Beiträge von Lukiluke

    Hä? Überall auf der Welt wachsen Pflanzen da, wo sie wollen (und Phosphor, Kalium und Stickstoff sind da in bestimmten Verhältnissen auch vorhanden) - sobald der Mensch will, dass eine bestimmte (meist genetisch veränderte, denn nichts anderes sind Zuchtpflanzen oder selektiertes Saatgut) Pflanze in Monokultur da wächst, wo er will und einen bestimmten Ertrag erbringt, wird er den Boden dafür aufbereiten und düngen müssen.

    Oder was genau meinst du?

    Ist es so dass der Mensch das „muss“?

    Kerstin Hoppenhaus sagt dass Pflanzen sich nur über Nährstoffe im Bodenwasser ernähren und Humus dabei keine Rolle spielt. Also Liebig, 19. Jhd.

    Die neue Bodenforschung zeigt dass sich Pflanzen selbst mit Nährstoffen versorgen indem sie Mikroorganismen mit Wurzelexsudaten füttern und diese dafür Nährstoffe für die Pflanzen verfügbar machen. Durch synthetische Düngemittel - Druckbetankung der Pflanzen - hören sie auf die Mikros zu füttern.


    Vielleicht wäre eine Idee also diese Kollaboration so zu fördern dass synthetischer Stickstoff &Co. überflüssig werden anstatt weiter mit viel Energie (gemessen in kcal) wenig Energie (auf dem Teller) zu produzieren?

    Gabe Brown


    Wenn es jemanden gibt der eine Idee von Landwirtschaft und Zukunft hat, dann Gabe Brown.


    Alles was ich bisher von Interviewgästen gehört habe zu den Themen Klimawandel, Landwirtschaft, Tiere, Dünger (letzte Folge mit Kerstin Hoppenhaus), war deprimierend und zum verzweifeln. Momentan gibt es nichts und niemanden das mir mehr Hoffnung macht als das was Gabe Brown zeigen kann. Falls ihr die Möglichkeit habt ihn einzuladen, werdet ihr es ganz sicher nicht bereuen. Er hat eine Menge zu erzählen und ist noch dazu ein interessanter Gesprächspartner.

    Hallo Tilo,


    ich hatte mich ja auf den Podcast mit Taube gefreut und am Anfang war er mir auch noch sympathisch. Aber dann ging's los und ich muss hier eine Entgegnung zu schreiben.


    Zunächst einmal finde ich es sehr schade dass Taube nicht Landwirt geworden ist - und Taube ist leider nicht der einzige, der nicht Landwirt geworden ist nur weil ihm kurzsichtige Lehrer an der Berufsschule gesagt haben dass sich ein kleiner Hof nicht rechnet und er lieber etwas anderes machen sollte. Er hat wirklich etwas verpasst. Denn: Landwirt ist gerade in der heutigen Zeit einer der spannendsten Berufe überhaupt. Und es braucht enorm viele junge Menschen die sich für die Landwirtschaft begeistern und mutig genug sind den Schritt in die Selbständigkeit zu wagen. Auch ein kleiner Hof kann sich durchaus finanziell rechnen. Man muss nur eben "richtig" rechnen und sich von den angestellten Beratern und Berufsschullehrern freimachen. Die sind nicht unbedingt die besten Rechner, sonst wären sie selbst selbständige Landwirte geworden.


    1. Frage: hat Taube eigentlich den Weltagrarbericht gelesen? Weltweit arbeiten über 4 Milliarden Menschen in der Landwirtschaft und die Wissenschaftler des Weltagrarberichts sagen klipp und klar dass einzig die kleinbäuerliche Landwirtschaft die Welt ernähren kann und dabei unseren Planeten schützen. Keineswegs die Industrielle Landwirtschaft. Von den 4 Milliarden Bauern und Bäuerinnen arbeiten lediglich 40 Millionen mit einem Pferd oder einem Ochsen und lediglich 12 Millionen Menschen überhaupt besitzen einen Traktor. Das ist wirklich wenig im Verhältnis. Tauber meint die Landwirtschaft würde nicht auf die Wissenschaft hören. Das ist schlicht falsch. "Die Wissenschaft" hat den Weltagrarbericht veröffentlicht und das zeigt sehr deutlich dass hier nur die Politiker nicht auf die Wissenschaft hören. Als Bauer ist es vor allem schwer auf die Wissenschaft zu hören weil man umgeben ist von Beratern die nicht an Wissenschaft interessiert sind, sondern am Geld verdienen. Wenn ich als Bauer mich selbst mit der Wissenschaft beschäftige und von Wissenschaftlern lerne wie der Boden funktioniert, wie Bakterien und Pilze meine Pflanzen ernähren, wie und warum ich mit Schädlingen oder Unkräutern zu kämpfen habe oder wie eben nicht, dann brauche ich die Berater nicht mehr und verdiene Geld ohne sie. Mein Humusgehalt, die Pflanzengesundheit, mein Ertrag steigt zwar - und ich entziehe zudem der Atmosphäre CO2 - aber Bayer, BASF und Co verdienen nix mehr und so steigt das BIP dadurch nicht. Also für die Volkswirte und Politiker schlecht. Für die Bauern aber sehr gut.


