Bedingungsloses Grundeinkommen

  • Die Behauptung von Precht und oswald sigg wurden zichfach widerlegt (nicht das ich gegen eine solche Steuer wäre, sie bringt nur wesentlich weniger)...

    ... Mittlerweile sind beide auch schon von der Idee abgerückt und wollen jede Zahlung besteuern, also immer wenn Geld fließt. Stichwort "Mikrosteuer".

    Im Prinzip ist ja auch jede Zahlung eine Finanztransaktion, keine Ahnung was für eine isolierte Definition du bisher davon hattest was Finanztransaktionen sind, vermutlich die von FDP und CDU/CSU, so klingen deine Argumente zumindest für mich, bei denen ist mir schon klar warum da keine großen Summen bei rauskommen.


    Aber man muss sich halt einfach mal angucken wie groß das Finanztransaktionsvolumen in Deutschland aussieht...wenn man glaubt das ist zu wenig und da kommt nicht genug bei raus...dann hier mal die Daten der 36 größten Banken in DE, deckt etwa 95% ab, wir reden da über ein Volumen von Finanztransaktionen von über 300.000 Milliarden € alleine in Deutschland:

    Mal so grob, bei 0,4% Finanztransaktionssteuer auf die kompletten 318.976 Milliarden € hätte man etwas über 1275 Milliarden € im Jahr für ein BGE gehabt, also mehr als ausreichend um allen Menschen in Deutschland deutlich mehr als 1000€ pro Monat ein BGE zu zahlen...es sieht daher eher nicht so aus als ob Precht falsch liegt, aber wenn du andere Zahlen hast dann immer her damit, bin gespannt welche neoliberalen Quellen da so kommen...

  • Man müsste wahrscheinlich mal klären, wann überhaupt etwas kein Spielball großkapitalistischer Interessen war und wann wahrer, authentischer Klassenkampf und Umverteilung.

    Im Kapitalismus ist natürlich alle Politik auch Spielball großkapitalistischer Interessen. Der ganze moderne Nationalstaat hat sich ja erst zusammen mit dem Kapitalismus entwickelt.


    Aber für die Frage, was besser gegen ungleiche Verteilung und Spaltung der Gesellschaft hilft, ist das ja erstmal zweitrangig. Auch R. D. Precht und die meisten anderen BefürworterInnen des BGE sind schliesslich keine MarxistInnen oder sonstwie linksradikal. Die wollen den Kapitalismus nicht abschaffen, sondern ihn in guter alter sozialdemokratischer Tradition nur ein bisschen weniger ungerecht machen.


    Daran ist ja erstmal nichts Falsches. Auf die Revolution zu warten ist keine Alternative, weil die beim gegenwärtigen Zustand der allgemeinen politischen Willensbildung wohl eher von rechts als von links kommen würde.

    Das Problem daran ist, dass man das BGE entweder zulasten der breiten Bevölkerung finanzieren müsste, also z.b. durch drastisch erhöhte Konsumsteuern, oder eben durch deutlich stärkere Besteuerung von Unternehmensgewinnen und Kapitalerträgen. In beiden Fällen läuft es aber auf das hinaus was wir eigentlich schon haben: Einen Sozialstaat, der Volkswirtschaftliche Erträge so umverteilt, dass finanziell benachteiligte Mitglieder der Gesellschaft - je nach Grad der Verinnerlichung des neoliberalen "Leistungsprinzips" - eine Möglichkeit zur sozialen Teilhabe bekommen, oder wenigstens vor der völligen Verelendung bewahrt werden.


    Diese umzuverteilenden Erträge müssten aber auch mit einem BGE erstmal erwirtschaftet werden. Um Kapitalerträge und Unternehmensgewinne in ausreichender Höhe besteuern zu können, müssen UnternehmerInnen eben auch ordentlich Gewinn machen und Geldkapital möglichst profitabel investiert werden.


    Am Ende bliebe der Sozialstaat weiterhin davon abhängig, dass Kapitalinteressen bedient werden. Die Unternehmerverbände und ihre angeschlossenen neoliberalen Ideologieproduktionsanstalten Wirtschaftsinstitute hätten dann nur noch leichteres Spiel dabei, die direkte Abhängigkeit der Sozialen Absicherung der Bevölkerung von möglichst guten Bedingungen für die Arbeitskraft- und Kapitalverwerter in der Öffentlichkeit als Alternativlos darzustellen.

