Kapitalismus

  • soweit ich mich erinnern kann hat man die neoliberalen Reformen in einer zeit wachsender Arbeitslosigkeit eingeführt. passte den neoliberalen natürlich ganz gut, so konnten sie weiter angst schüren. im Namen der Wettbewerbsfähigkeit.


    ich bin der Meinung das es nicht funktionieren kann weil das versprechen jeder kann nach oben kommen nicht gehalten werden kann den in diesen System kann nicht funktionieren wenn alle profitieren.

    dazu diesen kommentar zur podcastfolge die ich gepostet hatte.

    https://tinyurl.com/y6afqhu8


    Es kommt nicht drauf an ob das System tatsächlich halten kann was es verspricht sondern nur, dass genug Leute daran glauben.

  • Hmmm... AlienObserver , ich glaube, Du widersprichst Dir ein bisschen.


    Einerseits schreibst Du:


    Dieser Teil der Ideologie [der die Ursache von Armut subjektiviert - Anm. Utan] ist extrem bedeutend wenn es um die Rechtferigung der sozialen Schieflage geht, er legitimiert nicht den Kapitalismus als Wirtschaftssystem sondern die Existenz von Reichtum und Armut an sich (möglicherweise unabhängig vom Wirtschaftssystem). Auch ein autoritärer zentralistischer (Orwellscher) Staat ohne Privates Kapital könnte diesen Teil der Ideologie vertreten.

    ...und andererseits:

    Das ist mir deshalb wichtig, weil es viele gibt die der Meinung sind deshalb, weil der Neoliberale Kaptialismus zerstörerischer für Mensch und Umelt ist als der Keynesianische Kapitalismus der ihm voranging, gäbe es die Möglichkeit eines "grünen und gerechten Kapitalismus". Ich sehe diese Möglichkeit nicht. Die Entwicklung ist meiner Meinung nache eine zwangsweise Folge unendlicher Kapitalistischer Kapitalakkumulation in einer endlichen Welt.

    Letzterem - also dass es keinen "grünen und gerechten" Kapitalismus geben könne, würde ich absolut zustimmen. Aber die Trennung des Neoliberalismus vom Kapitalismus halte ich - genau wie die Trennung des wirtschafts- vom gesamtgesellschaftlichen System im Kapitalismus(!) - für falsch.


    Die Anfänge des Neoliberalismus gingen zunächst explizit von einer nötigen Änderung der Wirtschaftsform aus. Dabei hatte man zwar immerhin eingesehen, dass der laissez-faire Kapitalismus der Vorkriegszeit zu volatil und krisenanfällig gewesen war, um stabile Märkte zu gewährleisten, aber eines der wichtigsten Anliegen - vor allem Hayeks - war, dass jede Form von totalitärem Staatswesen zu verhindern sei. Er bezog sich dabei natürlich hauptsächlich auf die Sowjetunion, aber der Liberalismus im Neo-liberalismus war seinen Vordenkern durchaus ein ernsthaftes Anliegen.


    Viele Leute, die man als Linker heute - vielleicht etwas oberflächlich - unter "neoliberal" verbuchen würde, beziehen sich, zumindest öffentlich, ja immer noch auf den klassischen Liberalismus, dessen viele Strömungen man als kleinsten gemeinsamen Nenner durchaus auf eine Freiheit des Einzelnen von staatlichem (oder kirchlichem) Zwang reduzieren kann.

    Genau in dieser Freiheit des Individuums liegt heute einerseits das Heilsversprechen, mittels dessen die neoliberale Ideologie auch dem gemeinen Pöbel vorgaukelt, sich durch eigene Leistung von gesellschaftlichen Zwängen befreien zu können, und andererseits ist sie die Grundlage für das Funktionieren des Marktes als großem Vermittlungs- und Ausleseprozess der jeweils besten aus der Menge der individuell auf ihm angebotenen Produkte, Erkenntnisse und Ideen.

