Beiträge von 0815

    Aus aktuellem Anlass würde mich folgendes interessieren: Jetzt, wo sich die außenpolitische Lage dramatisch verändert hat, kann man es sich da noch leisten, einen Kampf gegen die Impfgegner zu führen? Kommt es jetzt nicht darauf an, dass wir als Gesellschaft möglichst geschlossen zusammenstehen und unnötige Konflikte vermeiden?

    Das ist doch eine ganz andere Abteilung in dem Sinne, dass das zu allererst einmal individuelle Probleme sind. Die eigene ungesunde Ernährung macht den Nachbarn nicht krank. Wer säuft macht primär sich selbst kaputt, wer dagegen raucht, muss mittlerweile an die frische Luft.


    Wäre wirklich schön, wenn wir in einer Welt leben würden, wo jeder nur für sein eigenes Verhalten die Konsequenzen tragen müsste. Aber das eigene Verhalten (z.B. ungesunde Ernährung) hat eben immer Einfluss auf andere Menschen. Beispiele: 1) Kinder imitieren das Verhalten der Eltern und entwickeln selbst eine ungesunde Lebensweise. 2) Das Gesundheitssystem muss große Kapazitäten bereithalten u.a. für die Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Dadurch stehen weniger Ressourcen für die Behandlung anderer Krankheiten zur Verfügung.

    Soll jetzt aber kein Vorwurf an die freiwillig Ungesunden sein. Ich wollte nur darauf hinaus, dass wir es in anderen gesellschaftlichen Fragen völlig ok finden, wenn Menschen nicht auf den Rat der Mediziner und Wissenschaftler hören.

    Tatsächlich liegen die beiden in Detailfragen häufig daneben ...


    Ich nehme es als etwas widersprüchlich wahr, dass bei den Befürwortern harter Maßnahmen (z.B. Melanie Brinkmann) und Menschen, denen das gefällt, nur selten abgeprüft wird, ob sie richtig lagen oder nicht. Interessant finde ich auch, dass ausgerechnet beim Corona-Thema Menschen aufgrund ihrer Haltung in zwei Lager (vernünftig und unvernünftig) eingeteilt werden. Bei anderen Themen in der Vergangenheit war das nicht so. Wir akzeptieren es beispielsweise, dass sich ein großer Teil der Bevölkerung entgegen des Rates der Ärzte und der Wissenschaft ungesund ernährt und keinen Sport macht.

    Ich denke, wir sollten es uns nicht zu einfach damit machen, Menschen danach zu beurteilen, ob sie bei einem bestimmten Thema anderer Auffassung sind als wir oder ich.

    Es ist aber völlig ok, sich den Podcast von Schroeder und Somuncu nicht anzuhören - aus welchen Gründen auch immer. Ich höre mir die allermeisten Podcasts ja auch nicht an.


    Kritisch sehe ich allerdings das Format "Gunnar Kaiser". Innerhalb seiner Blase eckt Kaiser niemals an – weder in Bezug auf die Talkgäste noch auf seine Gefolgschaft. Er redet seinen Leuten nach dem Mund. Gleichzeitig macht sich Kaiser nach außen hin unangreifbar, weil er immer um den heißen Brei herumredet. Aber seine Gefolgsleute lesen zwischen den Zeilen, was er wohl meint. Das hat etwas sektenartiges, wie man z.B. an den Kommentaren unter den Youtube-Videos sehen kann. Wird leider viel zu selten als Bedrohung thematisiert.

    Inwiefern schadet es Menschen die gegen Covid geimpft sind, wenn andere nicht geimpft sind? Ungeimpfte schaden sich körperlich höchstens selbst.


    Den Schaden tragen die Pflegekräfte, weil sie aus rechtlichen und moralischen Gründen verpflichtet sind, jeden Patienten zu behandeln - auch vermeidbare Patienten, die von sich glauben, dass ihr Körper sehr robust sei. Ich wäre aber offen dafür, innerhalb der aktuellen Krise, von diesem Grundsatz abzurücken. Die Grundannahme muss sein, dass jeder Mensch, der eine Covid19-Impfung ablehnt, auch eine Covid-19-Behandlung ablehnt - es sei denn, er stimmt einer Behandlung ausdrücklich zu. Wer nicht in der Lage ist, sich zu artikulieren, muss vorzeitig entlassen werden bzw. darf gar nicht erst ins Krankenhaus aufgenommen werden. Damit würde die Aussage stimmen, dass Corona-Leugner/Verharmloser frei sind.

