Beiträge von fruchtoase

    Der Kontext ist da aber ein komplett anderer. Ich würde nicht die gleichen Maßstäbe in (online) Diskussionsforen und realer Politik bei der du direkt mit den Leuten zu tun ansetzen. Und es kommt auch auf die Kritik an, vielleicht ist sie ja berechtigt.

    Letztenendes muss man damit klar kommen, dass man in diesen Jobs nicht gewinnen kann, weil es immer irgendwen geben wird der unzufrieden ist. Und gelegentlich ist diese Unzufriedenheit auch gerechtfertigt.

    Es ist aber nunmal so, dass man die Onlinewelt und die Offlinewelt heutzutage schlicht nicht mehr trennen kann.

    Selbstverständlich ist manche Kritik berechtigt, das bezweifelt wohl niemand.

    Dass man damit klarkommen müsse, dass es in diesen "Jobs" nichts zu gewinnen gäbe, ist dahingehend ein bisschen schwierig, da ohne diese "Jobs" die Organisierung des Kommunalen schlicht nicht vorstellbar ist und es für diese idR maximal eine Aufwandsentschädigung gibt. Mit sinnloser oder sagen wir besser nicht erfüllender Erwerbsarbeit kann man leben, wenn dadurch die Miete getragen wird, warum genau soll sich irgendwer Kommunalpolitik antun, wenn es da kaum etwas zu entscheiden gibt, es von allen Seiten nur Kritik hagelt und man vielleicht auch noch ein Privatleben hat?

    1. Georg Schramm hat mal von der deutschen "Schönwetterelite" gesprochen, an die er als neuer Bundespräsident eine zornige Kritik adressieren wolle, ob sie sich nicht schämten, eben nur eine Schönwetterelite zu sein, die sich zurückziehe, sobald es mal schwierig würde.

      Wie aber sollte man dieses Phänomen in einer globalisierten Welt, in der eben diese Elite ihr Geld auf den Kaymans parkt, Wohnungen in diversen Ländern hat und um die Welt reist, als gäbe es kein Morgen, überhaupt angehen? Letztlich leben wir ja immernoch in einer Welt der Nationalstaaten und 90 % der Bevölkerung haben die gerade beschriebenen Möglichkeiten der Elite ja faktisch auch gar nicht. Aber soll man der Elite nun ausgerechnet mit einem vermeintlichen Anachronismus wie Nationalstolz oder sowas begegnen?
    2. Deutschland ist ja immernoch eines der Länder mit der geringsten Schichtdurchlässigkeit im Sinne eines gesellschaftlichen Auf- oder Abstiegs. Eine lächerliche Erbschaftssteuer und eine ausgesetzte Vermögenssteuer haben daran gewaltigen Anteil. Wie kann man Mehrheiten für eine Politik gewinnen, die eben nicht diese Eliteninteressen stützt? Kann das in einer Parteiendemokratie der Berufspolitiker überhaupt gelingen? (Hintergrund der Frage: Es finden sich inhaltlich ja immer wieder Mehrheiten für gerechtere Politik, nur werden diese durch Parteien seit Jahrzehnten konsequent ignoriert.)
    3. Kann man einen Elitenbegriff wieder positiv framen (z. B. im Sinne einer echten Leistungselite)? Und ist das überhaupt wünschenswert?

    Wer ist den demotiviert? Ich glaube kaum dass sich irgendwer von etwas abbringen lässt, weil ein rando online etwas geschrieben hat, dem man selbst eh nicht zustimmt. Ist ja nicht so, dass sich die Kritiker irgendwo anketten um dich davon abzuhalten das zu tun, was du für richtig hälst.

    Ich z. B.

    Du verkennst mMn den psychologischen Aspekt hierbei. Bewegungen, welcher Art auch immer, leben zu großen Teilen von Motivation und Momentum. Die Motivation von Ideologen wird sicherlich nicht durch irgendwelche rando-online-Kommentare gesenkt, das mag sein. Aber mit einer handvoll Ideologen bewegt man wenig bis nichts. Da braucht es schon etwas mehr.

