Diskussionen zu Interessanten News, Sendungen, Links und sonstigen Aufregern des Tages

  • Egal, sie will die Welt retten und imo ist das ein ähnlicher Befreiungsschlag wie die Hipster äh Hippies machen wollten.

    Die Hippies wollten die Welt retten, indem sie sich selbst und alle anderen ganz furchtbar lieb hatten. Das scheint mir bei Frau Neubauer und ihren Fans jedenfalls eher nicht der Fall zu sein, Da ist eher klare Haltung und Abgrenzung der guten Klimamenschen gegen die bösen Fossilmenschen gefragt.

  • Utan

    Hmm, und Du findest nicht, dass Du da mal wieder blind aus der (ideologischen) Hüfte zurückfeuerst?

    Ich meine, Sender und Empfänger...

    Die Frau spricht auf einer fucking Marketingkonferenz, wen adressiert sie da wohl? Die Putzfrauen? Die Paketjohnnys?

    Ich sehe nicht, dass sie da irgendeine Trennung fordert, sie sagt einfach denen, die die Wahl haben (und das haben in der Branche (für eine kurze Weile bis KI sie überflüssig macht) noch alle), dass sie lieber für Butzen arbeiten sollten, die den Klimakram ernst nehmen.

    Frau Neubauer wirst Du nicht mehr zur Klassenkämpferin formen, dann doch lieber sowas als das, was z. B. ein Amthor so treibt.


    Und warum ausgerechnet Du Dich über diese "purpose"-Geschichte echauffierst, kann ich mir auch nur mit einem zwanghaft verbittertem Dagegen erklären. Was wenn nicht die Frage nach dem Zweck und Sinn einer Arbeitstätigkeit sollte zum Hinterfragen des protestantischen Arbeitsethos führen? Und erst wenn der weg ist, wird (mMn) ein Hinterfragen des Kapitalismus selbst in der Breite möglich sein. Wer Arbeit an sich als Lebenszweck begreift, dem ist auch mehr oder weniger egal für wen er arbeitet und der wird dann auch nicht in Frage stellen, ob das alles so überhaupt sinnvoll ist. Ich sehe da zumindest eine große Schnittmenge mit postkapitalistischen Ideen.


    Man kann sich da natürlich als der, der eh schon alles verstanden hat, moralisch drüber erheben, gesellschaftlich voranbringen wird uns das aber nicht, da bin ich mir ziemlich sicher.

  • Und warum ausgerechnet Du Dich über diese "purpose"-Geschichte echauffierst, kann ich mir auch nur mit einem zwanghaft verbittertem Dagegen erklären.

    Dass Du Dir das nur so erklären kannst, erkläre ich mir damit, dass Du auch nach unzähligen Beiträgen dazu immer noch nicht verstehst, dass es völlig egal ist, welchen Sinn Du, ich, irgendein Marketingfuzzi, dem Lusia Neubauer einen Vortrag hält, oder sonst irgendwer der lohnabhängig beschäftigt ist, sich selbst in seine individuelle Arbeit hinein denkt, weil im Kapitalismus keine Arbeitsplätze geschaffen werden, damit sich die arbeitenden Menchen sinnvoll beschäftigen und selbst verwirklichen können, sondern damit sie für die Eigentümer der Unternehmen Profit erwirtschaften.


    Es ist ebenfalls völlig irrelevant, ob ich oder sonstwer "verbittert" dagegen ist, dass Arbeit in diesem System diesen Zweck hat, oder ob ich das ganz super finde, weil es dabei nicht um meine oder sonstwelche indidviduellen Gefühlswelten geht, sondern darum, dass dieser Zweck sich nicht damit aus der Welt schaffen lässt, dass ein paar individuelle menschliche Arbeitskräfte etwas klimafreundlicher ausgebeutet werden und sich dabei einbilden, sie dienten damit einem edleren purpose, weil der Kapitalismus das Klima trotzdem zerstört, und die Menschen trotzdem dazu zwingt, sich das mit solchem idealistischen Quatsch schön zu reden, damit sie darüber nicht verbittern.


    Aber dazu haben sie natürlich jedes Recht, als freie mündige BürgerInnen.

  • Dass Du Dir das nur so erklären kannst, erkläre ich mir damit, dass Du auch nach unzähligen Beiträgen dazu immer noch nicht verstehst, dass es völlig egal ist, welchen Sinn Du, ich, irgendein Marketingfuzzi, dem Lusia Neubauer einen Vortrag hält, oder sonst irgendwer, der lohnabhängig beschäftigt ist, sich selbst in seine individuelle Arbeit hinein denkt, weil im Kapitalismus keine Arbeitsplätze geschaffen werden, damit sich die arbeitenden Menchen sinnvoll beschäftigen und selbst verwirklichen können, sondern damit sie für die Eigentümer der Unternehmen Profit erwirtschaften.