  • Im Prinzip ist ja auch jede Zahlung eine Finanztransaktion, keine Ahnung was für eine isolierte Definition du bisher davon hattest was Finanztransaktionen sind, ...

    Naja, jene Definitionen die es gibt. Zum einen Finanztransaktionsteuer und zum anderen die Mikrosteuer.


    Um eines klar zu machen, ich bin nicht gegen diese Steuern, sondern befürworte sie sogar sehr. Gerade weil sie bestimmte Spekulationsgeschäfte praktisch unmöglich macht. Die Finanztransaktionsteuer bringt bei weitem nicht soviel Geld und bei der Mikrosteuer belaufen sich alle Berechnungen, auf den aktuellen Umsatzvolumen von Geld.


    Aber nehmen wir an, es würde sich nicht verändert, und die Staatsqoute würde sich auf 80% erhöhen. Wir hätten dann Unmengen an Geldern, um Armut zu bekämpfen, um Lohnarbeiter abzusichern, um Kulturschaffende zu fördern, um die Arbeitszeit zu reduzieren usw. (mit der Prämisse dass sich nach der Einführungen, die Steuereinnahmen nicht verändern, darauf basiert ja das Prinzip der Finanzierung) Wieso sollte wir dann ein Grundeinkommen einführen?

    Armut würde bestehen bleiben, Lohnarbeiter würden bei Job Aufgabe oder Verlust in ein enormes Loch fallen.

  • Was soll die Tiefstapelei? Finanztransaktionssteuer braucht doch kein Mensch, wer der Meinung ist ein Finanzprodukt zu erwerben brächte ihm einen Mehrwert, der soll den auch versteuern, wir nennen sowas Mehrwertsteuer. Hat nebenbei den Charme, dass jeder der versucht sie zu senken nebenbei Familien oder anderen armen "nur Konsumenten" hilft die von der Hand in den Mund leben.

  • Das Problem daran ist, dass man das BGE entweder zulasten der breiten Bevölkerung finanzieren müsste, also z.b. durch drastisch erhöhte Konsumsteuern, oder eben durch deutlich stärkere Besteuerung von Unternehmensgewinnen und Kapitalerträgen. In beiden Fällen läuft es aber auf das hinaus was wir eigentlich schon haben: Einen Sozialstaat, der Volkswirtschaftliche Erträge so umverteilt, dass finanziell benachteiligte Mitglieder der Gesellschaft - je nach Grad der Verinnerlichung des neoliberalen "Leistungsprinzips" - eine Möglichkeit zur sozialen Teilhabe bekommen, oder wenigstens vor der völligen Verelendung bewahrt werden.

    Naja, wenn man einen H4 Empfänger fragt ob wir noch einen Sozialstaat haben wird der das vllt. etwas anders sehen als du...denn das aktuelle System schützt ja nichtmal vor völliger Verelendung...es werden Menschen durch Sanktionen bei fehlender Kooperation (oder das was der Sachbearbeiter sich in seinem kleinem Mikrokosmos so zusammenreimt) direkt in die Wohnungslosigkeit/Obdachlosigkeit geschickt...wir haben btw bald eine Millionen Menschen die wohnungslos sind.


    Der Unterschied beim BGE wäre halt das es bedingungslos ist und nicht einfach weg sanktioniert werden kann, ich halte das schon für einen enormen Fortschritt.

  • Naja, wenn man einen H4 Empfänger fragt ob wir noch einen Sozialstaat haben wird der das vllt. etwas anders sehen als du...

    Da kannst Du auch mich fragen, Ich war schon mal ein Jahr lang auf Hartz und so wie's gerade aussieht mit der Seuche bin ich es vielleicht auch bald wieder.


    Mir musst Du nicht erklären, was die Vorteile eines BGE wären, sondern den Leuten die cdU, fdP und sPD wählen.