    Warum z. B. suchen viele Gemeinden händeringend nach Kommunalpolitikern und keiner will es machen? Weil man immer nur Dreck abbekommt.

    Intrinsische Motivation schön und gut, aber ohne Verstärkung kommt man da an Grenzen.

    Ich verstehe nicht ganz, was Du mir damit in Bezug auf den zitierten Teil sagen willst?

    Nein, Du verstehst mich entweder falsch, oder verdrehst aus reinem Trotz meine Aussage.


    Mein Punkt ist nicht und war auch noch nie, dass man zuerst "die lebensumständliche Freiheit" schaffen müsse, um eine fundamentale Systemkritik denkbar zu machen, die dann zur Befreiung der Lebensumstände vom kapitalistischen System führe. Das wäre eine völlig sinnlose Forderung, die sich selbst negiert.


    Mein Punkt ist, dass man den Menschen die geistige Freiheit geben muss, sich über die von den herrschenden kapitalistischen Verhältnissen gesetzten ideologischen Grenzen ihres Denkens hinweg zu setzen und sich davon zu emanzipieren, indem man sie ihnen aufzeigt. Es ist genau umgekehrt, als Du es mir in den Mund legst.

    Das ist doch sinnlose Wortklauberei.

    Woher soll denn die geistige Freiheit kommen bei Vollzeitarbeit und prekären Lebensumständen?

    Da geht der Amazon-Lieferfahrerjonny dann nach seiner 10h Schicht ins Marx-Symposion und holt sich die Erleuchtung ab oder was?

    Genau das war doch mein Punkt: Ohne die materielle Freiheit keine geistige Freiheit. Dazu gibt es doch nun inzwischen genug Forschung: Schlechte Lebensumstände sorgen für höhere Krankheitsbelastung, geringeren IQ usw. Das Sein schafft das Bewusstsein eben, und zwar auf vielen Ebenen.


    Du hast offensichtlich Zeit genug (und diese sei Dir ja auch von Herzen gegönnt), hier tausende von Beiträgen zu verfassen, die hat der Durchschnittsproletarier schlicht und ergreifend nicht.

    Der will nach seiner, den Intellekt sicherlich meist nicht gerade stimulierenden, Arbeit einfach ein bisschen Zerstreuung, hat Familie, Sport und wasweißich, dem brauchst Du (auf die Mehrheit bezogen, Einzelfälle bestätigen die Regel) nicht mit Klassenkampf kommen. Die haben idR ja nichteinmal Verständnis für den Arbeitskampf der Brüder und Schwestern, wenn es ihren eigenen Tagesablauf behindert.

    Ich habe Dir schon erklärt, dass und warum ich Leute wie DICH und DEINE hier immer wieder penetrant geübte Kritik an der Kritik - und nicht "jegliche Bemühung zur Verbesserung der Lebensumstände" - als "bürgerlich" bezeichne.


    Ansonsten fordere ich Dich nochmals dazu auf, mir hier entweder konkret anhand eines Zitats meiner tatsächlichen Aussagen - nicht auf der Basis Deines Bauchgefühls oder Deiner persönlichen Angefasstheit - nachzuweisen, wo ich hier gegen eine Verbesserung der Lebensumstände argumentiert hätte, oder einfach mal damit aufzuhören, das immer wieder völlig beleg- und argumentlos zu behaupten.

    Ganz ehrlich, ich fange jetzt nicht an, hier nach Zitaten zu suchen. Schon gleich gar nicht, nachdem ich fünf Seiten im Stammtisch-Faden mit Dir und Jonny als Hauptprotagonisten überflogen habe und mich frage, wer mir diese Lebenszeit zurückerstattet.

