Beiträge von fruchtoase

    Fruchtoase, Du hast meinen zweiten Punkt (siehe unten) ignoriert und nicht zitiert. Vermutlich hast Du auf den ersten Punkt überschnell geantwortet, bevor Du diesen zweiten gelesen hattest, welcher Deinem ersten Argument vorausahnend widerspricht. Und als Du ihn schließlich gelesen und mein Gegenargument erkannt hattest, hast Du das einfach ausgelassen. Ich finde diese Unterlassung unredlich.

    Ich habe ihn nicht zitiert aber deshalb keineswegs ignoriert. Im Gegenteil, ich habe ihn mit zwei Argumenten mMn entkräftet (was Du natürlich gerne anders sehen darfst): Zum einen geht es um ein strukturelles Problem, aus dem Du ein individuelles zu machen versuchst und zum anderen ignorierst Du die Auswirkung der Macht bzw. deren Einfluss auf die davon tangierten Personen. Besitzer einer Wurstfabrik zu sein macht idR etwas mit Menschen, es ist daher in totalis egal, ob der Uli oder jemand anderes in Zukunft die Wurstfabrik leitet.

    Das steht allerdings auch im letzten Beitrag schon alles drin und ich hatte auch zuvor schon erwähnt, dass Du den Kapitalismus nicht einfach als abstraktes Hintergrundphänomen missinterpretieren solltest, der bzw. dessen "Gesetze" wirken auf die Psyche.

    Du möchtest irgendwie Uli H. auf den Spielplatz lenken, ohne dabei die Strukturen, die dessen Ermächtigung ermöglichen, in Betracht zu ziehen. Am Ende treibst Du den Teufel mit dem Beelzebub aus...


    In Gänze kommt mir Dein Ansatz ein wenig vor wie die Idee, Staatenlenker mögen ihre Konflikte doch bitte mit Schachpartien (oder wegen mir Cagefights) austragen, damit die Bevölkerung von derlei Eitelkeiten verschont bleibe. Not gonna happen.


    Zudem darfst Du mal fest davon ausgehen, dass ich jeden Beitrag hier, den ich beantworte eher mehrmals komplett gelesen habe, bevor ich irgendeine Antwort formuliere, und den Unredlichkeitsvorwurf (wie gesagt, meine Gegenargumente stehen da, auch ohne den Teil Deines Beitrages extra zitiert zu haben) finde ich wiederum recht unredlich... Aber sei's drum.

    Mir ist schon klar, worauf Du hinaus willst, nur ist mMn damit einfach nichts gewonnen. Du brichst eine systemische Problematik auf eine individualistische Ebene herunter, womit in der Sache nichts bewirkt ist. Der Umstand, dass der eine Typ vielleicht seine Wurstfabrik abgibt und seinen Machthunger auf ein für die Gesellschaft weniger zerstörerisches Gebiet verlegt, ändert an der Existenz der Wurstfabrik eben nichts und an der Stelle hört die Argumentation eben nicht auf: Der Besitz einer solchen Fabrik macht etwas mit einem, nicht in jedem Fall, aber in vielen wird die von den folgenden Wurstfabrikbesitzern ausgeübte Macht dafür sorgen, dass sie selbst, wenn vielleicht vorher auch nicht vorhanden, Machthunger entwickeln. Und was genau ist dann gewonnen? Uli H. macht eben einfach auf anderen Gebieten so weiter wie zuvor und die nächsten Ulis werden durch die Strukturen herangezogen. Deshalb sprach ich ja von der feudalen Weitergabe. Es ist ja nun nicht so, dass die Wurstfabrik in genossenschaftliches Eigentum übergeht...

    Es sind die Strukturen, nicht die Individuen. Deshalb verrennst Du Dich mMn in eine(r) Idee.

    Die Staatsgewalt können hypothetisch alle Menschen im Staat gleichzeitig übernehmen. Dann ist es zwar ein anarchischer Staat, aber immer noch ein Staat. Ich halte das für eine nutzlose Begrifflichkeitsdebatte. Reden wir doch über die Sachen selbst.


    P.S.:

    https://de.wiktionary.org/wiki/anarchisch

    Da wird "demokratisch" sogar als Gegenwort zu "anarchisch" gelistet. Nach deren Autoren ist also der "Staat" sogar eine notwendige Eigenschaft der "Demokratie".