    Mir geht's nicht darum, unser kaputt gespartes neoliberalisiertes Sozialsystem schön zu reden, sondern darum, dass das BGE dem Kapital zu noch mehr Erpressungspotenzial verhelfen könnte, wenn man es zum Beispiel von solchen wirtschaftshörigen Technokraten wie Olaf Scholz einführen liesse.


    Natürlich muss das Sanktionsregime abgeschafft, der Regelsatz erhöht und das Wohngeld den wuchernden Mietpreisen angepasst werden. Und das geht natürlich nur, wenn der Mindestlohn ebenfalls angehoben wird - was ohnehin schon längst dringend nötig gewesen wäre.

    Aber das halte ich für ein realistischeres Ziel für linke Politik, als ein BGE das tatsächlich so gebaut ist, dass die Unternehmerlobby es nicht als Druckmittel verwenden kann.

    Die fordern das ja nicht mittlerweile deshalb schon teilweise selbst, weil ihnen die verarmende Unterschicht so leid tut, sondern weil sie damit eine Nachfrage- und Lohnsubvention vom Staat bekommen, und dafür keine Sozialabgaben mehr zahlen wollen.

  • Mir geht's nicht darum, unser kaputt gespartes neoliberalisiertes Sozialsystem schön zu reden, sondern darum, dass das BGE dem Kapital zu noch mehr Erpressungspotenzial verhelfen könnte, wenn man es zum Beispiel von solchen wirtschaftshörigen Technokraten wie Olaf Scholz einführen liesse.

    Natürlich ist das eine Frage der Gestaltung welche man eher nicht Leuten wie Scholz bzw den eher rechten neoliberalen Seeheimern in der SPD überlassen sollte, da bin ich ganz bei dir.


    Es gibt dazu eine schon etwas ältere PDF die ich da mal verlinken will...

    Neoliberal oder emanzipatorisch? ...

    Es gibt unterschiedliche Modelle eines Bedingungslosen Grundeinkommens (BGE), daher ist die Frage, ob ein BGE einen Beitrag zu einem anderen, nicht profitorientierten Wirtschaften im Sinne Solidarischer Ökonomien leisten könnte, nicht einfach mit „ja“ oder „nein“ zu beantworten. Es kommt darauf an, wie dieses BGE konkret ausgestaltet ist. ...

    ...dort wird übrigens auch darauf hingewiesen was du hier schon geschrieben hast, ein BGE beseitigt letztendlich natürlich nicht die eigentlichen Ursachen der Probleme, verbessert die Situation aber schon etwas weil Arbeitszwang und Sanktionen halt wegfallen...

    Jedoch greift ein BGE nicht die Basis eines profitorientierten und ungerechten Wirtschaftssystems an, sondern basiert selbst auf der kapitalistischen Warenproduktion, deren Überschüsse es nur umverteilt. Es bleibt auf die Sphäre der Zirkulation beschränkt, ohne zum Beispiel die Frage nach dem Eigentum an Produktionsmitteln, nach der Verfügung über Ressourcen und nach einer Demokratisierung der Wirtschaft zu stellen. Bestenfalls deckt es den täglichen Bedarf ab und mindert die bitterste Armut, aber es ändert nichts an der systembedingten Kluft zwischen Arm und Reich.

    Je höher ein BGE wäre, umso mehr könntees hierzulande das immer stärkere Auseinanderklaffen der Einkommensschere zumindest verlangsamen.

    Und hier noch etwas, wer folgendes Video noch nicht kennt sollte es sich mal ansehen, ist mMn ganz gut gemacht und kann man Leuten schicken die eher nicht längere Texte lesen würden/wollen (davon gibt es ja immer mehr Menschen):

  • Natürlich schafft das BGE nicht den Kapitalismus ab, es ist in sich kapitalistisch. Es bedient sich der kapitalistischen Logik. Es wirkt wie selbstverständlich immer weiter den Wert von produktiver Arbeit abzuschöpfen. Kapitalisten schöpfen es jetzt schon ab, sie haben praktisch ein BGE in Form von Zinsen und Dividenden. Die Verschleierung dessen ist der Boden und das Kapital. Mit dem BGE werden wir alle zu Kapitalisten, unsere Verschleierung wird was sein? Menschenrecht auf ein gutes Leben?