    Da bin ich nämlich genau in der Situation des Proletariers (der ich eigentlich gar nicht bin geschweige denn sein will), der nach seinem Arbeits-Mindfuck einfach nur noch seine Ruhe von Menschen im Allgemeinen will.

    Vielleicht ist meine Kritik an Dich da auch überzogen. Mag sein, da bist Du dann der Blitzableiter für den Frust mit der Gesamtlage. Mea culpa.

    Auf gut Deutsch: Du drehst ihr einen Strick daraus, dass ihr ein denkbar umsetzbares "weniger schlecht" lieber ist als ein faktisches "richtig schlecht", während Du ein utopisches "gut", für dessen Umsetzung es keine Anzeichen gibt und dessen Umsetzungsprozess Du Dir verbittest realistisch beschreiben zu müssen, vorziehst.

    Spatz in der Hand vs. Taube auf dem Dach.

    Und das ist in diesem Klimathema exakt die gleiche Herangehensweise wie in der Kapitalismusdiskussion auch jedes Mal.

    Ich frage ja nicht jedes Mal nach einer Umsetzungsstrategie, weil ich Langeweile habe, sondern weil es mir um die Sache selbst geht, während ich bei Dir eben das Gefühl habe, die Kritik in ihrer naturgegebenen Theoriehaftigkeit sei (Dir als) Selbstzweck (genug). Wie gesagt, mag sein, dass ich mich da täusche, dann tut es mir leid, aber ich sehe da eben wenig Progressivität.

    Du schwurbelst schon wieder endlos am eigentlichen Argument vorbei.

    Der Punkt war: Die Bevölkerung braucht, so wurde es postuliert, die lebensumständliche Freiheit, um die geistige Freiheit, ein anderes System oder fundamentale Systemkritik oder was auch immer, denken zu können (die Forschungen zu vererbter Armut und ähnlichem scheinen mir dies auch zu stützen).

    Demzufolge muss das Zwischenziel, wenn man denn ernsthaft eine fundamentale Systemkritik als Mittel der Systemveränderung ansieht, eine Verbesserung der Lebensumstände sein.

    Was Du aber wieder und wieder und wieder machst, ist die Kritik am System mit der Kritik an jeglicher Bemühung zur Verbesserung der Lebensumstände (ohne direkt das System zu stürzen) zu kombinieren - weil bürgerlich...

    You want to have your cake and eat it.

    Und das ist ein albernes Scheinargument.

    Was ändert es am Argument selbst, wer es ausspricht? Wenn ich eine Maja Göpel (und sie ist da nur das Letzte von zig Beispielen) "verteidige", dann weil ich das Argument nachvollziehbar finde. Du drehst ihr und mir einen Strick daraus, ja irgendwie bekannt zu sein und daher Medienpräsenz zu haben. Als wäre das irgendein inhaltliches Argument.

    Was aus dieser Kritik genau progressives erwachsen soll, bleibst Du natürlich auch wie immer schuldig. Soll sie jetzt radikale Systemkritik verbreiten? Wie lange wird sie dann diese Medienpräsenz haben? Aber genau das ist ja immer Dein go-to Argument, die vermeintliche "Macht" wird kritisiert dafür, dass sie nicht radikal ist, dabei erwächst diese "Macht" (sei sie nun durch Medienpräsenz oder tatsächliche politische Position dargestellt - wobei da der Aspekt der vermeintlichen "Macht" auch mal Erläuterung bedürfte) nur aus ihrer Nichtradikalität. Dass dieses 99:1 -Format ein Nischenprodukt mit handgezählten Nutzerzahlen ist und wasweißich... Lanz ein Millionenpublikum erreicht, fällt als Umstand ja nicht vom Himmel.


    Und ja, ich kritisiere hier den Kritiker. Warum mache ich das? Weil das zum einen all diejenigen, die sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten für irgendwas "Gutes" einsetzen, demotiviert, wenn ihnen fortwährend vorgehalten wird, dass sie ja eigentlich nur Büttel des Kapitals sind, während ihnen genau null Alternativen dazu aufgezeigt werden.


