Vielleicht solltest Du das Buch von Gesell mal lesen, dann würdest Du vielleicht auch kapieren, dass da neben dem ganzen Marx-Bashing - welches Du ja offenbar so bereitwillig übernommen hast - auch noch eine Menge Aussagen darüber zu finden sind, was sich der Geschäftsmann Gesell so unter Unternehmertum vorstellt.
Sein Blick auf die Wirtschaft ist der Blick eines Kaufmannes. Die Marktwirtschaft, die Lohnarbeit und das private Eigentum an den Produktionsmitteln sind alles Dinge, die er als "natürlich" voraussetzt.
Damit folgt er im Prinzip klassisch liberalen Philosophen, die schon lange vor ihm zu der Auffassung gelangt waren, dass der Kapitalismus und die Marktwirtschaft quasi in der Natur des Menschen angelegt seien.
Und deshalb ist seine "natürliche" Wirtschaftsordnung eben auch hundert Jahre später in einer neoliberalen Gesellschaft nicht kleinzukriegen, deren ideologische Vordenker ganz ähnliche grundsätzliche Ansichten vertraten (auch wenn sie zum Geld eine andere Auffassung hatten).
Als "unnatürlich" gelten bei Gesell nur das Geld als (scheinbar) unverderbliches Aufbewahrungsmittel von Wohlstand und die private Aneignung von Grund und Boden. Alles andere ist aus seiner Sicht völlig zu recht als handelbare Ware zu begreifen.
Marx, Engels und alle die deren Analyse dahingehend folgen, behaupten das glatte Gegenteil. Es ist überhaupt nichts "natürliches" an einer Marktwirtschaft, in der ein möglichst reibungsloser Warenabsatz durch permanente Geldabwertung forciert werden soll. Das Kozept "Ware" und die permanent forcierte Verwandlung all dessen was Menschen so erarbeiten können in handelbare Waren ist in ihren Augen ein Produkt der herrschenden ökonomischen Verhältnisse und gipfelt in der widernatürlichsten Ware von allen: der menschlichen Arbeitskraft selbst.
Gesell hat das alles nicht interessiert. Er hat keine tiefgreifende Analyse der historischen Entstehung des industriellen Kapitalismus und seiner Ideolgieproduktion angestellt. Es ging ihm ausschliesslich darum, die bereits bestehende Marktwirtschaft effizienter und krisensicherer zu machen. Sein Menschenbild war - genau wie Deins, Brakteatenzeit - auf der, bereits zu seiner Zeit herrschenden Ideologie begründet, die besagte, dass der Mensch ein quasi natürliches Marktsubjekt sein müsse, weil er ja sonst keine Marktwirtschaft hätte zu erfinden brauchen, um seinem "natürlichen" Bedürfnis nach Vermarktung seiner Arbeitsprodukte zu möglichst "freier" Entfaltung zu verhelfen.
Die ganze "Frei"-Wirtschaft ist ein ideologisches Konstrukt, dass auf einem anderen Ideologischen Konstrukt aufbaut, welches es zur Bedingung menschlicher Freiheit macht, dass der Mensch ein Recht auf möglichst freie Verfügung über sein privates Eigentum haben müsse.
Das kann man ja glauben. Andere Menschen glauben an magische Schöpferwesen. Aber was Du hier machst ist in etwa das selbe, als würde ein Priester von einer Gruppe von Atheisten verlangen, sie sollten ihm erst mal beweisen, dass Gott gar nicht existiert.