Es geht nicht um Identifikation mit der jeweiligen lokalen Sprache (zumindest mir nicht), es geht darum, dass diese selbst zum Kulturgut wird. Ein literarisches Werk in einer Sprache ist etwas anderes als der gleiche Informationsgehalt in einer anderen Sprache. Es ist selbst in der selben (!) Sprache ein riesiger Unterschied, was einen Text ausmacht, auch wenn er die gleichen Informationen transportiert.
Das ist ja, als würde man Parthenon und irgendeine 08/15 Neubaukirche gleichsetzen.
Dir nicht, sicherlich. Anderen leider schon. Aber lassen wir das mal bei Seite.
Ich kann deinen Punkt gut nachvollziehen, teile die Meinung aber nur im Ansatz. Durch die Digitalisierung und dem Internet kann man heute Dinge besser archivieren als noch vor 100 Jahren. Selbst wenn wir alle Sprachen bis auf eine vergessen, kann das Kulturgut erhalten bleiben. Es würde sicherlich Museen geben, welche sich darauf spezialisieren. Das zumindest zu bereits existenten Werken.
Dein Punkt war vermutlich sogar eher die Erschaffung von Werken. Ja, es mag sein, dass dann gewisse Werke nie entstehen werden. Aber andersherum werden Werke auch entstehen, die so in unserer Sprache nie entstehen würden. Und der meines Erachtens wichtigere Teil dessen ist, dass jeder Mensch durch eine einheitliche Sprache Zugang dazu haben kann.
Wir dürfen eines nicht vergessen. In Deutschland sind wie privilegiert und bekommen nahezu alles übersetzt, was für Deutsche relevant ist. Es gibt viele Länder, die ohne englisch-Kenntnisse keinen Zugang zu den selben Gütern erhalten.
Ziehen deshalb hierzulande jedes Jahr inzwischen Kinderhorden zu "Halloween" durch die Gegend?
Das kann man nun wirklich nicht vergleichen. Dass die USA großen Einfluss auf Deutschland hat, liegt sowohl geschichtlich, wie auch durch übersetzte Medien begründet, würde ich behaupten. Natürlich gibt es auch andere Möglichkeiten des Austauschs als eine einheitliche Sprache. Die Welt ist nicht schwarz und weiß, wie du weißt.
Es ist doch jetzt schon ein Witz, was "Weihnachten feiern" noch bedeutet, da halte ich irgendeine Kontinuität für völlig ausgeschlossen (völlig durchkapitalisierte Folklorefestivitäten, deren kultureller Aspekt aber so oder so tot ist, natürlich ausgenommen).
Bin ich ganz bei dir, ich feiere seit 14 Jahren nicht mehr (zu christlich, zu kapitalistisch und weitere gründe). Aber ich wollte eher aussagen, dass Traditionen nicht von Sprache abhängig sind. Menschen, welche die beibehalten wollen, behalten sie bei.
Nur mal eine Frage, was genau willst Du denn eigentlich austauschen und ist Sprache nicht ein wenigstens genauso wichtiger Teil dessen?
Ja Sprache ist ein wichtiger Teil. Es ist der wichtigste Teil überhaupt. Ohne Sprache, die beide Kommunikationspartner sprechen, ist kaum ein Austausch möglich. Ich selbst kommuniziere viel mit Menschen aus allen möglichen Ländern. Englisch ist dabei oft die Drittsprache, die eine Kommunikation überhaupt ermöglicht. Aber sie ist ebenfalls oft für keine der beiden Gesprächspartner eine Muttersprache und so geht ein großer Teil dessen, was Sprache eigentlich ausmacht, verloren.
Dabei würde ich schon gerne tiefgründiger über gewisse Dinge reden wollen, ohne ständig an der Sprache zu scheitern und die selbe Information überumständlich umschreiben zu müssen. Das wird für mich auch am Wochenende noch einmal zu einer Herausforderung für mich, wenn es um ein "Kunstprojekt" geht, an dem ich mit einer Russin arbeiten möchte. Die Sprachvielfalt ist für unsere Zusammenarbeit das größte Hindernis.
Ich sage übrigens nicht, dass viele Sprachen gar keinen Wert haben. Nur wenn ich Abwäge, dann überwiegen für mich die Nachteile um einen Faktor 100 den Vorteilen gegenüber.
Die Wissenschaft hat sich längst auf Englisch als Lingua franca geeinigt, um diesen Austausch weltweit zu erleichtern.
Das ist ein kleiner Punkt (aber nicht der wichtigste), weshalb ich mich von der Wissenschaft abgewandt habe (wollte selbst Physiker werden). Es ist zwar gut, dass eine einheitliche Sprache gesprochen wird, bringt mir persönlich aber wenig, wenn ich sie nur mit Müh' und Not auf ein fachliches Niveau anheben kann um im Anschluss für eben diese Sprachfähigkeiten (anstelle der eigentlichen Arbeit) zerrissen zu werden.
Solange diese Sprache keine Muttersprache für jeden Menschen auf der Welt wird, stellt sie immer noch ein Problem dar.
Aber menschliche Gesellschaften bringen eben auch kulturelle Phänomene hervor, die sich nicht rein rational und auf einer wissenschaftlich-abstrahierten Ebene erfassen lassen. Humor wäre da ein Beispiel. Sprachwitz lässt sich selbst zwischen unterschiedlichen Dialekten der selben Sprache eigentlich nicht wirklich übersetzen.
Und du meinst es ist ein Nachteil, wenn jeder theoretisch den Sprachwitz verstehen würde anstelle 3 Fragezeichen zu haben? Wortwitze erhalten erst dadurch einen Wert, wenn sie von anderen verstanden werden. Akzente wird es auch weiterhin geben und dadurch lokal begrenzte Sprachwitze etc. Aber alle (Bayern, Schwaben, etc) verstehen auch hochdeutsch und können auf einen gemeinsamen Pool aus Sprachwitzen zurückgreifen. Das kann ich mit Menschen aus anderen Ländern nicht so einfach. Selbst wenn ich englische Sprachwitze anwenden könnte, bedeutet das nicht, dass es auch ein Türke oder Russe kann und mich versteht. Das ist ein Teil dessen, was ich schon zufruchtoase meine, was von dem "verloren geht", was Sprache ausmacht.
Übrigens würde ich dich bitten, die Genderdiskussion im Feminismusthread zu belassen.