    Das hat Max Uthoff mal herrlich verwurstet:
    Sagt der eine Bayer zum anderen:

    Was hältst Du eigentlich von der Anarchie?

    Ja, super, aber nur mit einem starken Anarchen an der Spitze.

    :)

    Ein Staat ist nicht notwendige Voraussetzung für Demokratie. Dass es Demokratie nur mit dem Staat geben kann, ist ein bürgerliches Verständnis von Demokratie. Damit meint man meistens die parlamentarisch-repräsentative Demokratie oder auch liberale Demokratie genannt. Es kann aber sehr wohl Demokratie geben, die ohne Staat existiert. Z. B. wäre sowas Anarchosynsikalismus oder ein Gildensozialismus, wo der Staat nur noch eine untergeordnete Rolle spielt, falls man ihn dann noch Staat nennen kann.

    IMO ist der Staat ein Hindernis für wirkliche Demokratie bzw. Demokratie.

    Waren nicht gerade noch Staat und Demokratie gar nicht vereinbar?

    Man kommt ja direkt durcheinander...

    Zudem wüsste ich nicht, vielleicht habe ich aber auch etwas überlesen, dass irgendjemand geschrieben hätte, Demokratie könne es nur mit Staat geben? Die Athener Demokratie war vieles, aber ganz sicher kein Staat im modernen Verständnis und im Gegensatz zum Anarchosyndikalismus, Gildensozialismus oder sonstigen Sachen existierte diese tatsächlich (und zwar länger als ein paar Tage).

    In Italien und ich glaube sogar auch in Deutschland gibt es ein Gesetz nach dem bei der Geschäftsaufgabe der Belegschaft angeboten werden muss, das Geschäft zu kaufen. Wird aber halt nie beachtet, weil keiner davon weis. Hätte man bei den Insolvenzwellen wegen Corona machen können. Wenn die Belegschaft nicht genügent Geld hat, kann der Staat ja helfen. Die großen Konzerne werden jedes Jahr mit Millionen subvenzioniert damit sie nicht abschmieren.

    Das stimmt so nicht.

    IdR ist das Geschäft die Altersvorsorge des Inhabers, der will also etwas sehen dafür und das können die Angestellten meist nicht aufbringen. Das ist das Hauptproblem.

    Es gibt aber inzwischen, ich hatte die Problematik fehlender Nachfolger angesprochen, auch schon Agenturen, die versuchen, bei der Nachfolgerfindung zu helfen (ich hatte da mal (ich glaube) bei Marktplatz im DLF eine Diskussionsrunde dazu gehört).

    Dass der Staat da helfend eingreifen könnte (KfW-Kredite z. B.) ist allerdings richtig.

    Im Fall der Fälle sollte man, falls jemand den Schritt tatsächlich wagen wollen sollte, als ersten Schritt mit der IHK sprechen und nach Hilfe fragen.

    Aber es geht doch erst mal nur um die Vorstellung eines Prinzips. Ob das verstanden wird.


    Du willst den zweiten Schritt vor dem ersten machen.

    Und ich sehe bisher noch nicht, dass das Prinzip in sich konsistent ist.

    Das ist bisher, zumindest so wie Du es geschildert hast, eine Idee. Mehr nicht.

    Dagegen spricht auch überhaupt nichts, aber um aus einer Idee mehr werden zu lassen, muss sie sich halt an Kritik messen lassen.

    Das Prinzip, welches Du da postulierst, sehe ich nicht. Vielleicht müsstest Du es einfach auch plastischer erklären bzw. bessere Beispiele als Uli H. bringen?

    Fruchtoase, Du findest immer ein Haar in der Suppe, um vor jedem kleinsten Ansatz sofort die Tür zuzuschlagen. Ist das nur hier so oder ist das Deine Grundhaltung im Leben? Such doch mal nach Samen anstatt nach Haaren. Was bist Du denn für eine Oase eigentlich?

    Kocht doch einfach mal brauchbare Suppe! :cursing:


    Weder suche ich, noch erfreut mich das Haar in der Suppe, aber wenn es dick wie Bohnenstroh obenauf liegt, muss man sich über Kritik doch auch nicht wundern?

