Beiträge von Utan

    Blüten deutscher Rechtsstaatlichkeit #234

    Jurist über „Palästina-Kongress“: „Taktik hat dem Recht zu folgen“

    Anwalt Michael Plöse hat die VeranstalterInnen des „Palästina-Kongresses“ beraten. Den Abbruch durch die Polizei hält er für nicht grundrechtskonform.


    [...] Bei dem Kongress handelte es sich um eine politische Versammlung in geschlossenen Räumen. Deshalb war sie im Gegensatz zu einer Versammlung unter freiem Himmel nicht anzeigepflichtig, und unsererseits bestand keine Notwendigkeit, die Polizei darüber zu informieren. Die hatte aber aus der Berichterstattung geschlossen, dass es zu einem Sicherheitsproblem kommen könnte, und die VeranstalterInnen zu einem Vorgespräch eingeladen.

    Und das fand statt?

    Das fand am Montag vergangener Woche statt – mit einem leitenden Polizeidirektor der Landespolizeidirektion, dem voraussichtlichen Einsatzleiter, jemandem vom Planungsstab und vom LKA, außerdem Vertretern vom Vorstand des Vereins „Jüdische Stimme“ und des Orgateams. Es war ein sehr höfliches, auf gegenseitiges Verständnis abzielendes Gespräch. Die Polizei hat uns klargemacht, dass sie vor Ort sein müsse, die VeranstalterInnen haben ihrerseits darum gebeten, dass die PolizistInnen im Raum erkennbar seien sollten. Sie teilten auch mit, welche Personen eingeladen sind und dass Redebeiträge von Auswärtigen abgespielt werden würden. Von uns wurde zugesichert, die eingeschickten Redebeiträge vorab auf mögliche strafbare Inhalte zu prüfen. Auf unsere Frage, ob es seitens des Verfassungsschutzes oder anderer Stellen Bedenken gegen den Kongress gebe, sagte die Polizei, sie habe dazu über die Medienberichterstattung hinaus keine Erkenntnisse. Bezüglich der Teilnehmenden sagten sie, sie würden sich noch einmal melden, wenn ihnen etwas auffalle. Das war nicht der Fall. [...]


    Die einzigen Anhaltspunkte für die ganze Polizeiaktion kamen also aus "der Berichterstattung". Die sah in Berlin von tagesspiegel bis Springerpresse erwartungsgemäß so aus, dass schon seit Wochen vor dem Kongress der Israelhasser und Antisemiten gewarnt worden war, ohne dass auch nur ein einziger stichhaltiger Beleg dafür präsentiert wurde, dass es sich auch tatsächich um eine dem reinen "Judenhass" verschriebene "Pro-Hamas" Veranstatlung handelte. Das wollen die also einfach in der Zeitung gelesen und geglaubt haben...


    Faeser und ihre Berliner Parteifreundin, Innensenatorin Spranger haben da ganz einfach mal die Exekutive Staatsgewalt ohne Rechtsgrundlage auf Leute losgelassen, die sich nichts haben zu schulden kommen lassen. Ob das hinterher irgendein Gericht für unrechtmäßig befinden wird, war denen einfach scheissegal. Die haben die Macht und sie nutzen sie knallhart - FDGO und Rechtstaat können sich ficken gehen.

    varoufakis

    Geht ja nicht, weil der jetzt Betätigungsverbot in Deutschland hat (zumindest bis irgendein Gericht diese farce wieder kippt). Wenn Tilo den einlädt, lassen Wegner, Spranger und Faeser das Jung & Naiv-Studio präventiv von der GSG9 stürmen, damit da bloß kein Antisemitismus begangen werden kann.

    Wie lange dauerte bei dir das Mittelalter?

