Beiträge von Ein Mensch.

    Gut dass der Gebührenzahler mit seinen Investitionen in den politischen Bildungunsauftrag hier systemrelevante Arbeitsplätze schafft.

    Ja, das Format ist Mist und und der Warm Up ist armselig, aber das ist eher ein Mangel an politischer Kultur, als ein Problem öffentlich rechtlichen Rundfunks. Man kann daran viel kritisieren. Von der unfairen Finanzierungsform über die Besetzung der Rundfunkräte, Absurditäten in den Programmen, die fragwürdige Prioritätensetzung bis hin zur Unverschämtheit von Werbung trotz Gebührenfinanzierung - es gäbe viel zu ändern. Aber ganz grundsätzlich bin ich ein Fan öffentlich rechtlicher Rundfunkfinanzierung - es erscheinen auch extrem gute Formate in allen Bereichen, die es wahrscheinlich alle nicht existieren würden, wenn sie nur privatwirtschaftlich produziert werden müssten. Alleine das Podcast-Angebot im kulturellen und gesellschaftspolitischen Bereich ist ein Riesenfundus. Ich nutze diese Angebote auch regelmäßig - um ehrlich zu sein: neben "neuen" Online-Formaten, wie eben jenen von Jung und Naiv, zählen die diversen Formate der öffentlich Rechtlichen mit zu meinen Hauptinformationsquellen. Was ich beklage ist ja eher, dass die öffentliche Finanzierung sich noch zu sehr "am Markt" orientiert. Das führt zu einer Infantilisierung, gute Formate werden seltener - die aber dennoch mehr Seriosität und Ernsthaftigkeit haben, als das Krawall-TV vieler Privatsender. Ich reagier' bei starker Pauschalkritik gegen die öffentliche Finanzierung immer etwas verschnupft, weil ja unklar ist, was denn die Alternative wäre. Ich kann mir deutlich bessere Modelle vorstellen, die aber letztlich auch auf eine -anders organisierte- öffentliche Finanzierung hinaus laufen...

    Schon etwas älter, aber trotzdem sehr lohnenswert! 5 teiliger Podcast über die "Zukunft der Arbeit". Inszeniert als "Zwiegespräch" von Micheal Hirsch und Martin Zeyn.


    1) Unbehagen an der Kulturarbeit https://www.br.de/mediathek/po…-der-kulturarbeit/1795472

    2)Können wir Arbeit wirklich neu verteilen? https://www.br.de/mediathek/po…ken-und-verteilen/1795469

    3) Was Armut und soziale Ungerechtigkeit anrichten https://www.br.de/mediathek/po…tigkeit-anrichten/1795470

    4) Ein Plädoyer für eine gerechtere Politik https://www.br.de/mediathek/po…erechtere-politik/1795471

    5) Macht Digital uns arm? https://www.br.de/mediathek/po…digital-uns-arm-1/1796571

    Ich würde sagen Bildung ist oft (aber nicht immer) eine nötige Bedingung, um nicht jeden Blödsinn zu glauben - aber eben keine hinreichende.


    Eine Menge sehr gebildeter Leute glauben z.B. dass Ökonomik eine exakte Wissenschaft sei, weil sie mit komplizierter Mathematik arbeitet.

    Allerdings braucht man kein VWL-Studium absolviert zu haben, um zu erkennen, dass das Geschwätz von prominenten ÖkonomInnen oft den Strom nicht wert ist, den es braucht, um es online zu veröffentlichen.

    Vollkommen einverstanden :thumbup:

    Das für mich treffendste Argument dagegen dass Bildung der entscheidende oder sogar dann lösende Faktor ist, ist die Homöopathie und deren Massen an Anhängern im Bildungsbürgertum.