    Ich bin der letzte Mensch auf Erden, der sich Veränderung verweigert, aber ein bisschen Hand und Fuß sollte das vielleicht dann doch haben und nicht nur halbgare Tagträume.

    Langsam. Das ist die heiße Frage für die nächsten Jahre. Aber das Prinzip ist jetzt verstanden?


    Trotzdem, hier ein Beispiel -- mit Hoeneß: Die massenhafte Wurstwarenerzeugung benötigt zu viele Umweltresourcen und quält Tiere. Hoeneß hatte so eine Firma, bevor er sie an seine Kinder vererbte. Hoeneß hat eine "Ersatzbefriedigung" im Vorstand eines Fussballklubs gefunden, welcher weit weniger Umweltresourcen abräumt und keine Tiere quält (die Wurstwaren gibts immer noch, aber ich rede jetzt von der Psyche des Hoeneß). Nun denn, die Möglichkeit, so einen Klub zu führen, fußt auf einer langen Kausalkette: Loide wollen Fußball gucken. Sie erzeugen Nachfrage an TV-Übertragungen und Stadiontickets. So entsteht ein (damals) neues Betätigungsfeld für Machthungrige, die vormals Tiere quälten und zuviel Umweltresourcen verbrauchten. Ohne die Fußballfans -- von reich bis arm -- gäbe es dieses Feld nicht. Da haben die Loide Einfluss und merken nicht mal, dass das schlussendlich ein politischer Transformations-Einfluss ist. Nur ein Beispiel. -- Ja, es ist kein radikaler Schnitt. Aber es ist ein Schritt. Ein Keim.

    Schwebt Dir da etwas vor im Stile des Green New Deal?

    Im konkreten Beispiel kann ich das Argument allerdings nicht nachvollziehen. Tatsächlich wird doch die Wurstfabrik einfach neofeudal an seine Nachkommen übergeben, von einer positiven Veränderung in der Sache ist daher doch nichts zu sehen? Die Person Uli H. hat hingegen schon Ende seiner 20er als Manager den Club übernommen, von einer Abkehr des Wurstfabrizierens hin zum Clubchef kann doch da also keine Rede sein, er wurde halt irgendwann älter und da werden bei Besitzenden eben Übergangs- bzw. Übergaberegelungen gefunden, damit zum Lebensende nicht der garstige Staat zugreift.

    Und ob das Fußballbusiness mit ständig herumjettenden Bayern und denen nachreisenden tausenden von Fans im 2-wöchentlichen Rhythmus tatsächlich viel für die Umwelt getan ist? Ich wage zu zweifeln, zudem die im Stadion dann ja zum Bier genau was fressen? :D Richtig...

    Und der Kapitalismus hat die Ideen aufgenommen und jetzt haben wir Lohnfortzahlung im Krankheitsfall ganz ohne Gilden oder Sozialismus...

    Und nu?

    Dass Menschen, die 24/7 ausgebeutet werden, weder schnelle noch gute (und damit im Endeffekt kostengünstige) Arbeit abliefern, war zu der Zeit eine neue Erkenntnis, heute ist das relativ weit verbreitetes Allgemeinwissen (dem die Kennzahlenwirtschaft natürlich immer entgegenarbeitet).

    Also, wer keinen Machthunger hat, der hat keinen Machthunger? Was will mir dieser Satz sagen?

    Der Satz will Dir sagen, dass nicht die Machthungrigen das Problem sind, sondern die Mächtigen. Diese Gruppen sind natürlich keineswegs mutual exklusiv.

    Ich wollte zunächst speziell auf die süchtigen Machthungrigen zielen, nicht auf Macht allgemein.