    Oder sollen wir jetzt auch alle zehntausende Beiträge in obskuren Nischenforen schreiben? Mit welchem Ziel? Was soll das? Was bewirkt das? Ich frage das nicht aus Langeweile oder als Angriff, sondern weil ich es ernsthaft nicht verstehe. Du gerierst Dich hier fortwährend in der Rolle des einsamen Rufers in der Wüste, dabei sind die Meisten hier inhaltlich wohl ziemlich d'accord.

    Selbst hier im Forum ist es schier unmöglich das zu kritisieren, ohne dass einer ankommt und sich darüber beschwert, dass die Kritik daran keinen Vorschlag zur besseren Herrschaft beinhaltet.

    Nein, meine Kritik ist, dass von Dir überhaupt kein Vorschlag kommt, außer einer diffuses Aufklärungsideologie als Selbstzweck. Es ist Kritik um der Kritik Willen. Das ist mein Problem.


    Aber greifen wir doch mal einen Aspekt Deiner Kritik auf:

    Für die lohnarbeitende Bevölkerung werden diese herrschenden, materiellen Eigentumsverhältnisse damit quasi zur Naturgewalt, über die man gar nicht groß nachzudenken braucht, weil man sowieso nichts daran ändern kann, und der man sich deshalb so gut wie es geht anpasst, um seine von diesen Verhältnissen begrenzten Interessen durchzusetzen - also vor allem um seinen Lebensunterhalt bestreiten zu können und nicht sozial ausgeschlossen zu werden. Diese Anpassung geschieht aber nicht ohne dass sich dabei auch das Denken - das "Bewusstsein" - der Menschen anpasst, denn - wie Du hoffentlich nicht bestreiten wirst - sie erfordert ihnen einiges an Verzicht und Mühe ab, und läuft dabei häufig ihren eigentlichen inneren Bedürfnissen bis zur Schmerzgrenze zuwider.


    [...]


    Das ist in den modernen Industriegesellschaften des 21. Jahrhunderts aber einfach nicht richtig. Wie "Anarchisten und Kommunisten" verhalten sich die Menschen darin allerhöchstens gegenüber ihren engsten Freunden und Angehörigen, aber selbst das gelingt ihnen nicht, wenn ihnen z.B. die Anforderungen der Lohnarbeit dabei in die Quere kommen, oder wenn ihnen das Geld nicht reicht, um ein halbwegs zufriedenes Privatleben zu führen, weil man im Kapitalismus von der Kita für die Kinder, über die Miete, die Kleidung, die Freizeitgestaltung und die Kosten für den Zahnersatz bis hin zum eigenen "Lebensabend" und dem Sterbeheim für die Oma schlicht für alles Geld braucht, an das man legal nur kommen kann, wenn man entweder Produktionsmittel besitzt und andere Menschen für sich arbeiten lassen kann, oder wenn man selbst für andere Menschen oder für den Staat arbeitet.

    Die Menschen haben also quasi gar keine Möglichkeit, sich mit dem System selbst zu beschäftigen, weil Ihnen das System konstant Systemaufgaben auferlegt, um darin nicht unterzugehen.

    Tja, jetzt könnte man ja argumentieren, dass dann jede soziale Verbesserung, die diese Bürde mindert, offensichtlich einer Kritikfähigkeit zuträglich - und damit wünschenswert - sein müsste. Thematisiert man solche, kommt von Dir aber wie bestellt die Kritik der "Bürgerlichkeit" - also dass man damit das System stütze.

    Und genau darin entlarvt sich leider die Kritik um der Kritik Willen, die keinen progressiven Aspekt beinhaltet. Das dann noch mit Deinem Märtyrerselbstverständnis kombiniert, kann halt schon mal nerven.