    Davon abgesehen, selbst wenn sich die Politik völlig unglaubwürdig machen will und eine Impfpflicht einführt, ist die ganze Sache schwer umsetzbar. Es gibt kein Personendatenregister, wo erfasst ist, wer alles geimpft ist. D.h. offiziell wissen die Behörden z.B. gar nicht, dass ich geimpft bin. So eine Datenbank müsste man erstmal aufbauen. Das ist nicht einfach, weil Daten unterschiedlicher Stellen miteinander verknüpft werden müssten. Datenschutz mal beiseite gewischt. Und dann die Ungeimpften vorladen. Über Sanktionen müsste man sich auch Gedanken machen. Wie hoch muss die Strafe sein, damit es weh tut?

    Ich glaube, das wird nicht funktionieren bzw. wird der Staat weiter an Autorität verlieren, weil er nicht über die geeigneten Methoden verfügt, um die Impfpflicht mal eben schnell umzusetzen. Vielleicht dauert es bis ins Frühjahr, bis sich die Behörden organisiert haben. Die Querleugner lachen und der Staat steht wieder wie ein begossener Pudel da. Darüber sagt die Wissenschafts-Influencerin natürlich nichts.


    Es ist wirklich ein Jammer, dass nichts für die Herbst-/Winter-Saison vorbereitet wurde. Die Querleugner sollten wenigstens einsehen, dass die Annahme einer Corona-Verschwörung bzw. Corona-Diktatur in Anbetracht so einer chaotischen Lage sehr unwahrscheinlich ist.

    Also, mir ist das zu plakativ. Als Influencerin kann man natürlich eine Impfpflicht fordern, allerdings würde sich die Politik wohl sehr unglaubwürdig machen, nachdem eine Impfpflicht mehrfach kategorisch ausgeschlossen hat. Das gesamte politische System könnte Schaden davontragen.


    Es gibt doch eine viel elegantere Lösung, um dem Problem Herr zu werden. Bei ungeimpften Menschen muss unterstellt werden, dass sie nicht gegen Covid-19 behandelt werden möchten, es sei denn, sie stimmen einer Behandlung ausdrücklich zu. Bei jedem eingewachsenen Fußnagel muss man ja auch einer Behandlung zustimmen. Wer einer Behandlung nicht aktiv zustimmt, z.B. weil er bewusstlos ist, kann nicht ins Krankenhaus eingewiesen werden bzw. muss vorzeitig entlassen werden. Danach geht die Impfbereitschaft schon schnell genug von alleine hoch.

    Danke für Deine Einschätzungen.
    Da ich selbst im Bereich der amtlichen Statistik beschäftigt bin, sehe ich das ganze besonders sensibel. Alles was "falsch" oder "komisch" gezählt wird, bietet jedenfalls eine große Angriffsfläche und spielt Querleugnern in die Hände.

    Die Meldungen gehen ja über die Gesundheitsämter. Deswegen würde ich nicht denken, dass es da ein Zuordnungsproblem gibt, wenn Patienten verlegt werden.


    Was heißt das? Jeder Tote wird dem Gesundheitsamt zugeordnet, in dessen Bezirk der Verstorbene seinen Wohnort hatte? Gibt es dafür irgendeine Quelle? Dafür wäre ich Dir sehr dankbar.

    Und bei der Bettenauslastung soll das auch so sein, dass ein schleswig-holsteinisches Bett, welches mit einem Querleugner aus Sachsen belegt ist, regional Sachsen zugeordnet wird? Kann ich mir irgendwie nicht vorstellen. Ich weiß es selbst leider nicht besser.

    Bei der regionalen Zuordnung der Impfung hatten wir ja die umgekehrte Situation, dass der Impfling der Region zugeordnet wird, wo die Impfung verabreicht wurde. [Wobei ich mich da auch frage, wie das gezählt wird, wenn sich der Ort der Erstimpfung und der Zweitimpfung unterscheiden.] Daher war meine Vermutung, dass immer der Ort, indem ein bestimmtes Ereignis (Impfung, medizinische Behandlung, Tod) stattfindet, zur Zählung kommt.

