Beiträge von Janno

    Ich sehe es immer als Sieg, wenn jemand auf Stil und Äußerlichkeiten drauf haut, weil er inhaltlich nichts zu kritisieren findet. Hätten Peter Dausend und seine Kollegen in den letzten Jahrzehnten ihren Job richtig gemacht, wäre Tilo heute nur einer von vielen und sein Jung & Naiv Konzept vermutlich überflüßig.

    Jetzt wo die SPD auf dem Weg ist die Rolle einer Oppositionspartei einzunehmen erkennt er natürlich die Fehler von vor 10 Jahren. Vor zwei Jahren fand er noch Hartz 4 sei richtig gewesen, nur jetzt nicht mehr nötig:

    Immer gerade wie ers braucht.


    Die Haltung zu ändern wenn es um einen Virus geht wie Covid ist nachvollziehbar. Der Virus tauchte plötzlich auf und es mußte schnell gehandelt werden. Die damalige wirtschaftliche Lage hingegen war nicht so akkut schlimm, dass es die eingeführte Agenda gerechtfertigt hätte. Zu so einer Agenda zu stehen/gestanden zu haben, offenbart schlicht eine menschenverachtende Haltung und Vorurteile gegenüber sozial Schwachen.

    Ergo: wer seinen Nächsten liebt gibt ihm einen schlecht bezahlten Job und wird damit von Gott mit einer saubilligen Dienstleistung belohnt. Wenn ich mir die ganzen fetten Autos auf den Straßen und die immer mehr werdenen überfüllten Cafés, Restaurants und Shoppingmeilen so ansehe, hat das für die deutsche Mittelschicht ja sehr gut funktioniert.

    Ich dachte, Du hättest da vielleicht irgendeine Studie.

    Wie soll man denn zu soetwas Komplexem eine ernstzunehmende Studie machen? Manche überschätzen die Wissenschaft ganz schön.

    Es war außerdem keine allgemeine Aussage über eine Gruppe sondern ein Beispiel dafür, wie sich die Unterdrückung des Individuellen auswirken kann.

    "Viele" heißt schlicht viele.

    Die Erkenntnisse darüber nehme ich aus persönlicher Erfahrung mit der eigenen Familie, aber auch mit Unternehmern (und mit deren Kindern) für die ich gearbeitet habe. Und aus dem was von den Medien immer mal wieder berichtet wird.

    Populärster Fall ist wohl Donald Trump:

    http://www.martinmiller.ch/blo…chaftlichen-einfluessen-1


    Ein deutsches populäres Beispiel ist die Schwarz-Pharma Erbin Paula Schwarz:


    Zwischen lieb und toxisch gibt es außerdem noch viele Zwischenstufen. Und Gegenfrage: was verstehst du genau unter "lieb"?

    Mit dem Aufkommen von liberalen Ideen und dem Kapitalismus, der den einzelnen Mensch aus seinem familiären und gemeinschaftlichen Umfeld entwurzelt hat, sollten die Versprechen der Moderne diese Entwurzelung durch ein Freiheitsversprechen der individuellen Autonomie ersetzen. Die Frage ist, sind diese Versprechen der Moderne eigentlich in unserer heutigen Gesellschaft eingelöst?

    Nope, diese Versprechen wurden nicht eingelöst. Aber anstatt dem Kapitalismus bzw. den gescheiterten liberalen Ideen die alleinige Schuld für diese Entwicklung zu geben, sollten wir uns fragen, warum diese Ideen überhaupt so gut ankamen. Familiäre Bindungen und ein darüber hinausgehendes gemeinschaftliches Umfeld könnten für das Individuum doch die perfekte Basis sein, um einerseits frei und individuell, andererseits eingebunden und geschützt leben zu können. Aber anscheinend ist damals die Freiheit und Individualität zu sehr unterdrückt (oder wie du schreibst: geächtet) worden, so dass die liberalen Ideen auf viele wie eine Offenbarung wirkten.


