Beiträge von hansj.

    Du meinst die kurze Unabhängigkeit? Also Katharina die Große hat den Westen der Ukraine mit der Ausnahme von Galizien und den Osten, den Süden (bis damals Bessarabien), also das Gebiet was als Neurussland bezeichnet wird, und die Krim im 18. Jahrhundert in das Russische Reich integriert und hergegeben hat es Moskau von kurzen Phasen abgesehen eigentlich erst in den 1990ern. Die Krim selbst ist natürlich nur formal an die Ukraine übertragen worden, möglicherweise entgegen der sowjetischen Verfassung, weiß nicht ob das abschließend geklärt wurde, auch wenn Russland sie danach als Teil der Ukraine anerkannt hat. Also abgesehen davon, dass die Sowjets die Ukraine in ihrer bestehenden Form geschaffen haben, ihre beiden Teile, Kleinrussland und Neurussland, sind in der Vormoderne erst durch die Russen zusammengeführt worden.



    Na das war hinterher, als sich die Ostukraine auch für unabhängig erklärt hat. Vorher gab es natürlich enge Beziehungen zu Russland und dieses Gebiet war auch in die russische Wirtschaft u.a. die Rüstungsindustrie integriert, aber russische Pässe wurden soweit ich mich entsinne nur auf der Krim verteilt.

    die entwicklung einer "nationalistischen" ukrainischen bewegung begann gegen ende des 19. jahrhunderts. mit dem zusammenbruch des zaristischen rußland beanspruchte die ukraine eigene staatlichkeit und erklärte sich für unabhängig. das wurde in der folge der russischen revolution niedergeschlagen. spätestens seit dieser zeit war die ukraine faktisch gespalten in einen auf eigene nationale identität teil und einen anderen, sich als teil russlands definierenden.

    im grunde die beiden lager, die wir auch heute noch sehen. die historische spaltung wurde nach meiner kenntnis sowohl infolger der auswirkungen des hitler-stalin-pakts als auch nach dem 2. wk durch die "westverschiebung" polens vertieft.

    die unterstützung der ostukraine (oder auch die massive einflußnahme rußlands) war mir von kollegen aus der region schon in den 1990er jahren, und erst recht nach der sog- "orangen" revolution 2004 berichtet worden.

    Mir gehts da ein bisschen besser, insbesondere durch fachkundige Unterstützung im nahen Arbeitsumfeld ;).

    In Abschnitt 1 wurden die polnische Diplo thematisiert, in Abschnitt 2 die deutsche. Um dabei zu bleiben, zur deutschen Diplo wurde der Name des Betreffenden genannt. Den habe ich bewusst weggelassen. Auch wurde der Zuständigkeitsbereich in der Botschaft thematisiert. Das kann man prüfen. Benamen kann man viel, zuordnen und behaupten auch, deswegen mein Adjektiv "angeblich". Das alles ist extrem undiplomatisch - quasi ZeroDiplo.


    Jetzt geht das Gezanke um Teilnahme oder Beobachtung los. Das erinnert mich ein wenig an die Glaubwürdigkeitsschaulauf um die Militärbeobachter der OSZE in der Ukraine ganz zu Beginn des Konfliktes 2014. Das lief für uns damals nicht so gut.

    irre ich mich, oder gehört die rf zu den mitgliedsstaaten der osze und hat als solcher der ukraine-beobachtermission zugestimmt ? was sagt uns das jetzt über die situation bei der beobachtung von navalny-demos in moskau ? und: wenn die (mutmaßliche) begleitende beobachtung einer demo durch einen deutschen diplomaten "extrem undiplomatisch" war - was wäre dann das attribut für diplomatenausweisungen während eines offiziellen besuchs des eu- außenministers ? in welcher weise wäre "extrem" noch in welche dimenson steigerungsfähig ? ;-)

    Die Regierungssprecher werden sich vermutlich genauso äußern, wie du es sagst. Ich kann mich trotzdem spontan an keine Frage in diese Richtung erinnern (auch wenn es die gab), auch nicht wenn es um die eigenen Tarife ging. Und natürlich ist Tarifpolitik immer wieder Gegenstand staatlichen Handelns. Vom Tarifdeckung bis Öffnungsklauseln. Schröder war doch der Bekannteste, der sich immer wieder in die angebliche Tarifautonomie eingemischt hat. Gleiches gilt für Heil,nur im positiven Sinne.

    Mir ging es aber auch weniger um die bpk. Ich war nur verblüfft,wo der Anrufer die Lage der Medien in Bezug auf Tarifverhandlungen und Gewerkschaften treffend analysierte, gleich der große Widerspruch von Tilo und dir kam. Statt dies als Wink zu verstehen.

    welchen widerspruch hast du von tilo oder mir gehört ? ich zumindest habe bestätigt, dass es -auch in bezug auf den konkreten konflikt, über den wir hier sprachen - (zu) wenig berichterstattung gab.