    Manchmal frage ich mich, ob Marx und Engels Anarchisten waren? Passt aber vermutlich besser in den Marx thread.

  • Die entscheidende Frage ist, wie man verhindern will, dass ein BGE - wäre es erst mal eingeführt - nicht am Ende genauso zum Spielball großkapitalistischer Interessen und zur politischen Verhandlungsmasse würde, wie heute die Höhe des Mindestlohnes oder des Hartz IV-Regelsatzes.

    Das BGE würde jeden betreffen. Nicht nur Hilfsbedürftige, sondern Wähler aller Parteien gleichermassen und auch Reiche. Und die würden schon dafür sorgen, dass das BGE nicht gekürzt wird. Einer der Vorteile, dass wenn es an alle bedingungslos ausgezahlt werden würde soll und nicht gedeckelt wäre.

    Sofern man es nicht irgendwie schaffen würde, das ganze mit Ewigkeitsanspruch so in das Grundgesetz zu schreiben, dass das BGE auschliesslich aus Unternehmens- und Kapitalerträgen finanziert, und seine Höhe automatisch an die Inflation angepasst und nicht mehr verringert werden könnte, glaube ich nicht, dass man sich als Linke(r) einen Gefallen damit täte, es zu fordern.

    Mein Vorschlag wäre die Erhöhungen an die Diätenerhöhungen zu koppeln. Dann braucht man keine verlogene Kommission wie beim Mindestlohn und es würde sehr schwer werden Politiker zu finden, die gegen eine Erhöhung sind...

  • ein BGE von " nur " 1000 € wurde viele Sozialgeldbezieher eine Kürzung bedeuten. Der Kuchen wird kleiner wenn mehr Leute davon zehren

    Quatsch, wenn die Krankenkasse kostenlos dazukommt entspricht es den aktuellen Hilfen ziemlich gut. Eine Hartz4 Familie könnte sogar besser leben, weil Hilfen nicht aktuell gegenseitig verrechnet werden.

    Eine Refinanzierungen ist oft mit falsche Annahme verbunden dass Deutschland ein geschlossenes System sei.


    Weder kannman die Löhne unendlich hoch treiben oder Leute zwingen in Deutschland das Geld zu verbrauchen.

    Was ist eigentlich das Problem von Leuten wie Dir?


    Ist Dir noch nie aufgefallen wieviel Steuererleichterungen es für Menschen mit hohem Einkommen gibt?

    Das erhöhte Kindergeld z.B. hilft armen Kindern überhaupt nicht, weil es mit Hartz4 verrechnet wird. Davon haben nur Familien, die ein höheres Einkommen als Hartz4 beziehen, Vorteile.

    Auch Freibeträge oder ein verminderter Steuersatz ist nur für Menschen interessant, die tatsächlich Steuern zahlen.

    Pauschal 25% für Kapitaleinkünfte ist auch ein Witz. Frau Kladden lacht sich jedes Jahr kaputt.


    Im Grunde gibt es z.Zt. in Deutschland ein BGE ab der Mittelschicht.

    Diese ganzen Steuererleichterungen könnten mit einem BGE einfach gestrichen werden. Da müssen erst mal gar keine neuen Steuern erhoben oder die aktuellen erhöht werden.

  • Diese umzuverteilenden Erträge müssten aber auch mit einem BGE erstmal erwirtschaftet werden. Um Kapitalerträge und Unternehmensgewinne in ausreichender Höhe besteuern zu können, müssen UnternehmerInnen eben auch ordentlich Gewinn machen und Geldkapital möglichst profitabel investiert werden.

    Klar, aber ich habe den Eindruck, das Einige hier glauben, dass ein ausgezahltes BGE einfach verloren ist.


    Aber genau das Gegenteil ist der Fall. Gerade arme Menschen werden das Geld über Konsum komplett in den Kreislauf zurückgeben. D.h. UnternehmerInnen können ordentliche Gewinne machen.

  • 1)

    das wäre eine beispielrechnung für z.b. Frankfurt


    Monatlicher Bedarf

    Regelleistungen

    345,00 Euro

    Sozialgeld

    0,00 Euro

    Kaltmiete & Nebenkosten (mtl.)