    Es ist ebenfalls völlig irrelevant, ob ich oder sonstwer "verbittert" dagegen ist, dass Arbeit in diesem System diesen Zweck hat, oder ob ich das ganz super finde, weil es dabei nicht um meine oder sonstwelche indidviduellen Gefühlswelten geht, sondern darum, dass dieser Zweck sich nicht damit aus der Welt schaffen lässt, dass ein paar individuelle menschliche Arbeitskräfte etwas klimafreundlicher ausgebeutet werden und sich dabei einbilden, sie dienten damit einem edleren purpose, weil der Kapitalismus das Klima trotzdem zerstört, und die Menschen trotzdem dazu zwingt, sich das mit solchem idealistischen Quatsch schön zu reden, damit siedarüber nicht verbittern.


    Aber dazu haben sie natürlich jedes Recht, als freie mündige BürgerInnen.

    Was Du offensichtlich nicht verstehen willst ist, dass es gesellschaftlichen Wandel nicht aus Zauberei heraus gibt, sondern der aus Erkenntnisprozessen, Stückwerk und viel Überzeugungsarbeit in Tippelschritten entsteht.

    Es ist deshalb auch alles andere als egal, ob Du, ich oder Frau Neubauer hinterfragen, was wir so den lieben langen Tag lang tun.

    Denn nur aus dem Hinterfragen dieser Tätigkeit kann die Erkenntnis erwachsen, dass das alles irgendwie nicht ganz so sinnvoll ist und daraus der (politische) Wille einer größeren Menge, daran etwas zu ändern.


    Du wetterst hier wieder und wieder und wieder gegen jeden ersten Schritt, weil Du meinst, Du wüsstest schon, was das Ziel sein müsse, verstehst dabei aber nicht, dass eine gesellschaftliche Veränderung nicht von ein paar wenigen Auskennern ausgelöst wird, sondern von einer wachsenden Bewegung und anstatt diesen ersten kleinen Schritt (das Hinterfragen der Sinnhaftigkeit der eigenen beruflichen Tätigkeit im Kapitalismus) als eben dies anzuerkennen, einen ersten kleinen Schritt, wetterst und nörgelst und meckerst Du, warum die denn nicht alle, so wie Du eben, die Wahrheit erkennen mögen...


    Vielleicht führt dieser erste kleine Schritt nicht dorthin, wo Du Dir das Ziel vorstellst, wenn der erste Schritt aber nicht gemacht wird, führt alles ins Nichts. Damit sollte man sich vielleicht einfach irgendwann mal auseinandersetzen. Oder Du gefällst Dir eben weiterhin in der Rolle der Kassandra. Aber aus Selbstgerechtigkeit ist noch nie irgendwas sinnvolles entstanden.

  • Was Du offensichtlich nicht verstehen willst ist, dass es gesellschaftlichen Wandel nicht aus Zauberei heraus gibt, sondern der aus Erkenntnisprozessen,

    Doch, doch, Genau das habe ich leider verstanden. Aber um einen Sachverhalt zu erkennen, muss man halt auch willens sein zu begreifen wie er zustande kommt.

    Du wetterst hier wieder und wieder und wieder gegen jeden ersten Schritt, weil Du meinst, Du wüsstest schon, was das Ziel sein müsse, verstehst dabei aber nicht, dass eine gesellschaftliche Veränderung nicht von ein paar wenigen Auskennern ausgelöst wird, sondern von einer wachsenden Bewegung und anstatt diesen ersten kleinen Schritt (das Hinterfragen der Sinnhaftigkeit der eigenen beruflichen Tätigkeit im Kapitalismus) als eben dies anzuerkennen, einen ersten kleinen Schritt, wetterst und nörgelst und meckerst Du, warum die denn nicht alle, so wie Du eben, die Wahrheit erkennen mögen...

    Ich wettere nicht gegen "jeden ersten Schritt" sondern ich wettere dagegen, dass sich Luisa Neubauer und ihre MitstreiterInnen standhaft weigern, die Ursache des Problems zu benennen und sich statt dessen an seinen Symptomen abarbeiten. Ich wettere dagegen, dass sich ganz allgemein in der öffentlichen Debatte immer nur an den selben Symptomen abgearbeitet und eine bessere Herrschaft gefordert wird, und dass sich das hier im Forum nahtlos fortsetzt.

    Ich wettere dagegen, dass man sich auf dem ganzen politischen Spektrum völlig darin aufreibt, irgendeine Gruppe zu Identifizieren, die daran Schuld sein muss, dass die gute Herrschaft einfach nicht die Wahlen gewinnt und endlich gut herrscht.