    Wären die am Markt teilnehmenden individuen nicht frei von äußeren Zwängen, die sie an der Ausübung ihres angeblich ureigensten Dranges zur stetigen Nutzenmaximierung hindern, so könnten sie ihr volles Potenzial auch nicht in den Marktprozess einbringen und die ganze Theorie wäre nicht mehr haltbar.


    Bei Hayek kommt natürlich noch seine völlige Abwesenheit jeglichen Verständnisses für "das Soziale" an der menschlichen Sozietät hinzu, aber in einem totalitären Staat, wie dem in Orwells 1984, im National-, oder auch in den autoritären Staaten des real existierenden "Sozialismus", war die Individuelle Freiheit etwas, das nicht einmal die größten Parteibonzen ernsthaft als Ziel ihrer neuen Gesellschaftsordnung verkaufen wollten.


    Der Neoliberalismus brauchte den Kapitalismus - ein sozioökonomisches System welches alles reale menschliche Schaffen und dessen ideologischen Überbau der Kommodifizierung und Vermarktung zum Zweck der Profitmaximierung unterordnet - um überhaupt seine Theorie vom marktförmigen Wettbewerb als efizientestem aller möglichen Fortschrittsmotoren anzutreiben.

    Ich würde sogar soweit gehen zu behaupten, dass er eigentlich nur die (ideo)logische Konsequenz aus der Tendenz des Kapitalismus ist, mit zunehmender Kapitalakkumulation und Marktdominanz durch die größten Kapitalsammelstellen den Wettbewerb und damit seinen eigenen Wachstumsmotor auszubremsen und das Kapital daher darauf angewiesen ist, immer neue Märkte zu finden, auf denen noch Wachstum möglich ist, um nicht unter seinen eigenen Widersprüchen zusammenzubrechen.


    Der Neoliberalismus war bei dieser nötigen Marktexpansion zu Anfang auch durchaus erfolgreich - jedenfalls für die Profiteure der herrschenden Klassenverhältnisse -, indem er dem Kapital dabei behilflich war, neue Märkte zu erschliessen und noch mehr Lebensbereiche bis tief in das Privatleben der arbeitenden Bevölkerung hinein für die Vermarktung zu flexibilisieren, zu "liberalisieren" und dem großen Wettbwerb auszusetzen. Dass er dabei schlussendlich die Monopolbildung auch auf den neuen Märkten noch stärker befördert hat, ist - aus kapitalismuskritischer Sicht! - insofern kein Widerspruch, als er eben eine kapitalistische Ideologie, und somit auch den Gesetzen der kapitalistischen Produktionsweise unterworfen ist.


    Der Neolibralismus braucht aber gleichzeitig eine halbwegs "liberale" Gesellschaft - im Sinne von möglichst uneingeschränkter Selbstverwirklichung als mehrheitlich anerkanntem Lebensziel - und zumindest den Anschein einer freien Wahl, um sich dauerhaft als dominante Weltanschauung durchzusetzen. Dabei kann er keine ideologische Konkurrenz ertragen, die dem gesellschaftlichen Bewusstsein andere Wertvorstellungen vorgibt, die sich eher an kollektiven Idealen orientieren, als am totalen Individualismus.


    Jetzt könnte man noch einwenden, dass z.B. die AfD immerhin gleichzeitig nationalistisch - also an einem behaupteten kollektiven Wertegerüst orientiert - und trotzdem wirtschaftspolitisch- programmatisch immer noch neoliberal ausgerichtet sei. Allerdings kann man da auch feststellen, dass der völkische Flügel, dem das volksgenossenschaftliche Kollektiv vorgeblich wichtiger ist, als die individuelle Nutzenmaximierung für den einzelnen Volksgenossen, sich zunehmend national-"sozialistisch" gibt und, genau wie andere völkische Bewegungen, lieber mit rechtslibertären Marktradikalen paktiert, für die der Markt kein Mittel zum größtmöglichen Fortschritt mehr ist, sondern ein sozialdarwinistischer Ausleseprozess zwischen nützlichen und nutzlosen Individuen, und für die individuelle Freiheit nur noch jenen vorbehalten ist, die sie sich durch entsprechende Leistung für Volk und Vaterland redlich vedient haben.

