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Das ganze Ausmaß des Scheitern der Enquete-Kommission macht aber der Bericht über den Stellenwert des Wachstums klar. Wobei er, das muss man zur Ehrenrettung der beteiligten Oppositionsabgeordneten sagen, gegen deren Stimmen verabschiedet wurde. Das, was die Arbeitsgruppe unter dem Vorsitz des jüngsten FDP-Bundestagsabgeordneten Florian Bernschneider (geboren 1986) präsentiert, ist ein Zeugnis der intellektuellen Leere. Den Text zu verantworten haben, so ist aus unterrichteten Kreisen zu hören, vor allem die Sachverständigen Karl-Heinz Paqué, Volkswirt an der Magdeburger Uni und Ex-FDP-Finanzminister in Sachsen-Anhalt, und der Konjunkturforscher Kai Carstensen vom Ifo-Institut.
Ihr Werk von mehr als 100 Seiten, das eigentlich ein Anstoß zum Denken und Handeln sein sollte, atmet auf jeder der schwer zu lesenden Seiten den Geist - oder besser die Geistlosigkeit - eines dienstbeflissen zusammenrecherchierten Referentenentwurfs. Sprachliche Schwächen – so ist mehrfach von „Mitgliedern der Bevölkerung“ die Rede – wären noch zu verzeihen. Ärgerlicher sind die zahllosen Denkfehler, Ungenauigkeiten und unreflektierten, apodiktischen Behauptungen.
Schon in der Einleitung werden Wachstum und Wohlstand wie Synonyme verwendet. Dabei wäre es ein zentrales Ziel der Projektgruppe gewesen, genau diese Unterscheidung auszuarbeiten. Charakteristisch für die Schwäche des gesamten Dokumentes ist auch der inflationäre und unreflektierte Gebrauch der Vokabel „Nachhaltigkeit“. Gedankenlos wird da immer wieder die PR-Phrase vom „nachhaltigen Wachstum“ nachgeplappert. Als ob nicht jedem Ökonomen, Ökologen und überhaupt jedem denkenden Menschen klar sein muss, dass das ein Widerspruch in sich selbst ist, wenn "nachhaltig" nicht zu einer völlig entleerten Worthülse werden soll. Hanebüchen ist die Behauptung, das Wachstum der entwickelten Volkswirtschaften sei ohnehin nur noch "qualitativ" und nicht mehr "quantitativ". Ein simpler Blick auf die Statistik des alljährlichen Flächenverbrauchs in Deutschland belegt schon das Gegenteil.
Der zentrale Satz des ganzen Dokuments fällt schon in der Einleitung: „Die gern geführte Diskussion über die ‚richtige’ Höhe des Wachstums geht daher am Kern der Sache vorbei. Vielmehr sind neue Ideen und Produktionsverfahren und damit Wachstum dringend notwendig zur Lösung der ökonomischen, ökologischen und Sozialen Herausforderungen“. Damit ist eigentlich alles gesagt. Dieser Satz erklärt vermutlich auch die Dürftigkeit der noch folgenden 95 Seiten. Die ganze Enquete-Kommission, das wollen die Autoren unmissverständlich zeigen, sei eigentlich überflüssig. Alles, was dann folgt, will das durch einen Blick zurück weismachen. Dabei ist die Darstellung der historischen Leistung der sozialen Marktwirtschaft über mehrere Seiten ebenso dürftig und unnötig wie die langatmige Definition des Begriffs des BIP. Beides kann man sehr viel verständlicher bei Wikipedia nachschlagen.
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Das deutsche Parlament hat sich als unfähig erwiesen, grundlegende gesellschaftliche Fragen parteiübergreifend und unter Verzicht auf parteipolitische Interessen anzugehen.
Was die Regierungsparteien hier vorgelegt haben, ist ein Zeugnis der eigenen diskursiven Schwäche. Es offenbart die verheerende Lücke, die die wenigen letzten Intellektuellen in den bürgerlichen Parteien hinterlassen haben. Kurt Biedenkopf hat zurecht darauf hingewiesen, dass diejenigen, die sich der Aufgabe „einer „Reformation des politischen und ökonomischen Denkens“ nicht stellen, vor der „neuen Wirklichkeit“ fliehen. Diese neue Wirklichkeit ist das absehbare Ende gewohnter Wachstumsraten.
Ob man es nun wahrhaben will oder nicht: Sowohl die ökologischen Grenzen unseres Planeten , als auch die Wünsche und die Leistungsbereitschaft der real existierenden Menschen sprechen allzu deutlich dafür, dass Wirtschaftswachstum kein endlos weiter zu verfolgendes Ziel sein kann. Das ist keine Frage des Wollens, sondern des Könnens. Die Oppositionsparteien haben das in ihrem etwas weniger inhaltsleeren Gegenentwurf zum Kommissionsbericht immerhin deutlich gemacht.
Die Unionsparteien und die FDP dagegen haben in der Enquete-Kommission eine große Chance der politischen Willensbildung vertan. Sie stehen, frei nach Alexis de Tocqueville, im reißenden Strom der geschichtlichen Entwicklung und heften die Augen auf einige Trümmer, die sie noch am Ufer wahrnehmen, während die Strömung sie mit sich führt und rücklings dem Abgrund zutreibt.
Parteien, die auf eine zentrale Zukunftsfrage, die in den Universitäten und unter allen klugen Menschen zunehmend diskutiert wird, buchstäblich nichts zu antworten haben und stattdessen die Trümmer des Lehrbuchwissens und der Phrasen aus der Wirtschaftswunderzeit präsentieren, verspielen das Vertrauen zuerst der denkenden Teile des Volkes und dann des Restes. Sie reißt der Strom der Geschichte in den Abgrund. In gesellschaftlichen Grundsatzfragen, und nicht in alltäglichen Debatten um Steuersätze, Rentenbeiträge und Lohnuntergrenzen, entscheidet sich, welche politischen Kräfte langfristig die Stimmen der Bürger gewinnen und welche als ältlich und verstaubt betrachtet werden.