Kapitalismus

  • Wenn Apple darüber entscheiden kann, welche Programme im AppStore, eine des meistbenutzen Bezugsquellen von Apps, erscheinen, dann hat Apple Marktmacht, die der eines Monopols gleichkommt. Man spricht hier aber nicht von Monopolen, sondern von proprietären Märkten. Bei Amazon und vielen anderen ist es ähnlich.

    Ja, von einem proprietären Markt kann man sprechen, aber es ist kein Monopol. Vor allem nicht, wenn es andere proprietäre Märkte gibt, die dem AppStore fast 1:1 entsprechen und Entwicklern wie Kunden fast identische oder sogar noch größere Möglichkeiten bieten und es dann sogar noch Möglichkeiten gibt, die gleichen Leistungen an allen proprietären Märkten vorbei anzubieten, was dank Linux aktuell möglich ist.

    Apple hat ne Karotte. Und ihre ganze "Marktmacht" beschränkt sich darauf, diese Karotte wegzunehmen. Aber Google hat Rüben, die auf einem Linux-Ableger laufen, was rechtlich garantiert, dass es immer einen alternativen Zugang gibt, den niemand wegnehmen kann.


    Und Apple hat nur Marktmacht, solange sie Kunden und Entwicklern gute Deals anbieten. Wenn die Deals immer schlechter für Kunden und Entwickler werden, können diese jederzeit gehen und werden ab einem Punkt X auch gehen. Das passiert in der Wirtschaft auch immer wieder.

    Noch in den 90ern waren Sears und K-Mart die beiden größten Händler der Welt. Viele Hersteller hatten keine andere Möglichkeit als diese beiden, die "Marktmacht" war scheinbar endlos. Nichtmal 20 Jahre später sind beide pleite. Ein viel kleineres Licht namens Walmart hat Lieferanten und Kunden bessere Deals Angeboten und es sind alle einfach gewechselt.

    Heute ist Walmart der größte Reatailer der Welt. Vier mal so groß wie Amazon, aber auch das ist keine Garantie für Walmart. Vielleicht werden sie auch irgendwann von Amazon überholt und sind in 20 Jahren Pleite. Und 20 Jahre später ist Amazon Pleite, überholt von einem 17-jährigen Inder, der heute gerade mal einen Tante-Emma-Laden betreibt seit zwei Wochen.

  • Noch in den 90ern waren Sears und K-Mart die beiden größten Händler der Welt. Viele Hersteller hatten keine andere Möglichkeit als diese beiden, die "Marktmacht" war scheinbar endlos. Nichtmal 20 Jahre später sind beide pleite. Ein viel kleineres Licht namens Walmart hat Lieferanten und Kunden bessere Deals Angeboten und es sind alle einfach gewechselt.

    Heute ist Walmart der größte Reatailer der Welt. Vier mal so groß wie Amazon, aber auch das ist keine Garantie für Walmart. Vielleicht werden sie auch irgendwann von Amazon überholt und sind in 20 Jahren Pleite. Und 20 Jahre später ist Amazon Pleite, überholt von einem 17-jährigen Inder, der heute gerade mal einen Tante-Emma-Laden betreibt seit zwei Wochen.

    Ja nee,Indi.


    Du gehst natürlich, ganz Deinem INSM-Auftrag gemäß, davon aus, dass es den blöden Linken, die ja bekanntermaßen sowieso keine Ahnung von Ökonomie haben, nur darum ginge, irgendwelche Firmen, bzw. Marken anzugreifen, die ihnen gerade im Moment zu viel Marktmacht haben.

    Tatsächlich ist es dem seriösen Kapitalismuskritiker aber herzlich egal, welches Logo auf riesigen bunten LED-Screens über dem Mono- oder Oligopol des jeweiligen Konzerns flackert. Alleine der Umstand, dass einzelne Unternehmen (und deren private EigentümerInnen) eine solche Marktmacht entfalten können ist hier der Stein des Anstoßes.


    Für Dich, bzw. für Deine Botentwickler und ihre Chefideologen vom industriegesponserten neoliberalen Thinktank, ist die banale Tatsache, dass sich Marktanteile zwischen Unternmehmen verschieben natürlich ein Beweis dafür, dass die Marktwirtschaft und der Wettbewerb ein permanenter, geradezu Schumpeterscher Akt der "kreativen Zerstörung" ist, bei dem weniger effizient und weniger serviceorientiert produzierende oder handelnde Unternehmen durch solche vom Markt verdrängt werden, die sich als bessere Geschäftsleute erwiesen haben und ihren Kunden wie Zulieferern die besseren Angebote unterbreiten können.