    Das größte Problem sehe ich nicht in denjenigen, die zufällig mächtig geworden sind, sondern in jenen, die mit großer Sucht ihre Macht über die Macht anderer zu erheben versuchen. Nimm Ulli Hoeneß als psychologisches Beispiel: Vom Charakter her könnte der durchaus eine Riesen-Wurstfabrik führen wollen, oder vielleicht einen hohen militärischen Grad anstreben, oder Geld zu vermehren versuchen beim Glückspiel und dabei süchtig werden, oder auf kontrollverlüstige Weise Steuergeld in Millionenhöhe hinterziehen, oder den höchsten Sitz einnehmen in einem weltberühmten, millionenschweren Fussballklub. Das sind lauter verschiedene Machtspielfelder. Du wirst jetzt sagen, das seien alles Kapitalismus-Felder. Ja. Aber es zeigt doch trotzdem, dass der Charakterkern derselbe ist, während die Felder wechseln können. Anstatt zu versuchen, den Charakter zu verändern, halte ich es für aussichtsreicher, das Feld zu verändern. Klar, ist das schwierig, aus dem Kapitalismus heraus. Aber das soll ja nur ein Ansatz sein für ein anderes Lösungsprinzip. Und wenn dieses Lösungsprinzip anerkannt wird, kann man diesbezüglich dann mit dem Brainstorming beginnen. Aber zuerst muss das Prinzip verstanden werden.

    Eben.

    Es ist doch im Endeffekt völlig unerheblich, wie Du diese Felder innerhalb des Kapitalismus gestaltest, sie gehen mit Herrschaft einher und werden durch finanzielle Macht gewahrt.

    Was wolltest Du denn, um mal beim konkreten Beispiel Uli H. zu bleiben, vielleicht wird dann klarer, worum es Dir überhaupt geht, am Spielfeld verändern? Gib mal ein Beispiel dafür, was Du verändern wolltest und inwiefern das etwas am Impact Uli H.' an der Gesellschaft änderte.

    Das mag ja sein, aber darum ging es mir nicht.


    Ich finde die Vorstellung, es sei so ganz generell des Menschen Natur, sich gegen andere Menschen in permanente Konkurrenz zu begeben an sich schon völlig falsch. Aber die Krone wird dieser falschen Idee aufgesetzt, wenn man ernsthaft denkt, man müsste nur die gemeinsten aller Konkurrenten irgendwie ruhig stellen oder mit einer adäquaten Ersatzbefridigung versorgen, damt der Wettbewerb jeder gegen jeden ganz sportlich und friedlich immer weiter gehen kann, und alle brav und gewaltlos Bundesliga gucken.


    Dazu hätte ich dann doch gerne mal irgendeine Form wissenschaftlicher Analyse oder wenigstens fundierter Theorie, die das nicht als völlig idotischen Quatsch dastehen lässt.

    Na ja, ein gewisses Maß an Wettbewerb ist der biologischen Komponente (Fortpflanzung) schon inhärent. Das wird man nicht los. Das heißt natürlich nicht, dass man permanent im Wettbewerb stünde, denn der Mensch als soziales Wesen hat nur seiner Zusammenarbeit in Gruppen zu verdanken, dass er die dominante Spezies auf diesem Planeten ist.

    Es wirken also zeitgleich immer zwei entgegengesetzte (Verhaltens-)Dynamiken (und das ist jetzt natürlich komplett auf die simpelste Ebene heruntergebrochen).

    Hmm, ja, ich glaube schon.

    Aber ich widerspreche trotzdem und zitiere mich kurz selbst: "Und da ist Geld ja die simpelste Widerlegung schlechthin, denn wer mit reichlich Geld geboren wird, der ist mächtig, selbst wenn er keinen Machthunger hat."


    Das heißt, Du kannst ja gerne versuchen, die Machthungrigen irgendwie auf ein anderes Spielfeld zu führen, das Problem an sich sind aber nicht die Machthungrigen, sondern die Macht selbst (und ein System, dass Machthunger fördert/belohnt).

    Deshalb schrieb ich ja eben, dass der Kapitalismus das Spielfeld ist und würde ergänzen, dass Du mit ein paar zusätzlichen Abseitsregeln zwar die Dynamik veränderst, nicht aber das Spiel.

    ...

    an oasis of Guild organization in the midst of a capitalistic system” (Cole 1921b, 18).

    tja...

    Es kommt jetzt nicht so wirklich überraschend, dass ein staatlich gefördertes System eine Weile (und da reden wir laut dieses Textes anscheinend über nichteinmal zwei Jahre) überleben kann.

    Was genau soll man daraus jetzt lernen? Der Staat soll mal bitte auf großer Skala seine eigene Abschaffung subventionieren?

