Beiträge von Blechmann

    Insofern müsste uns die Finanzierung des Krieges jedenfalls bei dieser Vergleichszahl deutlich mehr kosten als die Russen.

    Aber nur in absoluten Zahlen. Das BIP des Westens liegt bei über 50 Billionen. 3% wären 1,5 Billionen. Die Ausgaben für den Krieg sind ca. 2 Promille oder so.


    Entscheidender sind aber die indirekten Kosten.

    Ich halte die Grundannahme für falsch, dass Menschen kein schlechtes Gewissen haben, Kleidung zu kaufen, statt ihr Geld an Unicef zu spenden. Das haben sie durchaus. Ihr Verlangen nach neuer Kleidung ist lediglich stärker. Dass es moralischer ist Geld zu spenden, statt es auf den Kopf zu hauen, ist ihnen aber durchaus klar. Insofern ist da nichts Kontroverses dran.

    Eine interessante Frage an Frau Major wäre, woran sie das festmacht, dass die westliche Konzeption von Verhandlungen, das Finden von Kompromissen ist. Wenn ich die Kriege der USA nehme, in Afghanistan, in Vietnam, im Irak, in Syrien. Da wurde nicht verhandelt. Sondern bis zum Sieg, oder zur Niederlage, weiter gekämpft. Es fällt schwer, überhaupt Kriege zu finden, die von den USA mit Verhandlungen beendet wurden. Korea wäre ein Beispiel.


    Sie hat natürlich recht, dass Russland einen eingefrorenen Krieg, wie in Georgien, lange durchhalten kann. Tut sich ja nix in Georgien. Aber wieso Russland davon profitiert, eingefrorene Kriege mit seinen Nachbarstaaten zu haben, erschließt sich mir nicht. Im Gegenteil sind gute Beziehungen zu den Nachbarn das A und O, um als Großmacht weltweit Macht auszuüben. Ohne gute Beziehungen zum Nachbarn China, sähe es düster aus für Russland.


    Viel bietet Frau Major nicht. Keine strategische Analyse, sondern die typische Mischung aus Moral und Machtinteressen, die sich an die eigene Bevölkerung richtet und immer das nimmt, was gerade passt. Medwedews Position, mit der Ukraine kann man nicht verhandeln, sie muss aufgeteilt werden, steht die westliche Position gegenüber: mit Russland kann man nicht verhandeln, es muss geschwächt und als Großmacht ausgeschaltet werden. Wenn ich auch den westlichen Politiker nicht mehr weiß, der das gesagt hat.

    Die zweieinhalb Jahrtausende, die es ihn gibt, meinst du, aber du irrst dich:

    Ich meinte, dass wir seit der römischen Republik alle Gesellschaften mit gewählten Regierungen als Demokratie bezeichnen.

    Denke nicht, dass die ukrainische Rekrutierer anfänglich Leute von der Straße schleppen mussten, da gab es erstmal einen großen Zustrom von Freiwilligen. Viele sind ja auch in die Territorialverteidigung gegangen, weil sie zunächst dachten, dass sie damit nicht an der Front eingesetzt werden, weil das erst später geändert wurde. Aus Russland habe ich sowas tatsächlich noch gar nicht gehört.

    Ich schon. Torsten Heinrich, das ist dieser Youtuber, hatte ein Video aus Russland, wo sie einen Rekruten über einen Parkplatz gehetzt, eingekreist und abgeführt haben. Angeblich sind sie durch die Firmen gezogen und haben die Leute direkt vom Arbeitsplatz eingesackt. Ich glaube auch nicht, dass die Anschläge auf die Rekrutierungszentren grundlos gemacht werden.


    Womit wir wieder bei der Siegeshypothese plötzlicher russischer Zusammenbruch wären.

    Ne. Die Hoffnung ist, dass die Soldaten so von Putin enttäuscht sind, dass sie sich gefangen nehmen lassen, desertieren oder sonst irgendwie den Kampf verweigern.



    Also zum Beispiel Blinken hat das schon mindestens zweimal für demnächst versprochen: RE: Cold War Reloaded - Der neue Ost-West Konflikt Dass sie einen exakten Termin benennen, fehlt noch.

    "Das schließe eine Gegenoffensive mit ein, die wahrscheinlich in den kommenden Wochen starten werde," ist aber mit "er hat versprochen" schon sehr weitgehend interpretiert.



    Da wird es jedenfalls ein bisschen schwer fallen, die empirische Grundlage anzuzweifeln.

    Eigentlich müsste man Precht dankbar sein, dass er diesen wichtigen Studien, die sonst bestimmt untergangen wären, die nötige Aufmerksamkeit verschafft hat, durch sein Buch und den Diskurs darum. Stattdessen hacken alle auf ihm herum. Undank ist der Welten Lohn.