  • Utan

    Lies genau. Ich meinte, dass der Teil der zuschreibung der Verantwortung an das Subjekt unabhängig vom Kapitalismus ist.

    Ich schreib das nur, weil in anderen Ideologien (rechts aussen) diese Idee auch zu finden ist. Neoliberalismus in seiner Gänze ist natürlich eine Ideologie des Kapitalismus. Das schreib ich aber auch.

  • Utan

    Lies genau. Ich meinte, dass der Teil der zuschreibung der Verantwortung an das Subjekt unabhängig vom Kapitalismus ist.

    Ich schreib das nur, weil in anderen Ideologien (rechts aussen) diese Idee auch zu finden ist. Neoliberalismus in seiner Gänze ist natürlich eine Ideologie des Kapitalismus. Das schreib ich aber auch.

    hat Frauke Petrie nicht mal gesagt das sie mit den Nationalsozialismus nichts zu tun haben... sie seinen ja nicht sozial

  • Utan

    Lies genau. Ich meinte, dass der Teil der zuschreibung der Verantwortung an das Subjekt unabhängig vom Kapitalismus ist.

    Ich schreib das nur, weil in anderen Ideologien (rechts aussen) diese Idee auch zu finden ist. Neoliberalismus in seiner Gänze ist natürlich eine Ideologie des Kapitalismus. Das schreib ich aber auch.

    Ok. Dann hab' ich Dich falsch verstanden.

  • Präkarisierung und Individualismus (Selbstverantwortung) sind aber keine Ideologien, die erst mit dem Neoliberalismus aufkamen. Sie sind schon immer Teil des Kapitalismus als Ideologie Die Bauernbefreiung und die Abschaffung feudaler Herrschaftsrechte hat die Bauern individualisiert. Jeder war praktisch nur noch für sein eigenes Glück auf dem Arbeitsmarkt zuständig. Individualisierungsideologie hat auch eine reiche Tradition bei bekannten Liberalen zurück bis in die Aufklärung.


    So etwas wie einen Sozialstaat gab es im 18. - 19. Jahrhundert auch nicht. Es gab keine Arbeiterrechte, Gewerkschaften (Combinations of Workers) waren bis zum Master and Servant Act in 1871 verboten (England), wenn du während der Arbeitszeit abwesend warst, musstest du entweder für einen Monat ins Gefängnis oder zur Zwangsarbeit in eine Mine oder Steinbruch. Das ist also alles nix neues. Du machst den Unterschied zwischen Kapitalismus und Neoliberalismus zu groß IMO. Nel. und Kap. unterscheiden sich im Grunde dadurch, dass die Neoliberalen eine andere Auffassung von Märkten haben und natürlich ihre extreme Ablehnung von Demokratie. Im 17. und 18. Jahrhundert gab es noch die verbreitete Meinung, dass Handel und Wirtschaft einen moralisierenden Effekt auf die Menschen hat (Thomas Paine z.B.) und dass man die Märkte nur alleine lassen soll und dann entwickelt sich die Gesellschaft schon in die richtige Richtung. Die Neoliberale habe eine konstruktivistische Sicht auf Markt und Gesellschaft, die man über die Staatsmacht schaffen muss.

  • Präkarisierung und Individualismus (Selbstverantwortung) sind aber keine Ideologien, die erst mit dem Neoliberalismus aufkamen. Sie sind schon immer Teil des Kapitalismus als Ideologie Die Bauernbefreiung und die Abschaffung feudaler Herrschaftsrechte hat die Bauern individualisiert. Jeder war praktisch nur noch für sein eigenes Glück auf dem Arbeitsmarkt zuständig. Individualisierungsideologie hat auch eine reiche Tradition bei bekannten Liberalen zurück bis in die Aufklärung.