    Wie gesagt, als Oase in der Wüste des Kapitalismus kann man auch SoLaWis und sonstige genossenschaftliche Projekte, die es ja durchaus gibt, ansehen, der gesamtgesellschaftliche Impact hält sich halt äußerst in Grenzen und damit taugt weder das aktuelle noch das historische Beispiel irgendwas für einen Umsetzungsplan. *shrug*

    weiß ich jetzt auch nicht. wenn du zb nen narzissten mit ner kontrollillusion nimmst, dann is dem das system erstmal egal, der will so viel geld und macht anhäufen wie nur irgendwie möglich um die illusion aufrecht zu erhalten, dass er eben tatsächlich alles kontrolliert. gleichzeitig hat diese person natürlich nie genug, weil sie ja auch den rahmen kontrollieren muss, in dem das ganze stattfindet und da kann man sich natürlich immer mehr dazukontrollieren. die person setzt quasi ihre eigenen grenzen und strebt per definition von kontrollsucht nach immer mehr, kann nie zufrieden sein, es gibt nie ein ende.


    und ehrlich gesagt seh ich jetzt erstmal nicht, dass die bestrebungen dieser person in einem sozialismus großartig anders wären, die möglichkeiten das zu erfüllen wären aber deutlich geringer. aber daran, dass diese person im sozialismus dieses streben gar nicht erst hat find ich jetzt nicht einleuchtend auf den ersten blick. bei psychisch gesunden menschen würd ich dir überwiegend recht geben, aber bei diesen soziopathen die´s in diesem system oft an die spitze schaffen nicht.

    Da reden wir aber auch von einer psychischen Störung.

    Das sollte man nicht auf die Gesellschaft und ihr Funktionieren ummünzen.

    Natürlich wäre jemand mit narzisstischer Störung in jedem anderen System genauso problematisch, aber als Individuum eben idR eingrenzbar. Wenn im Kapitalismus aber Einzelpersonen aufgrund von Geldanhäufung (immer größere Haufen auf immer weniger Individuen) immense Macht auf sich vereinen können, wird das zum Problem. Zu einem Problem, das im Sozialismus so gar nicht entstehen könnte.

    Zudem mit dem Zugewinn an Macht ja auch der psychologische Effekt eintritt, dass die Menschen, die mehr Macht als andere haben, dazu neigen, sich selbst zu erzählen, dass sie diese auch verdient hätten (weil schlauer, fleißiger, whatever).

    Da fehlt noch eine vierte Sache: ganz viele Menschen, die das alles nicht nur in der Theorie verstanden haben, sondern auch wirklich ganz praktisch gemeinsam eine grundsätzliche Veränderung herbei führen wollen, und die dazu nicht nach einem Staat oder einem Führer rufen, der das dann für sie in die Tat umsetzt.

    Klar, was ich meinte war: Ohne diese drei grundlegenden Dinge wird man doch niemanden von einer großen Veränderung überzeugen können.

    Ich halte es für paradox, Ideen zur Mehrheitengewinnung erst dann zu diskutieren, wenn eine breite Mehrheit schon da ist. Du erstickst jede Idee schon im Keim.

    Das war überhaupt nicht mein Punkt. Mein Punkt ist, dass ich keine Ideen zur Mehrheitsgewinnung sehe, denn eine Utopie zu skizzieren, ohne den Weg dorthin auch nur annähernd nachvollziehbar zu beschreiben, wird ganz sicher keine Mehrheiten gewinnen. Man muss doch mal die Utopie vom Weg zur Utopie trennen können. Ich brauche doch drei Sachen, um eine Veränderung sinnvoll durchführen zu können: Eine Analyse des aktuellen Zustandes, eine Utopie (aka das Ziel) und das für das praktische Erreichen dieses Zieles wichtigste: Eine Idee, wie man den Weg in Richtung Ziel beschreiten kann. Fehlt eine dieser drei Komponenten bzw. kann sie nicht überzeugen, wird das idR nicht viel Widerhall finden.

    Ich bin ehrlicherweise halbwegs erschüttert, dass man soetwas ausgerechnet hier anscheinend auszuformulieren hat?

    ...Es geht um das Mehr. Das Geld ist nur ein Mittel zum Mehr. Das Mittel halte ich eben für psychologisch austauschbar.

    ...

    Kannst Du gerne für austauschbar halten, ist es mMn aber nicht. Nicht im Kapitalismus (Kapital und Geld ist natürlich nicht das Selbe, weiß ich - nur falls der Einwurf kommen sollte).