    Physischen Widerstand gegen die Mobilisierung. Keines aus der Fülle von Videos über angebliche Zwangsrekrutierung gesehen? War doch auch der Stein des Anstoßes in einer der letzten Aufwachen-Folgen.

    So weit ich mich erinnere, hat die Ukraine von Anfang an mit Zwangsrekrutierung gearbeitet. So wie Russland auch. Das ist für mich ein normales Verhalten. Normal in dem Sinne, dass jeder andere Staat der Welt, bei dem eine Invasionsarmee auf die Hauptstadt vorrückt, genauso handeln würde. Daraus lässt sich keine spezielle Erkenntnis gewinnen.

    Nun, wenn das der Plan wäre, tun sie das immer noch, indem sie die Stadt verteidigen. Aber klar, seit es danach aussieht, dass sie die Stadt nach und nach verlieren, ist das das Narrativ - also nicht, dass es ihr Plan war, sondern dass sich die Verteidigung der Stadt deshalb gelohnt hat.

    Ja, aber das ist doch immer so. Solange es aussah als könnte Putin Kiew erobern, war es noch kein Täuschungsmanöver. Danach schon, deswegen haben sich die Verluste gelohnt.

    Insofern passt das Festhalten zumindestens zu meinem Eindruck des ukrainischen Vorgehens mit starkem Fokus auf die Optik.

    Der Militärhistoriker-Youtuber dessen Namen ich mir nicht merken kann, meinte dazu: "Wenn Putin Bachmut nicht erobern kann, wie will er dann die Ukraine erobern". Vermutlich geht es in der Tat um die Optik. Nach dem peinlichen Scheitern vor Kiew und in Cherson, Putin einen weiteren Gesichtsverlust zufügen.

    Mal abgesehen von Prigoschin ist die Situation denke ich durch die Annexion entstanden. Denn eigentlich haben solche Söldnerfirmen gar keinen richtigen rechtlichen Status in der Russischen Föderation. Ich nehme an, sie wurden zunächst im Auftrag der Volksrepubliken eingesetzt, die ja eigene Staaten aus russischer Sicht waren. Mit dem Anschluss des Gebietes an Russland waren sie plötzlich im Inland tätig und das hat eine intern rechtlich peinliche Lage erzeugt, die man aus welchen Gründen auch immer wohl bisher nicht auflösen wollte.

    Ich glaube nicht, dass solche Gesetze in Russland eine große Rolle spielen.

    Du bist ein bisschen hinterher, oder? In den letzten Monaten wurde das ständig diskutiert. Das aktuelle Gerücht besagt ein Beginn im Prinzip morgen vielleicht in der übernächsten Nacht, um die Feierlichkeiten zum Tag des Sieges am Dienstag zu verderben.

    Vielleicht konsumiere ich einfach andere Medien als du. Was ich dazu höre und lese, da wurde nix über einen Termin für die Offensive gesagt.

    Die zweieinhalb Jahrtausende, die es ihn gibt, meinst du, aber du irrst dich:

    Ich meinte eher, dass wir alle Regierungen in den letzten 2 Jahrtausenden als demokratisch bezeichnen, wenn die Regierung gewählt wurde.

    Ne, im Kommunismus sollte es auch kein ZK mehr geben. Ich bin mir nicht sicher, ob ein König oder Führer wirklich das Volk repräsentiert. Selbst die Vorstellung, dass er den Staat repräsentiert ist ja eigentlich eher die reduzierte Repräsentationsfunktion, da wo die Macht der Position beschnitten wurde. Müsste ich mal nachlesen, ob es diese Idee in der Rechtfertigung des Königstums gibt.

    Repräsentation heißt ja nicht unbedingt, dass das Volk repräsentiert werden muss. Insofern, dass der Herrscher stellvertretend für den Staat handelt, sind alle Herrscher repräsentativ. Daher scheint mir der Begriff ziemlich nichtssagend.

    Ich würde hier auf real existierende bessere Demokratien verweisen. Schweiz, Dänemark. Im Prinzip müsste das basis-demokratische Element verstärkt werden. Volksabstimmungen. Ein weiterer Punkt könnte die Größe sein. Eventuell könnte man Deutschland aufteilen, um kleinere besser funktionierende Demokratien zu erhalten.

    Wahlen und Repräsentation sind keine Demokratien, sondern Aristokratien bzw. heutzutage Oligarchien. Weil wenn ich jemand anderen wählen soll der meine Interessen repräsentiert, dann wählt man automatisch jemanden der mehr Einfluss, mehr Macht hat und reicher oder intelligenter ist als man selbst. Dass heißt, man wählt eine Person aus dem Kreis einer Elite. Und die Anzahl von Personen der Repräsentanten ist in so einem System immer kleiner als die Anzahl der Personen der Repräsentierten, ansonsten bräuchte man keine Repräsentation.

