Bundestagswahlen 2021

  • Schule sollte für Erstwähler keine oder eine schnell auslaufende Relevanz haben. In jedem Fall Studien- und Ausbildungsplatz sind die einzigen Bereiche, wo es Maßnahmen gibt, die sich von denen für die Allgemeinheit unterscheiden. Über den Sommer sollte das soziale Leben von jungen Menschen, unabhängig von Freizeiteinrichtungen, nur dann eingeschränkt gewesen sein, wenn sie sich das selbst auferlegt haben.

  • äh, nein? gab doch fast durchgehend einschränkungen mit wievielen leuten man sich treffen kann etc. und ich glaube nicht, dass 1-2 schuljahre pandemie bei dem irrsinn den unsere behörden da veranstalten spurlos an einem vorrübergehen. übrigens auch nicht an den lehrern. finde dein posts hierzu ehrlich gesagt ziemlich fernab der realität.

  • deshalb nehme ich dier nichtmal ab das du BÜRGERLICH ernst meinst..

    Ich meine das sogar todernst.


    Mein Verständnis von "bürgerlich" ist nur vielleicht nicht unbedingt gleichzusetzen mit der in der heutigen - von der blödsinnigen Hufeisentheorie dominierten - poiitischen Diskussion üblichen Verwendung des Begriffes als synonym für "demokratisch" bzw. "nicht-extrem".

    Ich halte vielmehr dagegen, dass Fraktionschef Gauland eigentlich vollkommen recht hatte, als er die AfD als "bürgerliche" Partei bezeichnete, obwohl ein großer Teil der - ebenfalls bürgerlichen - linksliberalen bis konservativen "Mitte" das mit großer Entrüstung als hanebüchen abtat.


    Nicht nur Funktionäre und ein großer Teil der Wählerschaft der "Alternative" für Deutschland, sondern auch nahezu die gesamte Führungsriege der sogenannten Querdenker und ihrer diversen Ableger rekrutiert sich aus der gehobenen bürgerlichen Mitte™. Das sind im Fall der Letzteren fast alles selbständige UnternehmerInnen, niedergelassene ÄrztInnen, RechtsanwältInnen etc. - also eigentlich genau jene Klientel, der sich auch der CEO von Team Lindner öffentlich immer als wahrer Volksvertreter anpreist, wenn er im Fernsehen über die vom Staat (auch schon vor Corona) immer so fürchterlich mit Steuern, Abgaben und Regularien traktierten Unternehmen spricht.


    Hinzu kommt, dass die KonspiratistikunternehmerInnen an der Spitze der Querdenker-Bewegung offenbar sehr schnell sehr viel "Spenden"-Geld einsammeln konnten und für eine gerade erst "spontan" entstandene "Graswurzelbewegung" erstaunlich gut organisiert waren, was zumindest nahelegt, dass sie aus dem eher begüterten mittelständischen Unternehmertum, dem sie selbst angehört, finanziell und logistisch unterstützt wurde.

    Jener Mittelstand war es schliesslich auch, der unter den Pandemiemaßnahmen oft am stärksten zu "leiden" hatte, weil die Politik sich bei ihren "großzügigen" Wirtschaftshilfen hauptsächlich auf die Subvention der Konzerne und deren Arbeitsplätze konzentrierte, und dabei auch ganze Branchen mit weniger Lobby-Power einfach mal unter den Tisch fallen ließ.


    Da treffen sich dann im Umfeld dieser ganzen "Freiheits"-Bewegung auch die Interessen von Lindners "Liberalen" mit jenen der national-neoliberalen AfD, und diverser rechtslibertärer bis völkisch-faschistoider Banden, die so eifrig versucht haben, sich die Corona-Proteste zu eigen zu machen. Denen allen ist gemein, dass ihr Verständnis - jedenfall der Teil davon, den sie öffentlich propagieren - von einer Idealen Marktwirtschaft sich darauf beschränkt, darin die alte Wunschvorstellung eines fairen Wettbewerbes unter fleissigen, gewissenhaften und kreativen Entrepreneuren und Arbeitsplatzerschaffern zu sehen, in welchem die unsichtbare Hand des Marktes die unproduktive Spreu vom produktiven Weizen trennt und damit zwar vielleicht den einen oder anderen durchs soziale Raster siebt, aber im Durchschnitt dann doch den Wohlstand für alle befördert.


    Beim völkischen Flügel wird sich da natürlich deutlich härter von der globalistischen "Hochfinanz" abgegrenzt, die nichts zur nationalen Wertschöpfung beiträgt und lediglich Profite daraus abgreift um sie dann ins feindliche Ausland zu transferieren.