    Für uns linke Ökonomielegastheniker ist es aber völlig gleichgültig, ob die den amerikanischen offline-Einzelhandel dominierende, oder gar monopolisierende Kapitalsammelstelle jetzt K-mart oder Walmart heißt, und ob sich die eine Gründerdynastie jetzt noch mehr Geld (das sie eigentlich nie sinnvoll ausgeben kann) in die Tasche stopfen kann, als die andere es zuvor getan hat.

    Der Punkt ist, dass es im Kapitalismus bei entsprechender Marktsättigung immer darauf hinausläuft, dass sich am Ende eine kleine Anzahl von Kapitalsammelstellen gegen alle anderen durchsetzen wird, bis womöglich nur noch eine einzige davon im jeweiligen Marktsegment übrig bleibt, alle anderen Anbieter entweder aufkauft oder in den Ruin treibt, und ihren Zulieferern dann die Einkaufsbedingungen diktieren kann. Das ist kein in schriftliches Recht verfasstes "Gesetz" sondern eine Gesetzmäßigkeit der kapitalistischen Marktwirtschaft.


    Auch Deine kleine Industrieklitsche hat zwar vielleicht die "freie" Wahl nicht mehr für "den Daimler" als Zulieferbetrieb zu arbeiten, wenn Euch deren Bedingungen nicht passen. Aber da Ihr ja mit Sicherheit nicht die einzigen Anbieter von Fahrzeugteilen seid, müsstet ihr einen anderen Autogiganten mit ähnlich hohem Zulieferbedarf erst mal davon überzeugen, dass ihr das Zeug dass sie haben wollen besser, billiger, oder schneller - oder am besten gleich magisch alles auf einmal - produzieren und liefern könnt, als die Leute die das jetzt tun und mit denen ihr also nicht um die Nachfrage von Endkunden konkurriert, welche mit ihren Warenkäufen vielleicht noch irgendein direktes individuelles Bedürfnis zu befreidigen suchen, sondern um langfristige, oft auf viele Jahre vertraglich geregelte Zulieferverträge mit Konzernen, welche intern nichts anderes sind, als private Plan- und Kommandowirtschaften mit einem gewaltigen bürokratischen Apparat und mit dem einzigen Ziel, die Anlagewerte und Kapitalrenditen ihrer AnteilseigentümerInnen und somit auch die Gehälter und Boni ihrer Konzernvorstände hoch zu halten, bzw. zu erhöhen.


    Der Wettbewerb, der Dir und Deinen GesinnungsgenossInnen aus dem "liberalen" Spektrum dabei immer als großer Fortschritts- und Wohlstandsmotor vor Augen schwebt, ist keine Sportveranstaltung, bei welcher der Verlierer am Ende dem Gewinner die Hand schüttelt und dann eben für's nächste Jahr noch ein bisschen härter trainiert, und bei dem der Markt den neutralen, unbestechlichen Schiedsrichter stellt, sondern ein gnadenloser Verdrängungskampf, bei dem die erfolgreichsten Wettkämpfer die Strafen für's foulplay schon eingepreist haben, die Kampfrichter schmieren, und permanent die staatlich überwachten Spielregeln ändern.


    "Der kleine Ladenbesitzer" und ehrbare Kaufmann™ hat diese Möglichkeit nicht. Und der mittelständische Autozulieferer auch nicht - und wenn er hier noch so vehement darauf besteht, dass er nicht auf Gedeih und Verderb der unternehmerischen Planung eines Konzerns ausgeliefert sei, der zusammen mit zwei-drei anderen Konzernen ein Kartell unterhält, das schon seit Jahrzehnten sein Oligopol auf Marktanteile mit allen legalen und illegalen Mitteln aufrecht erhält.

  • Nur 36 Stunden durchgehend gearbeitet? Typisch faule Kinder. Bericht von einem Fabrikinspektor von 1836 in England. Gar nicht so lange her 🤔


  • Ich schreib jetzt doch noch was zu der Apple Sache:


    Monopole sind nicht eine Aberration des Marktes sondern Voraussetzung zur erfolgreichen Kapitalakkumulation. Hier existiert ein Widerspruch (von vielen) zwischen der Legitimation des Kapitalismus (durch die Wirtschaftswissenschaft), die behauptet, dass freie Märkte ein Wesenszug des Kapitalismus sind, und der empirischen Realität.


