Beiträge von marty

    das ist das narrativ der Ökonomen, die Realität sieht anders aus. In den letzten Jahrzehnten, (ca seit 90) findet diese Form der Profitgenerierung nur noch marginal statt. Statt dessen wurde der Profit durch Lohndumping geschaffen. Outsourcing in die Länder in denen z.B. autoritäre Regime hungerlöhne durchsetzen können und Arbeiter unterdrückt werden, sorgen für billige Nahrungsmittel, Fernseher oder 2 € T-Shirts im Westen.

    Du hast recht, insofern man die Kombination Reallohnsteigerung/Mehrwertsteigerung durch Steigerung der Arbeitsproduktivität innerhalb Deutschlands betrachtet. Das war wohl sogar nur während der Wirtschaftswunderzeit bis in die 70er-Jahre möglich. Dieses Modell hat sich nun in die Entwicklungsländer verlagert, wo neben der Steigerung des "relativen Mehrwerts" sogar noch eine Steigerung des "absoluten Mehrwerts" (12-Stunden-Tag der Näherin in Bangladesch) möglich ist.


    Michael Heinrich fasst das in einem Beitrag sehr schön zusammen, der inhaltlich wohl dem von dir genannten Konzept der "Externalisierungsgesellschaft" entspricht.

    Aso, Du meinst, wenn die Gewerkschaften höhere Löhne fordern, weil die Produktivität gewachsen ist? (genau dieses Argument haben ja die Gewerkschaften in den letzten Jahren bei den Tarifrunden angeführt). Dann wären Lohnerhöhung und gleichzeitig Mehrwerterhöhung für die Kapitalisten möglich? Aber wenn die Produktivität steigt, steigt auch der Output, d. h. es werden mehr Waren in gleicher Zeit produziert. D. h. das kann nicht alles von den Kapitalisten wegkonsumiert werden.

    Ja. Man darf nicht vergessen, dass sich durch die Steigerung der Produktivität die Lebenshaltungskosten verringern, da sich auch die Produkte in denjenigen Branchen verbilligen, die für die Lebenshaltung zuständig sind. Somit kann sich der tatsächlich ausgezahlte bzw. der Nominallohn verringern, ohne dass sich die Kaufkraft verringert. Wenn ich nach der Verdopplung der gesamtwirtschaftlichen Arbeitsproduktivität nur noch den halben Lohn für meine 8 Stunden bekomme, kann ich mir mit der Hälfte des Lohns trotzdem noch dieselbe Menge an Lebensmitteln kaufen wie zuvor, weil die jetzt auch alle halb so teuer sind. Weil ich aber trotzdem meine 8 Stunden weiterarbeite, ist der von mir geschaffene Mehrwert größer. Wenn ich bspw. 4 Stunden für mich und 4 Stunden für den Kapitalisten gearbeitet habe, dann arbeite ich nach der Produktivitätssteigerung 6 Stunden für den Kapitalisten und 2 Stunden für mich, weil der Wert meiner "Ware Arbeitskraft" auf die Hälfte gesunken ist. Unter diesen Bedingungen reicht es schon, wenn er sich nicht die ganze Hälfte meines ursprünglichen Lohns einsteckt, sondern mir noch ein Viertel überlässt (wenn auch nur unfreiwillig). Dann habe ich ein Dreiviertel meines alten Lohns, jedoch hat sich meine reale Kaufkraft um ein Viertel erhöht (ich kann mir ein Viertel mehr von den neuen Billig-Produkten kaufen als früher) und sein Mehrwert ist um ein Viertel gestiegen. So können trotz Ausbeutung Kapitalist und Arbeiter dank Steigerung der Arbeitsproduktivität hinsichtlich ihrer realen Kaufkraft reicher werden, ohne dass der Kapitalist dabei substanziell etwas verliert.

    Ein Teil davon kann exportiert werden oder wird halt weggeschmissen. Im Kapitalismus gibt es immer Unterkonsumption und Überproduktion, egal wie hoch die Löhne sind. Wenn das nicht so wäre, wäre es kein Kapitalismus. Was ist denn der Punkt, den du machen willst? Dass man nur die Nachfrage erhöhen muss, indem man die Löhne erhöht? Genau das gleiche Argument macht auch Ulrike Herrmann.

    Wenn Produkte weggeschmissen werden, bedeutet das, sie wurden nicht verkauft. Davon hat der Kapitalist nichts. Das, was nicht verkauft wird, kann auch nicht zum Profit beitragen oder sorgt schlimmstenfalls für Verluste. Wenn der Kapitalist dauerhaft so produziert, dass das meiste weggeschmissen werden muss, dann macht er dauerhaft Verluste und muss irgendwann Insolvenz anmelden. Solche Kapitalisten überleben nicht lange.


    Der Punkt, den ich machen wollte, war, dass der Zwang zur Profitmaximierung im Kapitalismus notwendigerweise in der einen oder anderen Form zu einer Steigerung des Konsums der Privathaushalte führen muss. Der Treiber zur Steigerung des Konsums ist hier nicht der Bedarf, sondern Profitmaximierung und Konkurrenz.


