2. Rechtliche Bewertung
Die Verfassungstreue der Beamten ist ein hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums, Art. 33 Abs. 5 des Grundgesetzes (GG).
a) Rechtsgrundlagen
Als Beamter darf nur berufen werden, wer die Gewähr dafür bietet, jederzeit
für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes
einzutreten, § 7 Abs. 1 Nr. 2 des Bundesbeamtengesetzes (BBG).
Beamtinnen und Beamte haben die Pflicht, sich durch ihr gesamtes Verhalten - d.h. inner- und außerdienstlich - zu der freiheitlichen demokratischen
Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes zu bekennen und für deren Erhaltung einzutreten, § 60 Abs. 1 Satz 3 BBG.
Darüber hinaus haben Beamtinnen und Beamte bei politischer Betätigung diejenige Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren, die sich aus ihrer Stellung gegenüber der Allgemeinheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten ihres Amtes
ergeben, § 60 Abs. 2 BBG.
Verstößt eine Beamtin oder ein Beamter gegen seine Pflicht zur Verfassungstreue,
kann dies mit Disziplinarmaßnahmen geahndet werden. Insoweit müssen dem
Dienstvorgesetzten Tatsachen vorliegen, die den Verdacht eines Dienstvergehens
(=schuldhafte Pflichtverletzung) rechtfertigen. Liegen zureichende Anhaltspunkte für
diesen Verdacht vor, muss ein Disziplinarverfahren eingeleitet werden (vgl. § 17
Abs. 1 des Bundesdisziplinargesetzes - BDG -). Gemäß § 5 Abs. 1 BDG kommen
als Disziplinarmaßnahmen gegen aktive Beamte Verweis, Geldbuße, Kürzung
der Dienstbezüge, Zurückstufung und schließlich die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis in Betracht.
b) Rechtsprechung
Es existiert eine umfangreiche Judikatur zu den genannten beamtenrechtlichen
Pflichten und den möglichen Folgen ihrer Verletzung. Einige zentrale Entscheidungen sind folgende:
- 3 -
BVerfG vom 22. Mai 1975, - 2 BvL 13/73 - (sog. Radikalenerlass), Leitsätze 3
und 8:
„Bei Beamten auf Probe und bei Beamten auf Widerruf rechtfertigt die
Verletzung der Treuepflicht regelmäßig die Entlassung aus dem Amt. Bei
Beamten auf Lebenszeit kann wegen dieser Dienstpflichtverletzung im förmlichen Disziplinarverfahren auf Entfernung aus dem Amt erkannt werden.“
„Ein Teil des Verhaltens, das für die Beurteilung der Persönlichkeit eines Beamtenanwärters erheblich sein kann, kann auch der Beitritt oder die Zugehörigkeit zu einer politischen Partei sein, die verfassungsfeindliche Ziele
verfolgt - unabhängig davon, ob ihre Verfassungswidrigkeit durch Urteil
des Bundesverfassungsgerichts festgestellt ist oder nicht.“
Nimmt eine Beamtin oder Beamter für eine Partei oder Organisation, die als
verfassungsfeindlich eingestuft wurde, herausgehobene Funktionsämter
ein, oder nimmt er Wahlkandidaturen für diese Partei oder Organisation
wahr, handelt es sich um Aktivitäten, welche Zweifel an der Verfassungstreue
begründen und zur Einleitung disziplinarischer Maßnahmen führen. Beispiele:
BVerwG vom 12. März 1986, - 1 D 103/84 - zur NPD
VGH Hessen vom 7. Mai 1998, - 2598/96 - Republikaner
Zur Abgrenzung, welche politische Überzeugung und welches daran anknüpfendes Verhalten disziplinarrechtlich relevant ist, hat das BVerwG mit Urteil
vom 27. November 1980 (- 2 C 38/79 -) Folgendes ausgeführt:
Juris Rn. 27:
„Die Verfassungstreuepflicht gebietet dem Beamten zwar nicht, sich mit den
Zielen oder einer bestimmten Politik der jeweiligen Regierung zu identifizieren.
Sie schließt nicht aus, Kritik an Erscheinungen des Staates üben zu dürfen und für eine Änderung der bestehende Verhältnisse - innerhalb des
Rahmens der Verfassung und mit verfassungsrechtlich vorgesehenen
Mitteln - eintreten zu können, solange nicht eben dieser Staat und seine
verfassungsmäßige Ordnung in Frage gestellt wird. Staat und Gesellschaft können an einer unkritischen Beamtenschaft kein Interesse haben. Die Grenzen einer sich im Rahmen der Verfassung haltenden Kritik werden überschritten, wenn die freiheitliche demokratische Grundordnung offen als nicht erhaltenswert bezeichnet wird“.