    Ich glaube, die russische Version ist so etwa: Durch die revolutionäre Situation in der Ukraine wurde die Verfassungsordnung des Landes aufgehoben und unter diesen Bedingungen hat die Krim, die sowieso schon einen autonomen Status innerhalb des Landes hatte, ihre Unabhängigkeit erklärt. Was ihre Legitimität nochmal einen Schritt über Kosovo erhebt. Russland ist dann dem Ersuchen dieses neuen Staates auf Vereinigung nachgekommen. Weiß nicht, ob sie argumentieren, dass das völkerrechtliche Subjekt, zu dessen Schutz sich Russland in der Tat vertraglich verpflichtet hat, nach der Revolution nicht mehr existierte, weil sie eine Rechtsnachfolge nicht erkennen. Oder ob sie dieses Detail aussparen, weil sonst ihre ganzen Verträge nichtig wären.

    ja, das narrativ der rf geht in diese richtung. was allerdings nicht die anerkennung der territorialen integrität der ukraine durch die rf in den 90er jahren aufhebt. wer nun ein wenig das 20. jahrhundert zurückgeht, wird erstaunt zur kenntnis nehmen, in welcher weise die ukraine überhaupt zu einer russischen republik wurde. freiwillig geschah das eher nicht...aber das ist wiederum ein thema für sich.

    dass die "revolutionäre situation" in der ukraine auch dadurch befeuert wurde/wird, dass separatische kräfte der ostukraine materiell, finaziell, logistisch, militärisch und politisch in einem ausmass unterstützt wurden, das jede westliche finanzierung der nationalistischen und antirussischen kräfte der ikraine ( die es gab und gibt) bei weitem übertrifft, sollte vielleicht auch nicht ausser acht gelassen werden . ( wie auch nicht die "osterweiterung" der nato, die aus sicht der rf natürlich auch als bedrohung empfunden werden kann. ( wenngleich auch da wiederum es fakt ist, dass diese neuen nato-mitglieder dies deshalb wurden, weil die jeweiligen nationalstaaten es unbedingt wollten.)

    wer sich für die inneren ursachen der gesellschaftlichen. kulturellen, ökonomischen, politischen spaltungen der ukraine interessiert, wird im archiv der "stiftung wissenschaft und politik" fündig, da gibt es eine ganze reihe von analysen, die lange zurückreichen. und wenn nun das argument kommt: "die swp wird von der bundesregierung finanziert". in der tat. das wird sie. bedeutet das automatisch, dass wissenschaftliche analysen von wissenchaftlern dieser institution allein deswegen falsch wären ? nein. bedeutet es nicht. es ist ein guter grund, sich diese analysen sehr kritisch durchzulesen. aber es ist kein grund, die befunde grundsätzlich als unglaubwürdig zu erklären.

    das gilt übrigens auch für die nicht weniger komplizierte historie des ehemaligen jugoslawiens.

    Dass die bombardierung serbiens durch die nato 1999 völkerrechtlich nicht legitimiert war, ist evident. die unabhängikeitserklärung des kosovo knapp 10 jahre später lässt sich allerdings auch nicht monokausal aus den nato- angriffen ableiten. deswegen ist es, bei irgendwelchen vergleichen krim-kosovo schon nötig, die jeweilige politische und historischen komplexität in der analyse zu berücksichtigen und nicht nur das rauszupicken, was gerade passt.

    ich betrachte es als einen vorteil, in bezug auf beide regionen über ganz gute, langjährige kontakte zu verfügen. und zwar nicht nur in ein lager hinein.

    Gibt es eigentlich Mods im Chat, das ist ja teilweise schrecklich. Besonders bei Emma und Christian ist es aufgefallen. Nur weil man sich Hilflos gegenüber den Staat fühlt, heißt es nicht, dass man sich darüber lustig machen kann, bzw. die Leute sogar beleidigen kann. Verstehe nicht, warum man die Anrufer da nicht mehr schützt, gerade weil bestimmte Aussagen über diese Personen jetzt für immer im Internet stehen. Vielleicht sollte man sich überlegen den Chat auszustellen oder zumindest klar darauf hinzuweisen, dass die Anrufer nicht zu beleidigen sind oder ihnen irgendetwas zu unterstellen und sonst halt gebannt wird... Die Anrufer muss man besser schützen, das ist mir bei dieser Episode sehr klar geworden.


    Hans hat natürlich souverän und unterhaltsam mit jedem geredet, guter Job.


    Kleiner Nachtrag: Tilo und Hans interessieren sich für Tarifverträge und Gewerkschaften. Ich kann mich ehrlich gesagt nicht an ein Interview bezüglich dieses Themas erinnern, noch an eine Frage in der BPK (weder im Bezug auf Wissenschaftler, noch auf Praktiker). Im Aufwachenpodcast hat das vielleicht mal am Rand eine Rolle gespielt, als wirkliches Topthema habe ich es aber auch nicht im Kopf.

    ihm rahmen der bpk wurden schon immer mal wieder, wenn es sich von den ereignissen her anbot, fragen zu tarifverträgen gestellt. die werden allerdings ausgehandelt zwischen gewerkschaften und unternehmerorganisationen, also den "tarifpartnern", die mitnichten teil des regierungsapparates sind, und ihr tun damit auch nicht zum regierungshandeln gehört, über das die sprecher der ministerien befragt werden können. deswegen werden solche fragen auch regelmäßig beantwortet mit dem satz: "diese frage fällt in die tarifautonomie und das handeln der tarifpartner, dass wir als regierungsvertreter nicht kommentieren."

    wegen dieser "versuchsanordnung" besteht nur dann eine chance, mehr herauszubekommen, wenn z.b. die regierung selbst als arbeitgeber auftritt. falls es da zweifel gibt, ob man leute unterhalb des tarifs beschäftigt, ist ein valider fragepunkt. sonst eher weniger.