    Als ich den Text geschrieben habe, musste ich natürlich auch sofort an Homöopathie denken. "Natürlich", weil ich mich jetzt mal outen muss, es ist noch gar nicht soo lange her, da hätt ich, darauf angesprochen, wahrscheinlich auch geantwortet: ist vielleicht gar nicht so verkehrt. Aber weniger aus einem Eifer heraus, als aus einer scheinbaren eigenen Erfahrung heraus. Mein Bruder hatte, als er klein war eine Erkrankung, die länger nicht in den Griff zu kriegen war. Irgendwann wurden auch homöopathische Sachen probiert, irgendwann is die Sache abgeklungen. Daraus hatte sich bei mir ein "diffuses Gefühl" von Wirksamkeit dieser "Behandlung" eingeprägt. Später, mit Fakten konfrontiert, musste ich schnell einsehen, dass ich an dieser Stelle Kausalität und Korrelation verwechselt habe. Passiert. Andauernd. Dies ist einer der Erklärstränge. Ein anderer ist, dass "Bildung" ein ziemlich abstrakter Begriff ist - deshalb eignet er sich ja auch so gut um über strukturelle Dinge zu sprechen. "Bildung" würde ich meinen, umfasst z.B. auch "soziale Bildung". Damit meine ich das Sozialgefüge in dem ich lebe. Wenn dieser Kontext stark von bestimmten Meinungen geprägt ist, ist es umso schwieriger außerhalb dieses Zusammenhangs zu denken. Und ganz allgemein, "Bildungsbürgertum" - der Begriff ist letztlich recht formal. Fest gemacht am Abschluss mit gewissem statistisch messbarem Zusammenfallen eines höheren Haushaltseinkommens. Aber, der Fakt, dass formale Bildung vorhanden ist, rechtfertigt nicht unbedingt die Aussage, dass jemand tatsächlich gelernt hat, zu denken. Ich behaupte es ist ein eklatantes Problem unseres Bildungssystems mit Nichten "die Besten" hervor und in die richtigen Positionen zu bringen. Ich kenne ne Menge Leute, die haben keine formale Bildung, können aber sehr wohl denken. Und umgekehrt laufen die Allerorten rum, einer der "Endlagerpunkte" ist leider häufig die Politik - und da kommt dann öfter raus, dass es nicht mal mit der formalen Bildung weit her ist... --- Mit all dem wollt ich nur sagen: dass man statistisch messen kann, dass viele Leute, die Zauberbohnen für Medizin halten, einen formal hohen Bildungsabschluss haben, erlaubt nicht den Rückschluss, dass "Bildung" nicht doch gegen Blödheit schützt...

    Ich hingegen habe die Bezeichnung "ganz normale Leute" durchaus ernst gemeint.


    Das sind keine verrückten oder geistig minderbemittelten Menschen. Aber Leute wie Du und Deine bevorzugten Stichwortgeber von der organisierten Gegenaufklärung haben ihnen durch stetige Wiederholung völlig verrückte, kollektive Vorstellungen von "größeren Zusammenhängen" in die Köpfe gesetzt, von denen sie sich selbst von Leuten nicht mehr abbringen lassen, die mit Fachkenntnissen und praktischer Berufserfahrung argumentieren, weil man ihnen - so wie Dir - beigebracht hat, hinter jeder schiefen Zahl, jeder unsauberen Formulierung, und jeder unbedachten Äußerung die finsteren Pläne einer Eliten-Verschwörung gegen ihre bürgerlichen Freiheitsansprüche zu vermuten.

