Ich habe mir mal erlaubt einen neuen Thread zu eröffnen, damit, damit der Alte nicht im Offtopic endet.
Sprache ist viel mehr als nur Kommunikation. Sie ist auch Träger von Kultur, Tradition, Wandel, beeinflusst die gedankliche Lebenswelt und das kollektive Gedächtnis von ganzen Menschengruppe über tausende Generationen hinweg. In Sprache findet man aber auch soziale Hierarchie, Verhältnis von Herrscher und Beherrschten, Positionen von Gruppen in der Gesellschaft, Abstufung und Abgrenzung. Aber wenn man Sprachen zerstört, zerstört man auch den Mensch und das, was ihn auszeichnet
Also werden Menschen zerstört, die in ein anderes Land mit anderer Sprache ziehen? Ein hergezogener Muslime, der Deutsch lernt, ist plötzlich kein Muslime mehr, führt keine heimatlichen Kulturrituale mehr aus, oder bleibt Muslime, ist aber völlig zerstört? Das halte ich sehr für an den Haaren herbeigeführt.
Mal angenommen die Welt entscheidet sich von heute an jeden Nachkommen zweisprachig zu erziehen. Mit der Muttersprache und mit der Weltsprache, die in 150 Jahren zur Muttersprache werden soll. Welche Kultur hätte man zerstört? Die europäer würden weiterhin Weihnachten und Ostern feiern, die Chinesen würden ihr Neujahresfest nicht aufgeben usw.
Und selbst wenn es so wäre, wie du schreibst. Würden unsere Nachkommen in 100 Jahren der alten Sprache hinterher trauern oder sich ihrer kulturellen Identität beraubt fühlen? Ganz vereinzelte Menschen sicherlich, aber wohl kaum die Masse. Oder heulen wir der deutschen Sprache heutzutage hinterher, die schon Goethe und Schiller nicht mehr gesprochen haben?
Das ist genau das, was ich im vorherigen Thread meine. Ich verstehe nicht, was daran so identitätsbildend ist. Jeder Mensch im direkten Umfeld beeinflusst mich mehr als die Sprache. Aber 1000 Sprachen führen zu Kommunikationshindernissen die wiederum Rassismus begünstigen. 1000 Sprachen erschweren kulturellen Austausch. Und 1000 Sprachen sorgen dafür, dass viele Dinge (unter anderem internationale Kulturgüter) in vielen Sprachen übersetzt werden müssen, eigentlich überflüssige Arbeit. Zudem sind wir in Deutschland ziemlich privilegiert und haben z.B. nahezu jeden Film mit deutscher Synchro. In anderen Ländern muss man Dinge fast immer in englisch hören oder lesen.
Sprachhindernisse können dabei auch politisch relevant sein. Ein EU-Text in englisch kann dazu führen, dass weniger Menschen Zugang dazu haben. Denn selbst bei jenen, die grundlegende Englischkenntnisse haben kann das Sprachniveau in einem solchen Text zu hoch sein.
Wir halten an einer eingebildeten kulturellen Identität fest, die durch Sprache verursacht wird und tun so, als ob alles den Bach runter geht. Ich bedauere die Sprachhürden sehr. Das wird gerade im Internet umso deutlicher, wo Menschen auf der anderen Seite der Welt meine quasi Nachbarn sind.