    Das war hinsichtlich der Notwendigkeit eines Konsumverzichts aus ökologischen Gründen, der von Skidrow hier vorgeschlagen wurde, ein Plädoyer gegen den Kapitalismus bzw. der Versuch einer Begründung, warum evtl. eine Veränderung gesellschaftlicher Verhältnisse angestrebt werden sollte.

    Du scheinst das ganze irgendwie so anzugehen, als gäbe es keinen Markt und keinen Staat, der ihn aufrecht erhät und stets darum bemüht ist, dem nationalen Kapital Wettbewerbsvorteile gegenüber ausländischem Kapital zu verschaffen, und seiner nationalen Industrie eine möglichst billige Rohstoffzufuhr zu sichern.


    Die Gesetze des kapitalistischen Produktionsprozesses und seiner "Wert"-Schöpfung, bzw. Mehrwertproduktion sind auch bei Marx erst mal nur eine grundsätzliche theoretische Grundlage. In der Praxis sind die Verhältnisse natürlich nicht nur durch die Konkurrenz zwischen den Kapitalisten bestimmt, sondern auch durch jene zwischen kapitalistischen Staaten.

    Ich wüsste nicht, an welcher Stelle ich so argumentiert hätte, als gäbe es keinen Markt. Ich gebe dir recht, dass ich bei meinen bisherigen Aussagen den Staat größtenteils und den Weltmarkt komplett ausgeklammert habe.


    Den Staat und seine Funktion im Kapitalismus habe ich z.B. an folgender Stelle bereits erwähnt.

    Ich glaube, das, was du als "politischen Wandel" beschreibst, entspricht am ehesten meiner Vorstellung von einer Veränderung der gesellschaftlichen Produktionsverhältnisse. Dieser Wandel ist aber noch umfassender zu verstehen, weil er die politischen Strukturen selbst mit einschließt. Die aktuellen politischen Strukturen schaffen durch ihre bürgerliche Gesetzgebung erst die Grundvoraussetzung, dass es "freie" und "gleiche" Privateigentümer gibt, die unbehelligt ihre Arbeitsprodukte zu gleichen "Werten" tauschen können. Weiter ist diese Politik von einem profitablen Funktionieren der so erst ermöglichten kapitalistischen Wirtschaft abhängig, da sie erst daraus ihre eigenen Mittel für eine politische Gestaltung beziehen kann.


    Die jetzige Politik ist aus meiner Sicht gezwungen, hinsichtlich der voranschreitenden Vernichtung der natürlichen Lebensgrundlagen, auf technologische Innovationen zu setzen, da sich ausschließlich die vermeintliche Entkopplung des Ressourcenverbrauches von der ökonomischen Wertschöpfung mit der besprochenen Kapitalverwertungslogik vereinbaren lässt. Die Ergebnisse, die eine wachsende Wertschöpfung kombiniert mit einer übermäßigen Effizienzsteigerung, die sich im Kapitalismus durch die Konkurrenz-getriebene Steigerung der Produktivität (Steigerung des relativen Mehrwertes bei Marx) wohl ohnehin schon automatisch einstellt, zeigen sich dann in solchen Absurditäten, wie Rebound-Effekten.

    Die ganzen zusätzlichen Wechselwirkungen, die zwischen Staat und Wirtschaft existieren, sind nochmal ein ganz neues Level. Das Gleiche mit den Wechselwirkungen ganzer Volkswirtschaften auf dem Weltmarkt. Soweit ich weiß, wollte Marx in seiner "Kritik der politischen Ökonomie" diese Themen neben "Das Kapital" jeweils mit eigenen Buchbänden behandeln.


    Eine vereinfachte Betrachtung der Wechselwirkungen einzelner kapitalistischer Unternehmen untereinander ist mir persönlich schonmal komplex genug. :) Für eine stark vereinfachte Betrachtung des Zusammenhangs zwischen Profitmaximierung und notwendig steigendem Konsum ist das, denke ich mal, schon hinreichend.

    Die Kapitalisten können im Allgemeinen nicht den ganzen Überschuss konsumieren, weil sie in die Expansion ihres Unternehmens investieren müssen. Das ist ja gerade der zentrale Unterschied zwischen dem feudalen Modus der Produktion und dem kapitalistischen. Im Feudalismus konsumierte der Grundherr den Mehrwert. Im Kapitalismus wird der Mehrwert vom Kapitalisten in die Expansion des Unternehmens investiert.

    Deswegen meinte ich ja, dass nicht der gesamte Profit in die Akkumulation reinvestiert werden kann. Der Profit ist die Haupteinnahmequelle des Kapitalisten, um seinen Konsum zu finanzieren. Wenn 100 % des Profits reinvestiert würden, wovon sollte der Kapitalist dann leben bzw. was hätte er davon?