    So etwas wie einen Sozialstaat gab es im 18. - 19. Jahrhundert auch nicht. Es gab keine Arbeiterrechte, Gewerkschaften (Combinations of Workers) waren bis zum Master and Servant Act 1871 verboten, wenn du während der Arbeitszeit abwesend warst, musstest du entweder für einen Monat ins Gefängnis oder zur Zwangsarbeit in eine Mine oder Steinbruch. Das ist also alles nix neues. Du machst den Unterschied zwischen Kapitalismus und Neoliberalismus zu groß IMO. Nel. und Kap. unterscheiden sich in Grunde dadurch, dass die Neoliberalen eine andere Auffassung von Märkten haben.

    Wenn dir das Hilft, dann bitte.


    Ich empfinde es als hilfreich eine Unterscheidung zwischen Ideologie und Wirtschaftssystem zu machen. Vor allem weil der Neoliberalismus in so vielen Teilen totalen Unsinn propagiert.


    Kapitalismus ist eine Realität, Neoliberalismus ist eine Fiktion.

  • Der Einwand von JonnyMadFox bringt mich auf ein Beispiel, dass sich vielleicht ganz gut eignet um zu beschreiben was ich meine. Wenn man von der Wirtschaft übergeht zu einer Betrachtung der Macht im Kapitalismus dann wird das vielleicht klarer warum ich die Trennung von Kapitalismus und Ideologie als hilfreich für den Erkenntnisgewinn sehe.


    Ich halte Michel Foucaults Ansätze für extrem Lehrreich und hatte schon über Episteme geredet. Foucault spricht viel über Macht-Wissens-Komplexe, die wie ich finde, die Vorstellung der Episteme erweitern. In Kürze: Macht und Wissen(schaft) sind so verflochten, dass sie im Grunde zwei Aspekte eines Komplexes, dem "Macht/Wissen", sind.

    Anm: Macht in Foucaults Sinn ist übrigens "Das Handeln dass das Handeln anderer bestimmt" und ihre Ausübung findet im Diskurs über soziale Prozesse statt. Kurz: Macht = Ideologie.


    Innerhalb der Wissenschaft gibt es einige Disziplinen die mit der Macht eine besonders Enge Beziehung eingehen und auf die die Macht sich beruft um ihre Herrschaft zu legitimieren (also Ideologie zu produzieren). Foucault beschäftigte sich ausführlich mit Nazideutschland, weil der Bruch nach dem zweiten Weltkrieg eine völlige Neustrukturierung der dieser Macht-Wissens-Komplexe nach sich zog. Man kann an diesen Brüchen diese Gebilde besonders gut sehen.


    Die Disziplin der Volkskunde z.B:, die in dieser Art eine sehr Deutsche Disziplin ist, sah es vor der Nazi-Diktatur als ihre Aufgabe zu Konstruieren "Was" ein "Deutscher" ist. Die Gebrüder Grimm und andere versuchten mittels einer "Erfundenen Tradition" der Deutschen, die Entstehung einer Deutschen Nation zu befördern. Die Nazis haben viele Ideen der VK aufgegriffen und sie universitär Institutionalisiert. Vor der Nazi-Herrschaft gab es zwar Volkskunde, aber es gab keine Lehrstühle an den Unis.


    Viele Volkskundler in der Nazi Zeit sahen es (aus Dank?) als ihre selbstgewählte Aufgabe die abstruse Rassenideologie der Nazis "wissenschaftlich" zu untermauern. Nazis widerum stützten ihre "Politik" der Vernichtung auf diese fiktionale Wissenschaft. Sie diente den Verbrechern als Rechtfertigung und Gewissensberuhigung. Die VK hat sich mit Schuldig gemacht am Holocaust.

