Vielleicht mal was Verschwörungstheorien angeht:
Verschwörungen finden ständig statt. Das ist wie unsere Institutionen funktionieren. Ein Menge von Menschen mit gleichen Interessen findet sich zusammen und gründen eine Organisation. Mit dieser Organisation versuchen sie Einfluß zu nehmen auf die Politik. Gerade Deutschland ist ein Land mit vielen organisierten Interessenverbänden:
https://www.bpb.de/themen/poli…9319/interessenverbaende/
Während nur verhältnismäßig wenige Bürgerinnen und Bürger einer Partei angehören, sind sehr viele Mitglied eines Vereins oder eines Verbandes. 2008 gab es laut Bundesverband deutscher Vereine und Verbände rund 554.000 eingetragene Vereine in Deutschland. Wegen des sich ändernden Freizeitverhaltens ist die Zahl der Vereine und der Mitglieder seither jedoch deutlich gesunken.
Politische Interessen verfolgen über 5.000 Verbände, die eigentlichen Interessenverbände. Die Spitzenverbände mit bundespolitischen Interessen (2009: 2.139) haben sich in eine Liste eintragen lassen, die beim Präsidenten des Deutschen Bundestages geführt wird ("Lobbyliste").
Manche Verbände haben mehr Einfluss als Andere. Arbeitgeberverbände haben eine Sonderstellung in unserem kapitalistischen System, da sie das Privateigentum an den Produktionsmitteln haben, das bedeutet, sie bestimmen über Arbeit: Was, wer, wie, wo, wann gearbeitet wird. Die Arbeitgeberverbände zufrieden zu stellen, daran hat der Staat ein hohes Interesse, da nur zufriedene Unternehmen für Wachstum sorgen, daher haben deren Wünsche ein höheres Gewicht in der Politik als die Wünsche der allgemeinen Bevölkerung oder die Wünsche von Arbeitnehmern (hat man an der Globalisierung gesehen).
Anderes Beispiel: Die Bretton-Woods Konferenz kurz vor dem Ende des 2 WK erfüllt alle Merkmale einer Verschwörungstheorie: Eine vergleichsweise kleine Gruppe von führenden westlichen Politikern und Vertretern der Wirtschaft kamen zusammen und haben die Nachkriegsordnung geplant, und das beinhaltete nicht die Interessen der allgemeinen Bevölkerung der westlichen Staaten, es waren also Spezialinteressen, zumeist aus der Wirtschaft und viel davon wurde auch tatsächlich umgesetzt. Das erfüllt alles die Merkmale einer Verschwörungstheorie, hat aber tatsächlich stattgefunden. Das bedeutet nicht, dass jede Verschwörungstheorie richtig ist, das natürlich nicht. Behauptungen wie zb das die Bilderbergerkonferenz irgendwie relevant ist, sind falsch und zeugen nur von Naivität. Oder dass uns Reptilien oder die Juden regieren oder so ist auch nonsense. Man muss einfach Behauptungen auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfen. Entweder man kann es zeigen, oder eben nicht.
Bei Reptilien und Judentheorie muss man nicht extra zeigen, dass das nicht stimmt, es ist offensichtlich, dass das irrational ist. Aber zum Beispiel die Behauptung, dass es ein internationales Netzwerk an Neoliberalen gibt, die seit 40 Jahren die Politik beeinflussen lässt sich sehr gut zeigen und wird auch in den Humanwissenschaft schon genauso lange untersucht. Es gibt Bibliotheken voll von Literatur zu dem Thema.
Zu der Frage Agency vs. Structure, also was wiegt mehr: Individuelle Motivation oder die Struktur:
Von dem Soziologen Emil Durkheim von Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/…er_Tatbestand?wprov=sfla1
Sozialer Tatbestand ist ein soziologischer Fachbegriff, der von Émile Durkheim geprägt wurde (fait social). Von René König wurde der Ausdruck fait social mit soziologischer Tatbestand übersetzt. Soziale Tatbestände/Tatsachen sind Gegenstand der empirischen Sozialforschung.
Ansatz
Laut Durkheim ist ein sozialer Tatbestand „(...) jede mehr oder minder festgelegte Art des Handelns, die die Fähigkeit besitzt, auf den Einzelnen einen äußeren Zwang auszuüben; oder auch, die im Bereiche einer gegebenen Gesellschaft allgemein auftritt, wobei sie ein von ihren individuellen Äußerungen unabhängiges Eigenleben besitzt.“ Dies bedeutet, dass jegliche Handlung, die sich innerhalb der Gesellschaft vollzieht und vollzogen wird, einen „sozialen Tatbestand“ darstellt. Die Handlung muss jedoch von „sozialem Interesse“ sein. Er richtet sein Augenmerk zunächst darauf, die sozialen Tatbestände verstandesmäßig-empirisch zu erfassen („Was ist soziale Tatsache?“) und sie unter Regeln zu bringen, um sie der Spekulation und Ideologie zu entziehen. So schafft er Platz für die praktische Vernunft („Wie wollen wir leben?“).
