Beiträge von Tilman

    Uff...


    Also für mich wäre es definitiv überzeugender. Stell dir vor Lutz Bachmann wäre auf Teneriffa mit Nervengift aus mutmaßlich staatlichen Quellen vergiftet worden, und Merkel würde dann öffentlich über ihn ablästern.


    (Disclaimer: wir reden hier über Skripal, nicht Nawalny)

    Ja, natürlich ist Nawalny keine Gefahr für Putin, aber soll ich jetzt alles noch mal schreiben? Es geht mir nur darum, dass es Putin nützen kann seine Macht zu festigen, weil Russland vom Ausland kritisiert wird und daher innenpolitisch zusammenrückt. Und als mögliches Signal an Leute, die vielleicht zu einer Demo aufrufen wollen, inspiriert durch Minsk.


    Ich halte es dennoch für möglich, dass Nawalny gar nicht vergiftet wurde, oder von einer dritten Partei (Maffia). Ich widerspreche lediglich deutlich der These, dass Putin hier überhaupt kein strategisches Interesse an der Sache haben kann.

    Übrigens noch eine andere Perspektive: für Autokraten wie Putin, Erdogan, Orban, aber auch für Diktatoren wie Lukaschenko, ist der Erhalt der Machtperspektive ab einem gewissen Punkt nicht mehr nur Ego-Nummer, sondern auch Lebensversicherung. Wobei jemand wie Lukaschenko vielleicht ins Asyl nach Russland gehen könnte, wenn ihn sein Volk nicht mehr will.


    Aber was tut Putin, wenn er irgendwann mal abtritt? Dann ist er auf Gedeih und Verderb seinem Nachfolger ausgeliefert, vor allem wenn dieser genauso autoritär wie er selbst agiert. Daher kann er eigentlich nur versuchen so lange wie möglich im Amt zu bleiben, oder zumindest daraf hoffen, dass er, wenn er mit 85 als alter Mann abtritt, von seinen Nachfolgern nicht mehr als Gefahr angesehen wird.

    Nach innen Stärke zu demonstrieren mag ja wichtig sein, aber nach außen weiter Wirtschaftssanktionen aufgedrückt zu bekommen die der Wirtschaft - nicht zuletzt der staatlichen Gasindustrie - schaden, weil man von den größten westlichen Handelspartnern für einen James Bond-Bösewicht gehalten wird, scheint mir irgendwie nicht ins ferndiagnostische Persönlichkeitsprofil zu passen.

    Man muss sich schon entscheiden ob man den Kreml-Satan jetzt für einen tumben Bananenrepublikdiktator oder für einen hochintelligenten Supervillain halten will.

    Ich kenne niemanden, der ihn für einen tumben Bananenrepublikdiktator hält.

    Was den wirtschaftlichen Aspekt angeht hast du eigentlich recht, übersiehst aber, dass Putin ein autoritärer Herrscher wie Erdogan oder Orban ist. Die Wirtschaft ist für all diese Herrscher sehr wichtig, aber wenn es um einzelne Entscheidungen geht, steht an erster Stelle immer die eigene Machtposition. Das heißt: Sanktionen mögen zwar Russland als ganzes schaden, wenn das aber dazu führt, dass die Bevölkerung zusammenrückt und sich hinter ihrem Präsidenten versammelt, dann kann es Putin (nicht dem Land) trotzdem nutzen.

    Shdow hab ich doch versucht zu erklären:


    1. Signal an die Opposition: nicht das tun, was die Opposition gerade in Belarus macht, also mit großen Demos durch die Straßen ziehen

    2. Durch den Rest der Welt attackiert werden --> zusammenrücken, Einigkeit. Narrativ: wir werden vom Ausland attackiert. Übrigens passt auch der Anschlag in dieses Narrativ. Im Fall Skripal ist sicher nicht nur mir aufgefallen, wie Putin über ihn redet, sondern auch innerhalb Russlands wird den meisten Menschen klar sein, dass das die Regierung war. Das ist aber auch überhaupt kein Problem, denn Skripal war ja ein Feind, passt also super ins Narrativ. Bei Nawaly genau so (wenn es denn ein Anschlag war).


    Noch mal: ich weiß nicht ob es ein Anschlag war, aber nutzen tut der ganze Fall Putin definitiv.


    Zitat

    Nawalny hatte ja auch noch unzählige andere Feinde z.B. unter den Oligarchen.

    Ja, noch besser, um eine innere Einheit herzustellen. Der Feind des Volkes (und der Wirtschaft) Nawalny ist (erstmal) weg. Win-Win.

    Zitat

    Das ist sogar ziemlich clever, denn mit dieser Vaiante ist es unerheblich, wie der Westen reagiert. Der Täter steht fest und gewinnt immer

    Nicht ganz, wenn man einfach gar nicht darauf reagieren würde, würde Putins Manöver ins leere laufen. Wie sagte Münkler damals bezüglich Terrorismus: "Mürrische Indifferenz" :D käme mal auf einen Versuch an, beim nächsten Anschlag einfach überhaupt keine öffentlichen Noten der westlichen Regierung dazu. Einfach so tun als wäre nix passiert.


