Beiträge von leie

    Wichtige Einordnung!

    Apropos wichtige Einordnung und weil der DLF Hintergrund in seiner vorgestrigen Folge "Der lange Weg zum Frieden" in Sachen Naftali Benett ebenfalls sehr darum bemüht war (ab etwa 00:10:00) ...


    Mir scheint, angesichts dessen, dass der UA-Krieg "auf dem Schlachtfeld gewonnen werden müsse" (Borell via) und der sich allmählich anschickt, unter umgekehrtem Vorzeichen genau das zu tun, geraten zunehmend die grossen Erzählungen zum Krieg ins Visier.

    Und da ist Benetts "fahrlässig geführtes und leichtfertig publiziertes" Interview mit seiner Kernaussage, "der Westen hätte Verhandlungen blockiert" natürlich schmerzhaft zentral. Und so bemüht man sich vielerorts um Einordnung, so auch vorgestern im DLF. Dessen Botschaft in Sachen Benett war, dass dieser seine Aussage umgehend relativiert hätte. Diese Relativierungen Benetts finden sich hier, falls jemand aufgeweckterweise mehr dazu hat, dann poste er das doch bitte. Da das angesichts der Aussagentragweite nun recht dünn ist und nicht eben sehr weit trägt, liegt nichts näher, als das Souverän souveränerweise die BReg befragt, allein, er kommt nicht weit, wie Correctiv zu berichten weiss:

    Welche Rolle die Bundesregierung und Bundeskanzler Scholz bei den gescheiterten Friedensgesprächen spielten, ist weiterhin unklar. Am 17. Februar 2023 fragten mehrere Abgeordnete schriftlich, welche Position Deutschland bei den Verhandlungen von Naftali Bennett eingenommen hätte

    Auch Correctiv ist hier hinreissend bemüht, den durch Benett entstandenen Eindruck der westlichen Blockade zu correctivieren, scheitert aber mit seinem überspezifischen Ansatz 'Blockiert - Der Untertitel wurde falsch übersetzt' ziemlich krachend. Immerhin verlinkt man viele wesentlichen Elemente der Auseinandersetzung, so auch Tilo 's Einordnung durch die SWP - hier als Hinweis gekennzeichnet.


    Insgesamt ein wirklich wunderschönes Paradebeispiel für den Kampf um das Narrativ. Solange die BReg keinen autoritativen Beitrag im Sinne der Aufklärung beisteuert respektive für nötig erachtet, ist die Sache eben, wie sie ist - free lunch.

    Ja aber die sind doch - anders als z.B. die Stiftung Wissenschaft und Politik - keine anerkannten Beratungsorgane der Bundesregierung und haben somit auch kein quasi-amtliche Gütesiegel des deutschen Staates, das ihnen attestiert, hochseriöse, über jeden Zweifel erhabene Quellen zu sein.

    Jaha, aber das sind alles Publizisten bei "Emma". 75 Jahre amerikanisches Vortanzen in Sachen FreeSpeech & Meinungsfreiheit sind dann doch nicht ganz spurlos an DE vorbeigegangen...

    Also auf der Website des ukrainischen Präsidenten habe ich das Dekret mit der Suchfunktion nicht gefunden, aber es gibt eine Meldung von Reuters vom 4 Oktober 2022 dazu und die lautet folgendermaßen:

    Das Dekret hat die ID № 679/2022, datiert vom 30.09.2022 und setzt im relevanten Punkt in Kraft:

    1. Констатувати неможливість проведення переговорів з Президентом Російської Федерації В.Путіним.

    1. Die Unmöglichkeit von Verhandlungen mit dem Präsidenten der Russischen Föderation W. Putin zu erklären.

    (Deepl.com)


    hansj. hat Recht, wenn er sagt, dass nirgends das Wort "Verbot" vorkommt. Es gibt allerdings keinerlei konditionale Einschränkung auf der Zeitachse, wie hansj. versehentlich mit "derzeit" vorgenommen hat.


    Ableitung 1.Grad:

    Wird es Verhandlungen mit Putin geben? Nein!

    Sind Verhandlungen mit Putin verboten? Nein!

    Imo zulässige Ableitung 2. Grad:

    Ein Verbot (im Sinne von Strafbewehrung) des Vorgangs ist unnötig, da der Vorgang an sich unmöglich ist. Oder anders ausgedrückt: Es ist nicht sinnvoll zu verbieten, was nicht möglich ist.