    670,00 Euro

    Heizkosten

    0,00 Euro

    Dezentrale Warmwasserversorgung

    0,00 Euro

    Monatlicher Bedarf Gesamt

    1.015,00 Euro

    Mehrbedarf

    Schwangere

    0,00 Euro

    Alleinerziehender

    0,00 Euro

    Behinderung

    0,00 Euro

    Erkrankung

    0,00 Euro

    Mehrbedarf Gesamt

    0,00 Euro

    Abzüge

    Kindergeld

    0,00 Euro

    Angerechnete Einkünfte

    0,00 Euro

    Versicherungspauschale

    0,00 Euro

    Freibetrag

    0,00 Euro

    Einkommen der Kinder

    0,00 Euro

    Abzüge Gesamt

    0,00 Euro

    Ihr Anspruch:

    1.015,00 Euro


    da wärst du schon über 1000 € ohne Rentenversicherung + Krankenversicherung + sonstige Zuschüsse + ohne Warmwasser


    ...........


    1) mein Problem ist z.B. dass mich immer Leute fragen was für ein Problem ich habe. ich habe kein Problem mit BGE noch mit Hartz 4, da ich auf beides nicht angewiesen bin/ werde. Allerdings halte BGE grundsätzlich für eine gute Idee, aber die Finzanzierung beruht in meisten Fällen darauf, dass die Leute oder Firmen ihr Verhalten nicht ändern z.B. eine Bank bzw. Fonds werden halt nicht aktien in Deutschland kaufen. Das muss man einkalkulieren.


    2) ich gehöre zur Mittelschicht aber ich habe kein BGE ( wo muss ich das beantragen )

    3) das Steuererleichterungen, nur Leute nutzendie Steuern zahlen ist lächerliches Argument.



    25% der Einkommensteuer zahlen 2,3% der Bevölkerung.


    Es werden jährlich fast 1 Billion unverteilt über den Sozialhaushalt.


    Du wirst auf keinen Fall aufgrund nur die Kürzung von Steuererleichterungen eine Billion für das BGE zusammen bringen. DIe gesamte Einkommensteuer beträgt 300 Millarden ( inkl. Soli ) .

    Selbst dann wäre es fragwürdig ob BGE von 1000 € eine Kaufkraft von 1000 € entspricht, da ggf. auch die Preise sich ändern.

  • Natürlich schafft das BGE nicht den Kapitalismus ab, es ist in sich kapitalistisch. Es bedient sich der kapitalistischen Logik. Es wirkt wie selbstverständlich immer weiter den Wert von produktiver Arbeit abzuschöpfen. Kapitalisten schöpfen es jetzt schon ab, sie haben praktisch ein BGE in Form von Zinsen und Dividenden. Die Verschleierung dessen ist der Boden und das Kapital. Mit dem BGE werden wir alle zu Kapitalisten, unsere Verschleierung wird was sein? Menschenrecht auf ein gutes Leben?

    Grundsätzlich würde ein BGE Sicherheit schaffen.


    Es würde dann nicht nur eine Untergrenze wie bei Hartz4 geben. Der Verlust der Ersparnisse und ständige Drangsalierungen fallen trotz Dauerarbeitslosigkeit weg.


    Das gilt natürlich auch bei beruflichen Experimenten. Ein neuer Arbeitsplatz, Selbstständigkeit oder Arbeitslosigkeit für Weiterbildung/Umschulung wären kein Grund für Magengeschwüre.


    Umzug in eine Gegend mit billigeren Lebenbedingungen, aber ohne Arbeitsplätze wäre auch möglich (wenn man das möchte).


    Vielleicht ist ein Umbau des kapitalistischen Systems in etwas anderes möglich, keine Ahnung. Das würde mit einem BGE aber genauso gut funktionieren wie heute mit Hartz4.


    Abgesehen davon: Wir sind alle Kapitalisten und leben in einem kapitalistischen System. BGE ändert das nicht, im Gegenteil. Gerade Arbeit zum Mindestlohn würde sich wirklich rechnen und wäre nicht nur dem Zwang geschuldet, arbeiten zu müssen. Auch wenn ein Arbeitsplätz gefällt (und daran hat die Bezahlung nur einen Anteil), ist ja immer der wirtschaftliche Zwang vorhanden.

