Gründel: Ich habe fünf Monate lang unser Alltagsleben eingefangen. Wie wir einkaufen, kochen, leben. Zwischendurch habe ich versucht, ein paar grundlegende Fragen zu klären: Wie werden die Sätze genau berechnet? Was hat es mit dem so genannten Bildungs- und Teilhabepaket auf sich? Für den fachlichen Support hatte ich Mitarbeiter vom Job-Center an der Hand. Ich konnte sie fragen, wenn irgendwas unklar war, und ich konnte ihnen meine Berechnungen vorlegen und noch mal überprüfen lassen. Das sollte wirklich alles Hand und Fuß haben. Tatsächlich kam dieser Satz in der Community dann ziemlich oft: Das wusste ich gar nicht.
Was haben die Leute nicht gewusst?
Gründel: Das mit dem zinslosen Darlehen etwa. Das kann man als Bürgergeld-Empfänger bekommen, wenn beispielsweise die Waschmaschine kaputt geht. Oder die Spülmaschine. Man braucht dafür einfach nur einen formlosen Antrag zu stellen. Fehlendes Wissen führt leider häufig dazu, dass Debatten polemisch werden. Da gibt es Leistungsempfänger, die sagen: schön und gut, eure Rechnung. Aber was mache ich bitte, wenn… Sie wissen schon: die Waschmaschine. Wenn das passiert, haut es einfach nicht mehr hin, heißt es gern. Aber das stimmt nicht. Andere hingegen behaupten, es sei ein leichtes für Bürgergeld-Empfänger, sich mal eben eine moderne Küche rauszulassen. Auch das stimmt nicht.
Denn klar haben die Leute auf dem Amt einen Überblick.
Wenn kurz hintereinander sämtliche Gerätschaften in der Küche kaputt gehen und zum Spülen und Waschen vielleicht noch der Herd dazukommt, ist das auffällig.
Man hört immer wieder, es sei unheimlich kompliziert, die Situation von Bürgergeld-Beziehern und Arbeitnehmern miteinander zu vergleichen. Wie sind Sie vorgegangen?
Gründel: Das ging ehrlich gesagt überraschend einfach. Der Vergleich wird immer dann schwierig, wenn man mit Freibeträgen rechnet, die sich ergeben, wenn stundenweise doch gearbeitet wird. Wir sind bei der Berechnung pragmatisch vorgegangen und haben als Grundlage eine Familie genommen, in der beide zu Hause bleiben, wo also gar nicht gearbeitet wird.
Wie viel Geld hatten Sie als vierköpfige Familie unter diesen Umständen zur Verfügung – beziehungsweise hätten Sie zur Verfügung gehabt?
Gründel: 1585 Euro. Nach Abzug der Miete.