    Aber das hat natürlich nichts mit linker Kapitalimsuskritik zu tun, denn im Kern geht es all diesen Strömungen darum, den ökonomischen Ausleseprozess, den der Kapitalismus unweigerlich voran treibt, mehr oder weniger sozialdarwinistisch zu naturalisieren.

    Das deckt sich dann auch wieder mit so manchen Aussagen aus dem Querdenkermilleu, denen zu Folge die Gefährlichkeit des Virus an sich gar nicht mal grundlegend in Frage gestellt, aber eben als Teil natürlicher Ausleseprozesse verstanden wird, denen man nicht mit staatlicher Gängelung in die Quere zu kommen habe.


    Wohlgemerkt: Das beziehe ich jetzt vor allem auf die WortführerInnen und nicht auf die zigtausend Menschen, die deren Aufrufen folgten um dann beim kollektiven Protest auf der Straße ihren Anspruch und ihr Gutes Recht™ auf größtmögliche Freiheit gegengüber der Regierung geltend zu machen.

    Auch die haben ihren Widerstand auf Geheiß ihrer Anführer natürlich an einem bürgerlichen Freiheitsbegriff und dessen gefühlter gesetzlicher Verankerung im Grundgesetz festgemacht, aber das kann man ihnen schwer verübeln, weil ja auch der weitaus größere, nicht protestierende Teil der Gesellschaft und nahezu das ganze "demokratische" Parteienspektrum für sich reklamierte, individuelle Freiheit nur einzuschränken, um noch schlimmere Einschränkungen zu verhindern, die sich ohne die Maßnahmen irgendwann aufgedrängt hätten.


    Das ändert jedenfalls nichts daran, dass die fdP hierbei im Wahlkampf einen ziemlich gekonnten Ritt auf des ideologischen Messers Schneide hingelegt, und sich einerseits nicht allzu weit mit öffentlicher Maßnahmenkritik aus dem Fenster gelehnt hat, um weiterhin als Teil jenes "demokratischen" bürgerlichen Spektrums anerkannt zu bleiben, dabei aber andererseits kaum eine Gelegenheit ausließ, um zu betonen, dass der Staat hier mal wieder viel zu übergriffig reagiere, und es daher dringend ein "liberales" Korrektiv an der Regierung bräuchte, um die individuellen Freiheitsrechte besser zu schützen.

    Damit haben sie es wohl bei einem erschreckend großen Teil vor allem der jüngeren Wählerschaft hinbekommen, ihren eigentlich zutiefst ökonomistischen Freiheitsbegriff als synonym mit humanistichen Idealen von individuellem Menschenrecht zu verkaufen - also genau das zu tun, was neoliberale Ideologie schon immer zum Ziel hatte, um den marktwirtschaftlichen Wettbewerb und seinen Ausleseprozess zwischen "guten" und "schlechten" Ideen zum einzig relevanten Motor der gesellschaftlichen Entwicklung zu erheben.


    Das "bürgerliche" daran ist, dass die bürgerliche Gesellschaft in der wir leben diesem Motor eigentlich ohnehin längst weitgehend kritiklos unterworfen ist, und dass die "bürgerlichen" Parteien an diesem Umstand nicht nur keine substanzielle Kritik mehr üben, sondern linke Kritik daran sogar aktiv bekämpfen und das häufig damit begründen, dass man sich ja wohl nicht gegen die (behauptete) Natur des Menschen und den daraus entstandenen "natürlichen" Lauf der Geschichte stemmen könne, ohne eine übergriffige, totalitäre Umerziehung mit Gewalt zu veranstalten, die dem ehernen Menschenrecht auf individuelle Freiheit zuwiderlaufen und den allgemeinen Wohlstand vernichten würde.


    Mit "bürgerlich" meine ich hier also eigentlich eine Gesellschaft, die sich affirmativ einem fatalen Irrglauben an die Existenz echter individueller Freiheit im Kapitalismus hingibt, dieselbe zur Grundlage ihrer Vorstellung einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung macht, und dieses Sebstverständnis dann auch auf die "bürgerlichen", bzw. "verbürgerlichten" Individuen überträgt, während sie eigentlich - bald 250 Jahre nach den ersten großen bürgerlichen Revolutionen - längst wieder in feudalistische Verhältnisse fällt, in denen die Herrschaft des Kapitals nicht nur über die Arbeit sondern auch über den politischen Diksurs als natürlich und quasi-gottgegeben akzeptiert wird - selbst von weiten Teilen derjenigen die darunter zu leiden haben - weil es dazu scheinbar keine Alternative gibt.


