Alles anzeigenDu wirfst mir exakt das vor, was Du selbst hier an den Tag legst: eine weitgehend von der Alltagsrealität der arbeitenden Bevölkerung abgehobene, weltfremde Haltung, die sich darin ergeht, ihren Blick auf die gegenwärtige Gesellschaft durch das Studium akademischer Texte und historischer Abhandlungen zu filtern.
Auch Gramsci hat nicht in unserer heutigen Welt gelebt - er starb noch vor Ausbruch des zweiten Weltrkrieges - und schon gleich gar nicht hier bei uns im Mutterland der intellektuellen Abgehobenheit akademisch-philosophischer Diskurse über Ökonomie, Moral und Erkenntnisfähigkeit in der jeweiligen Gesellschaft vom eigentlichen Gegenstand ihrer Betrachtungen.
Ich schreibe unter anderem genau deswegen solche Romane in irgendwelche linksliberalen Foren, weil ich mich mit "normalen" Menschen über ihre Arbeit oder über unser Wirtschaftssystem unterhalte, anstatt mir nur tonnenweise Literatur darüber reinzuziehen und mich dann zu wundern, warum die offenbar sonst kaum jemand liest oder versteht, und weil ich dabei leider immer wieder feststelle, dass die Unzufriedenheit mit den herrschenden Verhältnissen, welche die meisten Menschen durchaus plagt, wenn der dünne Firnis der Konsumfreiheit als Heilsversprechen der sie üblicherweise verschleiert, mal wieder Risse bekommt, eben genau nicht dazu führt, die Verhältnisse radikal verändern zu wollen, sondern immer häufiger dazu, sich radikalst möglich in ihnen und im eigenen Bisschen Wohlstand einzuigeln und ihn mit aller Macht gegen den Rest der Welt zu verteidigen.
Ich rede übrigens auch recht häufig mit AnarchistInnen über solche Themen, die sich weniger mit Bakunin, Kropotkin oder Chomsky ins Studierzimmer zurück ziehen, als zu versuchen, ihre Vorstellung dessen, was eine herrschaftslose Gessellschaft sein könnte in die heutige Praxis zumzusetzen - und dabei immer wieder beherzt an dem traurigen Umstand scheitern, dass es kein richtiges Leben im Falschen geben kann.
Ich hab' Dir auch schon erzählt, dass ich aus einer Arbeiterfamilie komme, in der ganz bestimmt keine abgehobenen Diskurse geführt werden, dass ich den größten Teil meines Arbeitslebens mit körperlicher Arbeit verbracht habe, und dass ich Mitgründer einer Genossenschaft bin, die mich und die anderen aktiven GenossInnen fast jeden Tag mit der traurigen Tatsache konfrontiert, dass es eben leider nicht ausreicht, die materiellen Verhältnisse der Leute ein bischen besser zu machen, wenn die Leute dabei das selbe hyperindividualisierte Anspruchsdenken und die selbe "wer-zahlt-schafft-an" Service-Menatalität an den Tag legen, die sie auch schon durch ihr bisheriges Leben als abhängig Beschäftigte und zahlende Konsumautomaten geleitet hat, und die sie nicht einfach abstreifen können, nur weil man ihnen ein paar Vorträge über herrschafstlose Selbstverwaltung hält und ihnen die Möglichkeit gibt, sich mehr zu beteiligen und mitzugestalten.
Und das ist keine anekdotische Einzelbetrachtung, sondern der ganz normale Alltag in vielen anderen Genossenschaften und selbst in den meisten "anarchistischen" Wohnprojekten, wo man zwar auf jede Anti-Nazi und ProAsyl Demo rennt und ganz laut "A...! Anti...! Anticapitalista!" schreit, und dann zu Hause im von der verhassten Staatsmacht geduldeten besetzten Haus froh ist, wenn einem der kapitalistische Energiekonzern nicht den Strom abstellt, oder wenn jemand anders aus dem Kollektiv sich dafür zuständig fühlt, das kaputte Klo zu reparieren, mit der Kommunalpolitik zähe Verhandlungen zu führen, oder sich nach deren Scheitern mit den Bullen zu prügeln, wenn die mal wieder illegal das Haus durchsuchen wollen.
Kann ja sein, dass Du mir das alles nicht glaubst - ich kann es hier nicht zweifelsfrei beweisen, ohne mich privat angreifbar zu machen - aber um aus meinen Beiträgen heraus zu lesen, dass ich unsere gegenwärtige Parteienlandschaft für geeignet hielte, mit reiner Wahlkampfrethorik etwas an der alles durchdringenden Dominanz kapitalistischer Systemlogik, hedonistischem Hyperindividualismus und neoliberaler Ideologie zu ändern, muss man mich (aus mir nach wie vor unerfindlichen Gründen) schon absichtlich falsch verstehen wollen.
Im Gegenteil: Dieser nahezu ehrfürchtige Glaube an die Wirkmächtigkeit der gegenwärtigen politischen Klasse, die fast schon literarische Fixierung auf die feierlichen Reden politischer ProtagonistInnen auf irgendwelchen pompösen Weltbühnen, das bräsige Festhalten an den etablierten politischen Strukturen und ihrer technokratischen Stellschraubenmechanik als einzig möglichem Instrumentarium für einen gesellschaftlichen Wandel unter völliger Ausblendung der systemisch-ideologischen Zusammenhänge, denen diese Strukturen und ihre Stellschraubenapparate längst weitgehend unterworfen sind, war einer meiner Hauptkritikpunkte an den aus meiner Sicht allesamt ziemlich banalen, sozialdemokratischen Ansätzen der politischen Welterklärung durch zutiefst strukturkonservative, bürgerliche Intellektuelle wie z.B. Stefan Schulz und viele seiner bevorzugten Gesprächspartner im Aufwachen-Podcast.