    Es ist doch auch eigentlich völlig egal, ob der Russe jetzt verhandeln will oder nicht.

    Es war sowieso schon immer egal, was die wollen oder nicht. Der Klassiker:

    “Russia has no veto. Russia has no say. And Russia has no right to establish a sphere of influence, trying to control their neighbours,” Stoltenberg told reporters, pounding his podium.

    Das haben die Russen ja dann auch eingesehen, dass dem Westen egal ist, was die wollen oder nicht und den UA-Krieg gestartet. Jetzt ist den Russen egal, ob der Westen verhandeln will oder nicht und weil der Westen nicht weiss, ob er jetzt mit den Russen verhandeln soll oder nicht, tut er so, als wisse er nicht, ob die Russen verhandeln wollen oder nicht.


    Dabei ist der Westen gar nicht Kriegspartei. Deswegen weiss er ja auch nicht, ob die Ukraine gewinnen oder "nicht verlieren" soll. So, als ob er da was zu sagen hätte. Verrückte Welt.


    :S Denke mal, diese Art der Verarbeitung von Ereignissen ist ein klarer Fall für den Psychiater.

    Ich glaube da nicht an Naivität. Das war vorallem eine Mischung aus fehlenden Handlungsoptionen und fehlender Handlungsmotivation.

    Die Naivität, die ich meine, liegt innerhalb des Abstandes der Worte "Verpflichtung" und "mündlich", wobei die Verzweiflung darüber in der Phrase "aber sehr feste" zum Ausdruck kommt:

    Sergej Lawrow sagte noch in diesem Jahr, dass am Ende des Kalten Krieges eine "politische Verpflichtung" eingegangen worden sei, die Nato nicht zu erweitern. Leider habe es sich nur um mündliche Zusagen gehandelt, "aber sehr feste mündliche Zusagen".

    Also ich habe das Video gar nicht gesehen, damals nur darüber gelesen. Ich muss auch sagen, ich hatte Bennetts Erzählung jetzt auch nicht so viel Bedeutung zugemessen. Mir schien, dass der sich so ein bisschen in die Geschichte reinschreibt.

    Schau es dir an. Es lohnt sich. Den recht ungefilterten Ablauf echter Ereignisse blanker Machtpolitik aus erster Hand bekommst du nicht alle Tage. Wer ist wann wie drauf, wie schätzt Benett die jeweiligen Protgagonisten ein, was steht wann zur Disposition etc.pp . Sind auch schöne Anekdoten dabei, wie die, als Selensky im Bunker hockt und von Benett den erlösenden Anruf bekommt, Putin versichere, Z stehe nicht auf der killList, dann erleichtert in sein Büro flitzt und, die Kamera einschaltet und - ganz Schauspieler - dem Westen vormacht, was ukrainische Tapferkeit bedeutet. Schöner Slapstick und ich meine das mal nicht wertend, jeder tut in dem Moment, was er kann.


    WhatsOever.


    Es gibt Momente, die sind selten und die könnte man nutzen, um reinen Wein einzuschenken. Der Zeitpunkt ist ernst genug und Putin kann das.

    Jeder benutzt irgendwelche Extremisten, weil die sich aufgrund ihrer Eindimensionalität so wunderbar dazu eignen, einfache Aufgaben zu verfolgen und deren Verbrauch idR schön folgenlos bleibt. Die eignen sich nur dazu - aber das besonders gut, wenn es darum geht, vorgebliche Werte ad absurdum zu führen, dann aber egal wo. Das es sich in dem Fall um Nazis handelt, macht die Sache zwar delikat, aber imo nicht ursächlich.


    Die Krim ist nicht wegen Faschismus eingegliedert worden. Der Donbass wurde mit dem Ziel der technischen Verunmöglichung eines NATO-Beitritts anvisiert. Unterschwellig atomare Drohgebärden, hörbar seitens Medwedew oder sichtbar im Zuge der Modernisierung von gammeliger Freifallbomben in Büchel haben weniger mit dem Geisteszustand von Randgruppen als mit dem von regierender Machtgruppen zu tun. Das allmähliche Aufschaukeln des sorgsam gehegten Konflikts bis hin zu einem möglicherweise fälligen Kristallisationspunkt für den Abgang des unrefomierbaren unilateralen Hegemonialkonzepts samt seiner durchschaubaren RBIO betrifft die ganze Welt. Usw. usf.