    Abgesehen davon bin ich immer wieder fasziniert davon, wie eisern Ihr Euch darauf kapriziert, es müsste doch konstruktive Kritik geübt werden, so als dächtet ihr - genau wie die Fridays for Future - wirklich, dass sich die Herrschende Klasse und ihre Gesetzgeber von euch erklären lassen wollte wie sie zu herrschen hat, obwohl die uns eigentlich jeden Tag mit Anlauf mit dem Arsch ins Gesicht springen und das als ihren demokratischen Auftrag verkaufen.


    Und während dessen werden Mitglieder der letzten Generation unter Beifall weiter Teile der "liberalen" bürgerlichen Mitte - und nach herrschender Gesetzeslage völlig korrekt - zu harten Geldstrafen dafür verurteilt, zu gefährlichen Kriminellen erklärt, und von der uniformierten Staatsgewalt und besorgten LohnarbeiterInnen dafür von der Straße geprügelt, dass sie für die Ermächtigung des Staates protestieren und von der politischen Klasse einfordern, dass die endlich tut was sie sich selbst als Ziel gesetzt hat.


    Ich kann nichts dafür, dass Du und Deine demokratischen Mitbürger daran nichts erkennen wollen, was nicht schon vor hundert Jahren klar war, als sich die deutsche Sozialdemokratie in einen linksradikalen und einen bürgerlichen, staatstragenden Teil aufspaltete.


    Ist ja nicht so, als würde ich mir hier nicht die Finger wund schreiben, um irgendwie begreiflich zu machen, wo da der Widerspruch im bürgerlichen Bewusstsein sitzt.

  • Doch, doch, Genau das habe ich leider verstanden. Aber um einen Sachverhalt zu erkennen, muss man halt auch willens sein zu begreifen wie er zustande kommt.

    Ich wettere nicht gegen "jeden ersten Schritt" sondern ich wettere dagegen, dass sich Luisa Neubauer und ihre MitstreiterInnen standhaft weigern, die Ursache des Problems zu benennen und sich statt dessen an seinen Symptomen abarbeiten.

    Könnte das vielleicht daran liegen, dass mancher viele die Allermeisten eben erstmal den ein oder anderen Schritt auf der Leiter der Erkenntnis machen müssen?

    Und könnte Deine Verzweiflung daran liegen, dass Du von oben auf die ersten Sprossen schaust, an denen sich Frau Neubauer und Co. abmühen?

    Du kannst ja gerne weiterhin auf den Heureka!-Moment einer breiten Gesellschaftsschicht hoffen, mit dem die auf dieser Leiter direkt bis zu Dir hochspringen, allein, ich wage zu zweifeln, dass der kommen wird.

    Wenn man nicht zugesteht, dass Schritt für Schritt erkannt wird, dass z. B. Arbeit nicht alles im Leben ist, dass man nicht Untertan des Arbeitgebers ist usw., dann wird man gesellschaftspolitisch genau gar nichts erreichen.

    Ich kann nichts dafür, dass Du und Deine demokratischen Mitbürger daran nichts erkennen wollen, was nicht schon vor hundert Jahren klar war, als sich die deutsche Sozialdemokratie in einen linksradikalen und einen bürgerlichen, staatstragenden Teil aufspaltete.


    Ist ja nicht so, als würde ich mir hier nicht die Finger wund schreiben, um irgendwie begreiflich zu machen, wo da der Widerspruch im bürgerlichen Bewusstsein sitzt.

    Und Du merkst einfach nicht, wie wenig Dein Finger wundschreiben bewirkt, wenn Du hier ausgerechnet mir sowas erzählst...

    Dass das alles schon vor hundert Jahren klar war, ist schlicht und ergreifend bei 95%+ der Bevölkerung NICHT angekommen. Dass das die eigentliche Aufgabe ist und Du politisch mit einem 0 auf 100 genau niemanden überzeugen wirst, der nicht eh schon überzeugt ist, sollte Dir doch irgendwann auch mal auffallen? So schlau bist Du doch, lieber Sisyphos?


    Großer Wandel macht Angst, mit sowas ausgerechnet dem deutschen Spießbürger kommen zu wollen, muss in die Hose gehen. Deshalb, auch wenn das frustrierend ist, ist ein kleiner Schritt wie der, die Sinnlosigkeit wenn nicht gar Schädlichkeit seiner Arbeitstätigkeit anzuerkennen (auch wenn im Klimakontext verhaftet), im Sinne der Erkenntnis ein Schritt in die richtige Richtung, auch wenn er sich erstmal nicht gegen den Kapitalismus oder die herrschende Klasse richtet.

  • Könnte das vielleicht daran liegen, dass mancher viele die Allermeisten eben erstmal den ein oder anderen Schritt auf der Leiter der Erkenntnis machen müssen?