Die Objektivität sozialer Tatbestände als soziale Zwänge
Laut Durkheim bedarf ein „sozialer Tatbestand“ einer besonderen Art der Betrachtung. Da sich das betrachtende Individuum selbst in der Gesellschaft befindet und selbst von sozialen Tatbeständen betroffen ist, in ihnen involviert ist und von ihnen beeinflusst wird, muss der Betrachter versuchen, sich von seiner subjektiven Wahrnehmung zu lösen. Um „soziale Tatbestände“ beobachten und beschreiben zu können, ist es also laut Durkheim unabdingbar, die Fähigkeit zu besitzen, den Tatbestand objektiv, von außen betrachten zu können.
Beispiel: Untersucht man etwa Währungen, Moralvorstellungen, Gesetze, Sitten und Gebräuche soziologisch, so haben sie alle gemeinsam, dass sie unabhängig vom Einzelnen existieren und sich seiner Kontrolle entziehen. Ebenso üben alle einen gewissen Zwang aus, da wir uns mit ihnen arrangieren müssen. Der Zwang wird aber lediglich unbewusst wahrgenommen und erst dann Gegenstand von Reflexion, wenn man sich außerhalb der durch den sozialen Tatbestand gesteckten Grenzen befindet.
„Die erste und grundlegende Regel besteht darin, die soziologischen Tatbestände wie Dinge zu behandeln“ (Durkheim). Eine Orientierung an den Naturwissenschaften wird explizit gefordert („natürliche Neigung des Verstandes“). Soziale Tatbestände sollen wie Dinge aufgefasst werden und nicht als „Begriffsbildungen, die wir in sämtlichen Religionen beigemengt finden.“ So entgeht man nach Durkheim der „Ideologie“. Auch „Ethik“ ist für ihn Ideologie (nur „Idee“).
„Soziale Typen“ dienen der Gruppierung der Tatsachen bzw. der Dinge.
Es ist also eine Frage der Gestaltung von Institutionen, besonders, würde ich hinzufügen, von wirtschaftlichen Institutionen. Eine dieser Institutionen ist der Markt, über den Kontrolle ausgeübt werden kann.
Aus: Living with the Invisible Hand-Markets, Corporations and Human Freedom, Waheed Hussain, S. 4-6:
(Am Beispiel vom Arbeitsmarkt)
The problem with the property rights view, however, is that it does not appreciate the systemic character of markets. A market arrangement gives each person control over her labor and property, but the options that are open to her in virtue of these forms of control are powerfully shaped by external forces. Imagine, e.g., that a particular individual finds that her control over her labor power opens up certain options for her in the automotive industry.
Introduction
These options exist, in part, because consumers have certain preferences. If consumer preferences change, the market process may scale back her options in the automotive industry and expand her options elsewhere, perhaps in the healthcare sector. At a certain point, these gradual changes in her option set will move her from one way of life to another. When the market process moves her in this way, it plays an important part in the determination of her conduct. You might say that the market process is like a scientist in a lab, opening and closing doors to lead mice through a maze: it shapes people’s lives without necessarily overruling their authority over their labor and property.
Another view of the relationship between markets and freedom focuses on the power to choose from a wide range of options. We sometimes think of freedom in terms of consumers having the power to choose among a wide range of products, investors having the power to choose among a wide range of investments, and workers having the power to choose among a wide range of job opportunities (see, e.g., Sen 1999).
The choice- centered view has significant merits, but it also suffers from a failure to appreciate the systemic character of markets. A social arrangement that provides individuals with a diverse range of options to choose from may nonetheless embody a form of social control over people’s lives. It may do so if the arrangement manages people’s option sets in such a way as to generate and maintain a certain overall pattern of activity in society. Consider a system of traffic lights in a city. A green light opens up a set of options for a driver; a red light closes them off . If a computer program controls the lights in a city, it can generate and maintain a certain pattern of driving activity— e.g., a traffic jam— by constantly funneling drivers toward a few main streets. Drivers would always have more than one option open to them at intersections, and as drivers each make their choices, they might think that the overall pattern is simply a product of their private choices. But in fact, the pattern is substan-tially the product of the program that manages the lights.
Much like a system of traffic lights, prices in a market arrangement can change the option sets open to individuals in such a way as to draw everyone into a certain pattern of production activity and consumption activity.
Individuals may think that the overall pattern is simply a result of their private choices as consumers, workers, and investors, but the pattern is importantly shaped by the market arrangement.
The key point here is that a market arrangement is a mechanism of social control. When members of a community adhere to the requirements of the arrangement, they take part in an enterprise that draws individuals into a certain pattern of conduct— i.e., an efficient pattern of production and consumption— and maintains the pattern. Moreover, the arrangement draws individuals into the pattern without regard for the private judgments of individuals about the pattern. An arrangement that bypasses individual judgments to maintain a certain pattern may or may not be consistent with an appropriate respect for freedom. But the property rights view and the choice- centered view both lack the resources to bring the problem into focus.