    Leider kleinteilig und hässlich. Es gibt einen Clip, der angeblich den Chef der politischen Abteilung der Deutschen Botschaft in Moskau auf der Demo zeigt ... und wie immer - schöne neue Überwachungswelt...X/


    Also auf dem Level läuft das gerade... ZeroDiplo

    meine russischkenntnisse sind null. falls du inhaltlich weist, was zu den bildern gesagt wurde, würde mich das interessieren. sollte es sich bei der fraglichen person um den mehrfach gezeigten mann mit mütze handeln - dann vermitteln diese bilder allerdings weniger den eindruck eines demonstrationsteilnehmers ( was die formulierung: "auf der demonstration,,," nahelegt) , sondern eher den eines die demonstartion beobachtend - begleitenden menschen. das wiederum würde durchaus zu den aufgaben von diplomaten vor ort gehören. ( so wie es auch zu ihren aufgaben gehört, politische prozesse im gerichtssaal zu verfolgen - sei es on der türkei, in england oder auch in rußland.)

    aber da kann ich - mangels sprachkenntnissen - nur fragen stellen und warte gern auf sachkundige aufklärung.

    sollte es dir entgangen sein, dass die russische föderation 1991, 1997. 1999 in verschiedenen abkommen und verträgen die ukraine völkerrechtlich anerkannte ? (und zwar in den territorialen grenzen, die die krim als integralen bestandteil des ukrainischen nationalstaats definierten ).

    würdest du in erwägung ziehen, dass es sich bei derf späteren annexion der krim um das paradebeispiel einer "bewertung völkerrechtlicher sachlage nach eigenem gusto handelte" ?

    Den Vorwurf gebe ich gerne zurück. Ich finde Du machst es Dir sehr einfach, wenn Du das Völkerrecht als einen "dynamischen" Prozess darstellst, in dem es eigentlich gar keine klaren Regeln geben könne.


    Da würde ich sogar zustimmen, da ich das ganze Konzept eines Völkerrechts schon alleine deshalb eigenartig finde, weil es ja eigentlich nicht die (wie auch immer zu definierenden) "Völker" sind, um deren Recht es sich dabei handelt, sondern um das Recht oder Nicht-Recht von gewählten oder gewaltsam an die Macht gekommenen Volks-BeherrscherInnen, ihre geopolitischen Interessen gegen andere HerrscherInnen durchzusetzen.


    Nur wird halt in Bezug auf Russland immer heftig auf die Einhaltung jenes - in solchen Momenten dann plötzlich wieder sehr klar definierten - Völkerrechts gepocht, wenn zum Beispiel die Bevölkerung der Krim mehrheitlich beschliesst, nicht mehr zur Ukraine gehören zu wollen, und der Herrscher der russischen Föderation ihr dieses Bevölkerungs-Recht zugesteht und es in die Tat umsetzt, während bei einer Nummer wie im Kosovo dann wieder fröhlich über pro und contra der völkerrechtlichen Praxis debattiert werden darf, wo Deutschland im Konzert mit den NATO-Verbündeten und gegen den ausdrücklichen Widerspruch Russlands nicht nur - nach eigener Aussage des damaligen deutschen Regierungschefs aus moralischen Gründen (J.Fischer:" Nie wieder Auschwitz!") legitim - gegen das Völkerrecht, sondern auch gegen ein bis dato gültiges ungeschriebenes Gesetz verstieß, demzufolge von deutschem Boden nie wieder Krieg ausgehen solle.

    was muss man eigentlich tun, damit nicht aus dem, was man schreibt, in der kommentierung etwas anderes gemacht wird ? Aus der Feststellung, dass das Völkerrecht im Gegensatz zu sonstigen rechtskonstruktionen kein schlüssiges, normativ kohärentes Gebilde ist, dem es zusätzlich auch noch an gerichtlichen Institutionen mangelt, sondern ein Konglomerat von Prinzipien, die teilweise im Konflikt zueinander stehen und dieses Recht sich dann auch noch per Gewohnheit durch Staatspraxis konstituiert, wird schlankweg die Unterstellung geschnitzt, ich hätte von quasi „regellosen“ Zuständen gesprochen. NEIN. Wer nicht sehen will, dass das nicht dasselbe ist, verlässt doch die diskursfläche. Und wenn dann Krim/vs. Kosovo kommt: der Unterschied zwischen einer ( durch die „schutzmacht“ ermöglichten ( und anschließend durch Eingliederung in die staatsgemeinschaft besiegelten) Abspaltung innerhalb weniger Tage und einer Unabhängigkeitserklärung nach 10 Jahren (!) vergeblicher Vermittlungsbemühungen Unter UN-Mandat ist doch von einer unübersehbaren evidenz. Du hast ja nun auch eine sehr entschiedene Position, welches völkerrechtliche Prinzip du im Falle der Krim für das vorrangige hältst. Das Selbstbestimmungsrecht einer sich kulturell definierenden teilbevölkerung. Demgegenüber spielt das völkerrechtliche Prinzip der territorialen Integrität bei dir gar keine Rolle. Und die Verfassung des souveränen Staates Ukraine, die eindeutige Regeln für politische Kompetenzen der teilregionen enthält, auch nicht. -warum eigentlich nicht? Da bist du mit deiner eigenen Positionierung in genau dem gleichen Modus, den du anderen vorwirfst. Könnte man auch messen mit zweierlei Maß nennen.

