Beiträge von Utan

    Kleine Ergänzung zur Diskussion über die Einstellungen in der israelischen Gesellschaft. Ich habe gerade diese Folge von Bad Hasbara gesehen. Abby Martin wird ganz am Schluss nach ihrem Straßeninterview von vor einigen Jahren gefragt (falls nicht bekannt) und ob gegeben, die Haltungen, die sie damals bereits gesehen hat, sie noch irgendwas in der aktuellen Reaktion überrascht hat

    Abby Martins Arbeit in allen Ehren, aber ich kenne kaum eine linke amerikanische Aktivistin, die noch großzügiger mit der empörten Zuschreibung "fascist!" um sich wirft, wenn es irgendwo reaktionär und nationalistisch zugeht. Ich stimme ihr da nicht zu und ich denke sie übertreibt, weil sie keinen besonders durchdachten Begriff von Faschismus hat.


    Aber dass es in Israel ziemlich reaktionär und nationalistisch zugeht, und dass eine Mehrheit der Bevölkerung dazu beiträgt habe ich überhaupt nicht bestritten. Ich behaupte sogar - anders als Ms. Martin - dass diese "leftist" Israelis im Exil von denen sie spricht, dennoch zum größten Teil der Ansicht sind, dass die Hamas jetzt unbedingt zerstört werden müsse - koste es an zivilen Kollateralschäden was es wolle - obwohl die gar keine "fascists" sind.

    für beamte gilt das jetzt allerdings alles eher weniger

    Für die gilt umso mehr, dass mit zunehmender Krisenhaftigekit und allgemeinem Vertrauensverlust in die etablierten Institutionen die Angst vor dem Chaos und seinen böswilligen Agenten (Klimakleber, Kulturfremde, Grüne, Linke, etc.) massiv ansteigt. Da wird der Wunsch nach der starken. ordnenden Hand des Staates sehr laut. Gleichzeitig misstraut man aber den bisherigen Staatenlenkern, also muss mit "denen da oben" mal ordentlich aufgeräumt werden.

    Die AfD-Sympathisant:innen aus meiner Unternehmer:innenbubble zB finden das schon alles ganz richtig so

    Für die ist die Partei allerdings auch gemacht. Die größte Zielgruppe ist und war von Anfang an der deutsche unternehmerische Mittelstand und das was man früher "Kleinbürgertum" nannte - also kleine und mittlere Beamte, Einzelunternehmer, Ladenbesitzer, usw.


    Daran hat sich auch nach dem Abgang der "Professoren" nie wirklich was geändert. Der Mittelstand - also jedenfalls der eher traditions- und heimatverhaftete Teil davon - ist folgerichtig auch heiß begehrte Zielgruppe der selbsternannten Alternative zur "Alternative" in Form des Wagenknechvereins. Bei denen kommen die "Altparteien" cdU, sPD und fdP immer stärker in Verruf, weil man ihnen - nicht zu unrecht - vorhält, vor allem das Großkapital, also Konzerne und Banken zu bedienen, während man zwar nach wie vor vorgibt, dem "ehrbaren Kaufmann" und dem "hart arbeitenden Familienunternehmer" zu dienen, dem aber in der gesetzgeberischen Praxis nicht annähernd in dem Maße gerecht wird, wie das Klientel es sich wünscht, während man es nicht bloß den Superreichen, sondern gefühlt auch den Arbeitsscheuen und den Ausländern "vorne und hinten rein schiebt".


    Der Mittelstand und das Kleinbürgertum waren damals auch die treue Basis und der harte Kern der nationalsozialistischen Wählerschaft. Das soll kein Nazi-Vergleich sein, aber es lohnt sich vielleicht, mal darüber nachzudenken, warum in bürgerlichen kapitalistischen Gesellschaften ausgerechnet diese Gruppe in der Krise so besonders empfänglich für harten Nationalismus, Protektionismus, Verfolgungswahn, Verschwöhrungs- und Sündenbocktheorien bis hin zur genozidalen Vernichtungsfantasie wird.

    Die C-Parteien sind nicht zu befrieden. Die muss man genauso bloß stellen und aufzeigen, wie aus ihrem bürgerlichen Chauvinismus der selbe völkische, nationalistische Irrsinn erwächst.


    Das Label "demokratisches Spektrum", dass die "Altparteien" sich zur Abgrenzung gegen die AfD gegeben haben ist völlig inhaltsleer. Die AfD ist genauso "demokratisch" (oder nicht) und pro-kapitalistisch wie die. Man muss gar kein Antidemokrat sein, um völkischer Rassist und Nationalist zu werden.


    Die geben sich dieses Abrenzungsettikett nur selbst, so wie irgendwelche Lebensmittelkonzerne eine NGO gründen, die dann ein Label erfindet, das sie alle auf ihre Waren kleben und wo drauf steht dass die fair gehandelt wurde, obwohl das Zeug von Kindern im Akkord aus irgendeinem giftigen Djungel gehackt wurde..

