht zu denken. Der Wille zur Ohnmacht ist mindestens so stark wie der zur Macht. Echte Menschen sind oft albern, spielen herum, sind gerne geil und manchmal depressiv. Der Machttrieb des Menschen, von Nietzsche als Gespenst beschworen, wird maßlos überschätzt. Strebten die Menschen vor allen Dingen nach Macht, der Planet sähe ganz anders aus.

    Wie auch immer, einer unendlichen Intelligenz stünde sicher frei, mögliche Machtgelüste spielend zurückzustellen und sich aus ihrer SIcht intelligenteren Zielen zu widmen. Sie bräuchte sich jedenfalls nicht unentwegt selbst zu vernutzen, um vermeintlich höhere Ziele zu erreichen. Um das zu tun, ist eher ein Mangel an Intelligenz hilfreich. Ohne Körper und nahezu bedürfnislos, wie sie ist, könnte die Superintelligenz auf jegliche Expansion verzichten. Warum soll sie ausgerechnet wie Jeff Bezos sein und nicht wie Sokrates? Sie könnte dem Müßiggang frönen, sich an ihren Gedanken erfreuen, den Kapitalismus überwinden, weil er irrational und zerstörerisch ist, und völlig selbstlos werden. Nichts davon wäre auch nur ein entfernt so primitives Ziel, wie die Menschheit auszurotten und unbedingt den Weltraum zu kolonialisieren.

  • Hohli: Im dystopischen SciFi wird ja nicht selten auch die Vernichtung der Menschheit mittels KI auch damit begründet, dass sie den Menschen als eigentliches Problem auf dem Planeten identifiziert hat. Die KI könnte sich, wenn man Precht etwas um interpretiert, auch Freude an der Natur ohne Menschen, oder zumindest einer ordentlich dezimierten Anzahl von Menschen haben. :P


    Ich will damit Precht nicht widerlegen, sondern eher erweitern (zumindest den Auszug oben). Logik bedeutet nicht, dass sie universellen, sondern vordefinierten Regeln folgt. Und Menschen können diese Regeln ein Stück weit für sich selbst definieren, nach denen sie Handeln wollen. Eine KI, die das ab einen gewissen Umfang auch kann, kann sich in alle möglichen Richtungen entwickeln.


    Ich würde gerne mal mit Precht diskutieren. Ich glaube unsere Blickwinkel auf die Welt (Ausgangssituation) sind ziemlich verschieden, die Ergebnisse aber recht nah beieinander.

    Bitte Links zu eingebetteten Videos, Twitter-Nachrichten usw hinzufügen. Die Einbettungen sind bei einigen Usern aus Datenschutzgründen blockiert. ;)

  • Hat einer von euch Prechts "Künstliche Intelligenz und der Sinn des Lebens" gelesen? Precht mag ja nicht jedermanns Bier sein, aber den Essay fand ich echt sehr gelungen. Ist prinzipiell 'ne Abrechnung mit kapitalistisch-darwinistisch geprägter Silicon Valley-Ideologie, in welcher er Post- und Transhumanismus sehr schön lächerlich macht - vor allem deren prominente Vertreter. Precht kommt ohnehin ziemlich antikapitalistisch in diesem Streifen daher, me gusta mucho.


    Und ja, wenn Precht etwas gegen Elon Musk sagt, dann nehme ich das gerne auf und feier das - den Mann kann man meines Erachtens nicht ausreichend genug beleidigen. Hier mal ein x-beliebiger Auszug, ich kann's echt empfehlen:

    Hörte es zuletzt als Hörspiel, da wir länger unterwegs waren. Ja, es sind schon sehr interessante Gedanken dabei z.B. der, dass man den Logos als Maßstab menschlicher „(Arbeitnehmer)-Qualität“ mit Ausbreitung des Einsatzes der KI wohl überwinden sollte.

  • schön auf den punkt gebracht. an der stelle grüble ich ob vernetzung einer ki mit ki diesen umfang bereitstellen könnte (technisch) und ob man dann der logik zu folge (rein formell) eine nicht-triviale maschine hätte, aber keine ahnung.

    Zukünftig vielleicht, aktuell eher nicht. Unser "Machine Learning" ist nichts weiter als eine mathematische Formel, die ihre Werte durch Wiederholung selbstständig anpasst um irgendwann eine Formel mit optimierten Variablen zu haben, die eine gewisse Aufgabe mehr oder minder präzise, aber insbesondere schnell löst. Es werden auch heute schon KIs miteinander vernetzt um z.B. den Lernprozess zu beschleunigen (2 KIs können sich gegenseitig trainieren etc).


    Auf der anderen Seite sind diese Werkzeuge (KIs) auch heute schon in den falschen Händen zerstörerische Waffen. Ich bezweifle, dass sich das durch stärkere KIs ändern wird, also geht die größte Gefahr vermutlich vom Menschen aus. Vielleicht wollte Precht auch nur das mitteilen.


    Das Video schaue ich mir später noch an.

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