    "Bei mir" dauert das gar nicht anders als in der sonstigen Gechichtstschreibung. Nur bei Hobbyhistoriker und Volkskundeprofessor Krah dauert das ungefähr vierhundert Jahre länger, weil es sonst nicht zu seinem geschichtsverdreherischen Geschwurbel passt.

    die beiden Fragen werden von Krah in folgendem Vortrag ziemlich gut beantwortet, evtl. mal reinschauen. Ich hatte den Vortrag vor einigen Jahren mal aus Zufall entdeckt.

    Er setzt einfach voraus, dass der Wille zum Volk-Sein schon da war, und dass "man" ihn nur durch "Erforschung" der vorhandenen Traditionen in eine Staatstragende Form habe bringen müssen. Mal abgesehen davon, dass er das Ende des Mittelalters einfach vollkommen ahistorisch auf den Beginn des 19. Jahrhunderts vorverlegt, ist das halt einfach eine bloße Behauptung.


    Dieses "man" - also wer zu welchem Zweck überhaupt irgendwelche bürgerlichen Gesetzbücher zusammenstellte, bzw. zusammenstellen ließ - wird von ihm einfach gar nicht weiter verhandelt. Es existieren keine Klassen, keine dem "Volk" übergeordnete Herrschaft, und vor allem kein privates Eigentum, das per Gesetz und von Staats wegen geschützt werden muss.


    Für den Juristen Krah ist das Gesetz einfach eine Notwendigkeit aus der Staatlichkeit. Wie der Staat zustande kam, und wer dafür wem Gewalt antun musste, ist ihm völlig egal. Damit ist er natürlich voll auf Linie der bürgerlichen Politik- und Staatswissenschaft. Für die existiert der Staat auch einfach - weil das eben so ist - und dann braucht man eben irgendeine Herrschaft und Gesetze, die sie legitimieren. Und genau wie für die "demokratischen" Widersacher seiner Partei, ist auch für ihn das nicht weiter definierte Abstraktum "Volkssouveränität" der einzig legitime Ursprung der staatlichen Herrschaft.

    Ist der Ruf erst ruiniert, labert sich's gänzlich ungeniert und in aller Öffentlichkeit durch die größten Widersprüche. Einfach Augen und Ohren zu, und durch. Rhinozeros-Taktik für den globalen Westen.

    Alles richtig. Mein Punkt ist einfach, dass es dafür gar keinen "Fascho"-Staat braucht. Wir sehen hier der ganz normalen "liberalen" Demokratie dabei zu, wie sie an ihren eigenen inneren Widersprüchen scheitert.


    Das kapieren leider die meisten überzeugten DemokratInnen nicht, und deshalb denken sie, es müsse einfach alles noch wehrhafter gegen die inneren und äußeren Feinde gemacht werden, die dabei mysteriöser weise Immer mehr werden.

    Was ist denn das für ein Tonfall?

    Offenbar muss mal einer der sich auskennt, die deutsche politische Fühurng daran erinnern, woher der Staat den sie regiert eigentlich seine Macht und seine privilegierte internationale Stelllung hat, damit die nicht denken, das hätte ausschliesslich was mit besonders guter Politik zu tun.

    Also das ist natürlich erstmal nur ihre Einschätzung. Allerdings bin ich mir nicht, ob sie da einen persönlichen Maßstab anlegt oder ob sie zum Beispiel vom innerisraelischen linken Diskurs beeinflusst ist. Da gibt es viele Leute, die ihrem Land einen zunehmenden Faschismus diagnostizieren:

    Es gibt auch in Deutschland eine Menge linke "Antifaschisten", die so ziemlich alles was irgendwie konservativ ist als Faschismus bezeichnen. Damit verwässern die den Begriff zu einem leeren Slogan, den man einfach allen um die Ohren wirft, die dem eigenen Bild davon was "links" ist nicht entsprechen. Ist mir auch herzlich egal, ob es solche Leute in Israel ebenfalls gibt, und ob sich Abby Martin auf die bezieht. Das ändert nichts daran, dass das eine oberflächliche, dumme, und in den meisten Fällen falsche Zuschreibung ist.