    Ein paar Ideen von mir:


    Norbert Bolz (Medienkritiker, eher rechts angesiedelt, aber das macht die Sache doch spannend)


    Angela Merkel (Altbundeskanzlerin)


    Armin Nassehi (Soziologe, kann aus Sicht der Systemtheorie etwas über die Komplexität der Gesellschaft sagen)


    Markus Stockhausen (Jazz-Musiker, Gegner von 5G)


    Diana Kinnert (CDU-Nachwuchshoffnung, u.a. über das Thema "Einsamkeit")


    Maria Adebahr und/oder Steve Alter (die besten Pressesprecher, die bei der Regierungspressekonferenz in Erscheinung getreten sind)


    Walter Krämer (Statistik-Professor und Autor von „So lügt man mit Statistik“, kann vielleicht einiges zu den Mängeln der Corona-Statistik sagen)


    Judith Sevinç Basad (Journalistin, über das Thema "gendergerechte Sprache")

    Ich habe eine Frage zur Corona-Statistik: Man muss davon ausgehen, dass auch in Bundesländern, wo die Impfquote hoch ist und die Bettenauslastung gering, Querleugner aus anderen Bundesländern behandelt werden und dort mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auch versterben. D.h. nachher wird man – trotz guter Impfquote - möglicherweise in Norddeutschland in Relation zur Gesamtbevölkerung genau so viele Patienten und Tote zählen, wie in Sachsen und Bayern. Welchen Sinn macht es dann, eine regional differenzierte Statistik herauszugeben? Spielt man den Querleugnern damit nicht in die Hände, wenn es nachher so dargestellt wird, dass die Impfung gar nichts bringt, weil in Schleswig Holstein genauso viele Menschen an Corona sterben?

    Für Baden-Württemberg, Sachsen und Thüringen habe ich Impfquoten auf Ebene der Landkreise gefunden


    Interessante Info. In den Metadaten steht allerdings auch der Knackpunkt: Gezählt wird der Ort, wo die Impfung verabreicht wurde. Damit erklärt sich z.B. die erhebliche Diskrepanz zwischen dem Erzgebirgskreis (44%) und dem Vogtlandkreis (70%), obwohl die Bevölkerung habituell sehr ähnlich ist. Viele Bewohner von Sachsen (auch viele Bekannte von mir) haben sich im Impfzentrum in Treuen (Vogtland) impfen lassen. Die mögliche Erklärung ist: Es gab dort mehr Impfstoffdosen, weil die Einheimischen den Impfstoff zu wenig nachgefragt haben. D.h. die Vogtländer sind hinsichtlich der Impfquote überzeichnet.
    Damit ist die Aussagekraft der Daten für mich deutlich eingetrübt.

    Die ersten Weihnachtsmärkte wurden schon abgesagt. Das sind die ersten Anzeichen eines bevorstehenden (partiellen?) Lockdowns. Schwimmbäder und ähnliches werden wohl folgen. Ich glaube, der gesellschaftliche Konflikt wird jetzt komplizierter werden. Es wird wohl Demonstrationen gegen die Corona-Politik geben, die nicht mehr von Corona-Leugnern, sondern von vollständig Geimpften ausgeht. Mal sehen, welche "Narrative" man findet, um diese Leute zu diskreditieren.

    Die sich abzeichnende Entwicklung stellt auch den Sinn der Impfungen infrage. Wenn es sowieso immer wieder auf einen Lockdown hinausläuft und wir uns die Haare selbst schneiden müssen, warum sollte man sich dann impfen lassen? Ich denke, dass von denjenigen, die bisher vollständig geimpft sind, nicht mehr alle für eine Booster-Impfung gewonnen werden können. Das wäre eine verhängnisvolle Entwicklung.

    Wir brauchen eine langfristig geplante und konsistente Politik zur Bewältigung der Pandemie. Ich möchte, dass man nicht nur über die Zweckmäßigkeit einzelner Maßnahmen spricht, sondern auch darüber, wie die Politik in einer Situation der Unsicherheit und gesellschaftlicher Spaltung zu rationalen Entscheidungen kommen kann. Vielleicht ist das politische System zu schlecht organisiert. Ich vermisse auch die Präsenz der Kanzlerin und des Bundespräsidenten.

    Ich frage mich, welche gesellschaftliche Instanz darüber entscheiden soll, welche Sprecher zu einem bestimmten Thema etwas sagen dürfen, und nach welche Kriterien so etwas beurteilt werden soll. Dürfen sich nur noch Experten über ein bestimmtes Thema äußern? Also, nur noch Politiker sollen über Politik sprechen dürfen? Und Journalisten dürfen nur noch über Journalismus sprechen (z.B. über Klatsch und Tratsch oder über Meinungsumfragen)?