    Apple macht das deutlich. Die Art und weise wie Apple die Profite macht die sie im Moment einstreichen ist durch frühkapitalistische quasi Zwangsarbeit und Lohnsklaverei in autoritären Systemen in der Produktion und durch Wettbewerbsverzerrung durch den Appstore im Vertrieb. Ausserdem natürlich Steuerbetrug und Bezuschussung durch den Staat.


    Ich denke, dass der Appstore eine eigentlich illegale, also Kriminelle, Wettbewerbsverzerrung und nicht ein Monopol ist.


    Apple ist in diesen kriminellen Praktiken nicht die Ausnahme sondern die Regel.

    Nehmen wir zum Beispiel VW. VW hat den Käfer erst durch Zwangsarbeiter in Nazi KZs produziert, dann in Brasilien unter der faschistischen Militärdiktatur und heute durch Uigurische Zwangsarbeiter in China. Hier keinen roten Faden zu sehen fällt sehr schwer.


    Nicht der Freie Markt macht den Kapitalismus aus, sondern die kriminellen Marktmanipulationen der großen globalisierten Konzerne. Nicht Freiheit und Gerechtigkeit sind das Ziel dieser Konzerne sondern wenn man damit durchkommen kann Zwangsarbeit und autoritäre Unterdrückung.


    Der kürzlich verstorbene große Soziologe Immanuel Wallerstein schrieb folgende Analyse zum globalisierten Kapitalismus (und seiner Krise):

  • Was passiert wenn die globalisierte Ausbeutung von Mensch und Natur nicht nach Plan läuft, sondern zum Beispiel durch Aktivisten gestört wird kann man grade am Fall "Steven Donziger" sehen.


    Chevron verlor eine Milliardenklage wegen Umweltzerstörungen und Menschenrechtsverletzungen in Ecuador vor Amerikanischen Gerichten. Das war für alle sehr überraschend und darf natürlich auf keinen Fall Schule machen. Seit dem betreibt Chevron eine Vernichtungskampagne gegen den Menschenrechtsaktivisten und Anwalt Steven Donziger. Wie sehr die Gerichte in den USA einseitig die Interessen der großen Unternehmen vertreten macht einen Sprachlos. Das Chevron nochmal angeklagt werden kann ist zu bezweifeln.


    https://theintercept.com/2020/…-lawsuit-steven-donziger/

  • A propos Wettbewerb...


    Also ich hab' ja so überhaupt keine Ahnung von Fußball, aber wenn selbst ein Sturmgeschütz der "liberalen" bürgerlichen Mitte™ wie der Tagesspiegel solche geradezu linksradikalen Pamphlete über der Deutschen liebstes Brot-und-Spiele-Thema veröffentlicht, dann ist vielleicht doch noch nicht alles für die linke Sache verloren:

    Die Bundesliga ist kein Wettbewerb mehr

    Die Dominanz des FC Bayern im Fußball ist nicht bloß langweilig, sie verdeutlicht das Problem ökonomischer Machtkonzentration.


    Zur Erinnerung: In den vergangenen acht (!) Jahren gewann der FC Bayern München die Meisterschaft. Andere Ligen – ähnliches Bild. In Italien holte Juventus Turin im selben Zeitraum acht von acht Meisterschaften, in Frankreich kam Paris Saint-Germain immerhin auf sieben von acht. In Spanien, sind es mit Real Madrid und Barcelona noch zwei Mannschaften, die oben mitspielen. In England führen massive Geldsummen von Investoren immerhin dazu, dass ein Hauch von Wettbewerb unter einer Handvoll Mannschaften aufkommt.


    Der Wettbewerbsgedanken strebt auf seine Selbstaufhebung hin


    Eine europäische Superliga wird das Problem der Monokulturen nicht lösen, nur vertagen. Lange bevor es überhaupt den Fußball gab, prognostizierte übrigens ein gewisser Karl Marx, dass sich die Konkurrenzgesellschaft eines Tages selbst zerstören würde. Mit dem Übergang zum Monopolkapitalismus und der zunehmenden Kapitalkonzentration produziere der Wettbewerbscharakter der bürgerlichen Gesellschaft letztlich seine eigenen Totengräber. Es ist die Irrationalität einer Gesellschaft, in der das Wettbewerbsprinzip angepriesen wird, aber die Marktmacht einzelner Akteure dies ad absurdum führen. Apple, Google, Amazon oder Facebook lassen grüßen.