    Und im Prinzip sind wir da auch wieder bei der Begriffsdebatte. Die Repression gegen die Veranstaltung in Berlin wird zum Teil auch unter diesem Stichwort diskutiert:


    https://twitter.com/Monaldo86/status/1778926754482082073

    Ich habe gestern morgen schon die Stellungnahme der Anwälte der Veranstater hier zitiert, worin sachlich darauf eingegangen wird, wie die Berliner Polizei hier vermutlich wider besseres Wissen Rechtsbrüche auf politische Anweisung hin begangen hat.


    Natürlich twixxen jetzt alle möglichen linken Aktivisti durch die Gegend, dass da der deutsche "Faschismus" mal wieder seine hässliche Fratze gezeigt hätte. Aber selbst wenn Varoufakis persönlich jetzt mit seinem berüchtigten Hang zum Pathos irgendwas von german "fascism" erzählt, halte ich das trotzdem für übertrieben und falsch - genauso falsch wie diese ständigen Verweise darauf, dass es jetzt wieder soweit gekommen sei, dass deutsche Polizisten Jüdische Menschen Verhaften, so als wären die von der Gestapo abgeholt, und direkt ins Vernichtungslager verbracht worden. Die meisten von denen werden nach Personalaufnahme wieder freigelassen. Der einzige Sinn und Zweck dieser Aktionen ist es, den öffentlichen Protest zu verhindern. Das geht auch in der liberalen Demokratie mit entsprechend beherztem Einsatz des staatlichen Gewaltmonopols. Dafür braucht es keinen Faschismus und keinen Führer.

    https://twitter.com/DanielDenvir/status/1779339936015036903



    "They're not wrong". Trump sagt indirekt, dass Israel einen Genozid durchführt. :S



    Es war Trumps Schwiegersohn, der dafür sorgte, dass die USA im Gegensatz zu Mehrheit der Vereinten Nationen (West) Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkannten.

    In unserer Partnernation Israel, dem einzigen demokratischen Rechtsstaat im nahen Osten, werden auch "unsere" #Werte gegen Autoritarismus und Islamfaschismus verteidigt.

    Erklärung des Anwält*innenKollektivs zu Auflösung und Verbot des „PalästinaKongress- Wir klagen an!“ geplant vom 12.4.-14.4.2024 in Berlin

    TL/DR: Nicht nur der Berliner regierende Bürgermeister (cdU) und seine Innensenatorin (sPD) haben mehrfach klar den politischen Willen ausgedrückt, diesen Kongress nach Vorgabe der Springer-Medien als Antisemitische Judenhasser-Veranstaltung zu brandmarken und zu verhindern. Dass das Bundesinnenministerium nun auch noch verbale Betätigungsverbote ohne Verweis auf eine Rechtsgrundlage durch die Bundespolizei aussprechen lässt ist neu. Offenbar hat man jedenfalls alles dafür getan, den Veranstaltern jede Chance zu nehmen, sich gegen ein Verbot juristisch zur Wehr zu setzen, indem man einfach "spontan" vor Ort Gründe erfunden hat, um das ganze durch die Polizei verbieten und beenden zu lassen - sehr wahrscheinlich wohl wissend, dass das rechtlich überhaupt nicht haltbar war.

    Aber das kann ihnen ja egal sein, denn der eigentliche Zweck, die Konferenz zu verhindern ist erfüllt, selbst wenn sich hinterher rausstellt, dass man sie gar nicht hätte verhindern dürfen.


    Garantiert wird sich dafür niemand von den politischen "Verantwortlichen" verantworten müssen. Das ist der deutsche Rechtsstaat in Aktion. Das ist die Demokratie, die hier verteidigt werden soll.