    ...oder im selben Irak anderthalb Jahrzehnte vorher unter fadenscheinigst herbeigelogenen Vorwänden und unter Protest der halben Weltgemeinschaft völkerrechtswidrig einmarschieren, weil der Ex-Imperator und Vater des damals aktuellen Imperators noch eine Rechnung mit dem selben Irakischen Diktator und Erzfeind des Iran offen hatte, welchen der eigene Verteidigungsminister wiederum zwei Jahrzehnte zuvor noch als engsten Verbündeten im Kampf gegen die persischen Mullahs gesponsort hatte.


    Ganz schön kompliziert, dieses Völkerrecht.

    ach utan, warum machst du es dir denn nun wieder so einfach ? wenn im völkerrecht sehr unterschiedliche prinzipien miteinander in konflikt geraten, dann gibt es situationen, in denen die gewichte ziemlich eindeutig verteilt sind ( wie etwa das von dir erwähnte beispiel irak ) weswegen diese eindeutigkeit zum massiven kollektiven protest führte. in anderen fällen (z.b. kosovo) war die verteilung der gewichte weniger eindeutig - was sich eben auch in anderer reaktion der "weltgemeinschaft" ausdrückte. die tatsächliche kompliziertheit des völkerrechts auszublenden und einen der relativ klaren fälle als alleinigen maßstab zu nehmen, ist genau das, was ansonsten gern kritisiert wird: ideologisch fundierte polemik. kann man ja machen, als journalist versuche ich, es eher zu vermeiden.

    nein, ist alles überhaupt nicht verrückt, wenn man politische prozesse nicht statisch betrachtet, sondern als das, was sie real sind: dynamische prozesse, in die verschiedene, manchmal gegensätzliche faktoren eingehen und eine eigene dynamik entwickeln. das gilt fürs internationale recht in besonderer weise: völkerrecht ist ein konglomerat von prinzipien, die oft genug im spannungsverhältnis zueinander stehen: gewaltverbot vs. recht auf selbstverteidigung (gegen terror )z.b. völkerrecht ist nicht in der weise normativ überprüfbar und sanktionierbar wie andere rechtssystem, zudem entwickelt es sich fort aus der praxis der "gewohnheitsrechte". durch diese besonderheit der konstruktion fällt es jeweiligen stakeholdern relativ leicht, völkerrecht als eine art steinbruch zu betrachten, aus dem man sich je nach eigener interessenlage und sichtweise bedient. auch argumentativ bedient. der nutzen und die tatsächliche wirkung völkerrechtlicher prinzipien besteht darin, dass sie in konfliktlagen diskussionen ermöglichen und erzwingen, in denen abwägungsprozesse erfolgen, staatliches handeln sich legitimieren muss, und resultate wie z.b. folgen für internationale reputation folgen, die staaten in unterschiedlicher weise nicht völlig egal sind, was wiederum konsequenzen für staatliches handeln hat (haben kann). in dieser dynamik, die ja hier noch nicht mal grob angedeutet ist, spielen öffentliche aufmerksamkeit und berichterstattung eine rolle, das versteht sich. nur: mit statischen, apodiktischen positionen wird man in der mehrzahl der fälle weder der besonderheit der rechtskonstruktion noch der dynamik politischer prozesse gerecht. tut mir leid, wenn das alles abstrakt und möglicherweise unscharf klingt: aber einfacher ist diese realität kaum zu haben, denke ich.

    das gilt eben auch für die mehrfach angesprochene frage, wann von wem und unter welchen bedingungen sanktionsforderungen erhoben, verhängt, durchgesetzt werden - oder auch nicht.

    wir sind uns einig, dass bei entscheidungen über diese fragen je eigene interessen ( seinen es politische oder/und) ökonomische ein rolle spielen. - wie im übrigen auch jeweilige kulturelle normen ( die man auch ethisch/moralische nennen kann): z.b. sieht sich staatliches handeln in "gottesstaaten" meist in ganz anderer weise legitimiert , als in säkularen, liberalen statsformen.

    wir sind uns uneinig darüber, ob zu den faktoren solcher entscheidungsgewichtung auch solche moralischer art oder universeller normen wesentlich gehören. du bestreitest das ziemlich kategorisch: "hat damit...herzlich wenig zu tun".

    diese reduktion komplexer wirkzusammenhänge auf einzelne ihrer komponenten ist es, was aus meiner sicht analyseversuche falsch werden lässt, und diese form verfälschender reduzierung habe ich gemeint, als ich von erinnerungen an vulgärmarxistische ableitungen schrieb.

    das ist keine attacke gegen dich persönlich, aber die struktur solcher vereinfachungen habe ich eben in solchen zusammenhängen kennengelernt. seinerzeit gern verbunden mit dem satz, dass wichtigste sei ein entschiedener klassenstandpunkt. (auch diesen satz will ich nicht dir persönlich zuordnen. aber wo entschiedenheit der aufklärung den differenzierten blick verstellt, würde sie kontraproduktiv.)