    Ich gebe dir jedoch recht, dass die durch konkurrenzbedingte Steigerung der Arbeitsproduktivität erzeugten Massen an Billig-Produkten nicht allein von den Kapitalisten konsumiert werden können. Denn hierzu ...

    reicht es jetzt schon, wenn im Zuge der Steigerung der Arbeitsproduktivität die Nominallöhne nicht in demselben Ausmaß sinken, wie die Arbeitsproduktivität steigt. So können sich gleichzeitig die Reallöhne der Arbeiter und der Mehrwert der Kapitalisten erhöhen, um das gesamte überschüssige Angebot konsumieren zu können.

    Das wiederum kann durch gewerkschaftliche Kämpfe erreicht werden.

    Der Kapitalismus ist eine Mehrwertwirtschaft. Der Arbeitgeber muss den Arbeitern immer weniger zahlen als sie an Wert schaffen. D. h. die Arbeiter können niemals mit ihrem Lohn alles aufkaufen, was sie selbst hergestellt haben, egal wie hoch der Lohn ist. Das muss immer so sein. Nicht nur in Zeiten von Produktivitätszuwachs. Es gibt verschiedene Lösungen, wie die Arbeitergeber bei diesem Problem vorgehen können. Eine Lösung wäre z. B. die überschüssigen Waren in ein anderes Land zu exportieren oder dass die Reichen die Waren kaufen, alles in den Müll schmeißen ist auch eine Lösung (solange noch profit gemacht werden kann). Aber letztenendes existiert dieses Problem immer. Daher hat der Kapitalismus auch diese inhärente Krisenhaftigkeit.


    Dein Argument geht ein bisschen in die Richtung, dass man nur die Löhne erhöhen muss und dann wäre alles in Ordnung im Sinne der keynesianischen Wirtschaftstheorie.

    Was spricht dagegen, dass die Kapitalisten mit ihrem Profit den Teil der Produkte konsumieren, den sich die Arbeiter mit ihrem Lohn nicht leisten können? Der Profit wird ja nicht vollständig in die Akkumulation oder in die Zinszahlungen für die Kapitalgeber investiert. Der Kapitalist hat ja keine andere Einkommensquelle als seinen Profit. Ich gebe dir recht, dass das Geld für den geschaffenen Mehrwert zunächst mal überhaupt nicht vorhanden ist. Marx sagt z.B., dass schon für diese "Zirkulation des Mehrwerts" im Kapitalismus ein Kreditsystem notwendig ist. So können die Kapitalisten für den Konsum des gesamtwirtschaftlich geschaffenen Mehrwerts Kredite aufnehmen.

    Überproduktion findet im Kapitalismus aber immer statt, nicht nur bei Erhöhung der Produktivität während gleichbleibendem Lohn.

    Welche anderen Ursachen einer Überproduktion meinst du genau?

    Es ist egal wie hoch der Lohn oder die Nachfrage ist. Wert in Geldform entspricht Wert in Warenform.

    Wenn die produzierten Waren mangels kaufkräftiger Nachfrage nicht gekauft werden (können), dann kann vom Produzent kein Umsatz und somit auch kein Profit gemacht werden. Die Investition ist gescheitert. Der Produzent geht bankrott.

    marty Warum hast du denn deinen post gelöscht? Schade. Ich würde dem zustimmen, was du geschrieben hast. Wenn das Konsumniveau sinkt, dann würde das sehr wahrscheinlich Krisen auslösen, wie es auch die Theorie von Marx vorhersagt.

    Um die Sache vielleicht doch noch einigermaßen rund zu bekommen, möchte ich im Folgenden auf meine Selbstkritik eingehen. Zu beachten ist, dass es sich dabei immer noch um stark vereinfachte und idealisierte Betrachtungen handelt, die das behauptete Problem (Zwang zur Profitmaximierung erfordert Steigerung des Konsums) nur andeuten können. Wie gesagt, beanspruche ich keinerlei Korrektheit meiner persönlichen Interpretation marxscher Theorie, die zugegebenermaßen noch sehr unvollständig ist. Eine Kritik meiner Aussagen ist mir immer willkommen.

    Hier wäre allerdings erstmal zu differenzieren, inwiefern ein Zwang zur Profitmaximierung des Kapitals notwendigerweise eine Steigerung des Konsums der Privathaushalte nach sich zieht bzw. ob so eine Notwendigkeit überhaupt existiert.

    Grundsätzlich muss hier zwischen den Privathaushalten der Kapitalisten und Lohnarbeiter bzw. zwischen den Arbeitgebern und Arbeitnehmern unterschieden werden. Der Privatkonsum der Kapitalisten speist sich aus dem Profit und derjenige der Lohnarbeiter aus dem Lohn. Wenn man für jede Branche isoliert ein einzelnes Kapital betrachtet, lässt sich aus dem Profitmotiv so noch keine Notwendigkeit zur Steigerung des Konsums der Kapitalisten oder Lohnarbeiter ableiten. Der Profit kann hier vollständig vom Kapitalisten konsumiert werden und ist somit prinzipiell durch seinen persönlichen Bedarf begrenzt, wie luxuriös der auch immer sein mag. Der Konsum der Arbeiter ist zunächst durch ihren Lohn begrenzt, der allerdings noch nicht ihrem Bedarf entsprechen muss und historisch diesem die meiste Zeit auch nicht entsprach. Dazu aber später mehr.