    Niemand (vernünftiges) will Dir Deine Kritik nehmen bzw. versagen, Kritik allein ist aber eben nichts wert, wenn sich daraus nichts ableiten lässt, fällt aber denen, die konkret um Veränderung (zum Besseren) bemüht sind, in den Rücken, weil sie unerfüllbare Erwartungen als das eigentliche Ziel propagiert.

    Der Vorwurf der Überheblichkeit und Abgehobenheit ist halt so ein persönliches Ding von Dir. Aber Du kannst nicht einfach von einem politischen Diskussionsforum - wo man eigentlich voraus setzen dürfen sollte, dass der eigenen Ansicht widersprechende Argumente über Ursachen und Wirkungen gesellschaftlicher Verhältnisse nicht geführt werden, wie persönliche Streitigkeiten unter Sandkastenkindern - auf die reale Welt außerhalb davon schliessen.

    Die Frage, die mir als die entscheidende erscheint, ist dabei jedoch: Diskutiert man, um einem politischen Ziel näherzukommen, oder diskutiert man um des Diskutierens Willen? Und selbst wenn Du, wovon ich fest ausgehe, ersteres für Dich beanspruchen wirst, sollte genau dann der zweite Teil der Analyse (von der Du ja immer so begeistert schreibst) darauf blicken, welche konkreten Auswirkungen das Handeln denn tatsächlich in der Realität hat.

    Diese Analyse darf dann jeder gern ganz persönlich und in aller Ernsthaftigkeit mal für sich selbst machen.

    Es hindert Dich niemand daran, so viel Aktivismus zu treiben wie es Dir beliebt, ohne dass Du dafür auch nur eine Seite über irgendeine Theorie gelesen haben musst. Es gibt genug linke Aktivistengruppen, wo Dich kein Schwein nach linker Theorie fragt. Aber es ist halt ziemlich albern, Leuten die sich intensiv mit sowas beschäftigen - oder die gar, wie der gottlose Kommunist Peter Decker, seit 50 Jahren nichts anders machen - immer nur vorzuwerfen, sie würden sich dabei nicht praxisorientiert genug um eine bessere Herrschaft bemühen, obwohl das überhaupt nicht der Gegenstand ihrer Argumentation ist.

    Wie gesagt, wenn ihr Streiten und Kritisieren reiner Selbstzweck ist, dann sind sie ja offenbar äußerst erfolgreich. Wenn sich mit ihrem Streiten und Kritisieren allerdings konkrete politische Ideen/Utopien verbinden, dann müssen sie sich halt auch die kritische Frage gefallen lassen, wie erfolgreich es denn so konkret läuft "seit 50 Jahren"...

    Aber wenn Du Dich so gut damit auskennst, wie politische Willensbildung in sozialen Gruppen in Wahrheit funktioniert, und wenn Du meinst, da sei man vor 100 Jahren schon weiter gewesen, dann erklär das doch mal ein bisschen genauer, oder zeig' wenigstens mal ein konkretes Beispiel aus diesen 100 Jahren, in dem das belegt wird, anstatt immer nur empört zu postulieren, dass andere davon keine Ahnung hätten.

    Also 1924 war die KPD bei ~10% der Wählerstimmen... Die KPD...

    Heute bangt die Linke, die nun wohl niemand als Revlutionspartei brandmarken würde, sondern eher als sPD von 1924, um den Einzug ins Parlament.

    Na ja, die Vorstellung des intellektuell wie ideologisch verblendeten Subjektes stimmt ja offensichtlich (sonst würden 90 % der Wähler nicht gegen ihre eigenen (finanziellen) Interessen stimmen), nur was genau erwächst aus dieser Erkenntnis außer einer sich ewig wiederholenden Beschimpfung alles und aller als Schlafschafe, die die eigentlichen Zusammenhänge eben nicht verstünden?

    Genau gar nichts, außer der (selbst-)gefühlten Abwertung derer, die vermeintlich aufgeklärt werden sollen (durch wahrgenommene Überheblichkeit und Abgehobenheit jener, die vermeintlich überzeugen wollen).