    und, noch einmal zum anfang dieses posts: sanktionsforderungen werden von medien überwiegend berichtet, als forderungen politischer akteuere - in den seltensten fällen von ihnen aktiv erhoben bzw. aufgebaut ( siehe z.b. die heutige berichterstattung über französische forderungen in sachen ns2/navalny- darüber berichten medien, sie machen sie nicht. dass medien auch darüber berichten sollten, dass z.b. ein wegfall von ns2 den betreibern französischer akw bestimmt nicht schlecht gefallen würde, versteht sich ebenfalls.

    aus meiner sicht landen wir bei der betrachtung immer wieder an dem punkt: machen medien meinungen und erheben sie forderungen im politischen prozess, sind sie also wesentlich aktivistische akteure, oder nehmen sie die rolle von, an aufklärung über tatsächliches geschehen interessierten, beobachtern und informanten ein ? da wirds auch wieder schwierig, weil natürlich diese rollen nicht schwarz-weiß trennbar sind, sondern in unterschiedlich abgestuften grauzonen miteinander verwoben. was wiederum bedeutet, dass medien - gerade die sog. "leitmedien" - sich in einem permanenten selbstreflexionsprozeß ihres eigenen tuns vergewissern müssen. was sie oft genug nicht hinreichend tun. das ist z.b. einer der punkte, wo ich die eigene profession ziemlich kritisch sehe. übrigens seit beginn meiner berufstätigkeit.

    Ja, Hans. Vielleicht waren es zu viele Diskussionen parallel. Ich hatte öfters versucht den Fokus der Debatte auf den eigentlichen Ausgangspunkt zu forcieren. Ich muss das jetzt nicht ein weiteres Mal tun. Letztendlich hast du ja doch darauf geantwortet bzw dich dazu verhalten und dafür bin ich dir dankbar.


    Da stimme ich dir zu. Es war auch nicht meine Absicht, deine Meinung zu ändern, sondern deine Meinung zu einem ganz bestimmten Punkt überhaupt erst zu erfahren, dem du vorher vehement aus dem Weg gegangen bist. Nämlich dem Unterschied zwischen kritischer Berichterstattung und aktiver Meinungsmache samt Folgenforderung:


    Danke. 😊 denn bei dieser Betrachtung spielen irgendwelche „Nähen“ oder rechtstheoretischen Verbrechensklassifizierungen dann doch keine Rollen mehr. Stimmt mein Kompass ja doch. 😉

    es geht jetzt um den letzten punkt: natürlich spielen auch da "rechtstheoretische verbrechensklassifizierungen" eine rolle. sanktionen werden ja nun auch erst bei einer gewissen konflikttiefe im rahmen von spannungsverhältnissen als druckmittel in erwägung gezogen. sie sind eine art nicht-militärischer "ultima ratio". kein staat, der mit anderen in zivilen beziehungen steht, verhängt sanktionen aus jux und tollerei - weil sanktionen in aller regel auch negative auswirkungen auf eigene interessen haben ( sei es, weil kein handel mehr getrieben werden kann, sei es, weil mit gegensanktionen zu rechnen ist), zum einen ist die konflikttiefe ( die eben eine besondere ist, wenn staatliches handeln sich in massiven brüchen internationalen rechts ohne jegliche legitation äußert) wesentlich notwendige voraussetzung für die erwägung von sanktionen, zum zweietn dann, und das ist der folgende schritt, die frage der realen durchsetzbarkeit.

    du magst ja diese komplexität nicht sehen (wollen). in der politischen realität existiert sie, zumindest nach meiner wahrnehmung dieser realität.

    ich weiss, offen gesagt, nicht wirklich, wass du mit "deinem kompass" eigentlich meinst. aber das muss ich ja auch nicht.

    wenn ich daran erinnere und mich darauf beziehe, um welche ausgangsfrage bzw. these es bei der debatte ging, und die mehrfachen fokusverlagerungen im verlauf des disputs kritisiere, dann bin ich derjenige, der "themenshifts" vornimmt ? das ist mal eine interessante wahrnehmung. ich habe, soweit ich es überblicken kann, auf alle an mich gerichteten fragen geantwortet, bzw. mich zu grundlagen oder implikationen dieser fragen verhalten . dass dich das nicht überzeugt, nehme ich zur kenntnis. allerdings führe ich - wie an anderer stelle auch schon häufiger ausgeführt - solche diskussionen nicht mit der absicht, kontrahenten zu überzeugen ( weil sich meinungen seltenst als resultat argumentativer konfrontation ändern) , sondern einfach, um positionen einzubringen, die mir schlüssig und plausibel erscheinen. wenn andere auf den tisch kommen, die diese nachvollziehbar widerlegen, nehme ich das auf.

    letztlich entscheidet sowieso die entwicklung der realität, welche einschätzungen wann die stimmigeren waren.