  • Ich glaube, Du solltes Dir die Berechnung von Hartz4 mal genau ansehen.


    Der Mietzuschuss ist bei Hartz4 gedeckelt, nur Nebenkosten werden voll übernommen.


    Warmwasser ist beim standard Mietvertrag in den Nebenkosten drin.


    Krankenversicherung wird bei Hartz4 bezahlt, aber nicht extra ausgewiesen. Das müsste bei einem BGE natürlich auch zu dem Mindestbetrag für Leben und Wohnen dazukommen.


    Rente wäre überflüssig. BGE gäbe es ja bis ans Lebensende. Natürlich könntest Du als Berufstätiger mit einer Rücklage das BGE im Ruhestand aufstocken.


    Ausserdem gilt Deine Rechnung für Singles. Meines Wissens hat bei Paaren die zweiten Person Abzüge. BGE wäre ein fester Betrag, den beide ohne Abzüge bekämen und eventuelle Kinder ebenso.


    Zum Thema Zuschüsse. MMn. bedeutet ein BGE nicht, das Menschen mit erhöhtem Aufwand nicht zusätzlich unterstützt werden können. Das kann weiter bedarfsabhängig bleiben und geprüft werden. Selbst Umschulungen oder Weiterbildungen können weiterhin finanziell begleitet werden. Das wird mit einem BGE nicht automatisch ausgeschlossen. Im Gegenteil, wir haben einen Anspruch auf Bildung.


    Last but not least ist der Betrag von 1.000€ erstmal nur eine Grösse, um einen Eindruck zu gewinnen, worüber gerade diskutiert wird. Dieser Betrag ist zum jetzigen Zeitpunkt bestimmt nicht in Stein gemeisselt und immer auch abhängig von der Geldentwertung.


    Die Initiative "Mein Grundeinkommen" bereitet gerade mit Unterstützung des DIW und des Max-Planck-Institut zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern ein Experiment vor. Dabei soll mindestens 120 Personen drei Jahre lang 1.200€ pro Monat als Grundeinkommen zur Verfügung gestellt werden.

    1380 Personen sollen ohne BGE ihr Leben weiterleben und in den drei Jahren als Kontrollgruppe beobachtet werden.

    https://www.tagesschau.de/inla…einkommen-studie-101.html

  • Klar, aber ich habe den Eindruck, das Einige hier glauben, dass ein ausgezahltes BGE einfach verloren ist.


    Aber genau das Gegenteil ist der Fall. Gerade arme Menschen werden das Geld über Konsum komplett in den Kreislauf zurückgeben. D.h. UnternehmerInnen können ordentliche Gewinne machen.

    Ja genau. Unternehmen könnten nicht nur, sie müssten auch weiter ordentlich Gewinne machen, damit die dann entsprechend besteuert und per BGE wieder umverteilt werden können. Es würde sich am grundsätzlichen Verteilungsmechanismus also nichts ändern.


    Zudem wird das deutsche Bruttoinlandsprodukt ja nicht nur am Binnenmarkt erwirtschaftet, wo das Geld wirksam würde, welches die ärmeren Leute als BGE bekommen und gleich wieder für Nahrungsmittel, Kleidung und Unterkunft in den Wirtschaftskreislauf zurück verkonsumieren müssten, sondern zu fast 50% (2018 laut Bundeswirtschaftsministerium 47,4 %) mit dem Export von Gütern und Dienstleistungen in andere Länder.

    Wollte man also in Deutschland eine BGE-Variante einführen, die sich nicht aus drastisch erhöhten Konsumsteuern sondern aus Unternehmensgewinnen und Kapitalerträgen finanziert, dann würde man im Prinzip dafür plädieren, dass gut die Hälfte der Kosten dafür vom Ausland getragen werden.


