In den ersten 20 Minuten sagt Blom sicher viel Richtiges, zum Beispiel, dass sich unser Konsum- und Energieverbrauch senken müsse und dass das nicht zwingend mit einem Verlust an Lebensqualität einhergehe.
Jedoch, kurz danach sagt er:
Zitat
(...) Das Problem ist natürlich, dass das Wirtschaftssystem, indem wir stecken, auch die Sozialstaaten, auf die wir stolz sind und die wir brauchen, in gewisser Weise von diesem Wachstum abhängen. Und da haben wir wirklich ein Problem, was mir auch kluge Ökonomen und Ökonominnen noch nicht haben erklären können, wie wir da 'raus kommen,"
Hier sieht man die Doppelzüngigkeit der sog. Eliten: Konsum und Energieverbrauch müssen gesenkt werden, aber kein Ökonom könne ihm sagen, wie.
Ja natürlich sagt ihm das kein Ökonom, weil die allermeisten an grüne Technologien glauben und Ökonomen zudem in der Regel einen Lebensstil fahren, der einfach nicht mit der notwendigen Reduzierung von Ressourcenverbrauch vereinbar ist! Würde Blom sich dies eingestehen, würde er einsehen müssen, dass Flugreisen, Kreuzfahrten, motorisierter Individualverkehr und fortschreitende Digitalisierung einfach nicht mit Nachhaltigkeit vereinbar sind. Mit der Einsicht würde er sich bei seinen Kollegen wahrscheinlich wenig Freunde machen - außerdem müsste er dabei seinen eigenen Lebensstil hinterfragen.
Zur Frage, wie wir da raus kommen: Niko Paech hat es neulich zu Janine Wissler von den Linken so formuliert:
Zitat
Ihre Kritik an der Klassengesellschaft ist konsumorientiert. Sie reden immer nur über Geld. Die Lebensqualität eines Menschen bemisst sich nicht nur im Geld sondern in Fähigkeiten. Da bin ich eher bei Amartya Sen oder Martha Nussbaum. Und ich glaube, man muss der Zivilgesellschaft mitteilen, dass das Modell, Wohlstand nicht nur an Geld zu bemessen, sondern in einer Mixtur aus Geld und der Fähigkeit, entmonetarisiert Versorgungsleistungen zu liefern, das Ende des Kapitalismus ist.
(...)
Eine Entmonetarisierung unseres Lebensqualitätsbegriffs und auch unseres Daseins in der Wirtschaft ist die Voraussetzung für die Abschaffung unseres ausbeuterischen Kapitalismus.
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Ich habe mir zwar erst die erste Stunde gehört, aber bis dahin läuft das ganze Gespräch unter der Überschrift: "Wasch mir den Pelz aber mach mich nicht nass". Wie eigentlich bei den allermeisten J&N-Interviews, sobald es um Umwelt und Nachhaltigkeit geht. Derartige Gespräche gab es schon vor zehn Jahren. Es ist immer die gleiche Leier, über unzählige Interviews hinweg hört man immer das gleiche. Offensichtlich ist es dem J&N-Team noch nicht vollends gelungen, sich intensiv mit dem Mythos des Grünes Wachstum zu beschäftigen und vor allem die daraus resultierenden Folgen in den Blick zu nehmen und dann in Interviews entsprechend in die Tiefe zu gehen.
Bei Minute 33 sagt Tilo immerhin und zurecht, dass das Innovative ja nicht Grünes Wachstum sein könne. Daraufhin Blom: "Ne, das das das wird nicht reichen. Das ist ne tolle Idee und ne wichtige Idee (...)"
Blom reiht sich in die Reihe derer ein, die nicht verstanden haben, wo das Problem des Grünen Wachstums überhaupt liegt, nämlich darin, dass es Grünes Wachstum nicht gibt. Wachstum ist niemals grün, weil es keine per se grünen Technologien gibt. Deswegen ist der Satz "Das wird nicht reichen" unsinnig, da die planetare Zerstörung überhaupt erst durch Wachstum dieses Ausmaß erreichen konnte.
Bloms Ahnungslosigkeit wird kurz danach um so deutlicher. Tilo erwähnt, dass laut einer Studie ein Milliardär soviel CO2 emittiere, wie eine Million Menschen. Das ist völlig richtig, aber das ist nicht zufällig so! Das ist nicht deswegen so, weil die Reichen besonders böse sind und besonderen Spaß an Umweltverbrechen haben. Der Grund dafür ist, dass es keine grünen o. nachhaltigen Technologien oder Produkte gibt sondern nur nachhaltige Lebensstile: Die Umweltschäden, die ein Staat, ein Unternehmen, eine Organisation oder ein Einzelner verursachen und zu verantworten haben sind proportional zum ihm, es oder ihr zur Verfügung stehenden Kaufkraft! Ein Milliardär kann also seine Umweltschäden gar nicht reduzieren, außer er verbrennt sein Geld oder tapeziert damit seinen Keller.
Deswegen würde es hinsichtlich Reduzierung von Umweltschäden überhaupt nichts bringen, wenn die Reichen Geld an die Ärmeren abgeben. In einer Gesellschaft der Gier würden die Reichen sich dann weniger Flugreisen usw. leisten können; die ehemals Ärmeren hingegen um so mehr. Hinsichtlich der Energie- und Ressourcenverbräuche hätten wir also genau nichts gewonnen. Blom sagt zurecht an einer Stelle, dass unser Konsummodell darauf beruht, dass wir in anderen Teilen der Welt Mensch und Natur ausbeuten. Damit hat er natürlich völlig recht!
Genau deswegen hätte eine reine Umverteilung von Kaufkraft in Deutschland, so wie es die Linken seit Jahren fordern, genau nichts mit sozialem Fortschritt zu tun. Denn ein vermeintlicher Fortschritt, der daraus resultiert, einen Überschuss gerecht verteilen zu wollen, der in einer gerechten Welt gar nicht erst hätte entstehen dürfen, weil er auf ökologischer Plünderung beruht, führt sich ab absurdum.
Blom setzt dem ganzen dann noch die Krone auf, in dem er kurz danach sagt: "Versteh mich nicht falsch, ich hab nix gegen Reichtum".
Blom ist ein typischer Opportunist, den es in der deutschen Bildungslandschaft zuhauf gibt.
Mal schauen, wann ich mir den Rest anhöre.