    Ich kann nur über das Phänomen Nawalny hier bei uns sprechen und da unterschreibe ich es sofort. Was in Russland war und ist, kann ich schlecht beurteilen. Bekannt ist, dass er lange Zeit ein kaum bekannter Politiker war. Die mutmaßliche Vergiftung wird sicher dazu beigetragen haben, dass er mit einem Video über ein lange bekanntes fragwürdiges Projekt für Furore sorgen konnte.

    medien können soziale prozesse dutch berichterstattung beschleunigen oder auch bremsen. aber sie können sie nicht beliebig machen. es ist wie mit bands und der musikindustrie. die musikindustrie kann pushen oder ignorieren. aber nicht beliebig "machen". warum sonst waären die mehrzahl der versuche, z.b. boybands zu klonen, gescheitert = die (zahlenmäßig) realtiv wenigen fälle, wo das gelungen ist, haben eher dann funktioniert, wenn diese "gemachten" produkte ein reales potenzial hatten, das auf bedürfnis und resonanzboden traf. so rum wird ein schuh draus.

    ich finde es immer wieder erstaunlich wie sowohl die hardcore vertreter etabllierter medien als auch deren schärfste kritiker sich im punkt der (selbst)überschätzung tatsächlicher medienmacht treffen.

    wie gesellschaft sich konstituiert ( und "kultur" ist der begriff für die art und weise, wie und nach welchen werten und normen gesellschaften wir auch gemeinschaften leben) ist die grandfrage der soziologie wie der sozialpsychologie. ich sehe micht nicht in der lage, das hier in einer schlüssigen kurzformel zu präsentieren. was immer man da schreiben wäre: es wäre faksch, wegen verkürzung. dass medien in diesem prozess eine wesengtliche rolle spielen, war immer klar und nie bestritten. die ganze debatte dreht sich darum, ob sie willkürlich bestimmenden einfluß haben. den haben sie nach meiner auffassung nicht.

    es gibt ja gesellschaftsversuche, wo man dachte, es über diesen weg steuern zu können. diese versuche sind im wesentlichen gescheitert, was an sich schon grund genug wäre, an der tauglichkeit der these zu zweifeln. ( und sich stattdessen mit den vielfältigen und auch widersprüchlichen wechselwirkungen zwischen medialer produktion, gesellschaftlicher meinungsbildung, politischer herrschaft und ökonomischer interessen zu beschäftigen.)

    was die "medientheoretiker" betrifft: richtig, mcluhan ist auch schon ein halbes jahrhundert her.

    allerdings war der gemeinsame grundtenor aller demokratischer medienkritik ( und ist es bist heute) : die überwindung der zwangsweisen trennung in einerseits produzenten medialer inhalte, andererseits konsumenten derselben . DAS war und ist der sytemchange zumindest in den möglichkeiten. der zwangsweise konsument kann selbst produzent sein. die technische möglichkeit ist mittlerweile gegeben. die frage der realen nutzung dieser möglichkeit steht dauerhaft auf der tagesordnung. (übrigens wäre auch dieser diskurs hier ohne diese revolutionierung medialer produktion gar nicht möglich.)

    Warum reitest du eigentlich so darauf rum. Niemand hat derartiges behauptet und nach allem, was war, ist auch logisch, dass die recycelte Story von vor 10 Jahren jetzt deutlich eher wahrgenommen wird. Wurde die damals auch schon millionenfach geklickt?

    na ja. wenn navalny (und seine politische rolle in der russischen gesellschaft) wesentlich als resultat westlichen medienpamperings wahrgenommen und behauptet werden, dann ergeben sich solche fragen. ist doch nur logisch.

    Danke Hans. Du hättest dir das ganze rumgeplänkel in deiner Einleitung sparen können, aber vielleicht findet es ja jemand witzig. Der oben zitierte Absatz, ist auf jeden Fall der entscheidende, um den du dich die letzten Seiten so geziert hast.


    Es geht nicht um kulturelle Nähe, oder Werte. Es geht um Macht. Und die entscheidet, wo der moralische Kompass ausschlägt. Sicherlich nichts neues. Nichts bahnbrechendes. Aber um ein vielfaches entscheidender, als deine sonstigen Thesen hier. Unter diesem Aspekt ist auch die nawalny Show zu betrachten.


    Danke. Ich wollte es ja nur auch von dir mal lesen. ✌🏼

    das ist quatsch, zumindest lässt es sich aus meiner formulierung ableiten. ich habe mich auch um gar nichts "herumgeziert" - vielleicht magst du nochmal nachlesen, dass es in den vorherigen posts immer darum ging, mit welcher intensität berichterstattung erfolgt(e). dafür sind die genannten kriterien relevant. deine these "macht entscheidet, wo der moralische kompass ausschlägt", hat schon an der lesbaren oberfläche nichts mit meinem satz zu tun, der bezog sich auf die frage, unter welchen bedingungen saktionen überhaupt realistisches mittel sein können - diese frage wiederum hat gar nichts mit "ausschlagen des moralischen kompass" zu tun". deine formulierung erinnert mich in ihrer eindimensionalität an vulgärmarxistische statements, die noch nie zur politischen analyse wirklich taugten. und zur politischen strategie auch nicht.

    an solchen irrtümern sind schon ganze sich auf den marxismus berufende realgesellschaften gescheitert - wesentlich durch soziale implosionen ihres eigenen konstrukts. aber das ist wieder ein thema für sich.

    um die debatte aber wieder dorthin zu führen, wo sie ihren anfang genommen hatte: dass (mord)anschläge politischer machtsysteme auf innergesellschaftliche gegner eine

    - auch unter moralischen bedingungen - eigene dimension darstellen, ist dir offenbar nicht zugänglich. bedauerlich, aber zur kenntnis genommen.

    das daraus resultierende verächtliche diktum "navalny-show" ist ein eindrucksvoller sprachlicher beleg dafür.


    p.s. und falls dir empirie irgend etwas bedeutet: glaubst du wirklich, dass das millionenfache anklicken das jüngsten videos der navalny truppe innerhalb weniger tage durch bürger der rf wesentlich resultat westlicher propaganda sei ? da unterschätzt du die strömungen und unterströmungen von zivilgesellschaft gewaltig. aber auch das wäre ein eigenes thema.