    (Es gab aber natürlich auch VKler wir Prof Huber von der weissen Rose).


    Nach dem zweiten Weltkrieg hörte die VK beinahe auf zu existieren. Nach einem langen Prozess der Aufarbeitung entstand sie dann neu als Europäische Ethnologie, soziale oder empirische Anthropologie usw. Die VK ist heute kritisch, weiblich, links, spielt aber im Macht-Wissen Komplex heute keine Rolle mehr und ihre Institute bangen um ihre Existenz.


    Die Ökonomie gab es zwar vor dem 2. WK an den Universitäten, aber sie erlebte einen extremen Boom (in der BRD) nach dem 2.WK. Die neuen Ökonomen sahen als als ihre selbstgewählte Aufgabe die Legitimation für den alles beherrschenden Kapitalismus zu liefern und werden heute dafür an den Unis reich beschenkt mit Lehrstühlen, Forschungsaufträgen usw.


    Mächtige Lobby-Organisationen und ihre Propagandaorgane, wie der BDI, die INSM , das DWI, die Bertelsmannstiftung..., , verstärken diesen Macht-Wissens komplex zusätzlich weil sie Ökonomen für ihre Ideologieproduktion reich belohnen.. Ökonomen, meist die von der INSM geförderten, treten dann in jeder Talkshow auf um die Propaganda verbreiten. Die Ökonomie ist also mit Schuldig an den Zerstörungen des Kapitalismus.


    Das was die mainstream Ökonomen verbreiten ist keine Wissenschaft und beschreibt keine realen wirtschaftlichen Zusammenhänge sondern dient nur diesem einen Zweck der Rechtfertigung des herrschend Macht/Wissens. Wenn Ökonomen kritisch wären und wirkliche Wissenschaft die keine Fiktion liefert, sondern sich an der Realität misst, dann hätten sie diesen gesellschaftlichen EInfluss nicht.


    Der offizielle Ausdruck für das System Deutschlands ist:

    "Geschichtete kapitalistische Gesellschaft in einer representativen Demokratie".


    Der Ausdruck Kapitalismus beschreibt ein Wirtschaftsysstem, representative Demokratie ein Staatsgebilde.

    Neoliberalsimus durchzieht beide Aspekte als Ideologie. Unter Ideologie versteht man wissenschaftlich (ausschliesslich) die Denksysteme der Herrschenden Eliten.


    @JonnyMadFox Als Marx kenner sollte ich dir den Ideologiebegriff aber nicht erklären müssen.

  • letztlich ist das auch egal ... ist beides Mist ...

    Ja stimmt. Aber es gibt Leute, die meinen, nur wenn der "richtige" Kapitalismus wieder hergestellt wurde, werden alle Problem gelöst. Aber ich glaube AlienObserver denkt nicht so (antworte noch auf deinen neuesten guten beitrag 👍)

  • Für Foucault ist der Neoliberalismus der BRD eine Gouvernementalität. Es gibt von ihm eine Vorlesungsreihe dazu. Es ist einfach die Vorstellung einer marktkonformen Demokratie: der Staat sichert zwar die Grundrechte, aber sorgt in Ausbildung, Arbeit usw. für Wettbewerbsbedingungen. Der Staat zieht sich damit eben nicht zurück, sondern stellt erst sein Gegenstück, den freien Markt, her. So hab ich Foucault verstanden.


    Es gibt auch die Debatte, Foucault selbst neoliberal ist, gerade wegen seinem späteren Subjekt Begriff.

  • An alle: Man bedenke, dass Foucault dem Neoliberalismus nicht abgeneigt war, in seinen späten Jahren. Aber das bedeutet ja nicht, dass seine Theorien dadurch schlecht werden, kann man ja trotzdem anwenden.

    (aso, hat jack schon erwähnt)

  • Naja, Foucault war bekennender Anarchist und Kapitalismuskritiker. Das Foucault ein "Neoliberaler " war, halte ich für eine sehr gewagte Behauptung.