    Mal abgesehen davon, dass das wahrscheinlich den letzten Rest der ohnehin schon kaum noch vorhandenen Solidarität unter den EU-Mitgliedern vollends ruinieren würde, wäre das ganze System damit auch weiterhin völlig abhängig von genau der internationalen Wettbewerbsfähigkeit™ des UnserLändischen Wirtschaftsstandortes, die man schon seit den Neuziger Jahren als Totschlagargunent für schmerzhafte aber nötige "Reformen" in Form von allgemeiner Lohnzurückhaltung, Steuererleichterungen für Unternehmen, Liberalisierung des deutschen Finanzmarktes, "Flexibilisierung" des Arbeitsmarktes, und von generellem Sozialabbau zur Reduktion von Lohnnebenkosten gerechtfertigt, und dann unter Schröders Rot-Grüner Regierung auch gnadenlos durchgezogen hat.


    Ich habe mich natürlich im sPD-Thread über Scholz' Aussage lustig gemacht, er sei gegen ein BGE weil ausgerechnte er - als einer der Wegbereiter der Agenda 2010 - es für "Neoliberalismus" halte, aber im Grunde hat er damit völlig recht - jedenfalls so lange man, so wie er und der überwiegende Rest der politischen Klasse im Exportweltmeisterland, nichts Grundsätzliches an der Art und Weise ändern will, wie in unserer Gesellschaft Waren produziert, und wie mit ihrem Verkauf auf Kosten der eigenen Mittelschicht und des Rests der arbeitenden Weltbevölkerung Profite für die KonzerneigentümerInnen erwirtschaftet werden.


    Das BGE ist eine schöne Vision für die Zukunft. Aber bevor man das so umsetzen kann, dass das Großkapital daraus nicht einfach nur eine weitere Möglichkeit zur Profitsteigerung auf Kosten der restlichen Gesellschaft macht, müsste man erst mal einen Weg finden, um dessen EigentümerInnen ihr politisches Erpressungspotenzial deutlich zu reduzieren.

    Und bis dahin sollte die politische Linke - oder was davon noch übrig ist - sich lieber darauf konzentrieren, jetzige Armut und Arbeitszwang zu reduzieren, indem man die Mindestlöhne, Regelsätze und Wohngeldzahlungen erhöht und das Saktionsregime abschafft, als sich an einer Utopie festzubeissen, die ohne breite Unterstützung für einen echten gesellschaftlichen Wandel nie eine politische Mehrheit finden wird.

  • Einer der ersten Kommentare unter dem Artikel fasst es mMn am besten zusammen:

    Im Steckbrief zu dem Autor heißt gleich der erste Satz:


    >Alan Posener schreibt am liebsten über Sachen, von denen er wenig versteht, weil er dabei etwas lernt.

    https://www.zeit.de/autoren/…

    Das merkt man diesem Artikel, der 1:1 die Stammtischmeinung wiedergibt, auch überdeutlich an. Ich hoffe der Autor ist erfolgreich beim lernen, mir geht es beim lesen dieses Artikel leider nicht so.

  • Ja genau. Unternehmen könnten nicht nur, sie müssten auch weiter ordentlich Gewinne machen, damit die dann entsprechend besteuert und per BGE wieder umverteilt werden können. Es würde sich am grundsätzlichen Verteilungsmechanismus also nichts ändern.

    Wir haben über das BGE ja schon mal ausführlich diskutiert.

    Wie Du weisst gibt es unter diesem Begriff viele verschiedene Vorstellungen einer Umsetzung. Ich gehöre der Fraktion an, die der Meinung ist, man sollte allen bedingungslos ein Grundeinkommen auszahlen, aber im Gegenzug Menschen mit hohem Einkommen Privilegien zu streichen. Z.B. Steuervergünstigungen oder Kinderfreibeträge.

    BMW müsste auch nicht mehr Gewinne einfahren, weil Frau Kladden Klatten vielleicht 46% statt 25 auf Ihre 800 Mil-1Mrd. Dividende zahlen muss.

    Die Subventionen für fossile Energie betragten über 35 Mrd. Euro pro Jahr. Muss dass noch sein, wenn kein Einwohner mehr arm ist?

    usw.