    Und könnte Deine Verzweiflung daran liegen, dass Du von oben auf die ersten Sprossen schaust, an denen sich Frau Neubauer und Co. abmühen?

    Du kannst ja gerne weiterhin auf den Heureka!-Moment einer breiten Gesellschaftsschicht hoffen, mit dem die auf dieser Leiter direkt bis zu Dir hochspringen, allein, ich wage zu zweifeln, dass der kommen wird.

    Lieber Genosse fruchtoase


    Ich habe das schon seit dem alten Aufwachen!-Forum gefühlt hundert mal erklärt und ganz sicher warst auch Du schon mehrfach Adressat dieser Erklärung, aber ich helfe Deinem Gedächtnis gerne nochmal auf die Sprünge:


    ICH WILL HIER KEINE REVOLUTION HERBEI SCHREIBEN!


    Ich will Leuten, die sich offenbar überdurchschnittlich für politische Zusammenhänge interessieren - denn sonst würden sie sich ja nicht in politischen Foren herum treiben und das politische Geschehen kommentieren, oder wenigstens die Kommentare lesen - klar machen, dass es nichts bringt, sich immer wieder darüber auszulassen, wie schlecht die herrschende politische Führung die kapitalistische Gesellschaft organisiert, und dann seitenlang - oder in fünftstündigen Podcasts - darüber zu diskutieren, wie sie das besser machen, oder wer statt ihrer besser die gute Herrschaft repräsentieren sollte.

    Das versuchen Sozialdemokraten seit über hudert Jahren und es hat noch nie dauerhaft zu der besseren Herrschaft geführt, die ihr Euch offenbar so sehnlich wünscht.

    Großer Wandel macht Angst, mit sowas ausgerechnet dem deutschen Spießbürger kommen zu wollen, muss in die Hose gehen.

    Wenn ich mit normalen Leuten rede, die nicht in politischen Foren aktiv sind, dann erzähle ich denen nicht das selbe wie z.B, Dir. Dann zitiere ich denen nicht stundenlang Marx & Engels ins Gesicht, sondern ich höre mir an, welche Probleme die in ihrem Alltag haben und versuche dann, wenn sich die Gelegenheit bietet, vorsichtig darauf hinzuweisen, dass daran vielleicht gar nicht nur der blöde Chef, die dämlichen ArbeitskollegInnen oder die doofen Politiker schuld sind, sondern dass ganz viele Menschen genau die selben Probleme haben, weil das sozioökonomische System in dem wir leben diese Probleme verursacht.

    ich habe vollstes Verständnis dafür, dass diese Menschen keine radikalen KapitalismuskritkerInnen sind und ich nehme denen nicht mal übel, dass viele von ihnen den Kapitalismus sogar verteidigen, weil mir völig klar ist, dass sie es halt nicht besser gelernt haben.


    Was mich frustriert ist, dass Leute die offensichtlich die nötige Bildung und die Zeit dazu haben, sich über die politischen Verhältnisse mehr Gedanken zu machen als der gemeine deutsche Spießbürger sich dennoch intellektuell nicht über das von der herrschenden Ideologie eingezäunte Denken des deutschen Spießbürgers hinaus bewegen, um zumindest hier - in diesem virtuellen Raum, wo sie ihren Gedanken ganz anonym freien Lauf lassen könnten, ohne dass sich das auf ihren Alltag und ihre materiellen Verhältnisse schädlich auswirken würde -, mal zuzulassen, dass anders über die Welt nachgedacht wird, als es den allermeisten Menschen draußen im real existierenden Kapitalismus möglich ist, ohne gleich den Teufel der totalitären Diktatur des Proletariats an die Wand zu malen, oder den Kritikern der herrschenden Verhältnisse vorzuhalten, sie seien völlig weltfremd und hätten sowieso gar keinen fertigen Plan für bessere Verhältnisse parat.


    Noch schlimmer ist es allerdings, wenn Leute, die in der Öffentlichkeit stehen, weil sie sich öffentlich Gedanken über sozioökonomische Zusammenhänge machen - wie zum Beispiel Frau Neubauer - bei ihren öffentlichen Auftritten und Vorträgen, auf Podiumsdiskussionen oder auf twitter zwar lauter elaborierte Kritiken, Analysen und Theorien vortragen, die der gemeine Normalbürger häufig auch nicht auf Anhieb nachvollziehen kann - wie z.B.: "Die Klimakrise ist sexistisch" -, und sogar ganze Bücher damit voll schreiben, wie sie "Unsere Welt neu denken" wollen, dabei aber zielsicher genau die eine Form der Kritik, Analyse und Theorie aussparen und darum herum denken, die sich mit dem eigentlichen Kern des Problems befasst.