    Du erstickst die Idee im Keim, indem Du gleich die absonderlichsten Mutmaßungen in den Raum stellst: "Sekte", und davor schriebst Du "Diktatur". Und Deine Denkrichtung ist immer noch 180° verdreht zu meiner: Du setzt den Kapitalismus als einziges Macht-Spielfeld voraus; klar, in ihm braucht man Kapital. Ich hingegen setze den Machthunger voraus; den kann man nicht abschaffen, deshalb muss man Ideen finden, wie man den Machthunger psychologisch auf andere Felder verschiebt. Der Machthunger braucht mehrere Voraussetzungen: Fleiß, Erfindungsgeist, Charme etc., welche dem Charakter innewohnen, und -- im Kapitalismus -- Kapital, der als Material von außen kommt. Ich denke, man muss dieses ganze Paradigma des Machthungers verschieben zu einem Feld, wo all diese unabschaffbaren Voraussetzungen sich weiterhin entfalten können, aber ohne jene Kapitalvoraussetzung.

    Ich habe nur versucht aus der Lameng Alternativen zur Machtgewinnung zu imaginieren, ich ersticke dabei gar nichts im Keim.

    Ich setze Kapitalismus keineswegs als einziges Machtspielfeld voraus, aber aktuell ist es das bestimmende Machtspielfeld mit Subsystemen der Machtgewinnung innerhalb z. B. des Arbeitsmarktes (man denke nur an #metoo) und aktuell sehe ich auch keinerlei Tendenzen, dieses Spielfeld zu verlassen, deshalb formuliere ich recht absolut.

    Wie gesagt, wenn der Kapitalismus überwunden wird, dann wird sich auch die Machtfrage ganz neu ordnen, in ihm ist aber Geld Macht und das wird sich aufgrund der inhärenten Funktionslogik dieses Systems auch nicht ändern. Ich meine, selbst die Demokratie, die ja eigentlich dazu da ist, die Macht anders zu verteilen, wird gekauft von Lobbyisten bzw. mittels dieser.

    Und ich würde auch Deiner Interpretation des Machthungers widersprechen. Machthungrig kann man durchaus sein, auch wenn man nicht fleißig, erfinderisch oder charmant ist. Man wird im Fall der Fälle vermutlich einfach wenig erfolgreich darin sein, diesen durchzusetzen, aber das ist ja eine ganz andere Frage. Und da ist Geld ja die simpelste Widerlegung schlechthin, denn wer mit reichlich Geld geboren wird, der ist mächtig, selbst wenn er keinen Machthunger hat.


    Ich glaube, Du verrennst Dich da einfach in einem Gedankengang, in dem Du gewisse gesellschaftliche wie psychologische Umstände etwas eigen bewertest?

    Richtig. Du erkennst, dass wir hier im Kern bei einer psychologischen Frage landen. Genau dieses Konkurrenzdenken muss wieder auf ein sinnhaftes Spielfeld gebracht werden, weg vom bloßen Geldstapelvergleich. Die Konkurrenzlust wirst Du nie ganz abschaffen können, nicht mal bei Kommunisten, die ja auch enthusiastisch an Sportwettkämpfen teilnehmen. Den Elefanten im Porzellanladen kann man nicht töten, aber vielleicht kann man ihn wieder auf die Wiese locken.

    Natürlich ist das eine psychologische Frage, aber eben eine, die aus der inhärenten Logik des Systems Kapitalismus überhaupt erst (aber dafür quasi auch gezwungenermaßen) entsteht. Wie Du das irgendwie "lenken" willst, bleibt mir ein Rätsel.

    Was Du nicht ganz in Deinen Überlegungen berücksichtigt zu haben scheinst ist, dass der Kapitalismus das Spielfeld ist.

    Die ganzen Details kann man nicht vorhersagen. Eine neue Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung am Reisbrett erfinden macht keinen Sinn. Einen detaillierten Plan für den Übergang zu entwerfen ist schwachsinn. Weil die Welt zu komplex dafür ist.

    Es geht mir nicht um ein Reißbrett, ich habe auch nie nach einem detaillierten Plan für den Übergang gefragt, alles was ich - seit inzwischen Jahren - verlange ist, dass zum Ablauf dieses Überganges etwas mehr kommt als "erst spielen wir ein bisschen Demokratie und dann sind irgendwie Nationalstaat (und damit Rechtsstaat) und Kapitalismus weg."