    Jedenfalls überzeugt man so niemanden von irgendwas und man schafft auch keine Bündnisse, die wirkmächtig für irgendwelche Ziele sind. Bei all der postulierten Klarheit der Erkenntnis scheint mir das der Kardinalfehler, dass man so offensichtlich verkennt, wie politische Willensbildung in sozialen Gruppen funktioniert (da war man vor 100 Jahren weiter). Der Stand der politischen Linken - also deren politische völlige Irrelevanz - ist Zeugnis dieser Hybris.

    Danton 1.1

    Also grundsätzlich kann man die aktuellen Demos auf genau ein Thema eindampfen: Anti-afd.

    Wenn Du Dich damit nicht gemein machen kannst - was ich, Deine bisherigen Beiträge im Forum subsumierend, nicht glauben kann - dann haben wir nicht wirklich eine Gesprächsgrundlage.

    Die differenzierte Abgrenzung, was genau als rechts zu verstehen ist, macht wohl jeder individuell für sich aus, da wird man gerade auch auf den aktuellen Demos (angesichts der Teilnehmerzahlen quasi unausweichlich) keine homogene Interpretation finden.


    Wie mit den Wagenknecht-Demos umgegangen wurde, ist mMn ein anderes Thema.

    Wie kann man sich so dagegen wehren, Kritik an der Vereinnahmung der Anti-AfD-Proteste für die politischen Zwecker jener, die den Aufstieg der AfD mit ihrer Politik überhaupt erst ermöglicht haben, als solche zu begreifen, und sich stattdessen daraus eine generelle Ablehnung von Anti-AfD-Protesten herbei konstruieren über die man sich dann beklagt?

    Auf meiner Demo war weder Scholz, noch Merz, noch irgendein anderer Spitzenpolitiker, sonst hätte ich den schon wissen lassen, was ich von ihm halte.

    Und nein, so monokausal kann man sich die Welt auch nicht machen, dass Scholz, Merz und Co. "den Aufstieg der AfD mit ihrer Politik überhaupt erst ermöglicht haben." Politik ist ein komplexes Feld und ja, auch die hatten mir ihrem politischen Handeln Anteil an der Misere, aber einerseits von Systemkritik reden und dann so oberflächlich Scholz und Co. verurteilen, das funktioniert nicht. Die sind genauso Gefangene des Systems (was sie von Verantwortung/Schuld natürlich keineswegs freispricht).

    Kurzfristig muss man da aber, und an der Stelle können wir ja durchaus unterschiedlicher Meinung sein, zusammen mit den restlichen demokratischen Kräften des Landes verhindern, dass es zur Katastrophe kommt. Und die Absage so einiger cdU-Leute an die Demos und die Ausladung eben dieser durch so einige Demoveranstalter sprechen doch dafür, dass da Erkenntnis eingesetzt hat, dass da einiges systemisch zusammenhängt.


    Fazit: Es wird kaum möglich sein, eine "sortenreine" Demo zu organisieren, auf der dann auch nur die "richtigen Leute" mitmarschieren, man muss da zu gewissen Kompromissen bereit sein, sonst verpufft das Momentum einfach.

    Mir macht Sorgen wie schnell Medien Meinungen machen wenn sie nur 5 Tage pausenlos dasselbe Bild malen, egal wo man hinguckt und hinschaltet (konservative/linke Politmagazine wie auch Satiriker, Mainstreamkünstler und Kabarettisten sind mit im Boot). Immer dieselben Kommentare bis es sitzt und 60% über das hingehaltene Stöckchen springen: Impfung, Ukraine, Klimaterroristen, Wannseekonferenzler, Sozialstaatsleugner - man muß ganz tief in Spartenmedien eintauchen um relativierende Stimmen zu hören und die werden dann nicht nur von unseren Freunden Tilo und Stefan bespielt, da sind auch abgedrehte Rattenfänger unterwegs (nicht unerfolgreich).