    // nächstes Jahr finden Wahlen zur Duma statt. Wir können ja gucken, ob dann wieder kurz vorher irgendwas passiert.


    Ich will übrigens nicht sagen, dass ich bei Nawalny überzeugt davon bin, dass es der russische Geheimdienst / die Regierung / Putin war. Ich wollte nur deutlich machen, dass es Putin nutzen kann, und dass er durchaus ein Interesse daran gehabt hätte. Ansonsten muss man mal abwarten, was die weitere Entwicklung zeigt.


    Bei Skripal allerdings, hat Putin (in meinen Augen) mehr als Deutlich seine Täterschaft durch sein Verhalten eingeräumt. Sein Handeln passte null zu "ach du kacke, da tötet eine Dritte Macht unsere Staatsbürger im Ausland". Wirklich null komm null. Wer das nicht sehen will: okay.

    Vielleicht geht es ja gar nicht speziell um Nawalny, sondern generell um Signale an die Opposition. Auf den ersten Blick macht es ja auch keinen Sinn, dass man Nawalny hat ausreisen lassen.


    Meine These ist: zum einen soll hier Stärke demonstriert werden, angesichts der Demos in Belarus, die für Putin ja theoretisch auch gefährlich werden könnten. Er zeigt deutlich: mit Lukaschenko kann man sowas vielleicht machen, aber mit mir ganz sicher nicht!


    Zweitens: ich hab mich 2018 auch zuerst stark gewundert, warum es einen Anschlag auf Skripal drei Wochen vor der Präsidentschaftswahl gibt. Warum sollte Putin schlechte Presse kurz vor der Wahl erzeugen? Allerdings hat Putin durch sein ganzes Verhalten keinen Zweifel daran gelassen, dass Russland hinter dem Anschlag steckt. Statt öffentlich empört zu sein, dass jemand einen Mordanschlag auf einen Staatsbürger verübt, und sich an die Spitze der Aufklärung zu stellen, wie es zu erwarten gewesen wäre, hat er nach kurzer Zeit selbst Skripal in öffentlichen Äußerungen angegriffen, was nur den Schluss zuließ dass er indirekt die Verantwortung einräumte.


    Der Punkt warum Putin der Anschlag kurz vor er Wahl überhaupt nicht ungelegen kam, und warum er ihm auch jetzt nutzt ist eigentlich logisch: Putin profitiert davon, international der Buhmann zu sein, vom Westen "ungerecht behandelt" zu werden, und die Russische Gesellschaft rückt dadurch zusammen. Er nutzt den "äußeren Feind". Und der Rest der Welt funktioniert immer wieder wie vorausberechnet: Forderung nach Sanktionen, Vorwürfe an Russland, etc.


    Putin hat einfach (zurecht) schiss, dass Belarus nach Russland überschwappt, und daher dieses Signal, und dieser Ruf zur Einheit.

    Precht entwickelt sich langsam in eine seltsame Richtung :/


    Trump hat jetzt zum wiederholten Male in den Raum gestellt, dass er länger als 8 Jahre regieren will, eine Ungehäuerlichkeit. Er warnt öffentlich davor, dass die Wahl "rigged" wird, während er selbst dies durch das beschädigen des US-Postal-Services forciert. Es ist tatsächlich brandgefährlich, was Trump aktuell anstellt. Ich wünsche den Amerikanern wirklich, dass sie es noch schaffen diesen Typen wegzubekommen.

    Sie hat dann zwar den popular vote gewonnen,

    Was aber nunmal genau das ist, was die Umfragen zur "General Election" aussagen, insofern waren die Umfragen sehr akkurat. Es wurde nur wenig beachtet, wie knapp es in einzelnen Bundesstaaten war. Da wird man bei diesen Wahlen sicher vorsichtiger sein. Und in der Tat: es wird auch in Michigan und Winconsin und Pennsylvania wieder knapper. Wenn Trump die gewinnt, dann erreicht er seine Wiederwahl.

    Irgendwie fehlt Aufwachen an so nem Tag schon hart. Kleines Streitgespräch zwischen Stefan und Hans vielleicht, Tilo empört, Anruf bei Albrecht Lucke der erklärt warum es doch irgendwie Sinn macht. Würde es mir anhören :D

    Habe heute mal mangels Aufwachen! beim Wandern den Podcast "Ok America?" von der Zeit angefangen, mit Klaus Brinkbäumer (ex Spiegel-Chef und bekannt aus Aufwachen 283) und Rieke Havertz. Von den Zeit-Podcasts höre ich eh viele gerne, und auch dieser hört sich ganz launig weg. Auch wenn er leider bereits ab der zweiten Folge vom Thema US-Wahl abgkommt und auf Corona einschwänkt, was natürlich logisch ist, aber mir wäre mehr Wahl-Focus lieber gewesen. Aber vermutlich ändert sich der Focus jetzt langsam wieder.



    https://www.zeit.de/serie/ok-america