    Du ziehst Dich hier wieder und wieder darauf zurück, dass ich angeblich absurd genaue Zukunftspläne fordere, was ich nie tat. Einzig die zwei drei Zeilen in maximalmöglichem Konjunktiv, die Du zum "Übergang" anbietest sind mir in der Tat einfach zu wenig.


    Und ja, klar, fordern kann man sowas. Man kann alles mögliche fordern. Die allerwenigsten der geforderten Sachen werden allerdings irgendwann umgesetzt bzw. Realität, weil man eben keine Mehrheiten für etwas findet, von dem man niemanden überzeugen kann. Und was bei Überzeugungsarbeit irgendwie tatsächlich helfen könnte ist, einen halbwegs nachvollziehbaren Plan (und mit Plan ist NICHT das Endergebnis gemeint, sondern der WEG dorthin) anbieten zu können. Und da kommt von Dir einfach nichts und wenn man persistent nachbohrt, wie das passieren soll, wirst Du irgendwann patzig und verweist auf die bereits erwähnten zwei drei Zeilen maximalmöglichen Konjunktiv.


    Aber damit soll es jetzt auch mal gut sein, konkretes kommt nicht, wir drehen uns nur im Kreis.

    Du hast mein Anliegen missverstanden. Du bist schon wieder in der Falle der alten Denkweise; Du willst einen abstrakten Ismus überwinden, als wäre der eine körperliche Mauer zum Drübersteigen, anstatt direkt in die Psyche zu schauen und deren eigentliche Lustbefriedigung zu untersuchen, woraus dann erst igendwelche Ismen entstehen.


    Wenn Du meinen Text nochmal liest, wirst Du vielleicht verstehen: Ich schrieb, die Macht ist deren Ziel, nicht das Kapital; das Kapital ist nur einer von vielen Wegen zur Macht. Und ich schrieb, die Machtlust kann man nicht abschaffen. Also muss man die Machtlust auf ein anderes Spielfeld verschieben, hin zu einem Feld, wo die Machtlust keine Armut und keine Verschmutzung verursacht.


    P.S.: Und diese Flussdiagramme beinhalten eben auch wieder nur die Psychologie der Nichtmächtigen; hier die Lustgenerierung durch Partizipation und Lernen. Die Psychologie der Mächtigen, also derjenigen, die diesen Fluss hemmen werden, blendet das Diagramm aus. Das vermisse ich. Dieses Hindernis ist aber ganz zentral. Und es wird sich nicht von selbst abbauen. Man muss es verschieben.

    Ich glaube Du verstehst hier etwas miß, der Kapitalismus ist nicht irgendetwas in dem Sinne abstraktes, dass es sich erst im Geiste des Menschen formiert, er formt den Geist des Menschen im gleichen Maße.

    Und im Kapitalismus ist Geld nunmal Macht und will man diese Machtstruktur brechen, muss man den Kapitalismus überwinden.


    Zudem solltest Du Lust und Macht nicht gleichsetzen. Es gibt eine Schnittmenge, aber es sind zwei verschiedene Dinge.


    Und im Kapitalismus gibt es eben nicht viele Wege zur Macht (wenn man Gewalt ausschließt, wonach es wie gesagt bei Dir klang). Klar, man kann jetzt noch irgendwelche psychologischen Geschichten aufbauen, Sekte oder sowas, da kann man auch ohne Geld zu Macht kommen, aber sonst?


    Und auch in einem anderen Punkt irrst Du mMn: Doch, es ist irgendwann nur noch das Geld bzw. mehr Geld, um das es den bereits Mächtigen geht. Anders sind Milliardäre ja nicht zu erklären. Dass die Lebensfreude und -qualität ab einem bestimmten Wohlstand nicht mehr zunimmt, ist ja in der Soziologie erforscht, warum raffen dann die mit den vollsten Konten trotzdem immer mehr und mehr von dem Zeug zusammen, das sie in 100 Leben nicht mehr ausgeben können?


    Aber gut, ich habe auch überhaupt keine Idee, wie Du Dir eine "Umleitung" dieses Machtstrebens vorstellst bzw. was da wofür ausgetauscht werden sollte.