    Hier würd ich gerne mal einhaken, weil ich finde, dass viele gute Stichworte gefallen sind. Ich denke auch nicht, dass jeder, der irgendeiner Verschwörungstheorie anhängt irgendwie "dumm" ist. Aber um gewisse Dinge glauben zu können (z.B. Corona ist irgendwie ne Gates-Verschwörungsnummer) muss schon ein gehöriges Maß an Unbildung herrschen. Das frappierende ist, meiner Ansicht nach kann beides gleichzeitig herrschen: Informiertheit und Unbildung. --- Wie denn das? Ich hab oft mit Leuten diskutiert, die irgendwelches Zeug glauben, was man einfach unter Blödheit oder eben Verschwörungstheorie verbuchen könnte. Was allen gemeinsam war, ist, dass sie zu kleinteiligen Einzelheiten ihres Themas nicht mal unbedingt sooo schlecht informiert waren es aber gleichzeitig daran mangelt diese Informationen -sinnvoll- in (eben jene) "größeren Zusammenhänge" einzuordnen. Der springende Punkt ist, dass es, wenn wir ehrlich sind, eine ganze Menge Bildung braucht, um einschätzen zu können, was eigentlich denkbar ist und was nicht. Ich gebe ein Beispiel: Es gibt Verschwörungstheoretiker, die glauben, dass Bill Gates oder Jeff Bezos bei Corona "irgendwie" die "Finger drin haben". Wie so eigentlich immer Gates, oder Bezos? Weil es sich -im Bäumchen-Wechsel-Dich-Spielchen- um die reichsten Menschen der Welt handelt und mit viel Geld auch viel Macht verbunden ist. Das ist ein Zusammenhang den kennt fast jeder auch aus seinen täglichen Zusammenhängen. Dann "drehen" diese Leute auch immer ein "sehr großes Rad", will sagen, sie sind in den unterschiedlichsten Gebieten "aktiv", unterhalten Stiftungen und so weiter und äußern sich auch oft zu vielen Themen. Und zu allem Überfluss ist noch zu beobachten, dass sie von "Zuständen" profitieren. Das ungeheure Missverständnis, das dann passiert, ist, dass dieser Zustand konspirativ erklärt wird: dem Menschen, der Organisation oder der Nation wird der "erklärende Teil" der Erzählung zugeordnet, er wird ins Zentrum des "Problems" gesetzt. Rein formell passt dann alles: Man hat einen Zustand, von dem jemand profitiert. Die Logik, dass ein machtvoller Profiteur eines Zustandes, diesen Zustand auch herbeigeführt hat (oder zentral daran beteiligt war) liegt auf der Hand. Das Problem von Verschwörungstheoretikern liegt meiner Ansicht nach nun darin, dass diese Menschen sich den jeweiligen Zustand tatsächlich mit dem "bösen" oder "gierigen" "Willen" einer Einzelperson erklären können. Das Missverständnis beginnt beim Einordnen der Beobachtung in größere Maßstäbe. Es ist eben unfassbarer Quatsch, Einzelpersonen, Personengruppen, Organisationen oder Staaten, die Macht diesen Zustand herbei zu führen, zu zu sprechen. Man muss auf vielen Gebieten wirklich wenig verstanden haben um zu ernsthaft zu glauben, dass Jeff Bezos oder Bill Gates oder irgendjemand sonst, weil sie so reich und einflussreich sind, tatsächlich die Macht zu so etwas hätten. Wer von politischen Systemen, von Recht und von Ökonomie genug verstanden hat um Probleme im Weltmaßstab zu begreifen, der kann eine so einfach gestrickte Logik nicht glauben. Es ist ja paradox, Verschwörungstheoretiker (im gesellschaftspolitischen Bereich) sehen das (ein) Problem ja nicht als zu groß, sondern als zu klein an. Viele Verschwörungstheorien kommen trotz ihrer eingliedrigen Erzählstruktur immer mit apokalyptischem Gestus daher. Dass ein Zustand, der aus der inneren Logik der Struktur (also aus Abermillionen Einzelentscheidungen, die nach gewissen Interessenlagen getroffen und in gewissen juristischen Bahnen verläuft, die wiederum Resultat gesellschaftlicher Verhandlungen unter Interessenlagen ist) hervor gebracht wird, deutlich bedrohlicher ist, als die Verschwörung Einzelner, ist dabei eine der Paradoxien (sämtliche Konspirationen, Regelwidrigkeiten, etc, die ja tasächlich vorkommen, sind dann zwar empörend, aber lediglich statistischer Kleinkram).


    Ich will noch einmal von einer anderen Seite her erklären was ich meine. Dieses simplifizierte, eingliedrige Denken gibt es nach meiner Wahrnehmung auch in anderen Bereichen. Dort würde man es aber nicht Verschwörungstheorie nennen - vielleicht, weil die Erklärung ein positives Szenario entwirft oder weil sie besser andockfähig ist, da sie sich besser in bestehende Weltbilder einfügt oder einfach, weil die Motive besser sind. Ich will diese Theorien "Versöhnugnstheorien" nennen. Was meine ich? Zum Beispiel manche Vorstellungen, die in der Klimadebatte vorgetragen werden. Auch hier werden erschreckend einfache Denkmuster genutzt um scheinbare "Lösungen", zur Modellierung der Welt, anzubieten. Die Erzählung, zum Beispiel, wir (also der westlich industrialisierte Teil der Welt) könnten das Klima retten, indem wir die Ökonomie, die da ist, ins Grüne hinein umbauen, mutet für mich ähnlich dämlich und eingliedrig an, wie so manche Verschwörungstheorie. Bitte versteht mich nicht falsch, ich bin bei diesen Einzelforderungen immer dabei, es geht auch nicht darum, ob etwas gut oder wünschenswert ist, sondern darum, ob die projizierten Maßnahmen, tatsächlich die Qualität haben um im Weltmaßstab (also im großen Zusammenhang), die Veränderung herbei zu führen, die ich beabsichtige.