    Die industrielle Landwirtschaft verbraucht 11kcal um 1kcal Lebensmittel zu erzeugen. Davon gehen 9kcal in den Transport. Auf Deine Frage nach dem Transport antwortet Taube mit "wenige Cents". Es geht aber um CO2 und nicht um Cents. Insofern war seine Antwort irreführend und Du hast nicht genau hingehört. Wenn er „externalisierte“ Kosten internalisieren will, dann wird der Transport aus Argentinien oder Brasilien so teuer, dass es sich niemals lohnen würde. Ein chinesischer Kleinbauer verbraucht 1kcal und produziert damit 10kcal. Da stimmt was nicht. Ganz und gar nicht.


    Bei seiner Idee dass Wachsen oder Weichen für die Landwirtschaft ein guter und sinnvoller Weg ist und es ein erstrebenswertes Ziel sei 1 Manager pro Bundesland zu haben der die gesamte Landwirtschaft "erledigt" übersieht er so viele Zusammenhänge dass mir schaudert. Die Landwirtschaft ist nicht nur Lebensmittelproduktion, sondern auch Landschafts- und Lebensraumgestaltung und gerade die Entwicklung des ländlichen Raumes hängt im wesentlichen davon ab dass dort Menschen leben und arbeiten. Und vor allem die Landschaft gestalten. "Stirbt der Bauer, stirbt das Dorf." Da braucht man nicht weit fahren um das zu erfahren. Es braucht Menschen die sich selbständig und "frei" mit einem Stück Land und einer Region verbinden anstatt weisungsgebunden nur ausführen was der große Bundesland-Manager in irgendeiner Landeshauptstadt sich ausdenkt. Landwirtschaft, dh. Landnutzung ist so irre vielfältig (Kühe, Schafe, Ziegen, Pferde, Veredelung, Ackerbau, Gemüsebau, Streuobstwiesen, Blumen, Fischerei) und das soll alles eine Einzelperson managen? Überblicken? Wer soll das können. Völlig unrealistisch. Insbesondere als Volkswirt verstehe ich überhaupt nicht dass er nicht felsenfest davon überzeugt ist dass der "Wettbewerb zwischen unendlich vielen gleichen Marktteilnehmern" die perfekte gelebte neoklassische Theorie ist. Vergleiche doch dazu gerne nochmal meine ehemalige Professorin Silja Graupe. Was er hier gut findet ist das klassische Scheitern der Marktlogik, nämlich die Monopolbildung.


    Nächster Punkt. Der größte Fehler der Politik ist - und das hast Du versucht anzusprechen - dass sie die Landwirtschaft behandelt wie eine Industrie. Mit internationalen Märkten und internationalem Wettbewerb. Landwirtschaft ist kein Industriezweig dessen Produktion einfach dorthin verlagert werden kann wo die Bedingungen am geeignetsten sind. Landwirtschaft ist Landschaftsgestaltung. Sie kann an keinem Ort der Welt aufgegeben werden. Und erst recht nicht, weil sie zu teuer ist. Unabhängig von der Landschaftsgestaltung wurde die Ernährungssouveränität nicht angesprochen. Stichwort Ukraine. Gerade jetzt müsste doch auch den letzten Taube(n) Ohren deutlich geworden sein dass es für eine Gesellschaft, ihre Sicherheit und damit den sozialen Frieden einen übergeordneter Wert darstellt die Versorgung der Menschen mit Lebensmitteln aus sich selbst heraus sicherzustellen.