    Allerdings stellt sich hier schon die Frage, woher gesamtwirtschaftlich das zusätzliche Geld kommt, um den Profit des Kapitalisten bzw. die Differenz aus dem Erlös des Warenverkaufs und der für die Produktion vorgeschossenen Investition in Produktionsmittel und Arbeitskräfte zu bezahlen. Laut Marx ist im Kapitalismus schon u.a. für diese "Zirkulation des Mehrwerts" die Vergabe von Krediten notwendig. So kann bspw. Kapitalist aus Branche B einen Kredit aufnehmen, um Kapitalist aus Branche A die Waren im Wert seines Profits abzukaufen. Da für diese Kredite Zinsen fällig werden, die letztlich aus dem Profit des Schuldners bezahlt werden müssen, gibt es schon hier eine Notwendigkeit zur Maximierung des Profits des Schuldners.


    Laut Marx gibt es für den Kapitalisten nun zwei Möglichkeiten, seinen Profit zu maximieren. Bei der Steigerung des "absoluten Mehrwerts" wird der Arbeitstag der Lohnarbeiter bei gleich bleibendem Lohn ausgedehnt, was insbesondere in Gesellschaften mit schwach organisierter Arbeiterschaft praktiziert wurde und wird. Hier steigt also ausschließlich der Konsum der Kapitalisten, die sich u.a. gegenseitig als Schuldner und Gläubiger gegenüberstehen und ihre gegenseitigen Schulden durch eine bloße Arbeitszeitverlängerung der Arbeiterklasse finanzieren und das so geschaffene Mehrprodukt selbst konsumieren müssen, da wegen des konstanten Lohns der Arbeiterklasse sonst keine kaufkräftige Nachfrage vorhanden ist.


    Wenn allerdings durch gewerkschaftliche Kämpfe die Länge des Arbeitstags begrenzt oder die Löhne erhöht werden, dann bleibt nur noch die Steigerung des "relativen Mehrwerts". Diese läuft in letzter Konsequenz auf eine Verringerung der Lohnkosten durch Steigerung der Arbeitsproduktivität hinaus. Hierzu muss ein gewisser Teil des Profits dem direkten Konsum entzogen und in neue Maschinen und Technologien reinvestiert werden. Das Kapital wird so "akkumuliert". Es können so bei gleich bleibendem Arbeitsaufwand die Produktmenge gesteigert und die Preise gesenkt werden. Der Tischler kann jetzt in vier Stunden zwei Tische statt einen herstellen, womit der Preis der Tische auf die Hälfte sinkt. Für das einzelne Kapital ist das so gesehen erstmal uninteressant, da das eigene Produkt (die Tische) nur zu einem verschwindend geringen Teil in die Lebenshaltungskosten der eigenen Lohnarbeiter eingehen und sich die Lohnkosten somit auch nicht wesentlich verringern.


    Der eigentliche Antrieb zur Steigerung der Arbeitsproduktivität ergibt sich erst, wenn man pro Branche nicht wie bisher ein einzelnes Kapital betrachtet, sondern mehrere Kapitale, die miteinander konkurrieren. Erst unter diesen Bedingungen bringt eine Steigerung der Arbeitsproduktivität einen Wettbewerbsvorteil, da ein technischer Pionier eine höhere Produktmenge unterhalb des üblichen Marktpreises anbieten und trotz des geringeren Preises immer noch zu geringeren Lohnkosten produzieren kann als der Konkurrent. Er kann sich so einen temporären "Extramehrwert" verschaffen, der so lange erhalten bleibt, bis alle anderen Konkurrenten das neue Produktionsverfahren nachvollzogen haben. Gelingt ihnen das nicht, dann verlieren sie früher oder später alle Marktanteile und gehen bankrott.


    Zur Veranschaulichung, wie sich diese Steigerung der Arbeitsproduktivität zwecks der Verschaffung eines temporären Extramehrwerts und der Sicherung des eigenen Überlebens innerhalb der eigenen Branche auf eine allgemeine Steigerung des Konsums der Privathaushalte auswirkt, kann man sich folgendes extrem stark vereinfachtes Beispiel vorstellen. Angenommen, die Arbeitsproduktivität der gesamten Wirtschaft verdoppelt sich bei gleich bleibender Länge des Arbeitstags, dann verdoppelt sich die Produktmenge, halbieren sich die Preise und halbieren sich die Nominallöhne, wobei die Reallöhne konstant bleiben, da sich auch die Lebenshaltungskosten halbiert haben. Es ist nun also die doppelte Produktmenge inkl. der dafür notwendigen Ressourcen- und Energieverbräuche als Resultat der kapitalistischen Konkurrenz vorhanden. Unabhängig davon, ob das jemand braucht oder nicht.