    Soweit, so Geopolitik. Für alle nachvollziehbar, alle sind involviert.


    Darum hätte es gehen können. Und zwar 5h lang. Ausschliesslich. Angesichts dessen wieder bequem und über Gebühr in die historische Opferrolle zu schlüpfen und halbwahre, halbgare Befindlichkeiten als mitursächlich umzudeuten ist, ist mir geade zuviel sattsam bekanntes Schauspiel und wird der Situation aber nicht gerecht. Anstelle dessen hätte auch die russische Naivität im Umgang mit der Osterweiterung mal ernsthaft andiskutiert werden können, anstatt "wir haben aber gedacht, dass..." vorzuschieben dann weiter in Richtung "wie oft fällt man vorgeblich vertrauensselig auf dieselbe Nummer rein" - schon dafür reichen keine 2h.


    Naja <seufz>. Nun denn...

    Ein Beispiel für "sichtbar angespannt und unsouverän".

    Bspw die 5 Min samt Vorlauf von 0:57 -1:03. Was passiert? Putin hängt wieder im WK2 ab, obwohl es hier primär um den UA-Krieg im Zuge der NATO-Osterweiterung geht und Carlson vor ihm sitzt. Nun gut, unter SS-Begleitung: Polen tot, Juden tot, Russen tot. Bandera, Schuchewytsch - alles Nationalhelden der UA etc. pp - dieser Praxis muss hier ein für alle mal der Riegel vorgeschoben werden.


    Es kommt nicht an. Carlson sitzt mit einem grossen "Ahja" im Gesicht vor ihm, Putin bemerkt das und holt aus... ala 'die UA darf selbstständig sein aber sie darf es nicht auf der Basis von Faschismus.'


    Carlson reichts, er merkt, dass ihm hier zuviel Epos Stossrichtung "grosser vaterländischer Krieg" und moraline Weltenrettung reingedrückt wird, will die Welle brechen und grätscht frech rein: "Would you be satisfied with the territory that you have now?".


    Ich hätte fast den Kaffee verschüttet. Lacher. Anschliessend Facepalm.


    Putin insistiert auf Fortführung des Nazi-Kontextes und bringt die elende Hunka-Posse im kanadischen Parlament ,um Carlson zu belehren, dass neben Hunka vor allem Hitler und seine Komplizen die Russen bekämpft hätten. Und Selensky hätte Hunka auch noch beklatscht.

    Usw. usf.


    Carlson reagiert dezent entnervt: Hitler ist seit 80 Jahren tot, Nazi-Deutschland untergegangen... und wie genau wollen sie deren Nazi-Ideologie loswerden?


    Es wird nicht besser und nach kurzen Echauffieren wiederholt Putin sinngemäss, aber Selensky habe doch geklatscht....


    WTH?

    Alle haben Benett gesehen. Alle wissen, dass Denazifizierung ein Dekoelement der Kategorie Verhandlungsmasse ist und bereitwillig immer mit als Erstes zurückgezogen wird und du willst ausgerechnet jetzt Carlson hier was vormachen. Was soll überhaupt die Geschichtsstunde. Hier gehts um Ernstes. Es ist ein OneTimeShot. Also lass den Scheiss wenigstens an der Stelle, deine eigene Version der "Wehrsportgruppe Hoffmann" hiess übrigens "Wagner" und gäbe soviel Wichtiges im aktuellen geopolitischen Kontext, was zu sagen wäre.


    So in etwa.

    Also nach meinem Eindruck - freilich nur anhand von Ausschnitten - sehen wir hier einen Putin, der sich von diesem Interview nichts versprochen hat und dem die Sicht des Westens mittlerweile völlig egal ist.

    Warum gibt er dann ein Interview?