    Und da ist die fdP eigentlich unter den "demokratischen" Parteien nur diejenige die diese Ideologie am leidenschaftlichsten als nüchternen Pragmatismus und große Chance zur individuellen Selbstverwirklichung für all jene verkauft, die noch nicht ein halbes Leben lang von den Mühlen des Systems auf optimale Anpassung zurecht geschliffen wurden.

  • Mmmh ... auch wenn man sagt es waren Schätzungen, ich erinnere den Bundeswahlleiter der vor der Presse sagte man würde sich zum auszählen alle nötige Zeit lassen und wenn es länger dauern würde, dann würde es eben länger dauern. Damit kommen wahrscheinlich alle klar wenn etwas korrekt ausgezählt länger dauert, aber dann kann man nicht Schätzungen raushauen.


    Ich würde nicht sagen es ist von einem deutschen Ober-Geheim-Putin befohlen worden, es ist wahrscheinlich Fahrlässigkeit, bei einem der grundlegendsten demokratischen Prozesse, dass ist aber nicht viel beruhigender wie Manipulation.


  • Wer sich mal visuell das Verkacken der Union ansehen möcht, der Tagesspiegel hat das schön aufbereitet, ich nahm mal nur den vergleich von 2017 mit diesem Jahr:



    Man kann da bis auf Gemeindeebene auflösen, bisher allerdings nur bis 2017. Trotzdem interessant wie LINKs der Osten (Sachsen ausgeblendet) schonmal war und wie das zurück gerollt wird.

  • Mmmh ... auch wenn man sagt es waren Schätzungen, ich erinnere den Bundeswahlleiter der vor der Presse sagte man würde sich zum auszählen alle nötige Zeit lassen und wenn es länger dauern würde, dann würde es eben länger dauern. Damit kommen wahrscheinlich alle klar wenn etwas korrekt ausgezählt länger dauert, aber dann kann man nicht Schätzungen raushauen.


    Meinst du die Wahl von Bezirksvertretern in Berlin? Damit hat der Bundeswahlleiter denke ich nichts zu tun.

  • ich weiß nich was die maskendisziplin der neuen spd-bundestagsfraktion mit den einschränkungen für junge menschen zu tun hat.


    Na, dann fasse ich nochmal zusammen. Unabhängig davon, ob nun Lauterbach zu vorsichtig ist oder der Rest zu unvorsichtig (aus Sicht der volksgesundheitlichen Kommunikation hat er sicherlich recht), ist das ein gutes Symbolbild für die Einstellung nicht nur in der SPD sondern bei allen Parteien gegenüber der Epidemie nämlich, dass sie vorbei ist. Und im Prinzip war die Stimmung letztes Jahr nach dem Sommer als es deutlich weniger Anlass dafür gab durchaus in größeren Teilen der Politik ähnlich. Deswegen glaube ich nicht, dass die FDP ohne Rückgriff auf wirklich alternative Deutungen der Epidemie, wie man sie vielleicht bei der AFD findet, nur mit der Botschaft der Öffnung im Wahlkampf groß punkten konnte. Wähler belohnen tendenziell auch selten Parteien für etwas, was sie vor längerem vertreten haben, aber zum Zeitpunkt von Wahl/Wahlkampf nicht mehr die gleiche Relevanz hat.


    Mit dem Aufkommen der Impfungen konnte man die wachsende Tendenz wahrnehmen, die Epidemie als überwunden anzusehen. Das hat zwar durch den Frühjahrsausbruch einen Dämpfer bekommen, aber spätestens danach mögen noch Anweisungen zur persönlichen Kontaktbeschränkung gegolten haben, aber daran gehalten hat sich nur noch wer wollte oder musste. Gerade viele der Jungerwachsenen, die sich mehr wegen ihren älteren Verwandten zurückgehalten haben, als wegen der Wahrnehmung eines eigenen Risikos, waren nun durch deren Impfung befreit.


    Als es noch nicht warm genug war, war zudem die Schließung oder Einschränkung des Freizeitbereichs auch eine starke Beeinträchtigung des sozialen Lebens, denn man konnte das nicht komplett nach draußen verlegen. Das Problem hat sich mit dem Sommer erledigt. Also sie hatten vielleicht ein etwas langweiligeres soziales Leben, aber kein eingeschränktes, wenn sie sich nicht selbstbeschränkt haben. Und ehrlich gesagt, Langweile hilft der sexuellen Aktivität.