    Da sich in dieser Beispielrechnung der Mehrwert der Kapitalisten um 50 % erhöht hat, die reale Kaufkraft der Arbeiterklasse aber zunächst konstant geblieben ist, kann man auch schon die grobe Tendenz erkennen, in welcher Klasse der Konsum des ganzen Krempels wohl am ehesten stattfindet. Nichtsdestotrotz reicht es jetzt schon, wenn im Zuge der Steigerung der Arbeitsproduktivität die Nominallöhne nicht in demselben Ausmaß sinken, wie die Arbeitsproduktivität steigt. So können sich gleichzeitig die Reallöhne der Arbeiter und der Mehrwert der Kapitalisten erhöhen, um das gesamte überschüssige Angebot konsumieren zu können.


    Um nun also nochmal den Bogen zu Skidrow s Frage zu bekommen.

    Also fassen wir zusammen: Die Menschen werden zum fliegen, kreuzfahren und SUVfahren gezwungen, solange all das, was du da beschreibst, nicht umgesetzt ist. Ist es das, was du aussagen möchtest?

    Ja, aus meiner Sicht gibt es im Kapitalismus aufgrund der konkurrenzbedingten Steigerung der Arbeitsproduktivität, um weiterhin profitabel zu bleiben, eine Tendenz, mehr zu produzieren als eigentlich benötigt wird. Es besteht unter diesen Bedingungen ein Sachzwang, diese künstlich ausgedehnte Produktmenge irgendwie zu verkaufen und zu konsumieren.

    Ja, wenn man es so krass verkürzt, hört es sich schon ziemlich absurd an. Ist schon lustig, in welches Abseits man sich durch schrittweises Schlussfolgern hineinmanövrieren kann. Die Schlussfolgerungen sind ja bekanntlich nur so gut, wie die Annahmen, auf denen sie basieren.


    Kann gut möglich sein, dass ich die marxschen Annahmen, auf denen meine Schlussfolgerungen basieren, einfach nicht richtig verstanden habe oder dass meine Schlussfolgerungen daraus schlicht falsch oder nicht differenziert genug sind, wie ich in einem vorhergehenden Post (unten) ja bereits vermutet habe. Kann aber auch sein, dass ich mich auf dieses Spiel der übermäßigen Verkürzung meines Arguments ungeschickterweise eingelassen habe. :)

    Also fassen wir zusammen: Die Menschen werden zum fliegen, kreuzfahren und SUVfahren gezwungen, solange all das, was du da beschreibst, nicht umgesetzt ist. Ist es das, was du aussagen möchtest?

    Offenbar möchtest du mich hier irgendwie festnageln?!? :) Die Menschen werden im Kapitalismus nicht direkt von irgendjemandem zu irgendwas persönlich gezwungen. Mein Argument (das ich bereits relativiert habe) bestand darin, dass der Kapitalismus aufgrund seines immanenten Zwangs zur Profitmaximierung offenbar von einer Steigerung des Konsums der Konsumenten abhängig ist. Man kann hier also ausschließlich von einer Art Sachzwang sprechen. Mein Gedanke war einfach der, dass es doch eigentlich ganz sinnvoll wäre, diesen Sachzwang zu beseitigen.


    Zumindest hast du bisher aus meiner Sicht noch kein überzeugendes Argument geliefert, dass gegen das Vorhandensein eines solchen Sachzwangs spricht.

    Verzeih mir meine Polemik:

    Das bedeutet, ein Drogenabhängiger übernimmt keinerlei Verantwortung für seinen Drogenkonsum, solange es Drogendealer gibt?

    Das Problem ist, dass die Deckung der Grundbedürfnisse durch die Drogendealer kontrolliert wird. Man kann seine Bedürfnisse also nur decken, wenn man die Bedingungen der Dealer akzeptiert. Die Dealer können dabei nicht zwischen "sinnvollem" Grundbedürfnis und exzessiven Drogenkonsum unterscheiden. Für sie sieht alles wie eine Droge aus.

    Noch eine Frage: Was schlägst Du konkret vor, um die kapitalistische Produktionsweise abzuschaffen (was ich mir sehr wünsche)?

    Wie ich an anderer Stelle schon beschrieben habe, ergibt sich aus der Abschaffung der Warenproduktion das Problem, dass es dann keine automatische Regulation der gesellschaftlichen Arbeitsteilung mehr gibt. Damit stellt sich nun die Frage:

    • Wer soll was wie in welcher Menge produzieren?

    Das naheliegendste wäre, diese Frage durch eine zentrale Planung zu beantworten, deren Vorgaben auf demokratischem Wege durch alle Gesellschaftsmitglieder mitbestimmt werden können. Das Problem mit diesem Ansatz ist, dass hier die genaue Funktionsweise der gesamten Wirtschaftsstruktur verstanden werden muss, die aber in der bekannten Marktwirtschaft ultrakomplex ist. In einer Marktwirtschaft organisiert sich diese Wirtschaftsstruktur dagegen selbst. Es gibt hier nichts und niemanden, der die genaue Funktionsweise dieser Gesamtstruktur versteht und es funktioniert trotzdem. Deswegen halte ich es für sinnvoll, nach alternativen, selbstorganisierten Wirtschaftsformen zu suchen, die aber eben nicht auf allgemeinem Äquivalententausch privat produzierter Waren basieren.


    Hierzu gibt es auch schon erste Ansätze.