    Als Anarchist hat er des öfteren darüber gesprochen dass "weniger" Herrschaft für ihn sehr erstrebenswert ist, da gibt es Anknüpfungspunkte zum Neoliberalismus.


    Aber er steht für die Emanzipation von Ideologien an sich und die Befreiung des Denkens durch Überwindung von Denkschranken der Ideologie.

  • Ich denke der Vorwurf, dass Foucault ein Neoliberaler wäre stammt von Marxisten die seine Analysen als Kränkung empfunden haben. Seine (richtige) Analyse, dass die Macht-Strukturen nach der Sovietrevolution sich kaum von denen des zaristischen Russland unterschieden weil die Intersubjektiven Handlungen und Machtausübungen die gleichen waren, hat viele Marxisten gegen ihn aufgebracht.

  • Ich Teile übrigens Foucaults Subjekt Begriff und bin auch kein Neoliberaler. Ich sehe da auch keinerlei zusammenhang.


    Ich halte den marxistischen Subjekt Begriff, (z.B. bei Gramsci), dass ich immer nur Teil einer Klasse bin und das beste was ich für mich erreichen kann ist, dass mich ich meiner Klassenzugehörigkeit bekenne, für sehr anti-emanzipatorisch.


    Wenn ich ähnlich Argumentieren würde würde ich diesen Subjektbegriff als autoritär bezeichnnen.

  • Als ahnungsloser Salonmarxist und Küchenphilosoph würde mich allerdings ehrlich interessieren, worin Foucaults Begriff von "Macht/Wissen" sich von Marx' "Gedanken der herrschenden Klasse" unterscheidet, wenn nicht durch unterschiedliche Grundannahmen, denen zu Folge sich Ideologie bei Marx aus den materiellen Verhältnissen ergibt und sie legitimiert, während sie bei Foucault eher aus einem Macht-/Wissens- Diskurs entsteht, und dann die Mächtigen und Wissenden materiell besser stellt als die Machtlosen und Unwissenden.


    Vielleicht diskutiere ich jetzt mit einen Strohmann, weil ich zu wenig über Foucault weiß, aber mir scheint diese Unterschdeidung essenziell dafür zu sein, wie man den Kapitalismus und seine Rolle in (bzw. unter und über) der gesamten Gesellschaft versteht, bzw. ob man - so wie Du, AlienObserver, es oben mehrfach für geboten hieltest - eine klare Trennung zwischen der Ideologie und ihrer wirtschaftlichen Grundlage vornimmt, oder ob man die beiden nicht eher als Verhältnis gegenseitiger Wechselwirkungen begreift, welche insgesamt das heutige sozioökonomische Gesamtsystem erst zu einem kapitalistischen machen.


    Oder anders ausgedrückt:


    Wenn man den Kapitalismus als Wirtschaftssystem begreift und die Ideologieproduktin als eine davon losgelöste Sphäre, spielt man dann nicht genau jenen in die Hände, die (aus meiner Sicht) an dem Irrglauben festhalten, man müsse nur die "richtige" Ideologie, also das "richtige" Macht/Wissen, die "richtige" Politik durchsetzen, um den Kapitalismus zu bändigen und ihn "richtig" anzuwenden, um also seine fortschrittliche Kraft positiv zu entfalten und damit z.B. den Klimawandel zu bekämpfen, soziale Ungleichheit zu minimieren, oder kriegerische Auseinandersetzungen durch friedlichen Handel zu ersetzen?


    Und liefe man damit dann nicht Gefahr, mit seiner Machtkritik - ob gewollt oder nicht - genau den neoliberalen Ideologen in die Hände zu spielen, die vorgeben dies alles verwirklichen zu können, wenn man die Demokratie nur marktkonform genug zurichten würde?


    (Ich rede hier natürlich nicht vom akademischen Diskurs, sondern von der öffentlichen Debatte.)

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