  • Ole Nymoen revidiert ein bisschen seine vorherige Theorie und verweist auf einen recht interessanten Thread zur Erklärung des großen Erfolges von Team Lindner bei den ErstwählerInnen:


  • also ich kenne ein paar leute die in erster linie wegen corona fdp gewählt haben oder zumindest drüber nachdachten. die sind alle ziemlich unpolitisch und nicht unbedingt links, wollen afd nicht wählen weil macht man nicht, wollten union nicht wählen weil laschet ein tölpel ist, die partei korrupt und die coronapolitik schlecht und dann gibts halt eigentlich nur noch die fdp oder scholz.


    der thread is aber auch nicht schlecht, vor allem dieses eine video wo der typ da den wahlomat macht und gar nicht drauf klar kommt, dass die linke soweit vorne ist. sowas begegnet mir eigentlich auch ständig. "eigentlich vieles gut aber kann man trotzdem nicht wählen" "der gysi ist in der falschen partei" "die wagenknecht ist in der falschen partei". ja wie kann das eigentlich sein, dass die alle in der falschen partei gelandet sind?

  • Wenn man SPD+Grüne+Linke zusammenzählt, kommt man auf 46%, also 46% der Jugendlichen würde eine nicht-fdp wählen, die zb Steuern erhöhen will und (auch wenn nur formal) sozialdemokratisch ist. Man sollte vielleicht lieber nach Weltbild sortieren. Halb so schlimm, Balkendiagrammen haben halt auch Nachteile, weil zu eindimensional.

  • "Zeitlinie": Ich habe nicht damit argumentiert sondern lediglich auf die Parallele hingewiesen. Mein Argument ist der einsame Karl. Ähnlich wie viele Medienvertreter haben die meisten Politiker nicht wirklich ein Verständnis der epidemischen Dynamik entwickelt und waren deshalb sehr abhängig vom Ist-Zustand. Dass man als der Ist-Zustand wieder die Phantasie hergegeben hat, dass es doch noch nicht vorbei sein könnte, Maßnahmen befürwortet hat, ist ja wohl das mindeste. Allerdings war der Bundestag nicht wirklich ausschlaggebend und damit auch nicht allzu schuld am Ergebnis. Aber die Haltung der FDP war meines Erachtens sowieso nur ihrem Klientel geschuldet, nicht einem freiheitlichen Ideal oder sowas.


    Erstwähler: Ja, muss man sich nicht übermäßig drauf fokussieren. Am Ende ist es eine kleine Gruppe und ich denke nicht, dass ihre Abstimmung diesmal ein wirkliches Zeichen für die zukünftige politische Verortung junger Wähler ist. Wie groß ist überhaupt der Anteil der Erstnichtwähler?


    Linke: Ich weiß auch hier nicht, ob ich das Ergebins als so große Schwäche der Linken sehe als mehr das langfristige Ergebnis davon, dass selbst wenn es eine rot-rot-grüne Mehrheit gäbe, die meisten Wähler glauben für SPD und Grüne ist das nur eine Option zweiter Wahl. Ich denke, weil Merkel diesmal nicht angetreten ist, haben viele Wähler die Chance gesehen, dass sich etwas ändern kann und haben ihre bei den Linken geparkte Stimme abgezogen, um sie "effektiver" einzusätzen.

  • naja ... aauf den diagram ist auch zu sehen das die fdp 46k an die spd verloren hat ... aber allss uns über die erstwähler sprechen sie sind die zukunft :D in 20 -30 jahren wenn die die mehrheit der wähler stellen ist die klimakatastrophe so weit vorangeschritten die tolle autoindustier vieleicht nichtmehr exitent.


    was die presse daraus macht ist eigentlich nur genau das was auch linder machen würde das positive hervorheben und das negative ignorieren. nur um linder in eine bessere verhandlungsposition für grün rot gelb zu ermöglichen. selbst die cdu spielt da mit. laschet hat fertig und dient und ich glaube er weiss das auch nur als druckmittel.

    bin stark für neuwahlen :)

    Wieso Neuwahlen?

    Die SPD und Grünen haben eine staatspolitische Verantwortung, auf die Liberalen zuzugehen, um eine Regierung der Mitte zu ermöglichen.

  • naja ... aauf den diagram ist auch zu sehen das die fdp 46k an die spd verloren hat ... aber allss uns über die erstwähler sprechen sie sind die zukunft :D

    Das Wahlverhalten hat sich seit den 60igern stark verändert. Es gibt keine richtigen Stammwählerschaften mehr, es gibt nur noch "Themenwähler" (was natürlich komplex sein kann), je nachdem was gerade ansteht. Von daher würde ich keinesfalls von dieser Wahl auf die Zukunft schließen. Schau dir doch mal die Wahlen der letzten Legislaturperioden an, da gehen die Stimmen hoch und runter, die FDP war vor 8 Jahren gar nicht im Bundestag.

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