    Das müssten die - die ganzen kritischen "linken" JournalistInnen, SozialwissenschaftlerInnen, KlimaaktivistInnen und linksgrünen Berufsintellektuellen mit öffentlicher Reichweite - aber tun, damit sich im bildungsbürgerlichen gesellschaftlichen Diskurs überhaupt eine echte Debatte über den Kapitalismus - nicht bloß über seine immer wieder beklagten Symptome! - entspinnen, und es so schliesslich auch irgendwann mal zum deutschen Spießbürger durchdringen könnte, dass seine eigenen Probleme möglicherweise etwas damit zu tun haben, dass auch in der demokratischen bürgerlichen Gesellschaft des 21. Jahrhunderts nicht "das Volk" den demokratische Souverän bildet, dessen politischer Willensbildung sich die repräsentative Herrschaft zu fügen hat, sondern dass es das in der nationalen Volkswirtschaft investierte Kapital ist, dessen unbändigen Willen zum Wachstum die politische Führung bedienen muss, damit der deutsche Spießbürger nicht seinen Arbeitsplatz, seine Rente oder sein fossil beheiztes Eigenheim mit Doppelgarage und Gartenzaun verliert, und dessen möglichst gute Platzierung im internationalen Wettbewerb der Wirtschaftsstandorte sie den deutschen BügerInnen - den spießigen wie den progressiven - deshalb als ultima ratio der demokratischen Staatsräson verkauft.


    Auch folgendes habe ich schon zig mal - sicher auch Dir, lieber Genosse fruchtoase - geschrieben:


    Die Leute müssen selbst erkennen, was das Problem ist.


    Das kann man ihnen nicht von oben herab oktroyieren und wenn man noch tausend kluge Vorträge hält, Bücher darüber schreibt, und fünfstündige Podcasts dazu macht. Man kann nur versuchen, sie dazu zu bringen, sich selbst über die Widersprüche dieser gesellschaftlichen Organisationsform mit ihren eigenen materiellen Bedürfnissen klar zu werden. Dafür muss aber öffentlich über diese Widersprüche und Zirkelschlüsse geredet werden.


    Radikale linke Kapitalismuskritik ist nicht dazu da, den Menschen die richtige Ideologie beizubringen, sondern dazu, ihren Verstand von seiner Verwendung für den Profit der herrschenden Klasse und für die Befestigung von deren Herrschaftsansprüchen zu befreien, weil die radikalen linken KapitalismuskritikerInnen schon immer der Auffassung waren, dass die arbeitenden Menschen nicht zu blöd sind um das zu verstehen, sondern dass sie von den herrschenden materiellen Verhältnissen dazu gezwungen werden, ihre physische und geistige Arbeitskraft in den Dienst anderer Menschen zu stellen, weil davon ihre materielle Existenz abhängt - und dass sie deshalb notgedrungen ihren Verstand von Ideologien vereinnahmen lassen, die ihnen dabei helfen, ihre Abhängigkeit als Selbstverständlichkeit anzunehmen, oder sie gar zum Ausweis ihrer individuellen bürgerlichen Freiheit, ihres Nationalstolzes, ihrer supranationalen Wertebasiertheit, oder sonstigen idealistisch-identitären Gruppendenkens umzudeuten, und dann gegen alle radikale Kritik zu verteidigen, bzw. sich politischen FührerInnen anzuschliessen, die das für sie mit der Staatsgewalt erledigen.


    Denn wenn das nicht geschieht, während die herrschenden Verhältnisse gerade auf der ganzen Welt ins Wanken geraten, weil sie sich angesichts des Klimawandels, der kommenden Automatisierung der geistigen Arbeitskräfte durch lernfähige "intelligente" Software, und des drohenden Weltkrieges zwischen atomaren und ökonomischen Supermächten nicht mehr politisch einhegen und stabilisieren lassen, dann werden die Menschen sich irgendwann garantiert neuen Ideologien zuwenden und sich politischen FührerInnen anschliessen, die ihnen versprechen, mit harter Hand und starker Staatsgewalt das Volk zusammen zu halten und für Sicherheit vor den äußeren und inneren Agenten des Chaos zu sorgen.

  • ICH WILL HIER KEINE REVOLUTION HERBEI SCHREIBEN!
    [...]

    Wenn ich mit normalen Leuten rede, [...] höre mir an, welche Probleme die in ihrem Alltag haben und versuche dann [...] vorsichtig darauf hinzuweisen, dass daran vielleicht gar nicht nur der blöde Chef, die dämlichen ArbeitskollegInnen oder die doofen Politiker schuld sind, sondern [...] das sozioökonomische System in dem wir leben diese Probleme verursacht.

    ich habe vollstes Verständnis dafür, dass diese Menschen keine radikalen KapitalismuskritkerInnen sind und ich nehme denen nicht mal übel, dass viele von ihnen den Kapitalismus sogar verteidigen [...]