    Zudem wird das deutsche Bruttoinlandsprodukt ja nicht nur am Binnenmarkt erwirtschaftet, wo das Geld wirksam würde, welches die ärmeren Leute als BGE bekommen und gleich wieder für Nahrungsmittel, Kleidung und Unterkunft in den Wirtschaftskreislauf zurück verkonsumieren müssten, sondern zu fast 50% (2018 laut Bundeswirtschaftsministerium 47,4 %) mit dem Export von Gütern und Dienstleistungen in andere Länder.

    Ja, aber im gleichen Zug werden sich die Kunden mit BGE auch mehr Produkte kaufen. Darunter sind wahrscheinlich auch viele aus dem EU Ausland .

    Der Wirtschaftskreislauf in der Landwirtschaft z.B. ist ja mit oder ohne BGE komplett kaputt. Da müsste vielleicht mal grundsätzlich etwas geändert werden anstatt immer nur die Auswirkungen mit Geld zuzuschütten.

    Wollte man also in Deutschland eine BGE-Variante einführen, die sich nicht aus drastisch erhöhten Konsumsteuern sondern aus Unternehmensgewinnen und Kapitalerträgen finanziert, dann würde man im Prinzip dafür plädieren, dass gut die Hälfte der Kosten dafür vom Ausland getragen werden.

    Ich persönlich würde die Konsumsteuern sogar drastisch senken, soweit die EU das zulässt. Konsum regt den Binnenmarkt an. Konsum ist nicht nur Produkte kaufen, sondern auch renovieren und reparieren z.B., also Dienstleistungen kaufen.


    Trotzdem fände ich es OK., wenn Unternehmen ihre Steuerschlupflöcher weggenommen werden. Vielleicht muss die Steuer gar nicht oder nur wenig erhöht werden, wenn jedes Unternehmen solidarisch seinen Anteil bezahlt.

    Das BGE ist eine schöne Vision für die Zukunft. Aber bevor man das so umsetzen kann, dass das Großkapital daraus nicht einfach nur eine weitere Möglichkeit zur Profitsteigerung auf Kosten der restlichen Gesellschaft macht, müsste man erst mal einen Weg finden, um dessen EigentümerInnen ihr politisches Erpressungspotenzial deutlich zu reduzieren.

    Und bis dahin sollte die politische Linke - oder was davon noch übrig ist - sich lieber darauf konzentrieren, jetzige Armut und Arbeitszwang zu reduzieren, indem man die Mindestlöhne, Regelsätze und Wohngeldzahlungen erhöht und das Saktionsregime abschafft, als sich an einer Utopie festzubeissen, die ohne breite Unterstützung für einen echten gesellschaftlichen Wandel nie eine politische Mehrheit finden wird.

    Drei Dinge:

    > Wann beginnt die Zukunft bzw. welche Bedingungen müssten erfüllt sein, dass ein BGE eingeführt werden könnte?

    Ich sehe da zukünftig keine besseren Bedingungen. Im Gegenteil, zukünftig wird die Wirtschafts- und Finanzlage schlechter, alleine schon wegen der höheren Ausgaben für Schäden durch den Klimawandel. Auch nach Corona wird es immer irgendetwas geben, das gerade wichtiger ist als ein BGE. Schon jetzt ist es schwierig Menschen von einem BGE zu überzeugen, mit einer schlechteren Wirtschaftslage wird es eher unmöglich.

    > Wer bestimmt, das sich ein angemessener Mindestlohn und BGE ausschliesst?

    > Warum muss erstmal das Sanktionsregime abgeschafft werden, wenn das mit einem BGE sowieso sofort fallen würde?


    Ich sage Dir, was ich vermute: An den Lebensbedingungen armer Menschen wird sich gar nichts ändern in den nächsten Jahren. Wenn durch Effizienzsteigerungen viel mehr Menschen nicht mehr gebraucht werden und die Rente auch total kaputt ist, wird es ein BGE geben, das unter den Leistungen des heutigen Hartz4 liegt. Einfach weil dann nicht mal mehr die Agentur für Arbeit so tun kann als würde sie ihrem Namen gerecht und weil für Hartz4 nicht mehr genug Steuern vorhanden sind.


    Das heisst natürlich nicht, dass ich wegen BGE gegen einen besseren Mindestlohn oder gegen eine Abschaffung des Sanktionsregime bin.

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