    Wir sind auf einem unguten Weg in dem Spaltung das Mittel der Wahl ist, bis die besten Freunde denken der andere ist untragbar weil er anders über Peanuts denkt. Man bekommt nur noch populäre Gemeinsamkeiten wenn sie medial massiv propagiert werden, das merken auch Regierungen und die können irgendwann ganz ungute Typen beeinhalten, die dann andere Stöckchen hinhalten.


    In Sachen Freiheit war es schon mal besser um dieses Land bestellt...

    Passend dazu: In Luxemburg und Südbelgien bieten die Medien Extremist:innen kein Forum – und konnten einen Rechtsruck damit bislang verhindern. Ganz anders in Deutschland. Plädoyer für ein Umdenken.

    Mag alles sein, nur warum lehnt der ein oder andere linke Systemkritiker Demos gegen Faschismus ab?

    Kann der ein oder andere linke Systemkritiker nicht sowohl linke Systemkritik üben, als auch gegen die Eskalation zum Faschismus andemonstrieren? Was genau spricht gegen die Dualität dieser Herangehensweise? Das ist es, was ich nicht verstehe. Mit einem schnöden, ich denke zwar nicht, dass das viel bringt, aber besser als nichts ist es wohl, würde ich mich ja vollkommen zufriedengeben, denn exakt das ist auch mein eigener Standpunkt.

    Ich habe es Dir auch in unserem letzten Disput explizit geschrieben: Ich bin nicht gegen linke Systemkritik. Aber man wird wohl auch fragen dürfen, was genau diese linke Systemkritik denn so konkret in den letzten Jahren des Aufstiegs der afd gebracht hat...

    :thumbup: Das ist im übrigen auch ein Grund, warum die Systemkritik so wichtig ist. Ich hatte bisher den Eindruck, Du würdest das nicht verstehen aber Du tust es eigentlich doch. Vielleicht erleben wir es auch noch, dass zehntausende Menschen auf die Straße gehen, weil ihnen zB in on- und offline Diskussionen und Debatten die Widersprüchlichkeiten klar geworden sind und es unumgänglich wird, sich abseits der schallverstärkten Mitte/Rechts-Narrative zu positionieren.

    Das verstehe ich die ganze Zeit schon, das Problem dabei ist die Skalierbarkeit (und auch das habe ich ja schon x-mal ins Feld geführt). Wenn eine handvoll linke Systemkritiker auf diesen Effekt hoffen, wird genau gar nichts passieren. Wenn ein paar zehntausend Demoteilnehmer (inkl. mediale Verbreitung) auf diesen Effekt setzen (bzw. würde ich da nicht einmal eine Intention unterstellen wollen, es passiert einfach), dann hat das Wirkung.


    Den Teilnehmern der aktuellen anti-afd-Demos würde ich selbstverständlich keinerlei linke Systemkritik unterstellen, wenn man mit den sehr banalen Inhalten (Nazis sind scheiße) aber zumindest mal die afd verhindern kann, ist das mMn realpolitisch jetzt mehr wert, als eine handvoll Leute, die wahlpolitisch keinerlei Unterschied machen, von der Richtigkeit linker Systemkritik überzeugt zu haben.

    Und nur um es sicherheitshalber nochmal zu erwähnen, das eine schließt das andere NICHT aus. Es geht beides parallel, man muss sich nicht entscheiden und gegen das eine oder andere wettern und ich meckere nicht über linke Systemkritik an sich, sondern gegen linke Systemkritik als aktuell im hier und jetzt wirksamen Instrument, um eine afd-isierung Deutschlands zu verhindern (oder wenigstens abzuschwächen). Denn das aktuelle hier und jetzt der politischen Landschaft setzt die Leitplanken für die (politische, aber nicht nur die) Zukunft.