    Für mich ist das eine ziemlich autoritäre Haltung, das Sprechen den vermeintlichen Experten zu überlassen. Aus meiner Sicht sollten wir es als Gesellschaft aushalten, Sprechakte so wenig wie möglich einzuschränken. Es liegt ein Stück weit auch in der Verantwortung des Rezipienten, zum Gehörten oder Gelesenen auf Distanz zu gehen und sich ein eigenes Urteil zu bilden.


    Davon abgesehen, finde ich ziemlich schräg, wie hart doch viele Sprecher angegangen werden. Anstatt vom Schlimmsten auszugehen ("Precht ist ein Faschist bzw. Querdenker"), kann man vielleicht auch von der einfachsten Grundannahme ausgehen: Precht hat sich vielleicht in einer Frage geirrt oder verhoben. Kein Grund, gleich an die Decke zu gehen und die Leute zu diskreditieren. Es ist ja auch nicht so, dass man nur "Schwurbler" vom Diskurs ausschließen will. Auch Alexander Kekulé hat man unterstellt, er sei ja gar kein richtiger Wissenschaftler, und könne daher nicht ernst genommen werden ... nur weil er in einigen Detailfragen rund um Corona andere Akzente gesetzt hatte. Für mich ist der Bogen deutlich überspannt.

    Das Problem ist, Verschwörungstheorien lassen sich ja gerade nicht widerlegen. Das ist ein grundsätzlich epistemologisches Problem. Ich kann etwas negatives nicht beweisen. Z. B. kann ich nicht beweisen, dass ich nicht der König von England bin. Das wäre zwar sehr unwahrscheinlich, aber grundsätzlich kann ich es nicht beweisen.


    Wenn man jede These, die man nicht widerlegen kann, verbieten würde, bliebe nicht mehr viel übrig, was man noch behaupten kann. Beispielsweise die Aussage "Wenn wir eine gendergerechte Sprache in Deutschland einführen, haben wir in zweihundert Jahren eine bessere Welt." Ich halte es trotzdem für wichtig, darüber zu diskutieren, auch wenn ich diese These als unplausibel ansehe.


    Vielleicht ist meine Aussage, dass man sogenannte Verschwörungstheorien leicht widerlegen könne, nicht richtig. Dann würde ich es abgeschwächt formulieren: Man kann bei den meisten Verschwörungstheorien innerhalb des Diskurses zeigen, dass die Argumente zur Untermauerung der Hypothese sehr schwach sind. Beispielsweise stehen die Prämissen einer Verschwörungstheorie auf sehr wackeligen Füßen. Viele Verschwörungstheorien basieren beispielsweise auf der Vorstellung, dass hinter den Kulissen der Öffentlichkeit Dinge entschieden werden, die einen hohen Abstimmungsbedarf zwischen den Staatschefs erfordern. Die Inszenierung der Mondlandung durch die US-Amerikaner hätte beispielsweise erfordert, dass sich die US-Amerikaner mit den Sowjets und den Chinesen abstimmen, damit die entsprechenden Geheimdienste die Füße still halten. Wie realistisch ist das? So etwas kann man innerhalb des Diskurses sichtbar machen. Es ist eine Chance, unentschlossene Menschen zu überzeugen.


    Ich sehe das mit der freien Rede ganze natürlich trotzdem ambivalent. Viele Verschwörungstheoretiker sind sehr ausdauernd und wenn man denen unbegrenzte Redefreiheit einräumt, dominieren die schnell den Diskurs und drehen den Spieß um. Plötzlich sind dann "vernünftige" Positionen verdächtig. Es ist ein Ritt auf der Rasierklinge.


    In einem zwischenzeitlich gelöschten Kommentar stand etwas von Diktatur. So eine Aussage stimmt insofern nicht, als dass der Begriff "Diktatur" nur das politische System betrifft. Das Forum ist jedoch kein Bestandteil des politischen Systems, ebenso wenig wie andere Funktionssysteme, in denen ein bestimmtes Verhalten sanktioniert wird, wie z.B. freundschaftliche Netzwerke, Familien, Schulen oder Betriebe. Insofern geht der Vorwurf ins Leere.

    Ich habe mir den kompletten Thread durchgelesen, um zu verstehen, nach welchen Regeln moderiert wird. So ganz klar, scheinen diese nicht zu sein und es wurden auch viele Probleme angesprochen. Vor allem für User, die neu oder nicht so oft hier sind, ist das alles andere als ideal.


    Ein Tipp wäre, die (offizielle) Foren-Netiquette als Thread anzuheften (oder auf eine separate Unterseite).
    ...

    Abgesehen davon, finde ich es falsch, Posts unabhängig vom Inhalt zu löschen, nur weil man den (vermeintlichen) Autor nicht mag.