    Kleine Ergänzung zur Diskussion über die Einstellungen in der israelischen Gesellschaft. Ich habe gerade diese Folge von Bad Hasbara gesehen. Abby Martin wird ganz am Schluss nach ihrem Straßeninterview von vor einigen Jahren gefragt (falls nicht bekannt) und ob gegeben, die Haltungen, die sie damals bereits gesehen hat, sie noch irgendwas in der aktuellen Reaktion überrascht hat

    Abby Martins Arbeit in allen Ehren, aber ich kenne kaum eine linke amerikanische Aktivistin, die noch großzügiger mit der empörten Zuschreibung "fascist!" um sich wirft, wenn es irgendwo reaktionär und nationalistisch zugeht. Ich stimme ihr da nicht zu und ich denke sie übertreibt, weil sie keinen besonders durchdachten Begriff von Faschismus hat.


    Aber dass es in Israel ziemlich reaktionär und nationalistisch zugeht, und dass eine Mehrheit der Bevölkerung dazu beiträgt habe ich überhaupt nicht bestritten. Ich behaupte sogar - anders als Ms. Martin - dass diese "leftist" Israelis im Exil von denen sie spricht, dennoch zum größten Teil der Ansicht sind, dass die Hamas jetzt unbedingt zerstört werden müsse - koste es an zivilen Kollateralschäden was es wolle - obwohl die gar keine "fascists" sind.

    für beamte gilt das jetzt allerdings alles eher weniger

    Für die gilt umso mehr, dass mit zunehmender Krisenhaftigekit und allgemeinem Vertrauensverlust in die etablierten Institutionen die Angst vor dem Chaos und seinen böswilligen Agenten (Klimakleber, Kulturfremde, Grüne, Linke, etc.) massiv ansteigt. Da wird der Wunsch nach der starken. ordnenden Hand des Staates sehr laut. Gleichzeitig misstraut man aber den bisherigen Staatenlenkern, also muss mit "denen da oben" mal ordentlich aufgeräumt werden.

    Die AfD-Sympathisant:innen aus meiner Unternehmer:innenbubble zB finden das schon alles ganz richtig so

    Für die ist die Partei allerdings auch gemacht. Die größte Zielgruppe ist und war von Anfang an der deutsche unternehmerische Mittelstand und das was man früher "Kleinbürgertum" nannte - also kleine und mittlere Beamte, Einzelunternehmer, Ladenbesitzer, usw.


    Daran hat sich auch nach dem Abgang der "Professoren" nie wirklich was geändert. Der Mittelstand - also jedenfalls der eher traditions- und heimatverhaftete Teil davon - ist folgerichtig auch heiß begehrte Zielgruppe der selbsternannten Alternative zur "Alternative" in Form des Wagenknechvereins. Bei denen kommen die "Altparteien" cdU, sPD und fdP immer stärker in Verruf, weil man ihnen - nicht zu unrecht - vorhält, vor allem das Großkapital, also Konzerne und Banken zu bedienen, während man zwar nach wie vor vorgibt, dem "ehrbaren Kaufmann" und dem "hart arbeitenden Familienunternehmer" zu dienen, dem aber in der gesetzgeberischen Praxis nicht annähernd in dem Maße gerecht wird, wie das Klientel es sich wünscht, während man es nicht bloß den Superreichen, sondern gefühlt auch den Arbeitsscheuen und den Ausländern "vorne und hinten rein schiebt".


    Der Mittelstand und das Kleinbürgertum waren damals auch die treue Basis und der harte Kern der nationalsozialistischen Wählerschaft. Das soll kein Nazi-Vergleich sein, aber es lohnt sich vielleicht, mal darüber nachzudenken, warum in bürgerlichen kapitalistischen Gesellschaften ausgerechnet diese Gruppe in der Krise so besonders empfänglich für harten Nationalismus, Protektionismus, Verfolgungswahn, Verschwöhrungs- und Sündenbocktheorien bis hin zur genozidalen Vernichtungsfantasie wird.