  • (ich schmeiss das mal hier rein. hätte ggf. auch in den technik-thread gepasst. aber es wird imo nicht zwischen technik, unternehmertum und kapitalismus unterschieden)

  • Gibts hier nicht jemanden, der Debt The First 5.000 Years von Graeber gelesen hat? Wie ist das Buch so? Ich dachte am Anfang, es wäre einfach eine Erzählung darüber, wie sich Schulden über die letzten 5.000 Jahre entwickelt habe, aber Graeber hat in dem Buch ein viel breiteres Konzept von Schuld / Schulden. Ich hab ein bisschen reingelesen und er behandelt irgendwie so gut wie jedes Thema in allen möglichen Kulturen und Epochen, kommt mir etwas sehr dicht vor. Die Abschnitte über Lohnarbeit fand ich sehr interessant. Wie ist der Rest so?

    In einem Talk von ihm meinte er, dass es keine größere einzelne synthetische Abhandlung zu Arbeitsverträgen im Zusammenhang mit Lohnarbeit gibt. Das stimmt aber nicht. Für die britischen Kolonien gibt es das Sammelband Master, Servants and Magistrates in Britain and the Empire 1566 - 1966, Douglas Hay / Paul Craven von 2004. Debt ist 2011 erschienen. Naja, E-Mail schreiben, geht ja nicht mehr jetzt.

    7 Mal editiert, zuletzt von JonnyMadFox ()

  • Hier ein sehr schönes Video warum Deutschland ein reiches Land geworden ist:



    Da sieht man gut wohin die Abwärtsspirale bei Löhnen und Innovation führt.

    Manches mag teilweise richtig sein aber vieles hört sich sehr nach Bullshit an.
    Es ist z.B. sehr verlogen wenn der gute über Bussfahrer spricht.

    Wer hier vor allem Geld macht sind die Kapitalisten.


    Ich hab da einige Einwände. Z.B: das law of diminishing returns. Die Freisetzung von Produktivität durch Innovationen nimmt mit jeder Generation ab. Was der Kapitalismus ausserdem gemacht hat um Reichtum zu generieren ist die Dinge die vorher abseits des Marktes allen gehörten, die commons, zu vermarktbaren Gütern zu machen. Der Kapitalismus ist aber schon in fast alle Lebensbereiche vorgedrungen. Mit jeder industriellen Revolution wurde es schwieriger das Wachstum zu erzielen dass die vorhergegangene Revolution ermöglicht hat.


    Diese Entwicklung vollzieht sich in der gesamten Welt. Die Monopole die der Herr anspricht sind immer seltener und werfen über kürzere Zeit Erträge ab bis sie sich liquidieren weil andere aufholen. Die Reichen sind gezwungen seit einigen Jahrzehnten vor allem geopolitische Machtgefälle auszunutzen und in autoritären Staaten des globalen Südens mit Hungerlöhnen die Gewinne zu erzielen. Innovation wurde Weltweit für Sweat Shops aufgegeben.



  • Warum sind die Busfahrer eigentlich nicht mehr reich? Ich muss mich über das Video echt aufregen. Das ist also was in der VWL an Ideologieproduktion stattfindet.


    Die industrielle Revolution die zur Freisetzung der Produktivität führte ist ja noch immer da. Trotz demographischem Wandel sind die Menschen die heute in Deutschland arbeiten viel Produktiver als ihre Großeltern. Demographie ist NICHT das Problem, die Kapitalisten sind das Problem.


    Warum die Löhne nicht mehr steigen und warum diese Generation wahrscheinlich ärmer sein wird liegt nicht an den Chinesen sondern weil die Kapitalisten sich alle diese Produktivitätsgewinne unter den Nagel gerissen und Lohndumping auf die Spitze getrieben haben. Was der Gute Christian Lindner Klon da seinen Studenten beibringt ist bullshit zu verbreiten in dem man die Rolle des Kapitalisten in diesen Entwicklungen geflissentlich unerwähnt lässt. China ist Schuld, die Alten, die Gebärverweigerer Mütter, die Minderleister, die Arbeitslosen, .... Aber niemals der Kapitalist.

  • Es ist z.B. sehr verlogen wenn der gute über Bussfahrer spricht.

    Wer hier vor allem Geld macht sind die Kapitalisten.

    Das die Kapitalisten Geld machen, bestreitet er ja nicht. Du musst ja die langfristige Entwicklung betrachten, und da geht es vor allem darum wie Deutschland ein reiches Land geworden ist.


    Und da ist dann eben auch mehr Geld für den Busfahrer da. Das wir aktuell an einem Punkt sind wo es in die andere Richtung geht, sagt er ja auch. Natürlich hat das dann auch Auswirkungen auf den Busfahrer.

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