Du schriebst:
Da steht in den Klammern "Gesellschaft/Staat/Globus". Meintest Du damit also, dass jener "große[r] Teil der Gesellschaft", welcher "uns" - also die Gesellschaft, den Staat, den Globus - in die Scheisse geritten habe - und nun nicht mal dazu bereit sei sein Fehverhalten als solches anzuerkennen weil er ein falsches Mindset hat - sich dabei auch selbst in die Scheisse geritten hat? Oder gehört der irgendwie nicht zu "uns" (Gesellschaft/Staat/Globus) weil er nicht das richtige "Mindset" hat?
Nein, ich meine exakt das, was dort steht: Sind "die Alten" Teil der Gesellschaft? Teil des Staates? Teil des Globus (im übertragen, nicht im materiellen Sinne natürlich)? Ja, selbstverständlich.
Ist jeder heute 20, 13 oder 3jährige ebenso Teil dieser Gesellschaft, Staates, Globus? Ja, selbstverständlich.
Diese künstliche Trennung, die Du da gerne hineinlesen möchtest, ist da einfach nicht.
Sie ist erst dort da, wo es um die Verursachung von Zuständen geht, die schlicht und ergreifend vor der Geburt derjenigen, die eben keine Boomer sind, passierten. Ich bin nicht verantwortlich für irgendein 1970 gebautes Haus, dessen fehlende Dämmung, dessen fossile Beheizung usw.
Ich bin aber Teil der Gesellschaft et. al. die das Ausbaden darf. Zu ersterem gehören (quasi exklusiv) die Boomer, zu letzterem aber wir alle, Boomer inkl!
Ich verlange weder, dass die Boomer dafür an den Pranger gestellt werden, noch dass sie alleine für die "Lösung" geradestehen sollen, ich verlange aber - und das ist mMn das Mindeste - dass sie zumindest mal anerkennen, dass das auf lange Sicht und in gesellschaftlicher/globaler Perspektive eine Scheißidee sondersgleichen war. Für ein 1970 gebautes Haus kann man da durchaus mit Naivität und Unwissen argumentieren, für ein 1975 gebautes (Grenzen des Wachstums wat 1972) schon nicht mehr. Aber es geht auch nicht darum, mit Hindsight 20/20 irgendwen für Vergangenes zu verurteilen, es geht darum HEUTE anzuerkennen, dass man sich auf einem falschen Pfad befunden hat. Niemand ist davor gefeit, Fehler zu machen. Aber sich Jahrzehnte später hinzustellen und auf seinen Fehlern als zu preisende Leistung zu bestehen, ist schon ein anderer Schnack.
Deshalb kommst Du dann auch zu solchen rhetorischen Fragen wie...:
...- die Du Dir gleich selbst beantwortest -, oder...
Und beschwerst dich dann darüber, dass man diese Fragen ernst nimmt und tatsächlich beantwortet.
Nein, wenn man die ernsthaft beantwortet beschwere ich mich überhaupt nicht. Die Antworten darauf hat Dir aber Stefan Schulz statistisch geliefert und Dir passt es nicht in den Kram, wie die Antwort aussieht.
Die Eigentümerstruktur von Aktienkonzernen könnte jedenfalls kaum diverser sein, weil sie sich einfach auf sämtliche Kontinente dieser Erde verteilt. Da sind sicher auch viele "Boomer" dabei, aber denen gehört garantiert nicht die ganze Weltwirtschaft, und schon gleich gar nicht die unzähligen Portfolios von Millionen von KleinanlegerInnen, die auch deutsche Millenials als private Altersvorsorge vorhalten, oder das gigantische Anlagekapital der Versicherungen, in denen auch junge Familienväter und Mütter ihre Beiträge einzahlen, oder der noch gigantischeren Rückversicherungen, bei denen die sich ihrerseits gegen Verluste versichern.
Auch die Investmentgeschäfte der Investmentbanken und Kapitalmarktfonds werden nicht von Babyboomern getätigt, sondern von jungen, dynamischen AnlageberaterInnen und Finanzjongleuren, die dabei täglich Billionen von Dollar und Euro um den ganzen Erdball schicken und dafür fette Boni und Aktienoptionen bekommen, für die sie sich dann Eigentumswohnungen in Frankfurt oder Berlin kaufen können. Etc. etc.
Ich habe nie Stefan Schulz Erkenntnisse über die desolate demografische Datenlage und ihre Auswirkungen auf die deutsche Gesellschaft angezweifelt, oder in Frage gestellt, dass der Kilmawandel ein existenzielles und dringendes Problem für die gesamte menschliche Zivilisation darstellt.
Aber wenn "wir" (Gesellschaft/Staat/Globus) die Ursache dafür immer nur im "Fehlverhalten" irgendwelcher gesellschaftlicher Teilgruppen verorten, anstatt endlich anzuerkennen, dass alle gesellschaftlichen Teilgruppen in diesem System nur machen, was sie mit den ihnen gegebenen Mitteln für nötig halten, um in der allgegenwärtigen Konkurrenz um Kaufkraft und Verfügungsmacht über privates Eigentum nicht unter die Räder zu kommen, dann werden wir das Problem nicht lösen können. Da hilft auch kein Staat und keine demografische Analyse.
Ja... "auch" und bla und blubb.
Nimm es hin, wie es ist oder lass es bleiben.
Sowohl Wohneigentum wie auch Aktienbesitz (u. A. an Immokonzernen) ist deutlich überproportional in der Hand alter Menschen (again, die Statistik dazu bei Schulz).
Davon dass irgendwem die ganze Weltwirtschaft gehört hat niemand gesprochen und das ist mir dann auch als Strohmann zu blöd.
Niemand, auch nicht Stefan Schulz, erwartet, dass mit irgendeiner Schuldzuschreibung irgendwas gelöst wird. Niemand behauptet das. Du kämpfst gegen Windmühlen.
Was ich behaupte ist, dass wir uns einer Problemlösung ganz sicher nicht nähern werden, wenn dieses Problem von den Verursachern nichteinmal als Problem anerkannt wird. Einsicht ist der erste Schritt zur Besserung. Dem mögen viele folgen und die können aus einem Strauß der Möglichkeiten gewählt werden (und durchaus auch wieder zu neuen Problemen führen), aber wir stehen als Gesellschaft eben immer noch vor dem ersten Schritt.