    Redest Du da jetzt von der Stimmung innerhalb der Blase Medienschaffender oder von der Gesellschaft als Ganzem?

    Letzteres hielte ich nämlich, ausserhalb linker/studentischer Zirkel versteht sich, für ziemlich absurd.

    ich rede von mehrheitsgesellschaftlichen einstellungen. wenn du das als "absurd" betrachtest, dann solltest du mal nachforschen, was empirisch belastbare demoskopie zu diesem thema über die jahre festgestellt hat. du würdest dich wundern.


    zum zweiten: wenn du diese wandel aber immerhin "in der blase medienschaffender" als gegeben ansiehst - was du ja tust - dann wäre erstens die frage an dich: wie konnte es dann eigentlich dazu kommen ? und weiterführend: wenn man schon von einem meinungsbestimmenden einfluss dieser "medienblase" ausgeht - dann hätte sich doch dieser wandel auch in der allgemeinen gesellschaftlichen einstellung bemerkbar machen müssen - was du aber als "absurd" abtust ?

    irgendwie geraten die annamen über wirkungsmechanismen von medien in deiner argumentation in widerspruch zueinander.

    (übrigens: auch wenn du es dir vielleicht nur schwer vorstellen kannst: die so genannte "medienblase" ist viel weniger ein abgeschlossenes system, als die, die den begriff verwenden, soch offenbar vorstellen. journalisten bewegen sich im wirklichen leben überraschend vielfältig. jedenfalls die, die ich kenne und schätze.

    ich sehe es eher so, dass die navalmy-berichterstattung in westlichen medien begann, als er eine überdurchschnittliche bedeutung in der russischen opposition erreicht hatte. medien werden aufmerksam, wenn sich etwas über das übliche hinaus entwickelt. selbstverständlich nützt dann berichterstattung auch der weiteren aufmerksamkeit im land, aber das ist etwas anderes als die krude these des "durch westmedien erst zu bedeutung gelangten "oppositionsführers". diese these wirst du durch analyse der berichterstattung auf einem zeitrahl kaum bestätigt finden.


    wo siehst du ( und auch: in welcher dimension ) einen "vertrauensverlust" wg. der ukraine-berichterstattung ? da wäre ich - über dein gefühl hinaus - auch mal an empirischen anhaltspunkten interessiert.

    ist nicht "vertrauensverlust" in ganz anderer dimension und anderer richtung eher dadurch entstanden, dass die krim annektiert wurde und im donez seitens der rf eine intervention in faktische bürgerkriegshandlungen erfolg(e), die das (kritikmürde) ausmass westlicher intervention deutlich übersteigt ?


    über das ausmaß an kritik läßt sich ja immer streiten - aber die these, der ich widersprochen habe ( mit gewünschten beispielen, deren existenz ja in der fragestellung implizit bestritten wurde) war ja, dass es so etwas überhaupt nicht gegeben habe. nach dem nachweis, dass es sie gab, das thema zu wechseln und die frage nach ihrer tiefe zu stellen, ist schlicht und einfach ein ausweichmanöver. lass uns mal ruhig bei der urspränglichen these bleiben.


    und mir formulierungen entgegenzuhalten wie: "na, dann ist ja alles gut" ist doch einfach nur doof. wo hätte ich das je gesagt, oder auch nur sinngemäß angedeutet ? wirst du nicht finden. nichts ist gut. ich erlaube mir lediglich, bei kritischer betrachtung von sachverhalten beide augen offen zu halten. willst du das wirklich verwechseln oder gleichsetzen mit: propagandist der falschen seite zu sein ? das täte mir leid. erkenntnisgewinn ist eigentlich wie räumliches sehen: funktioniert nur mit zwei funktionsfähigen augen.

    Wenn wir dann hier mit dem kuscheln fertig sind und ausreichend festgestellt wurde, dass ja doch alle irgendwie nur gutes wollen und eigentlich nur Opfer unschöner - aber leider unvermeidbarer - Umstände sind, vielleicht kann uns hansj. ja dann doch nochmal Beispiele nennen, in der unsere meinungsbildenden Leitmedien direkt Politik gegen “Partner” machen, sie and den Pranger stellen und wirtschaftliche/politische Konsequenzen koordiniert und reichweitenstark fordern, wie es zB im Fall NS2 erfolgt? Anlässe gibt es ja genug und wurden auf den letzten drei Seiten hier genannt.

    ah, nun bewegen wir uns auf der meta-meta-ebene der "kuscheligen" umgangsformen ? na dann (warum fällt mir eigentlich beim symbol der proletarischen gereckten knackwurst der alte begriff des "gulaschkommunismus" ein, der eine zeittypische metapher für innergesellschaftlichen kuschelkurs war ? aber egal).

