#589 - Ideenhistoriker Oliver Weber

  • Es ist nicht super wichtig. Wir plappern doch hier nur nett miteinander und vielleicht kann ich von Euch was lernen. Warum sollte es wichtig sein? Wir haben gerade wahrlich andere Probleme! Das Video fand ich aber sehr gut und das wollte ich hier teilen falls es einen interessiert. Er hat das Thema Liberalismus gegen Sozialismus zufällig auch angesprochen.

    Falls du dich für Liberalismus allgemein interessierst, kann ich dir das empfehlen:


    Handbuch Liberalismus, Michael G. Festl (Hrg.), 2021. (Sammelband)


    In dem Handbuch gibt es Aufsätze zu allen wichtigen Denkern und den wichtigsten Ideen (auch Neoliberalismus) sowie zu entgegenstehenden Denkrichtungen (Sozialismus, Anarchismus, Konservatismus usw.) . Und auch eine Einordnung des Liberalismus in die Gegenwart (Corona, Digitalisierung, Klimawandel ect.).


    Sogar von 2021, also sehr aktuell. Ich hab es seit letztem Jahr.

  • Die Aufklärung war übrigens nie so progressiv, wie viele denken. Die Vorstellung von vielen der Denker der Aufklärung war ein Aufgeklärter Absolutismus mit einem monarchischen Konstitutionalismus, bei dem der König noch eine gewisse Rolle hat. Der aufgeklärte Monarch wäre es dann auch, der die politischen Reformen einführt. Und natürlich, was sehr wichtig war, das Recht auf Eigentum, das vom Staat geschützt werden solle, wo dann auch die Klassiche Ökonomie mitreinspielt.


    Was Märkte betrifft:

    Es ist kein Wunder, dass viele in der Marktwirtschaft eine legitime Alternative zur Ständeordnung und zur Subsistenzwirtschaft gesehen haben. Eine verbreitete Vorstellung war, dass Markwirtschaft und Lohnarbeit die Menschen zu rational Denkendem und gesittetem Verhalten führt. Die Leute dazu diszipliniert werden. Der Arbeitgeber muss sich mit Wissenschaft beschäftigen, muss rational mit Ressourcen umgehen und kosmopolitisch sein, da er mit fremden Kulturen Handel treibt. Der Arbeitnehmer muss seinen Haushalt nach seinem Einkommen planen, muss frugal leben, darf nicht unbegrenzt viele Kinder haben, nicht faul und maßlos sein. Der Arbeitsvertrag erscheint in erster Hinsicht als eine freie Vereinbarung zwischen zwei Menschen. Der Arbeitgeber braucht den Arbeiter, daher muss er für gute Arbeitsbedingungen und für einen guten Lohn sorgen. Und der Arbeitnehmer braucht den Arbeitgeber, daher muss er fleißig sein und seine Arbeit immer zur Zufriedenheit des Arbeitgebers verrichten. Das waren verbreitete Vorstellungen. Von denen wir heute wissen, dass sie so nicht korrekt sind, da es ein erhebliches Machtgefälle zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gibt.


    Viele der liberalen Denker und Aufklärer haben die Industrialisierung aber nur in ihren Anfängen mitbekommen. Sie haben nicht die katastrophalen Folgen miterlebt, die zu den massiven sozialen Verwerfungen im 19. Jahrhundert geführt haben und die in der Sozialen Frage ihren Höhepunkt erreicht haben. Sowie die steigende, feudalismusähnliche Vermögens- und Einkommensungleicheit, die sie mit sicherheit kritisiert hätten.

  • Was man noch hätte fragen können, wäre, warum der Liberalismus in den USA so viel stärker verbreitet in der Geschichte war (Hint: Die USA hatte kein christliches Mittelalter) und warum Liberalismus heutzutage dort eine andere Bedeutung hat als in Europa. Liberalismus verbindet man in den USA mehr mit dem, was wir in Europa Sozialdemokratie nennen, weniger mit wirtschaftspolitischen Vorstellungen wie denen von der FDP.

    Ich bin gerade zu faul, die Antwort darauf zu schreiben. Morgen dann.

  • Das wollte ich noch von John Stuart Mill zitieren:


    Zitat
    The form of association, however, which if mankind continue to improve, must be expected in the end to predominate, is not that which can exist between a capitalist as chief, and work-people without a voice in the management, but the association of the labourers themselves on terms of equality, collectively owning the capital with which they carry on their operations, and working under managers elected and removable by themselves.

    John Stuart Mill, Principles of Political Economy: And Chapters on Socialism


    Hier argumentiert er, im Buch natürlich noch im Detail, für (Produktiv) Genossenschaften, Demokratische Betriebe, Worker Co-ops und wie man sie alle nennt. Das "Managers" wäre dann in der idealeren Vorstellung ein Repräsentant der Interessen der Arbeiter. Weil das Unternehmen von den Arbeitern selbst gemanaged werden sollte. (sagt nicht mill, aber ich).

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