    Skidrow Unabhängig davon, dass ich anhand deiner Aussagen vermute, dass du mein wesentliches Argument bisher nicht vollständig nachvollzogen hast, möchte ich es mittlerweile selbst etwas relativieren. :)


    Mein wesentliches Argument bestand darin, dass die von dir bemängelte ständige Steigerung des Konsums eines vermeintlich durchschnittlichen deutschen Privathaushalts, das notwendige Resultat einer systemimmanenten Eigenlogik des Kapitals, sich selbst zu vermehren, ist. Die Existenz dieses Kapitals mit seiner Eigenlogik, sich selbst zu vermehren, habe ich wiederum auf eine besondere Form der gesellschaftlichen Arbeitsteilung, die im allseitigen Äquivalententausch von privat produzierten Waren besteht, zurückgeführt. Demnach wäre eine Beendigung des Zwangs zur Profitmaximierung nur durch eine Veränderung dieser Organisation der gesellschaftlichen Arbeitsteilung möglich. Das bedeutet, die gesellschaftliche Arbeitsteilung dürfte nicht mehr über den Äquivalententausch von privat produzierten Waren vermittelt sein. Die ganze Tragweite dieses letzten Punkts ist dir hierbei evtl. entgangen bzw. sollte noch etwas tiefer durchdacht werden.


    Hier wäre allerdings erstmal zu differenzieren, inwiefern ein Zwang zur Profitmaximierung des Kapitals notwendigerweise eine Steigerung des Konsums der Privathaushalte nach sich zieht bzw. ob so eine Notwendigkeit überhaupt existiert. Dementsprechend wäre dann auch der Umkehrschluss zu bewerten, eine allgemeine Verringerung des Konsums der Privathaushalte würde zu einer Behinderung dieser Profitmaximierung führen und ggf. eine Wirtschaftskrise auslösen, da so angeblich keine lohnenden Investitionsmöglichkeiten für das Kapital mehr vorhanden wären. Weiter wäre noch genauer zu erklären, inwiefern sich überhaupt ein Zwang zur Profitmaximierung einzelner kapitalistischer Unternehmen in ein gesamtwirtschaftliches Wachstum des BIP übersetzt.


    Ich muss an dieser Stelle zugeben, dass ich erst ein Beginner in marxscher Theorie bin und mir selbst erst über diese Fragen im Klaren werden muss. :)

    Noch mal extra, weil's mir echt wichtig ist: Eigentlich belegt das Zitat, dass du das Problem, was ich mit diesem Thread aufdecken wollte, noch gar nicht verstanden hast. Lies doch noch mal meinen Eingangsthread und die drei Links.

    Die Anstalt hatte sich letzten Mai mit diesem Thema beschäftigt. Und wer genau hinhört weiß: Die haben's verstanden. Friedrich Merz löst die Klimakrise durch grünes Wachstum | Die Anstalt

    Je mehr ich mir hier bei der wiederholten Neuformulierung meiner Argumente über meine eigenen Gedanken und deren Konsequenzen im Klaren werde, umso mehr hoffe ich, dass du damit recht hast und ich einfach nur alles grundlegend falsch verstanden habe. :)

    Skidrow Der Logik meiner gesamten Argumentation in diesem Thread folgend, kann ein Konsumverzicht innerhalb kapitalistischer Produktionsverhältnisse nur dann funktionieren, wenn sich dieser auf eine kleine Minderheit der Konsumenten beschränkt. Der Umsatzverlust, der so für die kapitalistische Wirtschaft entstanden ist, kann dann an anderer Stelle durch die Steigerung des Konsums (bspw. auch durch die Entstehung komplett neuer Branchen und Technologien, die wir uns jetzt noch gar nicht vorstellen können) wieder kompensiert werden. Wenn allerdings global alle Konsumenten innerhalb einer kapitalistischen Wirtschaft ihren Konsum einschränken, dann gibt es keine lohnenden Investitionsmöglichkeiten mehr für das Kapital. Dann krachts.

    Skidrow Im Grunde beißt sich die Katze, hinsichtlich des gesellschaftlichen Wandels, in den Schwanz. Auf der einen Seite bedingt die Organisation der gesellschaftlichen Arbeitsteilung durch unbewusste Kapitalverwertungslogik die Kultur (Konsumsteigerung ist unter diesen Bedingungen rational und notwendig). Auf der anderen Seite kann erst aus einem bewussten Wandel der Kultur eine Veränderung der gesellschaftlichen Arbeitsteilung stattfinden. Das macht die ganze Sache wohl so ausgesprochen schwierig.

    Paech spricht davon, dass Genügsamkeit hinsichtlich Ressourcen und Energien nur politisch aufgefriffen werden kann, wenn es in der Gesellschaft zuvor Pioniere und Vorreiter (Reallabore) gibt. Es muss also erst eine kritische Masse (eine kritische Masse ist das Gegenteil von "subjektiven Willen der einzelnen Individuen") geben, damit dann diese neuen Lebensformen (die im übrigen gar nicht neu sind, das gabs alles schon mal, hier muss also nichts neu erfunden werden) politisch anklang finden und sich verbreiten können.