    Ich meine, da kommt unter Häme und Buhrufen (zwar nur) Carlson, aber im Schlepptau eine Zielgruppe, die sehr offen ist für Ansagen zum Thema globalPowerplay vs domesticPolitics under the war-mongering democrats etc. pp - und der feine Hr. Putin, Chefversöhner im Bundestag 2001, Chefansager zur Münchner SiKo 2007, wo er dem angehenden Wertelager mit glasklaren und scharfen An- und Vorhersagen in prägender Erinnerung blieb und der Obama vor versammelter UN die Leviten in Sachen Syrien gelesen hat - der Mann beginnt mit und langweilt für - rund 50% der AirTime:

    • Amerikaner(!) - mit Geschichte(!)
    • zu Osteuropa(!)
    • aus dem Mittelalter(!)
    • in Unterrichtsform(!)

    ...das Ganze verstanden als Quasirechtfertigung für einen der schwersten Kriege nach '45, auf den alle Seiten hingebungsvoll fahrlässig hingearbeitet haben, so dass er letzlich ausbrach.


    Was darauf folgen wird und es geht ja hier bei Johnson und Scholz schon los - nichts als Häme, Slapstick, Propaganda. An den 2ten Teil des iViews erinnert sich schon morgen keiner mehr .

    Während westliche WertePropaganda RU so effektiv mystifiziert und das Scheitern wertwestlicher Strategie RU so erfolgreich glorifiziert, reicht ein einfaches iView von jemandem, der aus was für Gründen auch immer technisch überhaupt noch in der Lage ist, den Kontakt herzustellen und ein schlichtes iView führen zu können, vollkommen aus, um klar zu machen, wie kreuzdumm und kontraproduktiv das eigene Vorgehen ist.

    Am anderen Ende sitzt kein Überstratege sondern ein Würstchen, was angesichts der Ungeheuerlichkeit des grossen Krieges genauso so händeringend nach Rechtfertigung fürs eigene Handeln sucht, wie die ganzen Würstchen im Wertelager.

    Aber: Dass dieses iView nicht gewollt und nach Kräften sabotiert wurde und nach wertewestliche Massstäben eigentlich nicht hätte stattfinden sollen, spricht Bände. Wenn die Angst darüber, was passieren und worüber geredet werden könnte im Vorfeld soviel grösser ist als die Überzeugung in das eigene Handeln, dann ist bei dem Ergebnis für mich die eigentliche Aussage.


    Was für eine Shitshow das Ganze.

    Das hätte der Westen bei der Abstimmung zum UN-Untersuchungsauschuss zur NordStreamSabotage besser hervorheben müssen, dass Aufklärung im westlichen Sinne vor allem bedeutet, dass die jeweiligen Anrainer jahrelang nacheinander in mühevoller Kleinstarbeit lediglich feststellen wollen, dass entweder keine eigene Verantwortung vorliegt (SWE) oder lediglich ihre Theorie "Fremdverschulden durch Segelsportbegeisterte" (DE) plausibel genug ist.

    „Besonders interessieren sich die Fahnder der Bundespolizei und des BKA für Teile der geborstenen Röhren, die das schwedische Militär bereits kurz nach den Explosionen im Herbst 2022 aus der Ostsee geborgen hatte. Die dort sichergestellten Sprengstoffspuren sollen mit jenen abgeglichen werden, die die deutschen Ermittler auf der Segeljacht Andromeda gefunden haben.[...]"

    Und wer weiss, auf welchen Nebenaspekt Dänemark abstellt.


    Insgesamt hätte man sich so die Enttäuschung bei bspw. GlobalSouth, den man so dringend von Werten überzeugen will, ersparen können, die irrigerweise vielleicht der Auffassung waren, es ginge darum, ergebnisoffen die Täter zu ermitteln und man genau deshalb gar keine UN-Untersuchung brauche.


    Sehr ärgerlich das Missverständnis.


    Im Artikel wird auf übrigens einen neuen Hersh-Beitrag abgestellt. Zum Thema NordStream bleibt alles beim Alten, US tut nichts, Europa kann nichts tun dürfen wollen oder so und die Medien fordern ihn nicht heraus... - was auch sonst, bei diesem rasanten Erkenntnisfortschritt.

    Doch, fürchtet euch nicht! Denn jetzt wird kein geringerer als der Generalbundesanwalt der europäischen Führungsmacht noch härter ermitteln, als er es die letzten eineinhalb Jahre schon getan hat.

    :) Na der hat bestimmt alle Hände voll zu tun, die Ablehung der UN-Untersuchung zu rechtf... die Täter zu ermitteln.