    Auch hier wird meiner Ansicht nach die innere Logik des Problems nicht bedacht. Ein heruntergebrochenes Beispiel: die Vorstellung etwas für das Klima getan zu haben, wenn z.B. in Deutschland 42 Mio. Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor in den -sagen wir- nächsten 30 Jahren, durch 42 oder 44 Mio Elektrofahrzeuge (der Energieträger ist eigentlich egal) ersetzt werden, mutet irgendwie rührend naiv an. Es kann natürlich sein, dass es mein eigener Dogmatismus mich hier behindert, oder, dass meine Skepsis meiner Unwissenheit geschuldet ist (weil ich Technologien nicht kenne oder deren Effektivität verkehrt einschätze). Ich formuliere auch bewusst offensiv. Aber, wenn ich versuche vernünftig über die Dimension -Klima- nachzudenken, komme ich nicht umhin, anzuerkennen, dass es nicht einmal um die verwendete Technologie geht ( zu mindest bei dem was an Technik da ist, also z.B. Windkraft statt Kohle, oder Elektroauto statt Verbrenner,...) sondern schlicht um die Menge - um in der Struktur zu argumentieren: es geht ums Lebensmodell. Ich fand den Begriff der "Stoffumwandlung", den Prof. Schellnhuber im Jung und Naiv Interview verwendet hat, da sehr passend. Die Vorstellung in einer kapitalistischen Wachstumswirtschaft, die als Legitimation und inneren Antrieb, immer mehr an Stoffumwandlung benötigt (einerseits, legitim, um Teile der Menschheit an lebensnotwendige Infrastruktur anzubinden andererseits aber auch aus dem dynamischen Antrieb des "Modells" heraus selbst - kennt ihr noch eine Person unter 40, die kein Smartphone besitzt? Oder irgendjemanden, der nicht gerne verreist?) beim jetzigen Stand der Technik, etwas Sinnvolles in Bezug aufs Klima erreichen zu können, kommt mir einfach abwegig vor. Klar, man kann das als Utopie denken, das ist nur leider genauso eindimensional und ignoriert die Dynamik der Struktur von Wirtschaft - Politik - Recht, wie es so manch anderer "einfacher" Welterklärungsveruch an anderer Stelle tut. Das bedeutet nicht, dass diese Maßnahmen nicht zu unterstützen wären. Aber es bedeutet, anzuerkennen, dass diese Maßnahmen bestenfalls geeignet sind, die Situation langsamer zu verschlimmern.


    Daher, ich finde schon, dass einfache Erklärungsmuster, die sich in abwegigen Theorien äußern, anzeigen, dass die Person entweder massive Bildungsmängel hat und sich daher gewisse Dinge vorstellen kann (oder nicht vorstellen kann), oder, dass die Person direkte Interessen verfolgt (um diesen Erklärungsversuch ging es mir aber hier gerade nicht). Das klingt viel Schlimmer als es gemeint ist. Ich finde wirklich, dass es unheimlich viel verlangt ist, das alles einschätzen zu können. Es ist daher moralisch völlig unbedenklich, wenn jemand Unsinn glaubt, weil er Dinge nicht einschätzen kann. Schwierig, wird es, wenn die realen Umstände es verlangen, dass "ganz normale Leute" das alles einschätzen können müssen. In der Klimafrage ist das sicherlich eher der Fall, als bei der Frage was jemand über die "Bilderberger" denkt, bei Letzterem entscheidet dummes Geschwätz in Konsequenz eben nicht über den Fortbestand der Zivilisation...