    Unterschreibe ich zu 100%. Irgendwie muss man mal anfangen. Der Punkt, den ich nur starkmachen möchte, ist, dass man immer im Hinterkopf behalten muss, wie man seine gesellschaftliche Arbeitsteilung gerade nicht organisieren sollte und welchen Grund das hat. Und dazu kann einem Marx etwas sagen.

    Der Grund, warum er dies tut ist der: Eben weil es keine nachhaltigen Produkte und Technologien gibt (je effizienter die Motoren von Flugzeugen und Pkws sind, desto höher sind die Umweltschäden!), kann ohne einen vorherigen kulturellen Wandel in der Gesellschaft auch kein politischer Wandel stattfinden. So ist die Politik gezwungen, auf technologische Innovationen zu setzen, die aber alles nur noch schlimmer machen.

    Ich glaube, das, was du als "politischen Wandel" beschreibst, entspricht am ehesten meiner Vorstellung von einer Veränderung der gesellschaftlichen Produktionsverhältnisse. Dieser Wandel ist aber noch umfassender zu verstehen, weil er die politischen Strukturen selbst mit einschließt. Die aktuellen politischen Strukturen schaffen durch ihre bürgerliche Gesetzgebung erst die Grundvoraussetzung, dass es "freie" und "gleiche" Privateigentümer gibt, die unbehelligt ihre Arbeitsprodukte zu gleichen "Werten" tauschen können. Weiter ist diese Politik von einem profitablen Funktionieren der so erst ermöglichten kapitalistischen Wirtschaft abhängig, da sie erst daraus ihre eigenen Mittel für eine politische Gestaltung beziehen kann.


    Die jetzige Politik ist aus meiner Sicht gezwungen, hinsichtlich der voranschreitenden Vernichtung der natürlichen Lebensgrundlagen, auf technologische Innovationen zu setzen, da sich ausschließlich die vermeintliche Entkopplung des Ressourcenverbrauches von der ökonomischen Wertschöpfung mit der besprochenen Kapitalverwertungslogik vereinbaren lässt. Die Ergebnisse, die eine wachsende Wertschöpfung kombiniert mit einer übermäßigen Effizienzsteigerung, die sich im Kapitalismus durch die Konkurrenz-getriebene Steigerung der Produktivität (Steigerung des relativen Mehrwertes bei Marx) wohl ohnehin schon automatisch einstellt, zeigen sich dann in solchen Absurditäten, wie Rebound-Effekten.

    Wenn sich die Menschen nach dem Paech'schen Modell versorgen und aus Konsumenten Prosumenten werden, sind sie resilienter als je zuvor. Wenn wir unsere Nahrung aus dem Umfeld bekommen (Stichwort Solawi) oder über Gemeinschaftsgärten Nahrung selbst anbauen, sind wir resilienter als je zuvor. Eine Wirtschaftskrise kann mich nur hart treffen, wenn mein Lebensmodell stark abhängig ist von industrieller Fremdversorgung.

    Insofern hier weiter auf Handel gesetzt werden soll, dürfte diese Selbstversorgung (in meiner Vorstellung) nicht selbst wieder vom Handel abhängig sein. Es darf nicht wieder die Situation entstehen, dass explizit für einen Markt produziert und hierfür erst wieder Produktionsmittel und Arbeitskräfte eingekauft werden müssen, sodass die Bewegung "kaufen, um zu verkaufen" bzw. Kapital entsteht. Wenn es hingegen beim "Verkaufen, um zu kaufen" bleibt, bzw. hin und wieder mal Überschüsse der Eigenproduktion (die ohne Vorprodukte von externen Lieferanten auskommt) auf einem Markt gehandelt werden, dann mag das ohne eine Verselbständigung funktionieren. Zumindest war das wohl im Feudalismus so. :)

    Skidrow Nur für den Fall, dass es im Verlauf dieser Diskussion noch nicht deutlich genug geworden ist, glaube ich, dass Degrowth-Ansätze, bspw. wie der vom Herrn Paech, in aller Regel auf der Grundannahme basieren, dass die ständige Steigerung sowohl des Profits auf Angebots- als auch die Steigerung des Konsums auf Nachfrageseite innerhalb des Kapitalismus allein aus dem subjektiven Willen der einzelnen Individuen resultieren. Das ist, soweit ich das bisher verstanden habe, exakt derselbe Ansatz, den auch die etablierte Volkswirtschaftslehre bzw. die s.g. "Neoklassik" verfolgt. Aus dieser Sicht kann absolut folgerichtig ein Ende dieser Steigerung auch nur dann erfolgen, wenn sich diese Individuen bewusst von sich aus beschränken wollen.