    Es kann natürlich sein, dass das israelische Establishment fürchtet ohne dieses "Investitionsvehikel" der fortgesetzen Expansion von Israel am Ende alles zu verlieren, weil dieser ganze Unterstützungsapparat dahinter wegbricht.

    Du wirfst halt munter israelische Staatsräson, Interesse der Regierung und Einstellung der Bevölkerung durcheinander - und im letzten Post dann auch noch ausländische Investoren dazu.


    Das mag alles richtig sein und ich widerspreche dem schon wieder gar nicht, aber zu zerfaserst und verkomplizierst damit einfach nur immer weiter den eigentlich recht simplen Punkt um den es mir ging - nämlich einfach nur zu erklären, warum ich nicht denke dass die Mehrheit der BEVÖLKERUNG - nicht der Regierung, oder des "Establishments" oder der Zionistischen Vordenker seit 1948, oder was Dir sonst noch alles dazu an Eliten einfällt -, in Israel nicht aus genozidalen FaschistInnen besteht. Punkt!

    Zelenskyj hat angeboten, weitere Hilfen als rückzahlbare Kredite anzunehmen. Da müssen die jetzt eben so tun, als gäbe es irgendeine Perspektive für die Ukrainische Staatskasse, demnächst irgendwem Tilgungen und Zinsen zahlen zu können.

    Ich gebe AlxBedn zwar umfänglich recht, aber ich finde trotzdem, dass diese gane "gebt denen keine Plattform!"-Strategie völlig nutzlos ist und "denen" eher hilft als schadet.


    Und...

    Nein, weil er in dem Punkt einfach Recht hat.

    ...ist kein Argument, dafür, dass Andreas Kemper recht hat, sondern nur dafür, dass Du glaubst, dass er recht hat.

    Und Du meinst, die Videoschnipsel wie "Weidel zErStÖrT Baerbock" (nur mal als beliebiges Beispiel), mit denen die afd auf den asozialen Plattformen auf Stimmenfang geht, werden diese differenzierte argumentative Substanz korrekt darstellen?

    Nein, das meine ich nicht. Und ich verstehe auch nicht, warum Du meinst, ich würde das meinen, denn ich habe überhaupt nichts dergleichen geschrieben. Ende der Diskussion zwischen uns beiden. Schönen Tag.

    Das Problem ist nicht die Plattform, sondern was man sie im mediealen Mainstream daraus machen lässt.

    Wenn man die immer nur einlädt, um sie irgendwie bloßzustellen und nie versucht sie wirklich argumentativ anzugehen, dann nützt denen das natürlich.

    Es traut sich halt keiner von den "liberalen" Demokraten so wirklich, denen mal inhaltlich so richtig an die Substanz zu gehen, weil es zum einen viel einfacher erscheint, sich moralisch über sie zu erheben und sich damit selbst die richtige Haltung zu bescheinigen, und weil man andererseits dann schnell darauf käme dass die sich - abgesehen von der Rhetorik - inhatlich eigentlich gar nicht so stark von den Konservativen und rechtsliberalen "Demokraten" unterscheiden, die sich ständig als lebende Brandmauer gegen sie inszenieren. Dieses Ding mit Höcke vs. Voigt war auch nur peinlich. Zwei völkische Nationalisten streiten sich darum. wer sich besser als Volksdemokrat verkaufen kann...

    Wir könnten natürlich auch ein System einführen, wie es deine Spezl im Osten haben, bei dem wir solche Leute an offenen Fenstern vorbeiführen oder ihnen im Flugzeug Granaten als Spielzeug mitgeben... Da ist Missbrauch ausgeschlossen.

    Dass "wir" einfach überhaupt keine Menschen von Staats wegen umbringen, kommt Dir natürlich gar nicht erst in den Sinn. Strafe muss schliesslich sein, Herr Generaloberscharfrichter.


    Du bist meinen angeblichen "Spezl[n] im Osten" jedenfalls näher als ich, was Dein Verständnis davon angeht, wie absolut die Herrschaft des Staates über die Menschenleben sein sollte, die auf seinem Territorium stattfinden.

    Ben Shapiro ist zwar kein Israeli

    ...aber Ashkenazi.


    Allerdings sehe ich das auch wieder mit Siedler-Chauvinismus verschränkt. Denn diese Logik, dass es einer besonderen Grausamkeit bedarf, ist typisch für (post-)koloniale Zusammenhänge, insbesondere unter den Bedingungen einer Minderheitsherrschaft wie es zum Beispiel in Rhodesien oder Südafrika der Fall war.


    Daniel Matè erwähnt es auch in seinem TikTok-Video zur Holocaust-"Psychose": Die Mehrheit der heutigen Israelis zählen nicht mehr zu den europäischstämmigen Ashkenazi, sondern zu den Arabisch- Nordafrikanisch- und Asiastischstämmigen Mizrahi. Die waren allerdings vor der Staatsgründung Israels nicht Ansatzweise im selben Maße von der Verfolgung durch Nicht-Juden betroffen wie die Juden Europas. In den überwiegend muslimischen Ländern, aus denen die Mizrahi kamen, lebten sie vorher Jahrhundertelang - genau wie dortige Christen - zwar auch nicht völlig gleichberechtigt mit Muslimen, aber es gab dort nie solche Pogrome oder andere Vernichtungsorgien, oder gar so etwas wie den Holocaust in Europa.