    Die Ironie ist ja, dass viele Liberale so sehr betonen wie wichtig die (Kern)Familie sei. Und ich bekomme auch immer wieder mit wie Kinder von liberalen aber auch von konservativen Unternehmern von der Familie vereinnahmt und auf ihre Funktion im Unternehmen getrimmt werden. Diese Familien machen genau das was du über die Familien im Mittelalter schreibst.
    Es wird ja gerne über die materiell verwöhnten Bonzenkinder hergezogen, aber das toxische familiäre Umfeld in dem viele dieser Kinder aufwachsen müssen ist so zerstörerisch, dass man eigentlich Mitleid haben müßte. Sobald diese Kinder erwachsen sind erkennen sie die (neo)liberale Ideologie mit der sie erzogen und unterdrückt wurden als eine Chance aus ihrem toxischen Umfeld zu entkommen. Denn durch sie haben sie nun das Werkzeug erworben, das sie brauchen um frei und unabhängig von diesem Umfeld leben zu können.

    Die Religion die momentan tatsächlich die EU und die Gesellschaft allgemein zersetzt ist der Neoliberalismus. Politik und Wirtschaft sind unterwandert von den Anhängern dieser Religion. Dieser vermeintliche Kulturkampf gegen den Islam den sich die Rechte herbeifantasieren lenkt von den Machenschaften der Neoliberalen ab und schadet damit dem Land das die Rechten angeblich so sehr lieben und verteidigen wollen.

    Die Linken sind so sehr damit beschäftigt den Bullshit der Rechten abzuwehren und das bereits erkämpfte neu zu verteidigen, dass sie kaum noch dazu kommen sich für sozialen Fortschritt einzusetzen. Wir sollten dieses Spiel nicht mitspielen sondern uns auf das wesentliche konzentrieren.

    Kritik kann ja auch positiv sein, daher: Kurz nach den Anschlägen am 11. September wurde in der Sendung Kulturzeit (auf 3sat) ein Experte interviewt, der meinte der Islam habe sozialistische Elemente (er erwähnte z.B. das Vergeben von zinslosen Krediten). Und angeblich gab es unter seinen Kollegen bereits vor dem 11. September die Verschwörungstheorie, dass sich die westlichen Eliten nach dem Zusammenbruch der Sowietunion auf die Bekämpfung des Islam konzentrieren würden, um das sozialistische Gedankengut in den entsprechenden Ländern zurückzudrängen. Aber keine Ahnung in wie weit das realistisch ist und ich erinnere mich auch nicht mehr an den gesamten Beitrag und wie diese Theorie eingeordnet wurde.

    Ich war auch gegen Sarrazins Kopftuchmädchen-Bashing. Als ich bei Twitter was über die Türkei schrieb kommt mir so`n Kartoffel-Linker daher und meint ich sei ein "islamophobes Schwein" - das ist Nonsens, aber mittlerweile reicht ein Schlagwort um in eine Schublade zu kommen, da fragt auch niemand vorher zweimal nach bevor man ihn da reinsteckt - eine ungute Entwicklung.

    Sowas ähnliches ist mir auch schon passiert auf Twitter. Das ist der Erfolg der rechtsradikalen Trollarmeen. Sie haben die sozialen Netzwerke mit ihrer anti-islamischen Hetze emotional so sehr aufgeheizt, dass die Linken alles abblocken was auch nur ansatzweise nach einer rechten Argumentationlinie riecht. (Ich meine, Steve Bannon hat das sogar mal als eine Strategie der Rechten bezeichnet.)


    Zum Thema: Linke sollten sich lieber auf das Thema soziale Gerechtigkeit konzentrieren. Und immer dort wo verlangt wird Position zu extremistischen Handlungen/Denkweisen zu beziehen ausschließlich sagen, dass die Bekämpfung von sozialer Ungleichheit die beste Methode ist Extremismus einzudämmen.

    Das ist meines Erachtens keine Lücke, das war so gewollt. Die Verfassung der USA sollte eine Bürgerherrschaft installieren, allerdings fällt das was wir heute darunter verstehen und was damals verstanden wurde deutlich auseinander. Damals gab es noch eine feine Unterscheidung zwischen Bürger und Pöbel; genau vor der demokratischen Machtergreifung dieses Pöbels sollte diese Pufferinstitution schützen.

    Heute könnte man behaupten der Pöbel herrscht und nutzt einfach die gleichen Mittel zur Verteidigung der Macht, wie sie sich die Väter der Verfassung bereitgelegt haben.

    Klingt plausibel. Erinnert mich an das Buch "Formen bürgerlicher Herrschaft" von Reinhardt Kühnl. Darin weist der Autor nach "dass die im Titel genannten Formen der Staatsorganisation - Liberalismus und Faschismus - keine Gegenpole, sondern artverwandte Formen des bürgerlichen Staates sind." Muß ich mal wieder lesen.