    Der radikale Bruch, den Marx in seiner "Kritik der politischen Ökonomie" bzw. der zu seiner Zeit vorherrschenden (klassischen) Volkswirtschaftslehre, auf deren theoretischem Feld sich auch die moderne "Neoklassik" bewegt, vollzogen hat, besteht u.a. darin, dass die Kategorie "Wert", sei sie nun durch die subjektiv mühselige Arbeit (Klassik) oder durch den subjektiven Nutzen (Neoklassik) bestimmt, eben nicht durch bewusste, subjektive und rationale Überlegungen einzelner Individuen erklärt werden kann. Nein, dieser "Wert" ist laut Marx tatsächlich ein gesellschaftliches Verhältnis, das sich automatisch (sic!!!), unabhängig vom Willen der Individuen einstellt, wenn die einzelnen Individuen einer Gesellschaft ihre Arbeitsteilung über den (Äquivalenten-)Tausch von privat produzierten Gebrauchswerten vermitteln. Nur in diesem besonderen gesellschaftlichen Zusammenhang bekommen die so produzierten Gebrauchswerte eine neue Eigenschaft, gleichzeitig "Wert" zu besitzen. Dieser "Wert" scheint den Gebrauchswerten von nun an als eine natürliche, überhistorische (für alle damaligen und zukünftigen Gesellschaften gültige) Eigenschaft zuzukommen. Marx spricht hier von einer "Verdinglichung" eines gesellschaftlichen Zusammenhangs oder vom s.g. "Warenfetischismus".


    Marx versucht nun darzulegen, wie sich dieser "Wert" in letzter Konsequenz in einer besonderen verselbstständigten Erscheinungsform, dem Kapital, darstellen muss. Er bezeichnet dieses Kapital auch als ein s.g. "automatisches Subjekt", um zu verdeutlichen, dass die einzelnen Kapitalisten hierbei nur als Erfüllungsgehilfen einer bewusstlosen Eigenlogik des "Werts", sich selbst zu vermehren, fungieren. Es muss demnach im Kapitalismus eine Profitmaximierung stattfinden, unabhängig davon, ob man das will oder nicht.


    Die Konsequenz daraus ist, dass eine bewusste Beschränkung des Konsums der einzelnen Individuen dieser Kapitalverwertungslogik zuwiderlaufen würde. Es kann so nicht mehr profitabel gewirtschaftet werden. Man hätte durch die Beschränkung also nicht einfach weniger, sondern im Extremfall überhaupt nichts mehr, weil man auf diese Art eine Wirtschaftskrise auslösen würde.


    Das Problem ist also nicht, seinen Konsum zu beschränken. Das ist in jeder Hinsicht zu begrüßen. Diese Beschränkung des Konsums muss unter anderen gesellschaftlichen Verhältnissen stattfinden, in denen dieser "Wert" und damit auch das "automatische Subjekt" Kapital verschwunden ist, damit die Wirtschaft nicht crasht und am Ende gar nichts mehr produziert wird.

    Wie die Marx-Experten hier ja schon erklärt haben, [...]

    Nicht, dass ich mich irgendwie zu diesen "Marx-Experten" zählen würde, aber nur für den unwahrscheinlichen Fall, dass auch ich damit vielleicht indirekt angesprochen sein könnte, möchte ich hier nochmal sehr deutlich klarmachen, dass ich keinerlei Anspruch auf eine tatsächlich 100%ig korrekte Interpretation der marxschen Kapitalismuskritik erhebe. Diese ist im Rahmen dieses Thread auch inhaltlich überhaupt nicht darstellbar. Es hat schon seinen Grund, warum sich der gute Mann die Mühe gemacht hat, sein großes Projekt einer "Kritik der politischen Ökonomie" auf ursprünglich 6 Buchbände auszulegen, von denen letztlich nur 3 veröffentlicht werden konnten, weil schlicht seine Lebenszeit nicht mehr ausgereicht hat, um den Rest zu Papier zu bringen.


    Das, was ich hier bestenfalls beitragen konnte, ist der Eindruck, dass es sich vielleicht doch nochmal lohnen könnte, sich hinsichtlich der Ursachen für einen inhärenten Zwang zum Wirtschaftswachstum innerhalb des Kapitalismus mit Marx bzw. insbesondere mit der "Neuen Marx-Lektüre" auseinanderzusetzen.

    Ich gebe dir insofern absolut recht, als dass sich die Menschen an das, durch die genannte Kapitalverwertungslogik künstlich aufgeblähte, Konsumniveau und dessen ständige Steigerung gewöhnt haben. Die Kultur hat sich also dieser spezifischen Wirtschaftsform extrem stark angepasst. Das ist aus meiner Sicht auch der entscheidende Grund, warum ein radikaler Ansatz, der das Problem an der Wurzel packt, im Grunde so gut wie keine Chance hat (da mache ich mir keine Illusionen). Deswegen erscheint mir der Ansatz von Niko Paech auch prinzipiell als sinnvoll. Ein bisschen wie ein systematischer Drogenentzug. Allerdings würde der marxsche Part aus meiner Sicht hier wohl darin bestehen, dass nach dem Entzug kein Rückfall mehr stattfinden kann. :)


    Wie eine bestenfalls selbstorganisierte und bedarfsorientierte Wirtschaftsform jenseits des Kapitalismus konkret aussehen kann, kann ich leider auch nicht sagen. Marx konnte aus meiner Sicht im Wesentlichen auch nur sagen, wie sie gerade nicht aussehen darf, insofern man nicht wieder die genannten Konsequenzen ertragen will.