Ich weiß auch nicht wie oft ich im anderen Forum schon geschrieben habe, dass mir völlig klar ist, dass die meisten Menschen mit diesem System unglücklich sind, dass viele von ihnen die politische Klasse insgesamt verachten, und dass sie dennoch ihre Probleme damit nicht artikulieren können. Ich versuche allerdings den Grund dafür zu beschreiben, weil ich - wie jeder Linke der sich mit normalen Menschen ersthaft unterhält und sich dann anhört, wie weit entfernt von deren Alltagserfahrung sämtliche öffentlich geführten politischen Debatten stattfinden - auch sehe, dass der ganze Unmut und Frust, der sich dabei aufstaut, von links nicht mehr in genau den linksradikalen Aktivismus kanalisiert wird, den wir beide uns ja offenbar wünschen würden, sondern dass er von rechts aufgegriffen und in einen Zustand permanenter Angst vor dem Verlust von Besitzsständen durch konstruierte Bedrohungen verwandelt wird, die mit dem eigentlichen Problem überhaupt nichts, oder bestenfalls als deren Symptome zu tun haben.
Denn wenn man nicht klar macht, dass eines der Hauptprobleme unserer Zeit nicht darin besteht, den Leuten zu erklären, dass sie in ungerechten Verhältnissen leben, sondern darin, dass ihnen diese Verhältnisse als alternativlos vorkommen, und dass jahrzehntelange Indoktrination durch die permanente Ideologieproduktion jener Verhältnisse ihnen alles was darauf hinaus liefe, sie radikal zu verändern als noch schlimmer erscheinen und ihnen die nackte Verlustangst ins Gebein fahren lässt, dann wird man aus der latenten, diffusen Systemgegnerschaft keine linksrevolutionäre Bewegung destillieren können, sondern - wenn überhaupt - nur eine rechtsreaktionäre.
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Warum, denkst Du, schreibe ich hier ständig irendwas von einem "Gesellschaftlichen Bewusstsein", dass sich ändern müsse und reite immer wieder auf Marx' deutscher Ideologie herum? Glaubst Du, ich würde mir ernsthaft einbilden, ich könnte damit FabrikarbeiterInnen, KrankenpflegerInnen, oder PaketbotInnen zu radikaler Kapitalismuskritik bekehren? Lesen die das Aufwachen- oders das Jung&Naiv-Forum? Wer ist hier die Zielgruppe?
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Du legst dir alles einfach so zurecht, wie du es willst. Wo schreibe ich bitte viel über irgendwelche Theorien? Wenn du den Kapitalismis in deiner gütigen Weißheit ja schon seit deiner Kindheit verstanden hast, dann belästige bitte nicht andere, die Versuchen, das System und seine Geschichte zu verstehen (ohh geschichtsschreibung, wie akademisch und abgehoben !!!111!!, lohnarbeit existiert, ohh wie theoretisch). Ich schreib diese Texte nicht, um mich selbst gut zu fühlen, ich traue jedem hier zu, dass er in der Lage ist, sich Gedanken dazu zu machen (bevor ein Indi kommt und seinen Beitrag dazu leistet). Außerdem bin ich von Beruf Historiker und schreibe halt gern Texte(auch wenn mein stil schlecht ist).
Und wie oft haben ich geschrieben, dass es politischen Aktivismus, Demonstrationen und Proteste braucht? Wieso soll man den Menschen erst, nachdem die Kapitalismuskritik es in den Mainstream geschafft hat, erklären, was Kapitalismus eigentlich ist? Was hat das alles mit dem Forum zu tun? Das ist nur ein Hobby von mir, ich versuche nicht durch meine Texte hier im Forum eine Revolution auszulösen, was ein irrelevanter Schwachsinn. Wo soll der politische Aktivismus herkommen? Es gibt eine Millionen Anlaufstellen dafür, attac, FFF, Extinction Rebellion und tausend andere Gruppen. Was soll das für eine Frage sein? Du hast einfach keine Ahnung mehr, was du gegen mich schreiben sollst und ziehst dir deswegen irgendeinen Schwachsinn in einem 50 Textmeter Gishgallop aus dem Arsch. Du kannst lange Texte schreiben, aber viel Inhalt kommt dabei leider nicht zustande, außer Redundanzen mit denen du jedem hier auf die Eier gehst 🤦🏻♂️🤦🏻♂️Mehr als das kannst du nicht leisten, keine neuen Erkenntnisse in deinen Texten. Nur weil ich ein paar Bücher gelesen habe und Konzepte und Geschichte mit Fakten vermitteln will, brauchst du nicht angepisst sein, dass es bei dir nur für den immer gleichen Scheiß reicht und du keine Ahnung von Geschichte, Philosophie und auch vom ganzen Rest nicht hast. Unfassbar. Es grenzt schon fast an Nötigung jedes mal auf dieses (redundandte) Textgekotze antworten zu müßen und seine Lebenszeit zu verschwenden. Ja ich schreibe manchmal lange Texte, aber ich versuche in jedem Beitrag irgendetwas neuen einzubringen. Irgendetwas, das neue Erkenntnis bringt oder das Futter zum Nachdenken liefert, von daher hoffe ich, dass es nicht umsonst ist. Manchmal denke ich aber, dass ich einige Sachen nicht so deutlich erklärt habe, weil ich, auf eine gewissen Art, über die Jahre ein eigenes Denkmuster entwickelt habe, das IMO zwar oft sehr subversiv ist, aber andere es vielleicht nicht immer nachvollziehen können und ich darin ein bisschen gefangen bin.
Aber da kann man ja nachfragen