    Das ist allerdings eher das US-Wahlsystem, wo man den Herrscher direkt wählt. Wobei mein Augenmerk eher auf der Vorauswahl durch Parteien und Medien liegen würde. Ob es sich um Demokratie handelt, hängt von der Definition ab. Allerdings so wie Demokratie allgemein verstanden wird, also wenn ich jemand auf der Straße frage, "was ist Demokratie", dann ist damit Volksherrschaft gemeint (alle Macht geht vom Volke aus). Wenn ich dagegen die Demokratie-Definition auf Wikipedia nehme:


    Demokratie (von altgriechisch δημοκρατία dēmokratía Volksherrschaft) ist ein Begriff für Formen der Herrschaftsorganisation auf der Grundlage der Partizipation bzw. Teilhabe aller an der politischen Willensbildung.


    Dann, ist Deutschland eine Demokratie. Russland und Türkei allerdings auch.

    Im Prinzip Repräsentantenherrschaft. Ich sage meist Repräsentationssystem oder Repräsentation.

    Zu allgemein, weil das trifft auf alle Regierungssysteme zu. In der Monarchie repräsentiert der Herrscher den Staat - l'etat c'est moi, im Faschismus repräsentiert der Führer den Willen des Volkes und im Kommunismus repräsentiert das ZK die Arbeiterklasse.


    Ist euch schonmal aufgefallen, dass es bei der Verteidigung unserer Werte oft um die Wertelage in anderen Ländern geht, die nicht "uns" sind?

    Ich hätte eher "immer" gesagt als oft. Die einzige Ausnahme, die mir einfällt, ist Südafrika.

    Wenn deine Verluste aber eigentlich deutlich höher sind, würde das eine intensive Mobilisierung trotz hoher Zahlen auf dem Papier, die dann auch immer öfter gegen Widerstand durchgesetzt werden muss, erklären.

    Gegen welchen Widerstand? Politischen Widerstand?


    Beides heißt nicht, dass den Ukrainern die Soldaten ausgehen. Ich denke das ist auch nicht unbedingt die Frage. Es ist eher eine Frage der Qualität, also des Ausbildungsgrades und Erfahrungstands der Soldaten, die sie haben. Du kannst auch Zivilisten, denen du eine Waffe in die Hand gedrückt hast, in eine Offensive schicken. Das ist nur wenig aussichtsreich.

    Die Ukrainer haben schon lange vor Putin mobil gemacht, also auch mehr Zeit gehabt für die Ausbildung. Manche werden auch im Westen ausgebildet. Insofern sollte ihre Qualität besser sein.



    Das liegt an der Kampfkraft, in der die verfügbaren Leute ein Faktor sind, aber nicht der einzige. Es ist nicht klar, dass Wagner bzw. die russischen Streitkräfte mehr Soldaten einsetzen. Die Verteidiger konnten vermutlich - wie vorher ausgeführt - auch aus Materialgründen nicht genug entgegensetzen und haben deshalb alles bis auf den äußeren westlichen Stadtrand verloren.

    Oder sie wollen Bachmut gar nicht verteidigen, sondern lediglich den Russen möglichst hohe Verluste zufügen, während sie die Stadt wie geplant aufgeben.



    Nun, haben wir ja aktuell das Prigoschin-Drama. Wenn man das nicht für völlig inszeniert hält, steht dahinter am wahrscheinlichsten, dass die Verluste von Wagner mit dem eigentlichen Kampf innerhalb der Stadt gestiegen sind und insbesondere soll es in den letzten zwei Tagen einen länger nicht gesehenen intensiven Artillerie-Einsatz durch die Ukrainer gegeben haben. Eine Spekulation ist, dass Munition, die für die Offensive zurückgehalten wurde, freigegeben wurde, um eine Gegenoffensive in der Stadt zu ermöglichen, vielleicht tatsächlich nur um eine vollständige Einnahme bis hinter den 9. Mai zu verzögern.

    Habs auch grad gehört. Krass. Prigoschin soll angekündigt haben, Wagner aus Bachmut abzuziehen zum 9. Mai. Das grenzt schon an Hochverrat. Er soll Gerassimow und Shoigu übel beleidigt haben. Wieso sollte das inszeniert sein? Für die russische Moral kann das kaum von Vorteil sein, wenn die militärischen Anführer sich öffentlich gegenseitig beleidigen und beschuldigen. Das wirkt schon sehr unprofessionell.


    Insofern ist das letztlich immer eine Frage der Investition vorhandener Ressourcen. Würden sich die Ukrainer entscheiden auf eine Offensive im Süden zu verzichten und stattdessen zu versuchen Bachmut wieder zurück zu holen, könnten dort vermutlich ein ganze Menge Ressourcen zum Einsatz gebracht werden.