    Du sprichst also manchmal mit Leuten, deren Ansichten sich von Deinen radikal unterscheiden.


    Hegst Du Hoffnung, dass diese Leute eigenständig die Richtigkeit Deiner Lösungsvorschläge irgendwann erkennen werden?


    Vielleicht ist es falsch, Deine Gespräche gleichzusetzen mit "Revolution-herbei-schreiben". Aber zumindest kann man den Eindruck bekommen, dass Deine Lösungsvorschläge keine Einzelschritte beinhalten. Einzelschritte, Versuche, Fehlererkennung, Fehlerkorrektur ... solche schrittweisen Zyklen habe ich in Deinen Reden bisher nicht vernommen, und genau solche Schritte machen eine nicht-revolutionäre Methode doch aus, -- im Gegensatz zu einer Revolution, wo in kurzer Zeit etwas radikal umgeschaltet wird -- was nie ohne Gewalt und dummen Fehlern geht (weil die Theorie nie in der Praxis erprobt wurde).


    Wenn Du die oben genannte Hoffnung hegst, dass ein radikal anders Denkender eines Tages Deinen Ansichten zustimmt und dass immer mehr Menschen dem folgen werden, und diese dann irgendwann die Mehrheit des Volkes ausmachen, dann ist da, denke ich, der Kipppunkt erreicht, wo der Rest des Volkes sich ebenso radikal anzupassen hat, auch wenn dieser Rest diese neuen Ansichten (noch) nicht akzeptiert. An diesem Punkt könnte es revolutionär knallen, weil keine Einzelschritte auf dem Plan sind. Sehe ich das zu pessimistisch?

  • Ich habe Dir auch nicht unterstellt, eine Revolution herbeischreiben zu wollen, aber eine gesellschaftliche Veränderung willst Du doch ganz offensichtlich.


    Und wenn Du kritisierst, dass diese ganze kleinteilige Kritik an Stellschrauben der kapitalistischen Herrschaft nichts brächte, muss ich doch zunächst mal fundamental widersprechen. Das Leben der Menschen hat diese Kritik massiv verbessert. Das ist ganz sicher keine Lösung, die das grundlegende Problem aufgreift, aber dass wir uns hier stundenlang in Randgruppenforen austauschen können und nicht wie in den USA nur eine handvoll Tage im Jahr überhaupt Urlaub haben oder wie in Bangladesch 16h an der Nähmaschine hocken, ist zum Teil Verdienst eben dieser Sozialdemokraten (ich will jetzt nicht darüber diskutieren, dass wir die Knochenarbeit auslagern und so). So sehr man sie auch verachten mag, es gibt durchaus noch schlimmere.

    Und dass wir hier die Freiheit haben, über gesellschaftliche Alternativen frei zu diskutieren, ist ebenfalls keine Selbstverständlichkeit. Man blicke nur nach China.

    Es ist also keineswegs so, dass das alles nichts brächte, es ist nicht die Lösung, aber es ist besser als nichts.

    Und da kommen wir zum Punkt, an dem Du Dich dann ja auch mal fragen musst, was genau hat Dein Treiben bisher konkret bewirkt? Die Intention, schön und gut, was genau ist das Ergebnis?


    Für mehr habe ich jetzt keine Zeit, das kommt später.

  • Deine Frage ist zweideutig. Zielt sie nur auf "fertige" oder auf "alle"?


    Egal.


    Naja, da gibt es über 10000 Zitiermöglichkeiten. Ich nehme mal diese von eben:


    Zitat


    weil das sozioökonomische System in dem wir leben diese Probleme verursacht.


    Daraus lese ich die Lösung:

    Das sozioökonomische System in dem wir leben muss weg (oder verändert werden).


    Jetzt wirst Du Haare spalten und sagen:

    Das ist keine Lösung, sondern nur ein Hinweis auf die Ursache des Problems.


    Dann sage ich:

    OK, ich habe Dich falsch verstanden. Du hast noch nie eine Lösung vorgeschlagen. Die Ursachen sind Dir zwar bekannt, aber das Bekannte ist noch nicht bekannt genug, um es fortan zu vermeiden. Die Glocke ist zu laut, weil der Hammer zu hart schlägt. Der Hammer ist die Ursache. Aber den Lösungsvorschlag, den Hammer weicher zu stellen, den kann man daraus nicht lesen. Gut, wenn das so ist, bestehen Deine 10000 Beiträge wohl nur aus Klagen. Nur Klagen, und nicht ein einziges Mal eine Idee, wie man das Beklagte auflösen könnte.