    ich finde es immer wieder faszinierend, welche macht den "meinungsbildenden leitmedien" immer wieder zugestanden wird, und zwar besonders von denjenigen, die sich gesellschaftliche gegenmacht wünschen. die betrachtung macht die eigenen kräfte kleiner als sie sind, es ist eine eigenartige mischung aus revolutionärem anspruch und gleichzeitiger verzagtheit in bezug auf die eigenen mittel. die "leitmedien" wirken ganz gewiss an der meinungsbildung mit - aber sie machen sie nicht in der mechanistischen eindimensionalität, die hier aufscheint. ( ich verweise gern nochmals auf die untersuchungen des medienwissenschaftlers kückenhoff, der in den 60er jahren, als die bild-zeitung geradezu exzessiv propagandablatt war gegen alles, was auch nur ansatzweise unter "linksverdacht" stand (incl. der damaligen spd) nachwies, dass die "opfer" dieser meinungsbildung sich in ihrem politischen verhalten ( ausgedrückt z.b. im wahlverhalten) sich mehrheitlich so gar nicht der leitmedienmeinungsbildung anschlossen)

    aber das nur am rande. gab es kritische berichterstattung gegenüber z.b. flüssiggas-terminals ( die besonders der anlandung us-amerikanischen frackinggases fienen sollen ?) ja, es gab und gibt sie. gab es kritische berichterstattung gegenüber der politik der britischen regierung ( großbritannien gehört ja doch auch noch , in deiner definintion, zum "eigenen lager") ja, es gab und gibt sie. gab es kritische berichterstattung gegenüber dem druck des lagerbruders macron, als er bei der beschaffung von impfstoffen sanofi besonders bedacht sehen wollte = ja, es gab und es gibt sie. gab es kritik an der lieferung z.b. von u-booten an isreal ? ja, es gab und es gibt sie und nochmals: gab es kritik an der abhörpraxis der us-geheimdienste in deutschland ? ja, es gab sie in ziemlicher haftigkeit. kann dir doch nicht alles verborgen geblieben sein.

    gab es - z.b. gegenüber den usa, forderungen nach sanktionen, die denen gegenüber der rf vergleichbar wären ? nein, die gab es nicht. weil sanktionsforderungen von der möglichkeit einer praktischen umsetzung abhängen, wenn man sich damit nicht lächerlich machen will.

    andere formen ökonomischer konsequenzen in form von importzöllen auf us-produkte gab es schon - wenngleich man sich über deren eher symbolische bedeutung auch keine illusionen machen sollte.

    werter genosse knackwurst, bei genauerem hinschauen findet man doch so einiges, was sehr fundamentalistische thesen zumindest mit einem fragezeichen versieht.

    du weisst, dass ich möglichkeiten des netzes zur informationsgewinnung/-einbringung unter umgehung traditioneller medialer "bottlenecks" stets als große möglichkeit sehe, den vorstellungen aller progessiven medientheoretiker von brecht über benjamin bis zu mcluhan näher zu kommen. - unter gleichzeitiger benennung der in diesen möglichkeiten liegenden tendenzen des genau gegenteiligen effekts ( filterblasen und/oder propaganda) es geht, mal wieder, um kompetenz von mediennutzung und informationsverarbeitung. das ist aber eine eigene diskussion.

    zu deiner these der altbekannten feindbilder (böser russe vs. guter ami) : der wäre entgegenzuhalten, dass sie eben weder in der einen richtung so stringent abgelaufen ist wie es bei dir klingt: das ansehen der us-kultur ( im weitesten sinne ) war in den 60er und 70erff. jahreneinfach nur miserabel. nicht allein wegen des vietnamkriegs. umgekehrt war das ansehen der russischen reformer ( zu denen in seinen ersten jahren ja auch putin gerechnet wurde) sowohl gesllschagzlich, als auch politisch, als auch medial ziemlich hoch. beide wandlungen wären ja gegenläufig zur erbfeind/erbfreund these. vielleicht hat es ja doch auch etwas mit der realen praxis zeitweiliger hoffnungsträger zu tun, dass da nun die kritik wieder stärker im vordergund steht ?

    insofern also die "westmedien" eben doch nicht einfach in der ewigen ideologischen spur stehen, sondern sich sehr wohl in thematik und kommentierung auf beobachtbare realität beziehen? die möglichkeit sehe in deinen ausführunge kaum, die insofern, auch dort, wo sie im detail gar nicht bestreitbar wären, wegen des fehlens der anderen dimension eben die tatsächliche dynamik nicht erfassendes modell sind.

    zu den werten einer demokratisch verfassten, institutionalisierte rechte für nicht-herrschende gesellschaftliche und politische gruppen festschreibenden, diskursiv agierenden gesellschaft ( das ist in ein paar stichworten das, was mir an ein einer "freiheitlichen" gesellschaft, die sich in ihren entwicklungsprozessen wesentlich auch an selbstkritischer aufklärung orientiert, liegt, und woran ich mit meinen bescheidenen mittel zu arbeiten versuche. dass man damit zwangsläufig ziemlich häufig zwischen den stühlen zu sitzen kommt, weil die "großen" stakeholder in der verfolgung ihrer jeweiligen interessenlagen solche prinzipien eher selektiv anwenden, ist mir eigentlich recht. da fühle ich mich nicht unwohl.