    Glaube ich nicht. Die Ukraine wird zumindest versuchen, wieder eine Offensive zu starten. Angeblich gibt es auch schon Vorbereitungen.


    Deswegen bestehe ich immer darauf, dass unser System mit Demokratie inkorrekt bezeichnet ist. Erzeugt bei den Leuten eine falsche Erwartungshaltung, die man vielleicht zeitweise affirmiert, aber auch nur bis zur schließlichen Enttäuschung.

    Das ist aber schon seit Jahrtausenden so, dass Gesellschaften in denen die Regierung gewählt wird, als Demokratie bezeichnet werden.

    Unser derzeitiges Demokratie-System muss man doch nicht gleich komplett schwarz malen.


    Ja, die Demokratie ist nicht perfekt

    Das ist aber ein bisschen Wischiwaschi. Es gibt einige Studien, z.B. von der Oxford Universität, die belegen, dass nur 1-2% der Bevölkerung Einfluss auf die wichtigen politischen Entscheidungen haben, und der Rest keinen Einfluss darauf hat. Daher ist unser System keine Demokratie, wenn man unter Demokratie versteht, dass die breite Bevölkerung die politischen Entscheidungen trifft.

    Welche These? Dass die Ukrainer die Front mit genug lokal konzentrierten Kräften durchstoßen könnten, sehe ich nicht als unmöglich an.

    Na, dass den Ukrainern die Soldaten ausgehen. Sie schaffen es kaum Bachmut zu verteidigen, ganz zu schweigen von einer Offensive.


    Also ein lokaler Vorstoß kommt wohl kaum bis zur Krim. Da muss die russische Front schon zusammenbrechen.

    Das stimmt. Ich vermute zum Beispiel, dass die Zahlen vom russischen Verteidigungsministerium oben nicht wirklich ein 1:1-Verhältnis nahelegen, sondern reflektieren, dass ein Teil der Verwundeten bereits wieder einsatzfähig ist. Könnte das Verhältnis von Toten zu Überlebenden, die nicht mehr in den Dienst zurückkehren können, sein.

    Das würde das niedrige Verhältnis erklären. Dann käme man auf etwa 200000 Verluste bis jetzt, wenn die Zahlen nicht übertrieben sind.

    Das ist das Niveau auf dem die Russen einen Vorteil haben. Insofern müsste man immer noch hoffen, dass sie ihr Niveau nicht halten können.

    Nunja, die Russen decken ihren Bedarf aus den Lagerbeständen wie die Ukrainer auch. Wie hoch die Jahresproduktion ist, zeigt sich, wenn die Lage leer sind.


    Mal ein Indiz gegen deine These. Russland baut Schützengräben auf der Krim. Das macht eigentlich nur Sinn, wenn sie befürchten, dass ihre Front zusammenbrechen könnte.


    https://www.t-online.de/nachri…aus-schuetzengraeben.html



    Wenn wir "Demokratie" heute verwenden, reden wir meines Erachtens weniger von abstrakten Konzepten als von der Idee der besten Ordnung.

    Das denke ich nicht. Vor ein paar Jahren war die Definition von "Demokratie" bei Wikipedia: "Staatsform in der die wesentlichen politischen Entscheidungen durch Wahlen und Abstimmungen von der Masse der Bevölkerung getroffen werden." Das ist zwar in der westlichen Demokratie de facto nicht der Fall, aber in der Theorie schon.


    In jedem Fall ideologisch wurde das eigene System als höher entwickelt betrachtet, anstatt also als Simulation von echter Nicht-Demokratie wurde die ritualisierte Herstellung der Einheit von Staatsvolk und Führung sogar als eigentliche Demokratie im Sinne der besten Ordnung verstanden.

    Seltsam ist das aber schon, so Scheinwahlen zu veranstalten. In einem System reiner Repräsentation haben Wahlen eigentlich keinerlei Funktion.


    Bei Gesamtergebnissen von 99% stellt sich natürlich die Frage, ob der Fall, dass ein Kandidat abgelehnt wurde, tatsächlich mal vorkam war. Kann wenn nur selten gewesen sein. Ich habe keine Ergebnisse für die einzelnen Kandidaten gefunden, insofern keine Ahnung. Ich würde aber vermuten, dass eine schlechterer Zustimmungswert über 50% zumindestens dazu führen konnte, dass der Kandidat bei der nächsten Wahl ausgetauscht wurde und das hat vielleicht zu der erwähnten Fluktuation beigetragen.

    Also wie ich die Beschreibung verstanden habe, musste man die Zustimmung offen ankreuzen, wer die Wahlkabine nutzt, oder gar "nein" ankreuzt, der kriegt Stress mit der Obrigkeit.