  • Wemir, die Feinheit der Lösung der von Utan beschriebenen Probleme wird nicht von mir bestimmt, sondern von Utan.


    Wenn das Problem grob beschrieben ist, ist auch die in dieser Beschreibung innewohnende Lösung grob.


    Wenn das Problem detailiert beschrieben ist, ist auch die in dieser Beschreibung innewohnende Lösung detailiert.


    Grobes Beispiel:

    "Der Kapitalismus ist euer Feind!"

    Lösung: Weg mit dem Kapitalismus.


    Detailiertes Beispiel:

    "Ab 100 km/h ist der exponentielle Anstieg des Luftwiderstands so hoch, dass der wirtschaftliche Schaden bei höheren Geschwindigkeiten unverhältnismäßig groß wird."

    Lösung: "Wegen des exponentiellen Anstiegs des Luftwiderstands bei über 100 km/h und dem daraus folgenden unverhältnismäßig hohen wirtschaftlichen Schadens, sollte die Obergrenze auf 100 km/h gesetzt werden."

  • Das sozioökonomische System in dem wir leben muss weg (oder verändert werden).

    Ja das hast Du ausnahmsweise richtig gelesen.

    OK, ich habe Dich falsch verstanden. Du hast noch nie eine Lösung vorgeschlagen. Die Ursachen sind Dir zwar bekannt, aber das Bekannte ist noch nicht bekannt genug, um es fortan zu vermeiden. Die Glocke ist zu laut, weil der Hammer zu hart schlägt. Der Hammer ist die Ursache. Aber den Lösungsvorschlag, den Hammer weicher zu stellen, den kann man daraus nicht lesen. Gut, wenn das so ist, bestehen Deine 10000 Beiträge wohl nur aus Klagen. Nur Klagen, und nicht ein einziges Mal eine Idee, wie man das Beklagte auflösen könnte.

    Meine Idee, das Beklagte aufzulösen ist eine ganz alte linke Idee. Ich glaube, dass man die Menschen selbst dazu befähigen muss, eine bessere Organisation der Gesellschaft zu finden.


    Der Schlüssel dazu ist die Aufhebung des Privateigentums an den Produktionsmitteln.


    Das alleine wäre noch überhaupt keine Lösung, aber eine Voraussetzung dafür, dass die Menschen sich überhaupt frei von den systemischen Zwängen, denen sie in der bisherigen Privatwirtschaft unterworfen sind, über eine Alternative verständigen könnten - und dann eben nicht dergestalt, dass irgendein großer Wladimir Ilyitsch Utan mit seinen revolutionären Heerscharen vom Himmel herab steigt, den Staat übernimmt, und ihnen vorschreibt, wie sie sich zu organisieren haben, sondern indem sie sich demokratisch darauf einigen wie sie das tun wollen.


    Wie man da genau hinkommen soll weiß ich nicht.


    Ich weiß nur, dass man da nie hinkommen, und dass es eher eine rechte, nationalistische Revolution geben wird, wenn sich studierte ExpertInnen die sich irgendwie als "links" empfinden und in Sachen wirtschaftlicher Organisation deutlich klüger und belesener sind als ich, weiter standhaft weigern, diese simple Tatsache anzuerkennen, und stattdessen weiter an ihren immer feineren Stellschräubchen herum drehen, um irgendwie doch noch die ökosozialedemokratische Marktwirtschaft zu erreichen, bevor der ganze Laden unter seiner eigenen Wachstumsschwäche chaotisch zusammenbricht, oder sich im nuklearen Feuer auflöst, während die derzeitige politische Herrschaft und die Oppositionsführung schon mal die großen Daumenschrauben aus dem alten Agenda-Arsenal holen, weil die nächste globale Krise des Kapitalismus immer mehr an Fahrt aufnimmt und die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes auf dem Spiel steht, und man nebenher auch noch meint, einen Krieg um irgendwelche "Werte" am Laufen halten zu müssen, der zig Milliarden an Dollars und Euros, und zigtausende an Menschenleben kostet.


    Wenn Du die oben genannte Hoffnung hegst, dass ein radikal anders Denkender eines Tages Deinen Ansichten zustimmt und dass immer mehr Menschen dem folgen werden, und diese dann irgendwann die Mehrheit des Volkes ausmachen, dann ist da, denke ich, der Kipppunkt erreicht, wo der Rest des Volkes sich ebenso radikal anzupassen hat, auch wenn dieser Rest diese neuen Ansichten (noch) nicht akzeptiert. An diesem Punkt könnte es revolutionär knallen, weil keine Einzelschritte auf dem Plan sind. Sehe ich das zu pessimistisch?