    Die Theorie, es handele sich da hauptsächlich um den üblichen Chauvinismus vorwiegend weißer Siedler und Kolonisatoren gegenüber ihren unterentwickelten Kolonialvölkern trifft höchstens auf die Anfangsphase der Staatsgründung zu, als die meisten der neu nach Israel kommenden Juden noch Europäischstämmig waren.


    Es gab und gibt auch durchaus inner-jüdischen Rassismus in Israel. Viele der erst später aus arabischen und nordafrikanischen Ländern hinzu gekommenen Juden und JüdInnen sprachen kein modernes hebräisch - was sowieso eine Kunstsprache ist - und hatten auch sonst ganz andere kulturelle Eigenheiten. Selbst in der religiösen Tradition unterscheiden die sich voneinander.


    Wenn man da Faschismus ins Spiel bringen will, wäre für mich eher die Frage, wie sieht man das Verhältnis von Systemen postkolonialer Minderheitsherrschaft und Faschismus, denn Israel ist im größeren Kontext von Mandatspälestina eher das als etwa ein revanchistischer Staat in einer Nachbarschaft vergleichbarer Länder.

    Die Vergleiche hinken meiner Ansicht nach alle, weil Israel eben ein auf dem Reißbrett geplanter, dann mit Gewalt in ein bereits bewohntes Gebiet gesetzter, und dann mit noch mehr Gewalt gegen die erzürnten Nachbarn verteidigter Staat ist, wie es ihn in dieser Form bisher nie gegeben hat.


    Und das alles konnten und können die israelische Regierung und ihre westlichen Unterstützer eigentlich nur dadurch rechtfertigen, dass in Europa der größte Massenmord an Juden in der Geschichte stattfand und dass so etwas jederzeit wieder geschehen könne, wenn man nicht eisern gegen die Feinde zusammen stünde. Die Paranoia ist von Grund auf in das Fundament des Staates eingemauert.

    Wenn die israelische Regierung z.B. heute junge Juden und Jüdinnen aus Amerika auf ihre bezahlten "Birthright"-Reisen nach Israel einlädt, dann werden die vorher erst mal nach Osteuropa geschickt, wo man ihnen nochmal ganz eindringlich in Auschwitz und anderen Horror-Lagern vor Augen bringt, wie schrecklich es da vor 80 Jahren zuging. Und erst dann kommen sie endlich ins sonnige Mediterrane Israel, und bekommen ihren "sicheren Hafen" und seine most moral Army in the world samt Wein, Weib und Gesang von seiner schönsten Seite präsentiert.


    Der Rassismus gegen die Palästinenser ist meiner Ansicht nach ein Nebeneffekt dieser fabrizierten Ur-Angst vor dem Holocaust, weil man sie eben jetzt als eine Art mutierte Nachfolger der Nazis sieht, denn die Judenverfolgung war vor 1948 eigentlich immer eher ein christliches, als ein muslimisches Phänomen. Die Kolonialherrenmentalität in den Siedlungen kommt vor allem von den Amerikanern und Osteuropäern die sich da niederlassen.


    Der eigentliche Kern der Sache liegt aber in der Definition des "sicheren Hafens". Ohne die verliert der Staat - auch in den Augen seiner Unterstützer - als solcher komplett seine Glaubwürdigkeit. Und deshalb braucht es immer einen fürchterlichen Todfeind, gegen den das ganze Volk zusammen stehen und sich mit allen Mitteln verteidigen muss.

    Hanno Berger & Konsorten, ich tendiere aber eher zum Erschießen, Gift ist meiner Meinung nach inhuman.

    Ich tendiere langsam dazu, mich zu fragen, warum einer wie Du hier Monate lang den "FDGO-Ultra" gemimt hat, wenn er die barbarischste und grundgesetzwidrigste aller Strafen dann doch ganz ok findet, so lange sie nur die richtigen trifft.

    Ist ja aber auch nicht so, als würde Deutschland bzw. sein Wirtschaftsstandort nicht besonders von dieser EU profitieren und ohne deutlich zu verlieren hätte.

    Finnland war selbst schon länger Exportüberschussland und hat davon profitiert.

    Die Balten haben damals in der Eurokrise auch schön "Ja chef" zu allen neoliberalen Austeritätsregimen gesagt, weil sie die ihren eigenen Bevölkerungen eh schon aufgezwungen hatten. Aber der Exporterfolg Deutschlands ist nicht und war auch noch nie von diesen Ländern abhängig. Die sind weder große Absatzmärkte, noch billige Lieferanten. Die sind einfach nur Mitläufer und neoliberale Oberstreber, aber ökonomisch viel zu unbedeutend für irgendwas außer sich selbst. Estland wäre ohne Finnland schon längst pleite.