    Ich stimme Deinen Aussagen im Wesentlichen zu. Aus meiner Sicht ist es ebenfalls wichtig, Transparenz darüber herzustellen, welche Spielregeln gelten und warum bestimmte Beiträge gelöscht werden.

    Andererseits sehe ich auch ein Spannungsverhältnis: Es gibt in Foren erfahrungsgemäß immer wieder Nutzer, die den Diskurs zerstören wollen, z.B. in Form von persönlichen Angriffen unter der Gürtellinie oder absichtliches Missverstehen des Diskussionspartners.

    Wenn die Moderation allerdings Rechenschaft darüber ablegen muss, warum im konkreten Einzelfall bestimmte Beiträge gelöscht wurden, entsteht ein erheblicher Aufwand für den Betrieb des Forums. Und die Spielregeln müssten immer wieder nachjustiert werden, um neue Schlupflöcher zu schließen. Um arbeitsfähig zu sein, ist es daher nützlich, wenn die Moderation ordentlich Beinfreiheit hat. Einer der Kollateralschäden dabei ist, dass versehentlich unschädliche Beiträge gelöscht werden.

    Mir fällt keine Lösung ein, wie man dieses Spannungsverhältnis auflösen kann. Die Frage, wie wir zu einem friedlichen Miteinander bei Diskussionen via Internet kommen können, ist für mich eine der großen Herausforderungen unserer Zeit.


    Das grundsätzliche Verbot, Verschwörungstheorien wiederzugeben, halte ich für problematisch. Als junger Erwachsener habe ich es z.B. für eine Verschwörungstheorie gehalten, dass Lobbyisten wesentlichen Einfluss auf die Politik der Bundesrepublik nehmen. Diese Sichtweise musste ich im Laufe meines Lebens korrigieren. Im kleineren Maßstab gibt es in der Realität sicher so etwas wie Verschwörungen. Ich würde mir aber nicht zutrauen eine klare Grenze zu ziehen zwischen gerade noch berechtigten Zweifeln und absurden Gedankengebäuden. Ich denke nicht, dass es zwingend erforderlich ist, Sprechverbote auszusprechen, denn die meisten Verschwörungstheorien lassen sich argumentativ sehr leicht widerlegen.

    Ich habe noch eine Frage.

    In einer älteren Sendung (Karakaya Talk in 2019) hat Sarah-Lee gesagt, dass sie es bedauere, dass so viele weiße Menschen auf Friday-For-Future-Demonstrationen herumlaufen. Welchen Unterschied hätte es aus ihrer Sicht gemacht, wenn die Bewegung ethnisch diverser gewesen wäre? Wären die Erfolgsaussichten dann besser und falls ja, warum?

    Spiegeln sich in der geringeren Beteiligung von nicht-weißen Menschen nicht auch Klassenunterschiede wieder? D.h. Menschen mit Migrationsgeschichte stehen in der Gesellschaft tendenziell "unten" und Menschen die "unten" stehen, engagieren sich weniger politisch/aktivistisch. D.h. eigentlich müsste man fragen, warum so wenige Arbeitslose, Handwerker oder Altenpfleger bei "Fridays For Future" dabei sind. Ist ethnische Diversität nicht ein Sekundär-Problem?

    Mich würde interessieren, wie sich Sarah-Lee zu der Aussage von Elke Heidenreich positioniert, wonach Sarah-Lee die Vertreterin einer Generation sei, die kaum lese und sich somit sprachlich nicht artikulieren könne. Falls Sarah-Lee dieser Aussage widerspricht, würde mich interessieren, was ihre Lieblingsbücher sind bzw. die Bücher, die sie am meisten in ihrem Denken geprägt haben.

    Verstehe ich das richtig: es gibt immer noch Zweifel, dass Sprache Identität stiftet und dass Sprache kein Werkzeug zur Beschreibung von Welt ist, sondern Sprache selbst Welt schafft?


    Aus meiner Sicht ist es nicht zulässig aus diesen allgemeingültigen Sätze abzuleiten, dass man konkrete gesellschaftliche Probleme lösen kann, in dem man vermeintlich zielgerichtete Veränderungen an der Sprache vornimmt, im Sinne eines Sprach-Engineerings. Beispiel: Man schafft Präteritum, Perfekt und Plusquamperfekt ab, damit sich die Mitglieder einer Gesellschaft nicht mehr so vergangenheitsfixiert verhalten. Ist es wirklich so einfach? Ich sehe keine Belege dafür.