    Du bist doch überzeugter Demokrat. Nicht dass ich das für besonders wahrscheinlich hielte, aber nur mal so als Gedankenexperiment:


    Warum wäre eine demokratische Mehrheitsentscheidung zur Abschaffung des Privateigentums zugunsten demokratischer Betriebe in Arbeiterhand Deiner Ansicht nach so furchtbar, dass Du denkst, das müsste in ein totalitäres Revolutionsregime ausarten?


    Bist Du Investmentbanker, Mietshausbesitzer, oder privater Eigentümer eines Unternehmens?

  • Grobes Beispiel:

    "Der Kapitalismus ist euer Feind!"

    Lösung: Weg mit dem Kapitalismus.

    oder: Mach ihn zu deinem Freund.

    oder: ...


    Detailiertes Beispiel:

    "Ab 100 km/h ist der exponentielle Anstieg des Luftwiderstands so hoch, dass der wirtschaftliche Schaden bei höheren Geschwindigkeiten unverhältnismäßig groß wird."

    Lösung: "Wegen des exponentiellen Anstiegs des Luftwiderstands bei über 100 km/h und dem daraus folgenden unverhältnismäßig hohen wirtschaftlichen Schadens, sollte die Obergrenze auf 100 km/h gesetzt werden."

    Woher nimmt man, dass Wirtschaftlichkeit die hier zu optimierende und relevante Größe ist?

  • Recht hat sie.

    Wer es kann, sollte nicht bei solchen Unternehmen arbeiten.

    Ginge es um Rüstungsunternehmen, würde da wohl auch niemand widersprechen (militärbewegte Grüne mal ausgenommen).

    Nicht jeder hat die Wahl, das ist natürlich auch klar.

    Würde auch zustimmen. Für Machtstrukturen ist es schwierig sich der Mentalität der Leute über die die Machtstruktur herrscht zu entziehen. Weil Machtstrukturen immer von der Legitimtät die sie in den Augen der Leute hat, abhängt. Und wenn sich die Mentalität der Leute dahin entwickelt, dass die Leute mehr Sinn in ihrer Arbeit haben wollen oder dass sie weniger das Rädchen in der Maschine spielen wollen, dann könnte das durchaus die Legitimtät des Kapitalismus und der Lohnarbeit (in diesem Fall die Machtstruktur) in Frage stellen. Und meine Idee ist halt die demokratisierung des Arbeitsplatzes als Lösung. Weil die Arbeiter (die Leute) dann nicht mehr das Rädchen in der Maschine spielen müssen, sondern der Arbeitsplatz dann wirklich ein Ort geworden ist, wo man sich kreativ einbringen kann, wo die eigene Meinung eine Rolle spielt und der Arbeitsplatz dann zu einem Ort geworden ist, wo man sich Sinn schafft. Man halt nicht mehr das Rädchen in der Maschine ist.


    Und Marx hat das auch nicht so eng gesehen. Die Proletarier sollten ja die Revolution machen, weil sie aus ihrem inneren heraus (ohne Anleitung von jemand anderem) das System als fundamental ungerecht dann sehen.

  • Wemir, die Feinheit der Lösung der von Utan beschriebenen Probleme wird nicht von mir bestimmt, sondern von Utan.


    Wenn das Problem grob beschrieben ist, ist auch die in dieser Beschreibung innewohnende Lösung grob.


    Wenn das Problem detailiert beschrieben ist, ist auch die in dieser Beschreibung innewohnende Lösung detailiert.


    Du willst also sagen jede Problembeschreibung wohnt eine Lösung inne?


    Das ist das Problem. Lösung: Kein Problem mehr haben.


    Ich würde sagen, du leitest hier eine bestimmte Lösung ab und zwar nicht allein aus der Beschreibung, sondern weil du weist in welche Richtung es geht.


    Denn warum soll die sich ergebende Lösung aus dieser Problembeschreibung:


    Zitat

    weil das sozioökonomische System in dem wir leben diese Probleme verursacht.


    Nur entweder die Abschaffung oder die Änderung des Systems sein? Und nicht die bessere Anpassung des Menschen an das System, lernen die Probleme nicht als solche zu empfinden oder der Klassiker, die Auslöschung der Menschheit?


    Ich würde also bestreiten, dass das ein Lösungsvorschlag ist, es impliziert höchstens einen.

  • "Mach ihn zu deinem Freund."


    Ja, oder: "Gewöhne dich an ihn."


    Und so weiter.


    Die Beispiele sind nur Sprachbeispiele für den Unterschied zwischen "grob" und "detailiert". Du kannst statt "Wirtschaftlichkeit" auch "Umweltschutz" nehmen, etc.


    Es geht um die Veranschaulichung von Utans unterschwelliger Behauptung, er nenne stets nur Ursachen und diese implizierten niemals "fertige Lösungen".

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!