    Deutschland ernährt die Welt? Keineswegs. Deutschland produziert beispielsweise lediglich 2,5% des weltweiten Weizens. Also marginal, unser „Beitrag“ zur Ernährung der Menschheit auf dem Planeten. Aktuell werden bereits Lebensmittel für 12 Milliarden Menschen produziert. Insofern ist es keineswegs so dass die 4 Milliarden Bauern nicht produktiv genug seien. Die Frage nach der Ernährungsgerechtigkeit ist keine Frage der Produktion, sondern der Verteilung. Wir wollen die Menschheit gar nicht ernähren. Wir wollen nur auch in der Landwirtschaft Exportweltmeister sein. Und Macht ausüben. Ob unsere Waren dorthin kommen wo sie gebraucht werden spielt dabei keine Rolle. "Der Markt" regelt das schon. Nein, tut er genau nicht.


    Das worüber ihr viel gesprochen habt ist ja die Fleischproduktion. Die volkswirtschaftliche Brille Taubes schaut aber gar nicht genau hin. Fleischproduktion ist nicht gleich Fleischproduktion. Denn, wir brauchen die Tiere um unsere Ökosysteme zu regenerieren. Und wir brauchen sie nicht in Brasilien oder Argentinien in irgendwelchen unverantwortlichen Feedlods, sondern überall auf der Welt auf den Grasländern des Planeten. Die fruchtbarsten Böden die wir weltweit haben (Great Planes in USA oder Schwarzerdeböden in der Ukraine beispielsweise) sind keine Urwälder, sondern ehemalige Prärielandschaften. Die größten Humusschichten (und damit die größten CO2-Speicher an Land) sind entstanden weil unvorstellbar große Herden von Grasfressern (in den USA rund 60 Millionen Tiere), gelenkt von Horden von im Rudel jagenden Raubtieren durch die Lande gezogen sind und den Boden fruchtbar gemacht haben. Die Welt ist so unglaublich intelligent eingerichtet und wenn wir unseren Planeten wieder "in den Griff" bekommen wollen, dann müssen wir die Ökosysteme verstehen lernen und sie regenerieren. CO2 ist das Symptom der zerstörten Kreisläufe. In den trocken- und halbtrocken-Gebieten unseres Planeten, und das sind immerhin rund 2/3 der Landmasse unseres Planeten, brauchen wir zwingend Herbivoren, denn die Natur (oder wer auch immer) hat in ihnen einen genialen Verdauungstrakt entworfen, in dem unabhängig von der Außenwelt die perfekten Bedingungen vorherrschen für die Zersetzung der abgefressenen organischen Substanz von Gräsern, die sonst stehend vertrocknen und nicht zu Humus abgebaut werden würden und schließlich zu Wüste werden, weil die Mikroorganismen außerhalb des Magens der Wiederkäuer nicht überleben können. In den Tropen braucht es diese Großsäugetiere und damit auch die im Rudel jagenden Raubtiere nicht, denn da können die Mikroorganismen das ganze Jahr hindurch außerhalb von Mägen leben und organische Substanz ab- und umbauen. Aber in den anderen Regionen nicht.


    Die Unterscheidung zwischen Bauer und Landwirt ist bullshit. Auf meinem Ausbildungszeugnis steht "Landwirt" und die haben nicht vorher gefragt ob ich Land besitze oder nicht.


    Zum Thema Genossenschaften: Nur weil ein 5mrd Konzern die Rechtsform einer Genossenschaft hat, bedeutet dass nicht, dass die Bauern entscheiden. Vgl. unsere Volksbank oder die riesigen Agrargenossenschaften in Frankreich. Die Macht der großen Player zeigt das Problem, dass die Landwirtschaft wie ein internationaler Industriezweig behandelt wird. Vgl. hierzu volkswirtschaftliche Untersuchungen zum Thema „Macht“ in der neoklassischen Theorie.


    Die Umwandlung von Grünland in Ackerland sorgt für enorme Treibhausgase durch den Humusabbau. Deutschlands Ackerböden haben im Schnitt 95 Tonnen CO2 gespeichert. Dauergrünland liegt dagegen mit 181 Tonnen CO2 weit weit drüber. Jeweils pro Hektar.


    Und zum Schluss zur Frage: man soll mit allen Reden. Warum geht dann die AFD pauschal doch nicht? Da beißt sich die Katze in den Schwanz. Wenn er nicht mit der AFD reden will, dann sollte er es mit BASF, Tönnies &Co genauso halten.


    Thilo, wir müssen über Landwirtschaft reden.


    Herzliche Grüße,

    Bauer Lukas